T 0052/03 (Entsorgen von Ethylenoxid) of 6.4.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T005203.20050406
Datum der Entscheidung: 06 April 2005
Aktenzeichen: T 0052/03
Anmeldenummer: 95920735.8
IPC-Klasse: B01D 53/72
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Entsorgen des Gases Ethylenoxid nach erfolgter Begasung von zu sterilisierendem Gut und Vorrichtung hierzu
Name des Anmelders: Drzevitzky, Bernd
Name des Einsprechenden: ENVIRON Ingenieurgesellschaft für innovative umwelttechnische
Verfahren mbH
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 95 920 735.8 wurde das europäische Patent Nr. 0 762 924 mit 9 Patentansprüchen erteilt.

II. Gegen die Patenterteilung legte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) Einspruch ein. Als Einspruchsgrund wurde mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ) geltend gemacht.

Der Einwand wurde unter anderem durch folgende Entgegenhaltungen gestützt:

D1: EP-A-0 129 986

D2: DE-A-1 925 412

D6: DE-C2 -4 138 321, bzw. die vorveröffentlichte C1-Druckschrift

D7: F. Maier et al., "Abscheidung von Ethylenoxid bei Sterilisationsprozessen in der pharmazeutischen Industrie", WLB Wasser, Luft und Boden, 1-2, 1989, S. 40-42.

Die Beschwerdegegnerin stützte sich außerdem auf den Beschluß 14 W (pat) 58/97, mit dem das Bundespatentgericht das prioritätsbegründende nationale Patent DE 4 419 001 widerrufen hat.

III. Die Einspruchsabteilung hat das Patent widerrufen. Der Entscheidung lagen die mit der Eingabe vom 20. September 2002 eingereichten Ansprüche 1 - 9 zugrunde. Die zwei unabhängigen Ansprüche 1 und 5 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zum Entsorgen des Gases Ethylenoxid nach erfolgter Begasung von zu sterilisierendem Gut innerhalb einer druckdicht verschließbaren Sterilisationskammer (5), unter Verwendung einer an die Sterilisationskammer (5) angeschlossenen Pumpe (10), die sowohl eine Vakuum- als auch eine Umwälzpumpe ist, die das Ethylenoxid nach der Begasung einem mit Dünnsäure arbeitenden Gaswäscher (15) zuführt, in welchem das Ethylenoxid in Ethylenglykol umgewandelt wird, wobei das Ethylenoxid aus der Sterilisationskammer (5) um eine definierte Höhe h unter der Oberfläche der im Gaswäscher (15) befindlichen Dünnsäure von unten feinblasig eingeblasen wird, wobei Sterilisationskammer (5), Pumpe (10) und Gaswäscher (15) einen geschlossenen Gaskreislauf für das Ethylenoxidgas bilden, innerhalb des Gaskreislaufes die Pumpe (10) das Ethylenoxid aus der Sterilisationskammer (5) kontinuierlich dem Gaswäscher (15) zuführt, dessen Abgase zurück der Sterilisationskammer (5) aufgegeben werden, die über eine Kammerheizung (3, 4) beheizt wird, und das im Gaswäscher (15) entstehende Ethylenglykol kontinuierlich oder diskontinuierlich aus dem Gaswäscher (15) abgezogen und dafür dem Gaswäscher (15) entsprechend dem Verbrauch an Dünnsäure kontinuierlich oder diskontinuierlich weitere Dünnsäure zugegeben wird und durch das Auswaschen des Ethylenoxids aus dem Kammergas und die Umwandlung desselben in Ethylenglykol der Innendruck in der Sterilisationskammer (5) und im Gaskreislauf laufend vermindert wird, wobei dieser Gas- Kreisprozeß solange aufrechterhalten wird, bis der Ethylenoxidanteil des im Gaskreislauf verbliebenen umgewälzten Gases unter eine vorgegebene Konzentration gefallen ist und danach die Sterilisationskammer (5) belüftet wird.

5. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine Sterilisationskammer (5), ein Gaswäscher (15) und eine Vakuum- und Umwälzpumpe (10) zum kontinuierlichen Zuführen des Ethylenoxids aus der Sterilisationskammer (5) in den Gaswäscher (15), über Leitungen (35, 38, 39, 40) zu einem geschlossenen Gaskreislauf zusammengeschlossen sind, daß die Sterilisationskammer (5) mittels Kammerheizung (3, 4) beheizbar ist und der Gaswäscher (15) so mit einer Dunnsäureeinheit (21) verbunden ist, daß Ethylenglykol abgezogen und Dünnsäure zugegeben werden kann, daß die Vakuum- und Umwälzpumpe (10) den Kreisprozeß solange aufrechterhalten kann, bis der Ethylenoxidanteil des im Gaskreislauf verbliebenen Gases unter eine vorgegebene Konzentration gefallen ist und daß die Sterilisationskammer belüftet werden kann."

In der angefochtenen Entscheidung wird ausgeführt, das beanspruchte Verfahren nach Anspruch 1 ergebe sich in naheliegender Weise aus der Lehre der Schriften D6 (nächstliegender Stand der Technik) und D7, sowie dem fachmännischen Wissen, wie es insbesondere aus D1 hervorgehe.

Die Vorrichtung nach Anspruch 5 ergebe sich in naheliegender Weise, wenn eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 konzipiert werde.

IV. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) Beschwerde eingelegt.

In der Beschwerdebegründung wurde ausgeführt, die entgegengehaltenen Dokumente, insbesondere D6 und D7, seien nicht geeignet, die erfinderische Tätigkeit in Zweifel zu ziehen. D6 beschreibe ein technisch und physikalisch nicht funktionierendes Verfahren, weil Ethylenoxid bei Temperaturen unter 12 °C mit Wasser Eishydrate bilde, und weil der Dampfdruck von Ethylenoxid bei einer Temperatur von - 80 °C noch so groß sei, dass mit dem Tiefkühlverfahren von D6 keine Entsorgung des Ethylenoxids erreicht werden könne, die den gesetzlichen Anforderungen von höchstens 5 mg/m3 genüge.

Demgegenüber komme beim erfindungsgemäßen Kreislaufverfahren ein Entsorgungskonzept zum Tragen, welches bei Raum- bzw. Umgebungstemperatur oder höher wirksam werde. Um eine große Phasengrenzfläche und eine ausreichende Verweilzeit zu erhalten, werde das Gas feinblasig in die Waschflüssigkeit eingeblasen.

Das erfindungsgemäße Verfahren lasse es als bisher einziges Verfahren zu, die Gaswäsche so lange fortzuführen, bis jede erwünschte Restkonzentration sicher eingehalten werden könne. Während der Zufuhr gefilterter Frischluft werde die Wäsche nicht unterbrochen und somit das desorbierende Ethylenoxid ständig sofort entsorgt. Auch nach dem Öffnen der Sterilisationskammer werde der Waschkreislauf nicht unterbrochen. Außerdem finde erfindungsgemäß keine Emission von Stickoxiden und Kohlenmonoxid statt. Während der Gaswäsche im Kreislauf bleibe das gesamte System hermetisch zur Umwelt abgeschlossen. Lediglich bei Druckwechselspülungen werde zwischenzeitlich gefilterte Frischluft zugeführt, wenn infolge ständiger Abnahme des Ethylenoxids durch die Wäsche ein vorher definierter Druck im Sterilisator unterschritten worden sei. Wenn die Gaswäsche bis unter den definierten Grenzwert durchgeführt sei, werde unter Fortführung der Gaswäsche gefilterte Frischluft bis zum Ausgleich mit dem Umgebungsdruck zugeführt. Der Sterilisator könne dann zur Entnahme des Sterilisierguts geöffnet werden, ohne Abgas in die Umwelt abgeben zu müssen. Das erfindungsgemäße Verfahren sei somit als einziges Entsorgungsverfahren absolut abgasfrei.

