T 1097/02 (Bereitstellung von agrarmeteorologischen Informationen/CLAAS) of 15.7.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T109702.20050715
Datum der Entscheidung: 15 Juli 2005
Aktenzeichen: T 1097/02
Anmeldenummer: 97105761.7
IPC-Klasse: H04L 29/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Bereitstellung von agrarmeteorologischen Informationen
Name des Anmelders: CLAAS KGaA
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0641/00
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, zur Post gegeben am 5. März 2002, die mit der Nummer EP 814 588 A1 veröffentlichte Patentanmeldung wegen mangelnder Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 zurückzuweisen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. April 2002, das am selben Tag eingegangen ist, Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Es wurde beantragt, ein Patent auf der Basis des der Entscheidung der Prüfungsabteilung zugrundeliegenden Antrags mit den am 25. September 2001 eingereichten Ansprüchen 1 bis 7 zu erteilen. Weiterhin wurde hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.

III. Eine mündliche Verhandlung wurde für den 15. Juli 2005 anberaumt. In einem der Ladung beigefügten Bescheid vom 4. April 2005 teilte die Kammer ihre vorläufige Stellungsnahme mit. Insbesondere stellte sie vorläufig fest, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

IV. In einem Schreiben vom 23. Mai 2005, eingegangen am selben Tag, teilte die Beschwerdeführerin mit, daß sie eine Entscheidung nach Lage der Akten beantrage und nicht an der anberaumten mündlichen Verhandlung teilnehmen werde.

V. Die mündliche Verhandlung fand am 15. Juli 2005 in Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt. Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.

VI. Der unabhängige Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zur Bereitstellung von agrarmeteorologischen Informationen in Form von Vorhersagen oder Prognosen, wobei sich eine Betriebseinrichtung des Empfängers, beispielsweise ein Computerterminal (12) unter Verwendung einer Datenübertragungssoftware über an das Computerterminal (12) angeschlossene Telekommunikationsmittel (10) in einen ebenfalls daran angeschlossenen ersten Server (2) einwählt, der erste Server (2) für den Empfänger bestimmte Dateien oder Daten, die agrarmeteorologische Informationen enthalten, zur Datenübertragung bereitstellt, und die Dateien oder Daten über Telekommunikationsmittel (10) unter Verwendung einer Datenübertragungssoftware auf das Computerterminal (12) des Empfängers übertragen werden, dadurch gekennzeichnet, daß die agrarmeteorologischen Informationen nach empfängerspezifischen Kenndaten auf einem Server (2) zusammengestellt und nach dem herunterladen [sic] in die Betriebseinrichtung (12) des Empfängers, für eine Weiterverarbeitungssoftware zur Verfügung stehen."

Die weiteren Ansprüche 2 bis 7 sind von Anspruch 1 abhängige Ansprüche.

VII. Die Prüfungsabteilung hat sich in ihrer Zurückweisungsentscheidung unter anderen auf folgendes Dokument bezogen:

D1: WO 95 24688 A

und argumentiert, daß das Merkmal "Bereitstellung von agrarmeteorologischen Informationen in Form von Vorhersagen oder Prognosen" kein technisches Merkmal einschlösse und daher keine Unterscheidung von dem aus D1 bekannten Verfahren ermögliche. Folglich fehle es dem Gegenstand des Anspruchs 1 an der notwendigen Neuheit. Auch der Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 4 und 6 sei nicht neu gegenüber der Lehre von D1, und die weiteren Merkmale der abhängigen Ansprüche 5 und 7 seien fachübliche Maßnahmen, die nicht als erfinderisch betrachtet werden könnten.

