European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T001803.20050215 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Februar 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0018/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95920032.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16L 55/46 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Reinigbare Molchstation | ||||||||
Name des Anmelders: | Tuchenhagen GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Kieselmann GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 17. September 2002 wurde der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. EP-B-0 763 176 zurückgewiesen und das Patent in der erteilten Form aufrechterhalten. Der Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut:
Anordnung mit einem Rohrleitungsabschnitt, einem durch einen Molch molchbaren Rohrleitungsabschnitt und einer reinigbaren Molchstation, die diese Rohrleitungsabschnitte als Sende- bzw. Empfangsstation für den Molch verbindet und die in dieser Anordnung ein integrierter Abschnitt einer Produktleitung ist, wobei die Molchstation den Molch entweder in einer umströmbaren Lage zur Sicherstellung einer Strömungsverbindung zwischen den Rohrleitungsabschnitten oder in einer diese beiden voneinander trennende Verschlußlage beherbergt, sie einen gegenüber dem molchbaren Rohrleitungsabschnitt erweiterten Querschnitt aufweist, in der der Molch seine umströmbare Lage einnimmt, und wobei in der Molchstation ein verschieblicher erster Anschlag vorgesehen ist, mittels dem der Molch aus seiner umströmbaren Lage in die Verschlußlage verschoben wird, die eine Sendestellung des Molches zu seiner Überführung in den molchbaren Rohrleitungsabschnitt bildet, dadurch gekennzeichnet, daß der Molch in seiner umströmbaren Lage mit allseitigem Spiel positioniert wird
- mittels eines steuerbaren zweiten Anschlages im Zusammenwirken mit dem verschieblichen ersten Anschlag oder
- mittels eines steuerbaren zweiten Anschlages im Zusammenwirken mit einem mit dem verschieblichen ersten Anschlag verbundenen Fangkorb, in dem der Molch formschlüssig Aufnahme findet oder
- allein mittels eines mit dem verschieblichen ersten Anschlag verbundenen Fangkorbes, in dem der Molch formschlüssig Aufnahme findet.
II. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende am 20. Dezember 2002 Beschwerde ein. In der Beschwerdebegründung wurde zunächst ausgeführt, daß durch die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung, die sich aus der Lieferung einer Molch-Sendestation und einer Molch-Empfangsstation an die Winzergenossenschaft Badisches Frankenland e.G., St. Georgenstraße 3, in 6980 Reichholzheim ergebe, zusätzlich zu den Oberbegriffsmerkmalen auch die Anordnung des Molches in der Molchstation in einer umströmbaren Lage mit allseitigem Spiel schon bekannt sei. Da die Verwendung eines steuerbaren zweiten Anschlages zur Vermeidung eines ungewollten Wegspülens des Molches in die anschließende Rohrleitung aus D1 (WO-A-9 117 386) und aus D2 (GB-A-2 102 095) bekannt sei, sei der Anspruchsgegenstand gemäß der ersten Alternative für den Fachmann naheliegend. Naheliegend seien weiterhin auch die zweite und die dritte Alternative des Anspruchs, da ein Fangkorb zum Einsetzen und Herausnehmen von Molchen aus D2 bereits bekannt sei und das Entnehmen eines Molches aus der offenkundig vorbenutzten Molchstation durch Verwenden eines Fangkorbes erheblich erleichtert werden könnte. Die Beschwerdeführerin beantragte den Widerruf des Patents.
III. Die Beschwerdegegnerin bestritt mit ihrer Eingabe vom 4. Juli 2003 nicht die Glaubhaftmachung der offenkundigen Vorbenutzung an sich, die, wie in der Entscheidung der Einspruchsabteilung vermerkt, als solche anerkannt wird, jedoch sah sie die umströmbare Lage des Molches in der Molchstation aus den Anlagen 3, 3a der vorgebrachten offenkundigen Vorbenutzung nicht gegeben. Darüber hinaus vertrat die Beschwerdegegnerin die Auffassung, daß, bei korrekter Auslegung des Anspruchs 1, die Molchstation sowohl die Funktion einer Sendestation als die einer Empfangsstation erfüllen solle. Somit seien nicht sämtliche Oberbegriffsmerkmale aus der offenkundigen Vorbenutzung bekannt. Weiterhin sei daraus auch keine Positionierung des Molches in einer umströmbaren Lage mit allseitigem Spiel bekannt, da diese Lage gemäß Anlage 3, 3a nicht reproduzierbar sei. Die Hinweise auf D1 und D2 seien auch nicht angebracht, um die erfinderische Tätigkeit der beanspruchten Lösung in Frage zu stellen, da in beiden Dokumenten der Molch außerhalb der im Gebrauch der Anlage durchströmten Produktleitung liege. Die Patentinhaberin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Die Kammer äußerte im Bescheid vom 29. Oktober 2004 die vorläufige Meinung, wonach die Frage nach der korrekten Auslegung des Wortlauts des Anspruchs 1 nicht entscheidungserheblich erscheine, da sowohl die Auslegung bei der (i) die Molchstation lediglich aus einer Sendestation oder lediglich aus einer Empfangsstation besteht, als auch die Auslegung bei der (ii) die Molchstation sowohl als Empfangsstation als auch als Sendestation fungiert, aus der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung und insbesondere aus den Anlagen 3, 3a und aus der eidesstattlichen Erklärung des Herrn Payer hervorgingen. Zudem sei in der Patentschrift selbst (Spalte 1, Zeilen 5-11) eine gattungsgemäße Anordnung als aus druckschriftlichen Veröffentlichungen bereits bekannt angegeben.
