T 0880/02 () of 8.12.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T088002.20051208
Datum der Entscheidung: 08 Dezember 2005
Aktenzeichen: T 0880/02
Anmeldenummer: 94119368.2
IPC-Klasse: A23G 1/21
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von Schokoladenartikeln, insbesondere von Hülsen für Schokoladenhohlkörper
Name des Anmelders: Gebr. Bindler Maschinenfabrik GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Aasted-Mikroverk ApS
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 54(3)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Haupt- und Hilfsantrag 1: Neuheit (nein)
Hilfsantrag 2: Änderung (zulässig), Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja) - unzulässige rückschauende Betrachtungsweise
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0201/92
T 1016/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das Europäische Patent mit der Veröffentlichungsnummer 715 813 wurde mit einem Satz von 13 Ansprüchen erteilt, wobei die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 lauteten:

"1. Vorrichtung zur Herstellung einer Hülse für Schokoladenhohlkörper, mit einer Fördereinrichtung zum Transport von Formen (1), die jeweils mindestens eine Alveole (2) zur Eindosierung von flüssiger Schokoladenmasse aufweisen, und mit einer Trägereinrichtung für mindestens ein Stempelelement (3), mittels der der mindestens einen Alveole (2) während einer vorgebbaren Verweildauer ein Stempelelement (3) zuführbar ist, wobei die Trägereinrichtung (4) eine Anordnung von mehreren Stempelelementen (3) aufweist und daß Trägereinrichtung (4) und die Fördereinrichtung derart aufeinander abgestimmt sind, daß entlang mindestens einer Teilstrecke der Transport von Form (1) und Stempelelement (3) als miteinander gekoppelte Einheiten erfolgt und wobei die Teilstrecken des einheitlichen Transportes von Form (1) und Stempelelement (3) geradlinig sind.

3. Vorrichtung zur Herstellung einer Hülse für Schokoladenhohlkörper, mit einer Fördereinrichtung zum Transport von Formen (1), die jeweils mindestens eine Alveole (2) zur Eindosierung von flüssiger Schokoladenmasse aufweisen, und mit einer Trägereinrichtung für mindestens ein Stempelelement (3), mittels der der mindestens einen Alveole (2) während einer vorgebbaren Verweildauer ein Stempelelement (3) zuführbar ist, wobei die Bewegungseinrichtung einen im Transportweg der Formen (1) angeordneten, als Trägerelement dienenden Drehstern (4) mit mehreren, auf einer Kreisbahn umfänglich versetzt angeordneten Stempelelementen (3) aufweist, wobei mindestens entlang einer Teilkreisbahn auf dem Drehstern (4) der Transport von Form (1) und Stempelelement (3) gemeinsam erfolgt."

II. Gegen das Patent wurde gestützt auf Artikel 100 a) EPÜ Einspruch unter dem Einwand mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit eingelegt. Von den genannten Entgegenhaltungen wird in der vorliegenden Entscheidung speziell auf die folgenden Bezug genommen:

D1: GB-1 483 614

D2: EP-A-0 589 820

III. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2002 hat die Einspruchsabteilung verkündet, den Einspruch zurückzuweisen. In der am 25. Juni 2002 übersandten schriftlichen Begründung wurde im wesentlichen festgestellt, dass sich das kennzeichnende Merkmal im Anspruch 1, bzw. im Anspruch 3 gemäß Streitpatents weder direkt noch indirekt aus dem Stand der Technik herleiten lasse.

IV. Am 16. August 2002 wurde von der Einsprechenden Beschwerde eingelegt. Mit der am 28. Oktober 2002 eingegangenen Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin zusätzlichen Stand der Technik eingeführt, nämlich die Druckschriften:

D7: WO 95/32633

D8: DE Patentanmeldung, U 1441 III/53 l.

V. In der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2005 hat die Beschwerdegegnerin drei Anspruchssätze als Grundlagen für Hilfsanträge 1 bis 3 eingereicht.