Die Kombination der Entgegenhaltungen D6 und D7 führe nicht zum beanspruchten Verfahren, weil bei einer solchen Kombination das Prinzip der Tiefkühlung erhalten bleibe. Die Kombination von D6 mit D7 sei willkürlich. Beim Verfahren gemäß D7 seien die Füllkörperkolonnen und der Strahlwäscher wesentlich, so dass diese Elemente nicht einfach wegdiskutiert werden dürften. Das Verfahren nach D7 sei nicht auf einen Kreislauf zugeschnitten. Ebenso wenig könne das Naheliegen der Erfindung aus D1 oder D2 abgeleitet werden.

V. Mit Schreiben vom 4. April 2005 teilte der Vertreter der Beschwerdeführerin mit, dass weder er noch die Beschwerdeführerin selbst an der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2005 teilnehmen würden. Außerdem führte er aus, die gesetzliche Emissionszulässigkeit von Ethylenoxid sei am 24. Juli 2002 von 5 mg/m3 auf 0,5 mg/m3 gesenkt worden. Hinsichtlich des Ethylenglykols [recte Ethylenoxids] werde dieser Grenzwert bis heute nur vom erfindungsgemäßen Verfahren eingehalten.

VI. Am 6. April 2005 hat eine mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Beschwerdeführerin stattgefunden. Die Beschwerdegegnerin hat den Argumenten der Beschwerdeführerin widersprochen und vorgetragen, die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach das beanspruchte Verfahren als einziges die gesetzlichen Vorgaben erfülle, treffe nicht zu.

Das beanspruchte Verfahren funktioniere nicht, denn im Anspruch 1 fehle das Merkmal, dass zusätzlich noch ein Inertgas zugeführt werden müsse. Ohne Inertgas pendle sich der Druck in der Kammer allmählich auf Null ein, was dazu führe, dass die gesamte Dünnsäure verdampfe. An der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdegegnerin ergänzend dar, es handle sich um einen Einwand der mangelnden Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ).

Zur Frage der erfinderischen Tätigkeit führte die Beschwerdegegnerin aus, D6 repräsentiere den nächstliegenden Stand der Technik. Dort werde das Prinzip der Entsorgung von Ethylenoxid in einem Kreislauf offenbart. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass das Tiefkühlkondensationsverfahren nicht funktioniere, sei falsch. Das Verfahren gemäß dem Streitpatent unterscheide sich vom Verfahren nach D6 lediglich dadurch, dass einzelne Elemente durch wohlbekannte andere Elemente ersetzt worden seien. Insbesondere komme an Stelle eines Tiefkühlkondensators mit Abscheider ein Gaswäscher zur Anwendung, in dem das Ethylenoxid zu Ethylenglykol umgewandelt werde. Ein solcher mit Säure arbeitender Gaswäscher zum Entsorgen von Ethylenoxid sei jedoch bekannt, beispielsweise aus D7. Die Kombination der technischen Lehren von D6 und D7, in Verbindung mit D1 und dem allgemeinen Wissen des Fachmanns, sei nahe liegend. Auch die direkte Kombination von D6 mit D1 führe in nahe liegender Weise zum beanspruchten Verfahren.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der mit Schriftsatz vom 20. September 2002 eingereichten Ansprüche 1 bis 9 und Seiten 1 bis 12 der Beschreibung und der ursprünglich eingereichten Zeichnungen.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Entscheidungsgründe

1. Die Änderungen in den Ansprüchen sind zulässig.

2. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist gegenüber dem zitierten Stand der Technik neu. Da die Neuheit weder im Einspruchs-, noch im Beschwerdeverfahren bestritten worden ist, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

3. In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung das Dokument D6 als nächstliegenden Stand der Technik angesehen. Im Beschwerdeverfahren sind die Beteiligten ebenfalls von diesem Dokument ausgegangen, auch wenn die Beschwerdeführerin bemerkt hat, D6 beschreibe ein "technisch und physikalisch nicht funktionierendes Verfahren" (Beschwerdebegründung vom 23. Februar 2003, Seite 2). Die Kammer kann die Wahl von D6 als Ausgangspunkt für die Erörterung der erfinderischen Tätigkeit akzeptieren.

