T 0040/03 () of 8.3.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T004003.20050308
Datum der Entscheidung: 08 März 2005
Aktenzeichen: T 0040/03
Anmeldenummer: 95114160.5
IPC-Klasse: H02G 3/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Leitungskanal
Name des Anmelders: Rehau AG+Co.
Name des Einsprechenden: 1. Gabo Systemtechnik GmbH
2. Nowa-Plast GmbH
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 69(1)
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 R 76(1)
Schlagwörter: Klarheit der Ansprüche bei sachgerechter Auslegung nach Ziel und Zweck (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 712 188.

II. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) reichte in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 8. März 2005 einen neuen Satz Patentansprüche und eine geänderte Beschreibung gemäß Hauptantrag ein.

III. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Leitungskanal für die Verlegung von erwärmte Fließmedien führenden Rohrleitungen in Kombination mit Kabeln für die Elektroversorgung von Verbrauchern, wobei für jede Belegungsart ein gesonderter Kanalbereich vorgesehen ist und die Kanalbereiche (4, 5) für die verschiedenen Belegungsarten über wenigstens eine zwischen den Kanalbereichen (4, 5) angeordnete Hohlkammer (2, 6, 8) miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Hohlkammer (2, 6, 8) durch mehrere hintereinandergeschaltete Teilhohlkammern gebildet wird."

Patentanspruch 2 ist von Anspruch 1 abhängig.

IV. Auf die nachfolgenden, im Einspruchsverfahren eingeführten Dokumente wird in der vorliegenden Entscheidung Bezug genommen:

E1: DE 93 15 256 U1

E17: DE 39 08 310 A1

E35: DE 24 32 746 A1 und

E37: GB 2 233 731 A.

V. Der Widerruf des Patents wurde in der angefochtenen Entscheidung mit mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit begründet. Die in E37, Figur 7, offenbarte Doppelwand (18a) zwischen den verschiedenen Kanalbereichen diene zur Erhöhung der Festigkeit des Leitungskanals, bilde aber zusammen mit dem hierfür vorgesehenen Deckel eine Hohlkammer, die inhärent eine thermisch isolierende Wirkung aufweise. Es sei naheliegend, diese Wirkung durch Einbringen von Isoliermaterial zu verbessern, wie z. B. E17 und E35 zeigten.

VI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Patentanspruch 1 lege einen kombinierten Leitungskanal fest, bei dem die gesonderten Kanalbereiche für erwärmte Fließmedien und für Elektrokabeln durch ein dazwischen angeordnetes Hohlkammersystem mit mehreren hintereinandergeschalteten Teilhohlkammern thermisch isoliert würden. Es sei für den Fachmann klar, daß "hintereinandergeschaltet" so zu verstehen sei, daß die Teilhohlkammern zur Verbesserung der thermischen Isolierung (wie im Querschnitt der Figur 3 der Patentschrift) in der Richtung von einem Kanalbereich zum anderen hintereinander angeordnet seien.

Trotz eines Wusts von Entgegenhaltungen hätten die Einsprechenden keinen kombinierten Leitungskanal als bekannt nachweisen können, bei welchem die gesonderten Kanalbereiche thermisch gegeneinander isoliert seien. Dadurch entfielen vor Ort zeitraubende Montagearbeiten an den Heizungsrohren. Der erfindungsgemäße Leitungskanal sei daher erfolgreich am Markt eingeführt worden.

E1 komme bezüglich der Wärmeisolierung zwischen den Kanalbereichen dem Streitpatent am nächsten. Die Heizungsrohre seien (wie in den seltenen anderen Fällen einer kombinierten Verlegung) in einem zusätzlichen Arbeitsgang beim Einlegen mit zusätzlichem Material thermisch isoliert worden.