VI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthielt im Vergleich zum erteilten Anspruch 1 das zusätzliche Merkmal aus dem erteilten Anspruch 2. Dieser geänderte Anspruch 1 lautete demnach wie folgt:

"Vorrichtung zur Herstellung einer Hülse für Schokoladenhohlkörper, ... wobei die Trägereinrichtung (4) eine Anordnung von mehreren Stempelelementen (3) aufweist, die jeweils zueinander umfänglich versetzt auf einem umlaufenden Stempelträger befestigt sind, und daß Trägereinrichtung (4) und die Fördereinrichtung derart aufeinander abgestimmt sind, ...".

VII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthielt im Vergleich zum erteilten Anspruch 1 ein zusätzliches Merkmal, das der Beschreibung entnommen wurde. Dieser geänderte Anspruch 1 lautete wie folgt:

"Vorrichtung zur Herstellung einer Hülse für Schokoladenhohlkörper, ... entlang mindestens einer Teilstrecke der Transport von Form (1) und Stempelelement (3) als miteinander gekoppelte Einheiten erfolgt derart, daß die Form (1) mit dem Stempelelement (3) in Eingriff bringbar ist, worauf die gemeinsame Bewegung von Stempelelement (3) und Form (1) über mehrere Maschinenetakte erfolgt, und wobei die Teilstrecken des einheitlichen Transportes von Form (1) und Stempelelement (3) geradlinig sind."

VIII. Der Einwand mangelnder Neuheit, bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit der Beschwerdeführerin wurde im wesentlichen wie folgt begründet:

- Vorrichtungen, bei denen die Trägereinrichtung für Stempelelemente und die Fördereinrichtung für Formen derart aufeinander abgestimmt sind, dass der Transport von Form und Stempelelement als miteinander gekoppelte Einheiten erfolgt, seien vielfach bekannt, zum Beispiel aus D1, D2 und D7.

- Das Merkmal des Transports entlang einer geradlinigen Teilstrecke oder einer Teilkreisbahn auf einem Drehstern sei entweder aus D1 bekannt oder es könne zumindest keine erfinderische Tätigkeit begründen.

- In D1 seien die Stempelelemente ebenfalls auf einem umlaufenden Träger befestigt.

- Das neue Merkmal "in Eingriff bringbar" im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 gehe über die ursprüngliche Offenbarung hinaus, weil dort nur offenbart sei, dass die Form mit dem Stempelelement "in Eingriff gebracht" werde.

- Im Hinblick auf D1 oder D2 als nächstliegendem Stand der Technik sei das Merkmal "in Eingriff bringbar" selbstverständlich oder zumindest durch D8 nahe gelegt.

- Es sei nahe liegend, dass die Bewegungseinrichtung anstatt eines umlaufenden Bands einen Drehstern als Träger für die Stempelelemente aufweist.

IX. Die Beschwerdegegnerin hat im wesentlichen wie folgt vorgetragen:

- Anspruch 1 müsse im Lichte der Beschreibung ausgelegt werden. Daher impliziere das Merkmal "miteinander gekoppelte Einheiten", dass für den Transport von Form und Stempelelement zwischen diesen Teilen eine Koppelung in Art einer mechanischen Verbindung bestehe. Dabei werde im Streitpatent der Begriff "gekoppelt" jedoch nicht als Gegensatz zu "entkoppelt" verwendet.

- Im Stand der Technik gebe es keinen Hinweis darauf, die Vorrichtung derart zu gestalten, damit der Transport der Form und Stempelelemente nicht nur synchron sondern als miteinander gekoppelte Einheiten erfolge.

- Die neu genannten Entgegenhaltungen D7 und D8 seien spät vorgebracht.

- Darüber hinaus enthalte D7 keine Information, die über den Inhalt der Druckschrift D2 hinaus gehe. D8 sei noch weniger relevant, weil diese Druckschrift keine Bewegung der Formen und Stempelelemente offenbare.

- Das zusätzliche Merkmal im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 sei durch die ursprüngliche Beschreibung gestützt. Dadurch sei eindeutig definiert, dass die Koppelung der Teile mit Hilfe eines mechanischen Eingriffs erfolge.