VIII. In ihrer Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin unter anderem auf die Notwendigkeit der Einbeziehung von agrarmeteorologischen Informationen in die betriebswirtschaftliche Entscheidungsfindung und auf das Fehlen solcher Überlegungen im Stand der Technik hingewiesen. Nach einer ausführlichen Erklärung des beanspruchten Verfahrens und des in D1 beschriebenen Verfahrens hat sie im Hinblick auf das Verfahren nach D1 festgestellt, daß dort lediglich eine zentrale Verwaltung von täglich anfallenden Daten eines oder mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe einschließlich der Zusammenstellung von Wetterdaten zurückliegender Zeiträume jedoch keinesfalls die Bereitstellung von auf die Zukunft gerichteter agrarmeteorologischer Informationen offenbart sei. Auch sei keine Zusammenstellung agrarmeteorologischer Informationen auf einem Server anhand von empfängerspezifischen Kenndaten offenbart.

Entscheidungsgründe

1.1 Die Anmeldung bezieht sich auf ein Verfahren zur Datenübertragung zwischen einem Server und einer Betriebseinrichtung eines Empfängers, wobei agrarmeteorologische Informationen nach empfängerspezifischen Kenndaten auf dem Server zusammengestellt werden und nach dem Herunterladen in die Betriebseinrichtung des Empfängers für eine Weiterverarbeitungssoftware zur Verfügung stehen.

1.2 D1 wurde von der Prüfungsabteilung als nächstliegender Stand der Technik betrachtet. Die Kammer schließt sich dieser Beurteilung an.

D1 zeigt ein Verfahren zur Bereitstellung von Informationen (siehe Seite 11, Zeile 33 - Seite 12, Zeile 8, wobei es sich hier bei den Informationen um statistisch bearbeitete und ausgewertete Daten von Landwirten handelt), bei dem sich eine Betriebseinrichtung des Empfängers (im weiteren auch als Client bezeichnet), beispielsweise ein Computerterminal (siehe Figur 1, Bezugszeichen 24), unter Verwendung einer Datenübertragungssoftware (siehe Seite 20, Zeilen 27 bis 30) über an das Computerterminal angeschlossene Telekommunikationsmittel (siehe ibidem) in einen ebenfalls daran angeschlossenen ersten zentralen Rechner oder Server einwählt (siehe Seite 20, Zeilen 30 bis 34), der erste Server (siehe Figur 1, Bezugszeichen 30) für den Empfänger bestimmte Dateien oder Daten zur Datenübertragung bereitstellt (siehe Seite 11, Zeile 33 - Seite 12, Zeile 8), die Dateien oder Daten über Telekommunikationsmittel unter Verwendung einer Datenübertragungssoftware auf das Computerterminal (12) des Empfängers übertragen werden (siehe Seite 12, Zeilen 4 bis 11), und die Informationen nach empfängerspezifischen Kenndaten (siehe Seite 13, Zeilen 14 bis 28) auf einem Server zusammengestellt und nach dem Herunterladen in die Betriebseinrichtung des Empfängers für eine Weiterverarbeitungssoftware (z. B. durch übliche Computerprogramme im Computerterminal 24) zur Verfügung stehen.

Die Kammer schließt sich somit im Ergebnis der Merkmalsanalyse der Prüfungsabteilung an und sieht den Unterschied zwischen dem beanspruchten Verfahren und dem aus D1 bekannten Verfahren darin, daß es sich bei den Informationen um "agrarmeteorologische Informationen in Form von Vorhersagen und Prognosen" handelt. In D1 werden statt dessen zum Beispiel Daten über sogenannte "best practices" und Vorhersagen ("projections") für ein bestimmtes geographisches Gebiet auf der Grundlage von Daten, die von benachbarten Landwirten gesammelt wurden, übermittelt (siehe Seite 4, Zeilen 30 bis 36).

Die Beschwerdeführerin scheint dieser Analyse weitgehend zuzustimmen.

1.3 Der Inhalt der entsprechend der Lehre von D1 von verschiedenen Landwirten (den Clients) auf die Datenbank des Servers übertragenen Daten und der vom Server zu den verschiedenen Clients übertragenen Daten machen es für den Fachmann sinnvoll und naheliegend, diese Daten auch mit Vorhersagen über das Wetter und insbesondere mit agrarspezifischen Wettervorhersagen zu versehen.