E37 komme zwar von der Struktur des Leitungskanals dem Streitpatent am nächsten, gebe aber keinerlei Hinweise auf eine Wärmeisolierung. Die Doppelwand (18a) zwischen dem Kanalbereich mit Elektrokabeln und den Kanalbereichen mit Rohren für Fließmedien in Figur 7 sei weder geschlossen und durchgehend, noch überhaupt als Hohlkammer offenbart. Sie habe keine wärmedämmende Wirkung, weil Kanal und Deckel aus metallischem Material gefertigt würden (siehe Seite 3, Absatz 2). Die Doppelwand diene nur zur Befestigung des Leitungskanals, der üblicherweise unter Teppichboden verlegt werde. An die Wärmeentwicklung im Kanalbereich für die Elektroversorgung sei nicht gedacht worden. Ohne rückschauende Betrachtung hätte der Fachmann bei einer zu starken Erwärmung der Elektrokabel die Heizungsrohre in der bisher üblichen Weise isoliert. Es habe keinen naheliegenden Grund gegeben, die Doppelwand zu einer isolierenden Hohlkammer umzugestalten und schon gar nicht, ein bienenwabenähnliches Hohlkammersystem mit mehreren hintereinandergeschalteten Teilhohlkammern vorzusehen. Auch andere bekannte Profile mit Teilhohlkammern hätten dem Fachmann einen solchen Hinweis nicht gegeben, weil sie nur für reine Elektroleitungskanäle oder Fensterprofile (E35) mit anderen Zielsetzungen eingesetzt worden seien.

VII. Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 01 und 02) argumentierten im wesentlichen wie folgt:

Patentanspruch 1 bringe nicht klar zum Ausdruck, wie die Teilhohlkammern hintereinandergeschaltet seien. Der gewünschte thermische Effekt könne aber nicht erzielt werden, wenn sie z. B. in Längsrichtung hintereinandergeschaltet seien. Ein solcher Gegenstand wäre auch nicht neu gegenüber einem Leitungskanal, wie er in den Figuren des Deckblatts der E37 dargestellt sei (Unterteilung der Hohlkammer in Teilhohlkammern durch Verbindungslaschen der Doppelwand). Eine entsprechende Klarstellung im Anspruch sei daher notwendig. Zumindest sollte die von der Beschwerdeführerin abgegebene Erklärung zur Auslegung des Patentanspruchs 1 in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgenommen werden, weil die Beschwerdegegnerinnen sich sonst nicht darauf verlassen könnten, daß dem Patentanspruch künftig diese Auslegung zugrundegelegt werde.

Es sei nicht gerechtfertigt, Unterscheidungsmerkmale in den vorliegenden Patentanspruch 1 hineinzulesen, die sich aus der beabsichtigten Verwendung des Leitungskanal für die kombinierte Verlegung von Heizungsrohren und Elektrokabeln ergäben. Denn das Streitpatent offenbare nichts über die genaue Ausführung des Leitungskanals, insbesondere die zu verwendenden Werkstoffe. Die Temperatur im Kanalbereich für die Elektrokabel könne nur bei einer Ausführung des Leitungskanals mit wärmeisolierendem Werkstoff auf niedrigem Wert gehalten werden. Dabei müsse die Wärme aus dem Kanalbereich mit den Heizungsrohren abfließen können, weil sonst der Kanalbereich für Elektrokabel früher oder später dieselbe Temperatur annehmen würde. Das Streitpatent beschränke sich hierzu darauf, maximale Temperaturen der VDE-Richtlinie im Elektrobereich nicht überschreiten zu wollen.

Das Streitpatent gehe in dieser Hinsicht nicht über die Offenbarung der E37 hinaus. Dieser bekannte Leitungskanal könne ebenfalls nichtmetallisch ausgeführt sein und weise mit der Doppelwand 18a (Figur 7) eine thermische Isolierung zwischen den Kanalbereichen für erwärmte Fließmedien und Elektrokabel auf. Der Leitungskanal gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents unterscheide sich nur dadurch, daß die Hohlkammer durch mehrere hintereinandergeschaltete Teilhohlkammern gebildet werde, wenn Patentanspruch 1 im Sinne der Figur 3 der Patentschrift ausgelegt werde. Eine solche Anordnung mehrerer Teilhohlkammern sei dem Fachmann auf dem Gebiet der Elektroinstallationskanäle aus Hohlkammerprofilen hinlänglich bekannt gewesen (hierzu wurde auf weitere Dokumente verwiesen).