- Der Erfindung liege die technische Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zu entwickeln, die die Herstellung von Schokoladenhülsen gleichmäßiger Wandstärke bei hoher Maschinentaktgeschwindigkeit sicherstellen könne.

- Die im Anspruch 1 bzw. 3 vorgeschlagenen Lösungen der gestellten Aufgabe seien aus den zitierten Stand der Technik weder zu entnehmen, noch durch ihn nahe gelegt.

X. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Streitpatent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent auf der Basis der Ansprüche

1 bis 12 des Hilfsantrags 1,

1 bis 13 des Hilfsantrags 2, oder

1 bis 11 des Hilfsantrags 3,

alle eingereicht während der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Neuheit

1.1 Anspruch 1 betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung einer Hülse für Schokoladenhohlkörper, die eine Trägereinrichtung zum Transport von Formen und eine Fördereinrichtung für Stempelelemente enthält. Diese Vorrichtung ist im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass die Trägereinrichtung und die Fördereinrichtung aufeinander abgestimmt sind, damit entlang einer geradlinigen Teilstrecke der Transport von Form und Stempelelement als miteinander gekoppelte Einheiten erfolgt.

1.2 Aus D1 ist eine Vorrichtung bekannt, die zwar grundsätzlich auf die Herstellung von Hohlkörpern aus Konfektmassen, wie z.B. Toffee, gerichtet ist; dass diese sich auch zur Herstellung von Hülsen für Schokoladenhohlkörper eignet, wird von der Beschwerdegegnerin nicht mehr bestritten. In der Tat enthält die Vorrichtung gemäß D1 alle dafür notwendigen Merkmale, nämlich eine bandartige Fördereinrichtung zum Transport von Formen, welche jeweils eine Alveole zur Eindosierung von flüssiger Masse aufweisen, und eine Trägereinrichtung für Stempelelemente, mittels derer der Alveole ein Stempelelement zuführbar ist. Darüber hinaus lehrt D1, dass die Formgruppe und die Stempelgruppe synchron miteinander bewegt werden, und dass das Stempelelement 14 an der Förderstation A in die Form 10 eintaucht und bei der Förderstation B wieder zurückgezogen wird (Seite 1, Zeile 61 bis Seite 2, Zeile 2 und Fig. 1). Somit ist für die Kammer unmissverständlich, dass auf der geradlinigen Förderstrecke von A nach B die betroffenen Anlageteile als gekoppelte Einheiten transportiert werden müssen.

1.3 In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin geltend gemacht, das Merkmal "miteinander gekoppelte Einheiten" sei im Kontext des vorliegenden Anspruchs 1 als im "Huckepack-Verfahren miteinander gemeinsam transportierbar" zu verstehen (siehe auch Schriftsatz vom 12. Mai 2003, Seite 6, Paragraph 2.1). Mit anderen Worten würde es implizieren, anders als gemäß D1, dass die gekoppelten Einheiten für den Transport entlang der vorgegebenen Teilstrecke durch mechanische Teile aneinander gebunden wären.