V. In der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2005 blieben die Parteien bei ihren ursprünglichen Anträgen. Die Beschwerdeführerin bekräftigte nochmals, daß ausgehend von der im Hinblick auf den Stand der Technik objektiven Aufgabe der Erfindung, nämlich eine genaue Positionierung und das Vermeiden des Wegspülens des Molches zu erreichen, der Erfindungsgegenstand bei Berücksichtigung von D1 und D2 naheliegend sei. Auch handele es sich nicht um einen Verfahrensanspruch, und folglich könnten spezielle, auf etwaige spezifische Verwendungen der Anordnung gestützten Argumente nicht gelten.
Die Beschwerdegegnerin hatte der Schlußfolgerung der Kammer, wonach entsprechend Spalte 1, Zeilen 5-11 der Patentschrift eine gattungsgemäße Anordnung zum Stand der Technik gehöre, nichts entgegenzuhalten. Weiterhin fügte die Beschwerdegegnerin im wesentlichen zu den schriftlich vorgetragenen Argumenten hinzu, daß die offenkundige Vorbenutzung zwar einen mit allseitigem Spiel in der Molchstation aufgenommenen Molch zeige, jedoch der Molch in dieser Lage nicht umströmbar sei, sondern lediglich seitlich angeströmt werde. Somit blieben an dem Molch zumindest seitlich Verunreinigungen haften, die nur bei der Reinigung des Molches nach Entnahme aus der Empfangsstation entfernt werden könnten. Im Gegensatz dazu werde der Molch erfindungsgemäß in seiner umströmbaren Lage im Durchfluß mit Reinigungsmittel gereinigt. Schließlich würden auch D1 und D2 keinen mit allseitigem Spiel in einer umströmbaren Lage aufgenommenen Molch zeigen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ in Verbindung mit den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Die Anordnung gemäß der offenkundigen Vorbenutzung ist als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Insbesondere werden durch die Anlagen 3, 3a, 6 in Verbindung mit der eidesstattlichen Erklärung des Herrn Payer sämtliche Oberbegriffsmerkmale des Anspruchs 1 offenbart. Im Rohr DN50 wird ein Molch mit Durchmesser 39. mm (Anlage 6) beherbergt, welcher mittels der Molcheingabestange in die Verschlußlage in die Schaulaterne DN40 gebracht wird, um dann die sich anschließende Produktleitung zu durchlaufen. Eine weitere Rohrleitung DN40 wird am seitlichen Stutzen mit der Nennweite DN40 des Rohres DN50 angeschlossen. Somit stellt auch das Rohr DN50 eine zwischen einem molchbaren und einem weiteren Rohrabschnitt in der Produktleitung integrierte Sendestation dar, und zwar entsprechend der unter Punkt IV angegebenen Alternative (i). Aus den angegeben Maßen des Molchdurchmessers und des Rohres, aus den aus Anlagen 3, 3a, 6 sich ergebenden Maßverhältnisse zwischen Länge des Rohres DN50 bzw. des Molches, sowie aus der Aussage des Herrn Payer ist ersichtlich, daß der Molch in der Sendestation eine umströmbare Lage einnimmt, und zwar mit allseitigem Spiel, sowohl radial als auch axial, und erst durch Einschieben in die Schaulaterne mittels der Eingabestange in eine Verschlußposition gebracht wird.
Somit ist auch, außer den Merkmalen des Oberbegriffs, auch das erste Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 aus der offenkundig vorbenutzten Anordnung zu entnehmen.
3. Die Ausführungen der Patentinhaberin bezüglich der umströmbaren Lage des Molches in der Sendestation können nicht nachvollzogen werden, da einerseits eingeräumt werden kann, daß der Begriff "umströmbar" ein relativer Begriff ist, der bei besonders zähflüssigen Medien sicherlich eine andere Bedeutung haben kann, als bei Flüssigkeiten mit niedrigerer Viskosität. Andererseits ist aber im Anspruch 1 weder der Begriff "umströmbar" genauer definiert, noch ist eine besondere Verwendung der Anordnung in Verbindung mit spezifischen Medien und "Produkten" und im Rahmen eines besonderen Verfahrens beansprucht, da lediglich eine Anordnung an sich beansprucht wird. Diese Anordnung besteht im wesentlichen nur aus zwei durch eine reinigbare Molchstation verbundenen, reinigbaren Rohrabschnitten. Demzufolge kann nur festgestellt werden, daß der Molch in der offenkundig vorbenutzten Anordnung eine im üblichen Sinne umströmbare Lage mit allseitigem Spiel einnehmen kann, d. h. eine Lage bei der die Molchoberfläche im wesentlichen allseitig umströmt wird, und dies für eine sehr breite Palette von Produkten. Das Fehlen einer genauen Bestimmung der Lage des Molches ändert daran auch nichts, da dies nicht erforderlich ist, um ein im wesentlichen allseitiges Umströmen des Molches zu ermöglichen.