3.1 D6 offenbart ein Verfahren zur Rückgewinnung eines Sterilisiergases wie Ethylenoxid nach Begasung von zu sterilisierendem Gut innerhalb einer Sterilisationskammer (1), unter Verwendung einer an die Sterilisationskammer angeschlossenen Pumpe in Form eines Ventilators (17), der einen geschlossenen Gaskreislauf erzeugt, in dem das Ethylenoxid nach der Begasung einem Tiefkühlkondensator (22) zugeführt wird, dessen Abgase über die Zuführungen (30) und (40) zurück der Sterilisationskammer (1) aufgegeben werden, wobei das im Tiefkühlkondensator verflüssigte Ethylenoxid in einem Ethylenoxidabscheider (23) abgezogen wird, und wobei dieser Gas-Kreisprozess so lange aufrechterhalten wird, bis der Ethylenoxidanteil des im Gaskreislauf verbliebenen umgewälzten Gases unter eine vorgegebene Konzentration gefallen ist und danach die Sterilisationskammer (1) belüftet wird (D6, Spalte 5, Zeilen 18-65 und Zeichnung).

3.2 Die Kammer kann sich der Meinung der Beschwerdeführerin nicht anschließen, dass das Verfahren gemäß D6 ein "technisch und physikalisch nicht funktionierendes Verfahren" beschreibt. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass es zur Bildung von störenden Eishydraten kommt, da der im Gasstrom enthaltene Wasserdampf mit Hilfe eines Vorkühlers (18) und eines Wasserabscheiders (19) vorgetrocknet und anschließend in einem Adsorber (20) von nahezu der gesamten Restfeuchtigkeit befreit wird (D6, Spalte 5, Zeilen 30- 40 und Zeichnung). In Bezug auf das Argument, die Dampfdruckkurve des Ethylenoxids lasse keine Tiefkühlkondensation zu, die den gesetzlichen Anforderungen entspreche, ist folgendes anzumerken: Zwar trifft es zu, dass die Größe des Dampfdrucks von Ethylenoxid bei der Arbeitstemperatur des Tiefkühlkondensators eine prinzipielle, d.h. physikalisch bedingte, Grenze für den Restanteil an Ethylenoxid im Gasstrom darstellt. Die Beschwerdeführerin hat jedoch in der Patentschrift (vgl. Absatz 0008) und in der Beschwerdebegründung (vgl. Seite 3, erster Absatz) sehr unterschiedliche Aussagen über diese von der Temperatur abhängige Grenze gemacht; die von der Beschwerdeführerin erwähnten Werte stehen außerdem im Widerspruch zu dem Hinweis in D6, Spalte 5, Zeilen 59-63, aus dem hervorgeht, dass beim Verfahren nach D6 der Ethylenoxid-Anteil in der Sterilisierkammer so weit abgesenkt wird, dass die behördlich zulässigen Grenzen unterschritten sind. Die Beschwerdeführerin hat auf jeden Fall nicht nachgewiesen, dass der zulässige Höchstgehalt von Ethylenoxid in der Abluft selbst dann überschritten wird, wenn das Verfahren bei sehr niedrigen Temperaturen und damit zwangsläufig bei einem kleinen Partialdruck des Ethylenoxids durchgeführt wird. Die Kammer hält deshalb die von der Beschwerdegegnerin gemachte Aussage für glaubhaft, dass das Tiefkühl- Kondensationsverfahren sehr wohl funktioniert und seit vielen Jahren im praktischen Einsatz steht.

3.3 Das beanspruchte Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich vom Verfahren gemäß D6 durch folgende technischen Merkmale:

- an Stelle des Tiefkühlkondensators (22) und des Ethylenoxidabscheiders (23) wird ein mit Dünnsäure arbeitender Gaswäscher verwendet, in dem das Ethylenoxid in Ethylenglykol umgewandelt wird,

- wobei das Ethylenoxid aus der Sterilisationskammer um eine definierte Höhe h unter der Oberfläche der im Gaswäscher befindlichen Dünnsäure von unten feinblasig eingeblasen wird,