Die Kammer stellt jedoch fest, dass der Wortlaut "als miteinander gekoppelte Einheiten" im Anspruch 1 als solcher klar ist und somit keiner Auslegung bedarf. Selbst wenn die Kammer aber zugunsten der Beschwerdegegnerin die Beschreibung zur Auslegung des Anspruchs heranziehen würde, so vermag diese nicht, den Vortrag der Beschwerdegegnerin zu betätigen. So ist im allgemeinen Teil der Beschreibung hervorgehoben: "Die Erfindung zeichnet sich dadurch aus, daß Maschinentaktzeit einerseits und Verweildauer des Stempels in der sich verfestigenden Schokoladenmasse andererseits voneinander entkoppelt werden ... Die Entkopplung erfolgt gemäß Anspruch 1 bei gemeinsamer Bewegung von Form und Stempeleinheit auf einer geradlinigen Bahn dadurch, daß die Stempeleinheiten mit den taktweise oder kontinuierlich transportierten Formen solange mitbewegt werden, wie es entsprechend der durch die bestimmenden Parameter notwendigen Verweildauer der Stempelelemente in der Schokoladenmasse erforderlich ist. Hierbei erfolgt die Anpassung der Bewegung der Stempeleinheiten an die Formbewegung" (siehe Spalte 1, Zeile 44 bis Spalte 2, Zeile 3; alle Hervorhebungen durch die Kammer). Es geht somit aus der allgemeinen Beschreibung der beanspruchten Erfindung hervor, dass die gemeinsame Bewegung der beiden Form- und Stempelgruppen durch Anpassung, sprich "Koppelung", deren jeweiligen Bewegungen erfolgt. Auch wird hier der Ausdruck "entkoppelt" bzw. "Entkoppelung" offensichtlich im Kontext einer Zeitanpassung (zwischen Maschinentaktzeit und Verweildauer eines Stempels) benutzt. Entsprechend kann die Kammer der Beschwerdegegnerin nicht darin zustimmen, der Begriff "Koppelung" sei im Sinne des Streitpatents nicht als Gegenteil von "Entkoppelung" zu verstehen; eine solche Auslegung steht vielmehr mit der Beschreibung nicht im Einklang.

1.4 Aus den angegebenen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass das Merkmal "Transport von Form (1) und Stempelelement (3) als miteinander gekoppelte Einheiten", Ausführungformen umfasst, bei welchen der gemeinsame Transport dieser betroffenen Teile durch deren synchrone Bewegung, wie in der Vorrichtung gemäß D1, erfolgt. Infolgedessen fehlt im Hinblick auf D1 der Vorrichtung gemäß Anspruch 1 die erforderliche Neuheit, Artikel 54 EPÜ.

Hilfsantrag 1

2. Neuheit

Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrags unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 durch das zusätzliche Merkmal, dass die "Stempelelemente[n] (3) ... jeweils zueinander umfänglich versetzt auf einem umlaufenden Stempelträger befestigt sind". Es ist unstrittig, dass die Vorrichtung gemäß D1 ebenfalls dieses Merkmal aufweist (Seite 1, Zeilen 81 bis 84 und Fig. 1). Somit gilt die Feststellung in Bezug auf den erteilten Anspruch 1 auch für den vorliegenden Anspruch 1, dessen Gegenstand aus den gleichen Gründen die erforderliche Neuheit fehlt, Artikel 54 EPÜ.

Hilfsantrag 2

3. Änderung

3.1 Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrags unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 durch das zusätzliche Merkmal, "daß die Form (1) mit dem Stempelelement (3) in Eingriff bringbar ist, worauf die gemeinsame Bewegung von Stempelelement (3) und Form (1) über mehrere Maschinentakte erfolgt".

3.2 Obwohl das zusätzliche Merkmal nicht aus einem erteilten Anspruch sondern aus der Beschreibung entnommen wurde, hat die Kammer diese Änderung in der mündlichen Verhandlung trotz des späten Vorbringens zugelassen. Für diese Entscheidung hat die Kammer berücksichtigt, dass das neu aufgenommene Merkmal nur präzisiert, dass der Begriff "miteinander gekoppelte Einheiten" eindeutig allein im Sinne des Vortrags der Beschwerdegegnerin zu verstehen ist (siehe Punkt 1.3 oben). Ferner entspricht dieses Merkmal der Auslegung des erteilten Anspruchs 1 durch die Einspruchsabteilung (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 2).

3.3 Es ist unstrittig, dass die Änderung auf die ursprüngliche Offenbarung, Seite 7, erster vollständiger Absatz gestützt ist. Ferner ist die Kammer der Auffassung, dass das betroffene Merkmal zwar im Kontext eines Ausführungsbeispiels ursprünglich offenbart ist, jedoch im Lichte der übrigen Beschreibung keineswegs als nur in diesem konkreten Zusammenhang offenbart angesehen werden kann. Entsprechendes wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen. Es besteht auch kein Zweifel, dass durch Aufnahme dieses Merkmals der beanspruchte Gegenstand gegenüber dem erteilten Anspruch 1 stärker eingeschränkt ist (siehe Punkt 5.1.1 unten). Somit genügt die Änderung den Erfordernissen der Artikel 123(2) und (3) EPÜ.