Jegliche Argumente, die auf die weitere spezifische Verwendung der Anordnung im Rahmen eines nicht beanspruchten Verfahrens und in Verbindung mit einem nicht beanspruchten spezifischen Produkt gestützt sind, müssen somit außer Betracht bleiben, zumindest insofern als sie für die Beurteilung der objektiven, gegenständlichen Merkmale des Anspruchs nicht relevant sind. In diesem Sinne ist auch irrelevant, ob der Molch im offenkundig vorbenutzten Verfahren tatsächlich in der Sendestation selbst oder erst in der Empfangsstation bzw. nach seiner Entnahme aus der Empfangsstation gereinigt wird, denn der Molch ist in der vorbenutzten Anordnung sicherlich dank seiner in der Sendestation mit allseitigem Spiel eingenommenen Lage prinzipiell vom Reinigungsmittel im Durchfluß reinigbar, und zwar genauso wie auch Rohrabschnitte mit Reinigungsmittel im Durchfluß üblicherweise gereinigt werden.
4. Im übrigen wird nochmals darauf hingewiesen, daß laut Patentschrift, eine gattungsgemäße Anordnung aus dem Stand der Technik bekannt sei, da sie ohne Geheimhaltungspflicht einer, wenn auch begrenzten Anzahl von Personen vor dem Prioritätstag des Patents öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Im Hinblick auf diesen Stand der Technik wären dann jedenfalls auch jegliche Diskussionen, die Bedeutung des Begriffes "umströmbar" betreffend, ohnehin hinfällig.
5. Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchsgegenstandes erfolgt im Hinblick auf die sich aus dem Unterschied des Anspruchsgegenstandes zum Stand der Technik ergebenden objektiven Aufgabe. Im vorliegenden Fall unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß seiner ersten Alternative von der öffentlich vorbenutzten Anordnung einzig und allein durch einen zweiten steuerbaren Anschlag, der mit dem verschieblichen ersten Anschlag zusammenwirkt. Daraus ergibt sich als objektive Aufgabe, eine genaue Positionierung des Molches in der Sendestation zu erreichen, um einerseits ein ungewolltes Wegspülen des Molches zu vermeiden und andererseits auch eine sichere Durchströmung der Anordnung bzw. Umströmung des Molches in beide Richtungen zu ermöglichen und zwar sowohl im normalen Betrieb bei Durchströmung mit einem Produkt oder Druckmedium als auch bei Durchströmung mit einem Reinigungsmittel zum Zwecke der Reinigung. Der Fachmann, der sich mit dieser Aufgabe befaßt, würde dann nach im näheren technischen Umfeld bereits bekannten Lösungen suchen.
6. Die Dokumente D1 und D2, die Anordnungen aus demselben technischen Gebiet der offenkundigen Vorbenutzung zeigen, offenbaren Lösungen, die sich dem Fachmann unmittelbar anbieten würden. Insbesondere zeigt D2 (Figur 1) eine in beide Richtungen durchströmbare Produktleitung mit Molchen B, die in einer Produktleitung 10, 36, 20, 22, 12, 14 mittels eines ersten Anschlages (Abschlußdeckel 40) und eines zweiten steuerbaren Anschlages 120 (Figur 2) in einer definierten (umströmbaren) Lage positioniert werden. Nach Betätigung des steuerbaren Anschlages wird der Molch zum Durchlaufen der Produktleitung durch die Druckkraft des Produktes freigegeben. Gleichermaßen zeigt D1 (Figuren 4, 5, 6) einen mittels eines ersten 1.3a und eines zweiten 17, 17a steuerbaren Anschlages in einer definierten (umströmbaren) Lage positionierten Molch. Auch hier ist mittels des zweiten steuerbaren Anschlages die Positionierung und das Vermeiden eines ungewollten Wegspülens des Molches bei umgekehrter Flußrichtung des Mediums, gleich ob Produkt, Reinigungsmittel oder ein sonstiges Druckmedium, gewährleistet. Der Fachmann würde folglich sowohl in D1 als auch in D2 unmittelbar eine mögliche Lösung der gestellten Aufgabe erkennen, indem durch das Hinzunehmen eines weiteren steuerbaren Anschlages eine definierte Positionierung des Molches erreicht wird. Somit würde der Fachmann auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der ersten Alternative gelangen.
7. Im Ergebnis wäre also für den Fachmann die Kombination des durch die offenkundige Vorbenutzung offenbarten Standes der Technik mit dem Dokument D1 oder mit dem Dokument D2 naheliegend, womit der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.