E1 müsse bezüglich der thermischen Isolierung zwischen Heizungsrohren und Elektrokabeln in einem kombinierten Kanal als nächstkommender Stand der Technik angesehen werden. E1 (Seite 6, Absatz 2; Seite 9, Absatz 1) offenbare, daß Isoliermaterial bereits bei der Herstellung in den Kanal eingebracht werde. Um über eine größere Freiheit in der Anordnung der Isolierung zu verfügen, könne anstelle des Trennstegs (3) auch eine Hohlkammer die Aufgabe der thermischen Isolierung übernehmen. Denn E17 (Zusammenfassung) habe dem Fachmann nahegelegt, Hohlkammerprofile zur Wärmeisolation zu verwenden. Die mit Luft oder einem strömenden Fluid gefüllten Kanäle sorgten nach E17 für eine Temperierung der Heizungsrohre und Elektrokabel aufweisenden Kanalbereiche. Auch E35 (Seite 3, Absätze 1 und 2; Seite 8, Absatz 2) habe dem Fachmann einen solchen Hinweis gegeben. Denn die Hohlprofile in E35 wiesen ebenfalls hintereinandergeschaltete Wärmedämmkammern (5, 6) zur Thermoisolierung auf. Dabei gehe es in E35 um eine identische Technologie mit Extrusionsprofilen aus Kunststoff, die für Fenster wie auch für Leitungskanäle eingesetzt werde (und die beide von der Patentinhaberin hergestellt würden).

VIII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage des Hauptantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2005.

IX. Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 01 und Einsprechende 02) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Zulässigkeit der Änderungen des Streitpatents ist nicht bestritten worden. Sie betreffen eine Einschränkung des Gegenstands des Patentanspruchs 1 gegenüber der erteilten Fassung durch die Merkmale, daß die Hohlkammer zwischen den Kanalbereichen angeordnet ist und durch mehrere hintereinandergeschaltete Teilhohlkammern gebildet wird. Diese Merkmale sind in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart (siehe die entsprechenden Stellen der Patentschrift: Patentanspruch 7; Spalte 3, Zeilen 10 bis 16; Figur 3). Die weiteren Änderungen betreffen Anpassungen des erteilten Patentanspruchs 8 (neuer Patentanspruch 2) und der Beschreibung an den neuen Patentanspruch 1. Die Änderungen des vorliegenden Patents verstoßen somit nicht gegen Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

3. Die Beschwerdegegnerinnen haben vorgebracht, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 bezüglich der Anordnung der Teilhohlkammern nicht deutlich festgelegt sei und in dieser verallgemeinerten Form nicht den angestrebten technischen Effekt erzielen könne (Artikel 84 EPÜ).

3.1 Der reine Wortlaut des Patentanspruchs 1 schließt zwar die theoretische Möglichkeit ein, daß mehrere in Längsrichtung hintereinandergeschaltete Teilhohlkammern die Hohlkammer zwischen den Kanalbereichen bilden. Es ist unstreitig, daß eine solche Anordnung der Teilhohlkammern nicht den Effekt einer ausreichenden thermischen Isolierung zwischen den Kanalbereichen erzielen würde. Es wäre daher anzustreben, schon vom Wortlaut des Patentanspruchs her keine Zweifel aufkommen zu lassen. Die Kammer hat aber über die vorgelegte Fassung zu entscheiden, im vorliegenden Fall also, ob der Begriff "hintereinandergeschaltete Teilhohlkammern", im Gesamtzusammenhang des beanspruchten Gegenstandes unter gebührender Berücksichtigung der Beschreibung ausgelegt, ausreichend deutlich ist.