3.4 Die Kammer kann dem Argument der Beschwerdeführerin nicht folgen, wonach der Gegenstand des Anspruchs 1 wegen der Formulierung "in Eingriff bringbar" über die ursprüngliche Offenbarung "in Eingriff gebracht" hinausgehe. Die Kammer stimmt mit der Beschwerdegegnerin darin überein, dass es für die Definition einer Vorrichtung nicht praktikabel wäre, ein Vorrichtungsmerkmal als von diesem bewirkten Verfahrensschritt zu formulieren, wobei sich der Sinn der betroffenen Maßnahme durch diese rein sprachliche Unterscheidung nicht ändert. Daher hält die Kammer den Einwand der Beschwerdeführerin unter Artikel 123 (2) EPÜ für unbegründet.

3.5 Die vorliegenden Ansprüche 2 bis 13 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 bis 13, deren Vereinbarkeit mit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ nicht in Frage gestellt wurde.

4. Stand der Technik

4.1 Gemäß der am 1. Mai 2003 in Kraft getretenen Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (ABl.2003,89), muss die Beschwerdebegründung den vollständigen Sachvortrag enthalten und ausdrücklich und spezifisch alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel anführen, wobei alle Unterlagen, auf die Bezug genommen wird, als Anlagen beizufügen sind, sofern die Kammer keine Ausnahme erlaubt. Obwohl die neue Verfahrensordnung noch nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, so steht sie im Prinzip mit der schon bis dahin geltenden Rechtsprechung im Einklang (siehe dazu beispielsweise die Entscheidungen T 201/92 und T 1016/93). Da D7 und D8 mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurden, verstößt ihre Vorlage nicht grundsätzlich gegen diese Prinzipien. Ferner kann die Kammer der Beschwerdeführerin darin zustimmen, dass diese Dokumente zusätzliche Informationen beinhalten, die nicht in den bereits im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen enthalten sind und die im Lichte der angefochtenen Entscheidung relevant erscheinen. Infolgedessen hält die Kammer das Einführen der Druckschriften D7 und D8 in das Beschwerdeverfahren für zulässig im Sinne des Artikels 114 (2) EPÜ.

4.2 Die Druckschrift D7 gilt als Veröffentlichung einer Europäischen Patentanmeldung nach dem PCT Vertrag. Sie genießt das Prioritätsdatum vom 31. Mai 1994, ist aber nach dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung veröffentlicht. Es ist somit unstrittig, dass D7 zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ hinsichtlich der Neuheitsprüfung gehört, für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit aber außer Betracht bleiben muss.

5. Neuheit

5.1 Anspruch 1

5.1.1 Die Beschwerdekammer kann der Beschwerdegegnerin darin zustimmen, dass die Bedingung "daß die Form (1) mit dem Stempelelement (3) in Eingriff bringbar ist" mechanische Teile impliziert, damit Form und Stempel nicht nur durch Synchronisierung ihrer Bewegung miteinander transportiert werden, sondern bei diesem gemeinsamen Transport auch ineinander greifen können. Somit umfasst der beanspruchte Gegenstand nicht mehr die Ausführung, bei der der gemeinsame Transport von Form und Stempelelement lediglich auf synchroner Bewegung beruht. Infolgedessen ist die beanspruchte Vorrichtung neu gegenüber D1.

5.1.2 Gleiches gilt für die Druckschrift D2, welche ebenfalls eine synchrone Bewegung der Formen und Stempel offenbart. Auch hier lässt sich nicht die Maßnahme entnehmen, diese Teile in Eingriff bringbar zu gestalten, damit ein gemeinsamer Transport erfolgt (D2, Spalte 3, Zeilen 26 bis 32).