- und wobei das im Gaswäscher entstehende Ethylenglykol aus dem Gaswäscher kontinuierlich oder diskontinuierlich abgezogen wird,

- und wobei dem Gaswäscher entsprechend dem Verbrauch an Dünnsäure kontinuierlich oder diskontinuierlich weitere Dünnsäure zugegeben wird,

- und wobei der Innendruck in der Sterilisationskammer und im Gaskreislauf durch das Auswaschen des Ethylenoxids und die Umwandlung desselben in Ethylenglykol laufend vermindert wird;

- an Stelle des Ventilators (17) wird eine Pumpe verwendet, die sowohl eine Vakuum- als auch eine Umwälzpumpe ist,

- die Sterilisationskammer wird über eine Kammerheizung beheizt.

3.4. Nach den Angaben im Streitpatent ist das Verfahren gemäß D6 wegen der "extremen Kälte", womit zweifellos die verfahrenstechnisch aufwendige Tiefkühlkondensation gemeint ist, insgesamt sehr anfällig (vgl. Seite 3, Zeilen 8-10). Gemäß diesem Abschnitt verbleibt aus physikalischen Gründen im Gasstrom ein Rest an Ethylenoxid von 2 g/m3, der nicht abgeschieden werden kann. Wie bereits im vorstehenden Punkt 3.2 ausgeführt wird, steht dieser Wert jedoch im Widerspruch zu dem Hinweis in Spalte 5, Zeilen 59-63 von D6, und es ist nicht nachgewiesen worden, dass das Verfahren nach D6 tatsächlich zu einem derart hohen Restgehalt an Ethylenoxid im abgezogenen Gasstrom führt. Ausgehend von D6 kann die technische Aufgabe darin gesehen werden, ein Verfahren bereitzustellen, das einerseits weniger störungsanfällig ist und andererseits eine niedrige Restkonzentration von Ethylenoxid im Abgas liefert.

3.5 Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Verfahren gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen, das sich vom Verfahren nach D6 durch die im Punkt 3.3 angegebenen Merkmale unterscheidet. Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, dass das beanspruchte Verfahren nicht funktioniere, weil der Druck in der Kammer allmählich gegen Null abfalle, was zum Verdampfen der Dünnsäure führe. Die Kammer bemerkt dazu, dass der Fachmann bei der Durchführung des Verfahrens selbstverständlich eine allzu starke Verminderung des Drucks und das dadurch ausgelöste Verdampfen der Dünnsäure verhindern wird. In Abwesenheit gegenteiliger Beweise hierzu hält es die Kammer für plausibel, dass die bestehende Aufgabe durch das beanspruchte Verfahren tatsächlich gelöst worden ist.

3.6 Der Fachmann, der die Anfälligkeit der Tiefkühl- Kondensation vermeiden will, wird zunächst nach einer Gasreinigungstechnik suchen, die weniger störungsanfällig ist. Ein besonders aussichtsreicher Ansatz ist die Abluftreinigung durch Absorption, wie sie beispielsweise in den Dokumenten D1 und D7 beschrieben wird.

D7 beschreibt eine Sterilisationsanlage mit Gaswaschanlage zur Entsorgung von Ethylenoxid, in der das ethylenoxidhaltige Abgas aus der Sterilisationskammer mit Hilfe einer Wasserringpumpe, also einer Vakuum- und Umwälzpumpe, einem Gaswäscher in Form eines Strahlwäschers und zwei nachgeschalteten Füllkörperkolonnen zugeführt wird. Durch den Kontakt mit der Waschflüssigkeit, bei der es sich um verdünnte Schwefelsäure (z.B. 18 %) handelt, wird das Ethylenoxid zu Ethylenglykol umgesetzt, das aus dem Gaswäscher abgezogen wird. Die verbrauchte Säure wird durch frische verdünnte Schwefelsäure ersetzt. (D7, Seite 41, Bilder 2, 3 und mittlere Spalte; Seite 42, linke Spalte, erster Abschnitt und Tabelle 2, Zeilen 5-6).