3.2 Die Hohlkammer (2, 6, 8) ist in der beanspruchten Kombination so auszubilden, daß sie für thermische Isolierung geeignet ist, wie bereits der erste Anschein dem Fachmann beim Lesen des Patentanspruchs 1 vermittelt. Der Leitungskanal weist gesonderte Kanalbereiche für zwei Belegungsarten mit unterschiedlichen thermischen Anforderungen auf (Rohrleitungen mit erwärmten Fließmedien; Kabel für die Elektroversorgung). Die Kanalbereiche sind durch eine Hohlkammer zwischen den Kanalbereichen getrennt ("für jede Belegungsart ein gesonderter Kanalbereich"; über die Hohlkammer "miteinander verbunden"). Bekanntermaßen wirkt eine Hohlkammer bei geeignetem Material ihrer Wände thermisch isolierend, weil Luft eine geringe Wärmeleitfähigkeit aufweist. Der Fachmann braucht hierzu keine näheren Angaben zur Wahl eines geeigneten Materials und würde die Hohlkammer nicht aus gut wärmeleitendem, z. B. metallischem, Material herstellen.

3.3 Die Bedeutung, die sich bereits bei technisch sinnvoller Auslegung des Patentanspruchs 1 dem Fachmann aufdrängt, wird durch die Beschreibung bestätigt. Mehrere Stellen belegen, daß mit der Hohlkammer zwischen den Kanalbereichen der Zweck verfolgt wird, erfindungsgemäß eine Temperaturerhöhung im Kanalbereich für die Elektrokabel ohne zeitraubende Montagearbeiten am Kanalbereich für erwärmte Fließmedien (Isolierung von Heizungsrohren) so weit wie möglich zu unterbinden (Spalte 1, Zeile 21 bis Spalte 2, Zeile 15; Spalte 3, Zeilen 46 bis 52). Die Hohlkammer bildet demnach ein wärmedämmendes Bauteil zwischen den gesonderten Kanalbereichen. Durch die Anordnung von mehreren Teilhohlkammern gemäß Figur 3 werden in der Hohlkammer Teillufträume zwischen den Kanalbereichen (4, 5) gebildet, welche durch Stege auch noch in Längsrichtung zusätzlich unterteilt sein können (Patentanspruch 2). Das ermöglicht eine ausreichende Wärmedämmung, ohne zusätzliche Isolierstreifen in eine einzelne Hohlkammer zwischen den Kanalbereichen einzubringen (Spalte 3, Zeilen 10 bis 19; Spalte 4, Zeilen 35 bis 47). Die Ausführungsbeispiele der Figuren 1 und 2 (mit einer einzelnen Hohlkammer zwischen den Kanalbereichen) sind nunmehr als "nicht erfindungsgemäß" gekennzeichnet (Spalte 4, Zeilen 1 bis 11, der Beschreibung). Es findet sich in der Patentschrift keine explizite Beschreibung der Hintereinanderschaltung der Teilhohlkammern, wie sie in Figur 3 dargestellt ist, die eine eindeutige Klarstellung des Wortlauts ermöglicht hätte. Damit fehlt aber auch ein Anlaß, in diesem Merkmal des Patentanspruchs 1 eine Verallgemeinerung eines offenbarten spezifischen Ausdrucks zu vermuten.

3.4 Für die Kammer steht daher fest, daß Patentanspruch 1 funktionell "hintereinandergeschaltete" Teilhohlkammern festlegt, die so ausgeführt sind, daß sie in dem Leitungskanal eine gegenüber einer einzelnen Hohlkammer verbesserte Wärmedämmung zwischen den Kanalbereichen bewirken. Das ist nur möglich, wie die Beschwerdegegnerinnen auch ausgeführt haben, wenn auf dem Weg von einem Kanalbereich zum anderen mehrere Teilhohlkammern hintereinander angeordnet sind, die einen graduellen Temperaturübergang ermöglichen. Dadurch entsteht eine wirksame Wärmebarriere zwischen den Kanalbereichen, die den Wärmefluß zwischen den Kanalbereichen reduziert, indem Verlustwärme der erwärmten Fließmedien eher an die Umgebung abfließt als über die Teilhohlkammern. Eine Ausführung mit einer in Längsrichtung unterteilten einzelnen Hohlkammer kann in diesem Zusammenhang nicht als sachgerechte Auslegung angesehen werden. Unter den gegebenen Umständen ist daher der Gegenstand, für den gemäß Patentanspruch 1 Schutz begehrt wird, deutlich genug festgelegt (Artikel 84 EPÜ). Eine Aufnahme einer Erklärung der Beschwerdeführerin in das Protokoll der mündlichen Verhandlung gehört nach Auffassung der Kammer nicht zu den rechtserheblichen Erklärungen, die nach Regel 76 (1) EPÜ in der Niederschrift enthalten sein sollen. Denn Artikel 69 (1) EPÜ und das Protokoll über dessen Auslegung nennen nur die Beschreibung und Zeichnungen, die zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen sind. Darüber hinausgehende Erklärungen sind für das laufende Verfahren nicht rechtserheblich. Die Änderungen der Patentansprüche sind durch die vorliegende Entscheidung dokumentiert. Ihre Bedeutung für künftige Verfahren bleibt den betroffenen Gerichten vorbehalten.