5.1.3 D7 ist eine Entgegenhaltung, welcher die Aufgabe zugrunde liegt, die Vorrichtung gemäß D2 zu verbessern, um - unter Vermeidung großer Mengen an zu rezirkulierender Masse - Schokoladenhülsen mit vorbestimmter Geometrie herzustellen (Seite 1, Zeilen 23 bis 24 und Seite 3, Zeilen 1 bis 3). Zu diesem Zweck wird das Kühlelement 1 (Stempelelement) mit einem Passring 4 bestimmter Geometrie versehen (siehe Seite 7, Zeilen 16 bis 33 und Fig. 1). Wesentlich ist dabei dass, wenn das Kühlelement auf eine Form 2 herabgelassen wird, die der Form zugewandte Oberfläche 5 des Passrings 4 mit der Gegenfläche 6 dieser Form in Kontakt tritt (Seite 7, Zeilen 20 bis 24). Was die Funktionsweise der Vorrichtung betrifft, so ist neben der Möglichkeit, dass die Formen während der Herstellung des Produkts stationär sind, auch ihre eventuelle Bewegung synchron mit den Kühlelementen angesprochen (Seite 6, Zeilen 31 bis 35). D7 offenbart aber nicht, wie diese synchrone Bewegung konkret zu bewerkstelligen wäre. Infolgedessen kann die Kammer aus D7 nicht die Lehre entnehmen, einen gemeinsamen, geradlinigen Transport von Form und Kühlelement vorzusehen, bei dem diese sich über mehrere Maschinentakte in Eingriff befinden. Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach die zurückgelegte Strecke eines synchronen Transportes gemäß D7 immer geradlinig sein muss, greift schon deswegen nicht, weil zum Beispiel das Streitpatent selbst zeigt, dass die Geometrie des Transportweges auch eine Teilkreisbahn eines Drehsterns sein kann (siehe Anspruch 3). Das für eine Neuheitsvorwegnahme erforderliche Kriterium einer direkten und unmissverständlichen Offenbarung der beanspruchten Merkmale ist somit nicht erfüllt. Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung von D7 neu.

5.2 Anspruch 3

Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 3 entspricht dem des erteilten Anspruchs 3, dessen Neuheit nie bestritten wurde. Der Grund dafür wird auch im Punkt 5.2 unten ersichtlich.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1 Anspruch 1

6.1.1 Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung von Schokoladenhohlkörpern gleichmäßiger Wandstärke. Nach Ansicht der Kammer stellt D2 den nächstliegenden Stand der Technik dar, da diese Druckschrift nicht nur eine gattungsgemäße Vorrichtung beschreibt, sondern auch das gleiche Problem anspricht, nämlich dass die Schokoladenhohlkörper, wenn sie nach traditionellen Verfahren hergestellt werden, häufig große Unterschiede in ihrer Dicke und Volumen aufweisen (Spalte 1, Zeilen 53 bis 56).

6.1.2 Gegenüber D2 kann die der Erfindung zugrunde liegende technische Aufgabe darin gesehen werden, die Vorrichtung dahingehend zu verbessern, um die Herstellung von Schokoladenhülsen gleichmäßiger Stärke sicherzustellen. Um diese technische Aufgabe zu lösen, wird im Anspruch 1 vorgeschlagen, die Form mit dem Stempelelement in Eingriff bringbar auszugestalten, worauf die gemeinsame Bewegung beider Teile über mehrere Maschinenetakte erfolgt.

6.1.3 Es ist unbestritten, dass die im Anspruch 1 vorgeschlagene Maßnahme eine feste Verbindung zwischen Form und Stempelelement und somit einen konstanten Abstand zwischen diesen Teilen sicherstellt. Es ist ebenfalls unstrittig, dass mit dieser Maßnahme die Herstellung von Konfekt- bzw. Schokoladenhülsen gleichmäßiger Wandstärke gewährleistet ist.