Im Hinblick auf die Angabe in D7, dass nach der Optimierung der Anlage Ethylenoxidkonzentrationen im Abgas erreicht wurden, die unterhalb der Nachweisgrenze von 1,5 mg/m3 lagen (Seite 42, linke Spalte, zweiter Abschnitt), lag es für den Fachmann auf der Hand, die technischen Lehren von D6 und D7 miteinander zu kombinieren. Das Argument der Beschwerdeführerin, man dürfe nicht "den Kälte-Kreislauf des Dokuments D6 in das Dokument D7 zwängen, weil diese Verfahren von D6 eben nicht auf einen Kreislauf zugeschnitten" seien (vgl. Eingabe vom 23. Februar 2003, Seite 6, Zeile 31 - Seite 7, Zeile 1), vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Zwar beschreibt D7 im Gegensatz zu D6 keinen Kreisprozess; es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ausgestaltung des Verfahrens gemäß D7 als Kreisprozess besondere technische Probleme aufwirft, die das Fachwissen des Fachmanns übersteigen. Auch das Argument der Beschwerdeführerin, wonach bei der Kombination von D6 mit D7 das Prinzip der Tiefkühlung erhalten bleibt, ist nicht schlüssig, denn der Fachmann hätte die Gaswäsche aus D7 im Verfahren von D6 nicht zusätzlich zur Tiefkühlkondensation eingesetzt, sondern die Tiefkühlkondensation durch die Gaswäsche aus D7 ersetzt, und zwar in der Erwartung, dadurch die Schwierigkeiten bezüglich der Störungsanfälligkeit der Tiefkühlkondensation vermeiden zu können. Darüber hinaus sind die Werte der Ethylenoxidkonzentration im Abgas sehr viel versprechend. Der Fachmann hätte deshalb das Ersetzen der Tiefkühlkondensation durch die Gaswäsche in Erwägung gezogen, um die oben genannte Aufgabe zu lösen. Die Kombination von D6 mit D7 ist daher im Gegensatz zur Meinung der Beschwerdeführerin nicht "willkürlich und damit fragwürdig", sondern sie wird gezielt durchgeführt, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Das Merkmal, wonach der Innendruck in der Sterilisationskammer und im Gaskreislauf durch das Auswaschen des Ethylenoxids laufend vermindert wird, ist in D6 als Möglichkeit neben der Aufrechterhaltung eines etwa konstanten Kammerdrucks offenbart (vgl. Spalte 3, Zeilen 22-26; 56-58). Der Fachmann wird auch aus D7 erschließen, dass bei der dort beschriebenen Gaswäsche der Innendruck in der Sterilisationskammer laufend vermindert wird. Aus D7 ist nämlich zu entnehmen, dass nach der Beendigung des Sterilisationsprozesses, der bei einem Druck von 5,5 bar stattfindet, das Ethylenoxydgas während ca. 15 Minuten aus den Sterilisatoren über einen Differenzdruckregler entspannt wird (vgl. Seite 41, Bild 2 und mittlere Spalte, Zeilen 20-26), und dass anschließend während ca. 30 Minuten ein Nach-Vakuum bestehen bleibt (Seite 41, Bild 2). Da in D7 an keiner Stelle davon die Rede ist, dass das abgelassene Ethylenoxid durch ein anderes Gas ersetzt wird, muss der Innendruck während des Ethylenoxid-Gasauslasses kontinuierlich abnehmen. Im Hinblick auf die Lehren von D6 und D7 entspricht die Wahl der ersten Alternative, d.h. die laufende Verminderung des Drucks, der Fachkompetenz des Fachmanns. Dass unter diesen Verfahrensbedingungen an Stelle des in D6 beschriebenen Ventilators (17) eine Pumpe verwendet werden muss, die sowohl eine Vakuum-, als auch eine Umwälzpumpe ist, stellt eine nahe liegende Maßnahme dar, denn es ist für den Fachmann selbstverständlich, eine Vakuum-/Umwälzpumpe zu verwenden, wenn gegen einen geringen Druck gepumpt werden muss. Im Übrigen ist auch bei der Sterilisationsanlage gemäß D7 zwischen der Sterilisationskammer und dem Gaswäscher eine Vakuumpumpe in Form einer Wasserringpumpe angeordnet (Seite 41, Bild 3). Somit ist das Merkmal auch aus D7 bekannt.