4. Die Neuheit des Leitungskanals gemäß Patentanspruch 1 mit hintereinandergeschalteten Teilhohlkammern im Sinne des Streitpatents ist nicht bestritten.

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

5.1 E37 (Figur 7) offenbart dem Fachmann einen Leitungskanal mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1. Dieser Leitungskanal in E37 eignet sich für die Verlegung von erwärmte Fließmedien führenden Rohrleitungen (Zentralheizungsrohre) in Kombination mit Kabeln für die Elektroversorgung von Verbrauchern (E37, Zusammenfassung; Patentanspruch 7; Seite 1; Seite 9, letzte Zeile bis Seite 10, Zeile 2). Für jede Belegungsart ist ein gesonderter Kanalbereich vorgesehen, und die Kanalbereiche sind über doppelte Trennwände (18a) miteinander verbunden. Die Trennwände formen zusammen mit einem aufliegenden Deckel, wie in den vorangehenden Figuren, eine Hohlkammer (E37, Seite 7, Zeilen 18 und 19; Seite 10, Zeilen 5 bis 7). Kanalelemente dieser Art werden in Standardlängen aus Metall hergestellt und können an den Enden über Verbindungslaschen zwischen den Trennwänden fluchtend ausgerichtet werden (E37, Seite 3, Absätze 2 und 3; Seite 10, Absatz 2; Deckblatt und Figur 8). Neben der Stütze für den Deckel mag der Raum zwischen den Trennwänden auch dazu dienen, den Leitungskanal in diesem Bereich am Boden oder an der Wand zu befestigen, ähnlich wie für einen Deckelteil vorgeschlagen ist (E37, Seite 2, Absatz 2; Seite 9; Zeilen 3 bis 5). E37 gibt aber keinen Hinweis, die Dämmeigenschaften einer geeignet ausgeführten Hohlkammer auszunutzen.

5.2 Ausgehend von E37 hätte der Fachmann bei einer zu starken Erwärmung des Kanalbereichs für Elektrokabel in naheliegender Weise die Heizungsrohre im benachbarten Bereich wie üblich (gegebenenfalls wie in E1, Figuren 1 bis 3) isoliert. Eine wärmedämmende Trennung der Bereiche über mehrere hintereinandergeschaltete Teilhohlkammern ist im Stand der Technik nicht nahegelegt. Bekannte Hohlkammerprofile zur ausschließlichen Verlegung von Elektrokabeln weisen gegebenenfalls mehrere Kanalbereiche zur Aufnahme räumlich getrennter Kabel oder zur Erhöhung der mechanischen Festigkeit auf (ähnlich E37), sind aber nicht als wärmedämmende Hohlkammern ausgeführt. Fensterprofile wie in E35 weisen zwar Wärmedämmkammern auf, gaben dem Fachmann aber keine Anregung, erwärmte Fließmedien und Elektrokabel thermisch in einem Leitungskanal zu trennen. Dazu sind die an Fensterprofile gestellten Anforderungen, wie Wärmeaufladung durch Sonneneinstrahlung bei bestimmten Farben und resultierende Dehnung des Materials (siehe z. B. E35, Seite 3), zu verschieden von den Anforderungen an einen Leitungskanal für Fließmedien und Elektrokabel.