Entsprechend dem in D1 beschriebenen Verfahren werden vom Client landwirtschaftliche Tätigkeiten (zum Beispiel Aussaat oder Ernte), das zu diesem Zeitpunkt herrschende Wetter, die Art der Feldnutzung (also die Art der Bepflanzung) und das verwendete Gerät dem Server mitgeteilt (siehe Seite 3, Zeilen 26 bis 29).

Aus D1 ist ferner zu entnehmen, daß die vom Server dem Client übertragenen Daten, die von benachbarten Landwirten angesammelt wurden, es dem diese Daten erhaltenden Landwirt ermöglichen sollen, Details bezüglich des Zeitpunkts und der Art verschiedener landwirtschaftlicher Tätigkeiten herauszufinden (siehe Seite 5, Zeilen 4 bis 7).

Das Übermitteln dieser Daten zum Client ergibt nur dann einen Sinn, wenn sie von dem Client zusammen mit aktuellen Wettervorhersagen, die sinnvollerweise agrarspezifisch sein müssen, verwendet werden, um einen Vergleich der auf dem Server angesammelten Wetterdaten für zurückliegende eigene Aktivitäten oder die benachbarter Landwirte mit der gegenwärtigen Situation zu ermöglichen. Andernfalls wäre es sinnlos, Wetteraufzeichnungen in Verbindung mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten durchzuführen.

Es erscheint aber nicht nur sinnvoll, die vom Server erhaltenen Daten in Verbindung mit aktuellen Wettervorhersagen zu verwenden, sondern das in D1 beschriebene Verfahren legt es auch nahe, die Wettervorhersagen vom Server auf den Client zu übertragen.

Wettervorhersagen können zwar über verschiedene Wege erhalten werden, jedoch wird in Figur 33 von D1 (siehe im Bereich des Bezugszeichens 204 den Eintrag "News Info") nahegelegt, aktuelle Tagesinformationen zusammen mit den anderen Informationen vom Server zum Client zu senden. Solche aktuelle Tagesinformationen umfassen üblicherweise einen Wetterbericht, und es erscheint im gegebenen Zusammenhang sinnvoll einen auf landwirtschaftliche Belange spezialisierten Wetterbericht zu verwenden. Folglich war es naheliegend, daß der Landwirt vom Server nicht nur Informationen bezüglich eines Zeitpunkts, zum Beispiel der Aussaat oder der Ernte, und der in der Vergangenheit zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Wetterverhältnisse erhält, sondern auch eine Vorhersage über das erwartete Wetter, und zwar in einer für landwirtschaftliche Belange spezialisierten Form.

Somit kommt die Kammer zu dem Schluß, daß es für den Fachmann ausgehend von D1 naheliegend war, die dort vom Server zum Client, also letztendlich dem Landwirt, übermittelten Daten durch agrarmeteorologische Informationen in der Form von Vorhersagen und Prognosen zu ergänzen.

1.4 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

2. Die Prüfungsabteilung hat in ihrer Entscheidung eine Berücksichtung des Merkmals "agrarmeteorologische Informationen in Form von Vorhersagen und Prognosen" zur Unterscheidung von dem aus D1 bekannten Verfahren ausgeschlossen, da es kein technisches Merkmal enthalte.

Im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe T 641/00, ABl. EPA, 2003, 352) könnte die Frage nach der technischen Natur des Unterscheidungsmerkmals in der Tat eine Rolle für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit spielen.

Im vorliegenden Fall ist die Kammer jedoch der Ansicht, daß die mit der technischen Natur des Unterscheidungsmerkmals verbundene Rechtsfrage, ob das angesprochene Merkmal "agrarmeteorologische Informationen in Form von Vorhersagen und Prognosen" im Sinne der in der oben zitierten Entscheidung entwickelten Kriterien zur erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Lehre von D1 beträgt, unbeantwortet bleiben kann, da der beanspruchte Gegenstand, wie unter Punkt 1.3 gezeigt, ohnehin für den Fachmann naheliegend war und somit nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.

3. Da der Anspruch 1 des einzigen vorliegenden Antrags nicht den Erfordernissen des EPÜ genügt, ist dieser nicht zulässig. Folglich war die Beschwerde zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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