3.7 In D1 wird ein Verfahren zur kontinuierlichen Entfernung von Ethylenoxid aus einem Gasstrom beschrieben, das ebenfalls auf dem Prinzip der Gaswäsche beruht. Im Unterschied zur Lehre von D7 besteht der Gaswäscher jedoch nicht aus einem Strahlwäscher mit zwei nachgeschalteten Füllkörperkolonnen, sondern aus einem mit verdünnter Schwefelsäure gefüllten Gefäß, wobei das Ethylenoxid um eine definierte Höhe h unter der Oberfläche der im Gefäß befindlichen Dünnsäure von unten feinblasig eingeblasen wird (D1, Seite 5, Zeile 26 - Seite 6, Zeile 25; Fig. 1). Bei dieser Form des Gaswäschers handelt es sich also um eine so genannte "Blasensäule", die dem Fachmann ebenso wie die Füllkörperkolonnen gemäß D7 als übliche apparative Ausgestaltung zur Absorption bzw. Gaswäsche vertraut ist. Wie aus den Beispielen von D1 hervorgeht, lässt sich das Ethylenoxid mit Hilfe der "Blasensäule" äußerst wirksam entfernen. Gemäß Beispiel 1 kann ein Restgehalt von Ethylenoxid in der Abluft von 9 bis 300 ppm erreicht werden, während der beste Wert des Beispiels 2 bei 10 ppm liegt (D1, Seite 10, Zeilen 7-8 bzw. Tabelle 1, erster Versuch).

3.8 Dem Fachmann, der sich mit der zu lösenden technischen Aufgabe befasst, steht nicht nur die Ausgestaltung des Gaswäschers gemäß D7 zur Verfügung, sondern auch andere Arten von Gaswäschern, wie z.B. die in D1 beschriebene Blasensäule, die sich durch eine besonders einfache Konstruktion und hohe Wirksamkeit auszeichnet. Im Hinblick auf diese Vorteile wird der Fachmann auf die technische Lehre von D1 zurückgreifen und erwägen, anstelle des Gaswäschers gemäß D7 eine Blasensäule gemäß D1 zu verwenden. Hierzu bedarf es keiner erfinderischen Tätigkeit, denn ein derartiges Experimentieren mit unterschiedlichen Arten von Gaswäschern ist nach Auffassung der Kammer als Routinetätigkeit anzusehen.

3.9 Das Merkmal, dass die Sterilisationskammer über eine Kammerheizung beheizt wird, ist nach Auffassung der Kammer ebenfalls als nahe liegend anzusehen. In D7 wird nämlich ausdrücklich angegeben, dass der dort beschriebene Sterilisationsprozess bei 60 °C stattfindet. Zwar wird damit die Beheizung der Kammer nicht ausdrücklich offenbart, da die Temperatur von 60 °C grundsätzlich auch durch Vorwärmen des Sterilisationsgases erreicht werden könnte; die Beschwerdegegnerin hat jedoch darauf hingewiesen, dass die Beheizung der Sterilisationskammer eine geläufige Maßnahme darstellt, die auch im Patent als bekannt vorausgesetzt wird (vgl. Seite 4, Zeilen 20-21: "Gleichzeitig wird die Sterilisationskammer 5 über eine Kammerheizung 3, 4 vorzugsweise mittels Wasser, in bekannter Weise beheizt."). Die Beschwerdeführerin hat dieser Darstellung nicht widersprochen. Somit bedurfte es keiner erfinderischer Tätigkeit, um aus den beiden zur Verfügung stehenden Alternativen, nämlich dem Vorwärmen des Sterilisationsgases bzw. der Beheizung der Kammer, die zweite Alternative auszuwählen.

3.10 Aus alledem folgt, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 sich in nahe liegender Weise aus dem einschlägigen Stand der Technik D6, D7 und D1 ergab, und dass der Anspruch 1 deshalb den Erfordernissen der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ nicht genügt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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