5.3 E1 (Patentanspruch 1; Figuren 1 bis 3) offenbart ebenfalls einen Leitungskanal für die kombinierte Verlegung von Heizungsrohren und Elektrokabeln in gesonderten Kanalbereichen. Die unterschiedlichen Kanalbereiche sind durch einen Steg (3) voneinander getrennt. Im Bereich einer Kreuzung der Elektrokabel mit Heizungsrohren (wo Elektrokabel aus dem Leitungskanal geführt werden) ist eine Leitungsführungsbrücke (18) angebracht, um den thermischen Kontakt der Elektrokabel mit den Heizungsrohren zu verhindern und dem Leitungskanal eine größere Stabilität zu geben. Die Leitungsführungsbrücke kann auch über die gesamte Länge des Leitungskanals eingelegt sein (Seite 3, Absätze 1 bis 4). Damit die Umgebungstemperatur im Kanalbereich für Elektrokabel etwa 40 °C nicht übersteigt, werden die Heizungsrohrleitungen vollständig mit Dämmstoff (19) umgeben (E1, Seite 6, Absatz 2). Der Dämmstoff kann schon bei der Fertigung des Leitungskanals eingelegt werden. Die Heizungsrohre werden dann in Längsschlitze eingelegt, und die Schlitze gegebenenfalls über eine Dämmstoffbahn (20) vollständig geschlossen (E1, Seite 9, Absätze 1 bis 3; Figur 3). Auf eine Isolierung kann nach der Lehre der E1 dann verzichtet werden, wenn entsprechend wärmebeständige Materialien eingesetzt werden oder die Vorlauftemperatur der Heizung entsprechend niedrig ist. Der geschlossene Leitungskanal bietet eine wirkungsvolle Wärmeisolation gegenüber der Umgebung (E1, Seite 6, letzter Absatz; Seite 9, Absatz 4).

5.4 Das E1 zugrundeliegende Konzept beruht somit darauf, die Wärmequelle abzuschirmen und nicht den Wärmefluß zwischen den Kanalbereichen zu reduzieren. Der Steg zwischen den Kanalbereichen hat hier keine nennenswerte Wärmedämmfunktion. Es gab für den Fachmann daher keinen naheliegenden Grund, anstelle des Stegs in E1 mehrere hintereinandergeschaltete Teilhohlkammern wie beim Streitpatent anzuordnen. Die aus E35 bekannten Fensterprofile hätten dem Fachmann dazu aus den schon in Punkt 5.2 oben angeführten Gründen keinen Anlaß gegeben. Auch E17 legte dem Fachmann nicht nahe, statt eines Stegs in E1 wärmedämmende Teilhohlkammern zwischen den verschiedenen Kanalbereichen anzuordnen. Verlustwärme von Elektrokabeln oder Heizungsrohren im Inneren des Kanals werden nach der Lehre der E17 minimiert bzw. abgeführt, indem die Gehäusewände des Leitungskanals als wärmedämmende Hohlkammerprofile ausgebildet sind. Luft oder ein strömendes Fluid in den Hohlräumen der Profile bewirken eine Wärmedämmung nach außen bzw. eine rasche Wärmeabfuhr. Besonders empfindliche Kabel können auch in den Hohlräumen der Hohlkammerprofile untergebracht werden (E17, Spalte 1, Zeilen 33 bis 44; Spalte 2, Zeilen 14 bis 52; einzige Figur). Dieser gesonderte Kanalbereich wird dann zwar besser gekühlt, ist aber nicht durch eine wärmedämmende Hohlkammer von einem Kanalbereich mit wärmeerzeugenden Heizungsrohren oder Elektrokabeln getrennt.

5.5 Zusammenfassend hat sich der Gegenstand des vorliegenden Patentanspruchs 1 nach Überzeugung der Kammer nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und gilt somit als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (Artikel 56 EPÜ).

6. Das vorliegende Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, genügen daher unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Übereinkommens (Artikel 102 (3) EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 und 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

Beschreibung, Spalten 1 bis 4, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, Zeichnungen, Figuren 1 bis 3, der Patentschrift.

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