6.1.4 In D2 wird zwar als eine der möglichen Ausführungsformen vorgeschlagen, Schokoladenformen mit Kühleinrichtungen (Stempelelementen) synchron zu bewegen (Spalte 3, Zeilen 25 bis 26), das Merkmal, die Form für den gemeinsamen Transport mit dem Stempelelement in Eingriff bringbar auszugestalten, ist D2 aber fremd (siehe auch Punkte 5.1.2 und 5.1.3 oben). Das Argument der Beschwerdeführerin, die Lösung der gestellten Aufgabe sei durch D2 nahe gelegt, ist daher nach Auffassung der Kammer das Ergebnis einer Ex-post-facto-Analyse.

6.1.5 Die Entgegenhaltung D1 beschäftigt sich anderseits in erster Linie damit, eine Möglichkeit zur Herstellung eines gefüllten Konfekts, mit breiter Gestaltungsmöglichkeit und ohne Vermischung von Hülsenmaterial und flüssiger Füllung bereitzustellen (Seite 1, Zeilen 9 bis 29). In Anbetracht der unterschiedlichen Problemstellungen und des Umstands, dass D1 einen Eingriff zwischen Form und Stempelelement nicht einmal andeutet, ist zweifelhaft, ob der Fachmann sich auf der Suche nach einer Lösung der erfindungsgemäß vorliegenden Aufgabe überhaupt D1 zuwenden würde. Selbst dann, würde er die im Anspruch 1 vorgeschlagene Maßnahme aber aus D1 selbst nicht entnehmen können.

6.1.6 D8 schließlich betrifft Verdrängerkörper zum Einsetzen in eine Schokoladenform zwecks Herstellung schalenförmiger Schokoladenkörper. Dabei wird als zweckmäßig erachtet, die Einzelverdrängerkörper an einer gemeinsamen Tragplatte zu befestigen (Seite 2, Zeilen 20 bis 26). Für die Herstellung der Schokoladenformkörper werden die mit der Tragplatte 7 verbundenen Verdrängerkörper in die Form 1 eingetaucht; dabei liegt die Tragplatte auf der Oberkante der Form auf, ohne dass Eingriff zwischen Tragplatte und Form stattfindet. Ein solcher Eingriff wäre für das beabsichtigte stationäre Verfahren auch nicht zweckmäßig, weil die Tragplatte so tief in die breiige Schokoladenmasse eintauchen soll, dass "auch auf ihrer Oberseite eine zusammenhängende Massenschicht 9 verbleibt" (Seite 2, Zeilen 49 bis 65 und Figur). Somit hat der Fachmann keinen Anlass, die Lehre gemäß D8 mit der gemäß D1 oder D2 zu kombinieren, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Selbst wenn er es täte, käme er auch nicht zu der Vorrichtung gemäß vorliegendem Anspruch 1.

6.1.7 Zusammengefasst stellt die Kammer fest, dass die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt hat, dass die vorgeschlagene Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden technischen Aufgabe aus einem Dokument des Standes der Technik allein oder in Kombination mit einer anderen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltung herleitbar ist. Die Kammer kommt daher zu der Schlussfolgerung, dass die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, Artikel 56 EPÜ.

6.2 Anspruch 3

Anspruch 3 betrifft eine Variante, bei der die Bewegungseinrichtung einen im Transportweg der Formen angeordneten, als Trägerelement für Stempelelemente dienenden Drehstern aufweist.

D1 ist die einzige Entgegenhaltung im angeführten Stand der Technik, aus der die Bewegungseinrichtung zu entnehmen ist. Es ist daraus ersichtlich, dass der Träger für die Stempelelemente als Förderband ausgeführt ist (Seite 1, Zeilen 81 bis 82 und Fig. 1). Die Beschwerdegegnerin hat für die in Anspruch 3 beschriebene Ausführungsform zwar keine besonderen Vorteile geltend gemacht, da diese aber durch den Stand der Technik nicht nahe gelegt ist, kann anerkannt werden, dass sie auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

6.3 Die abhängigen Ansprüche 2 und 4 bis 13 betreffen besondere Ausführungsformen der Vorrichtung gemäß Anspruch 1 bzw. gemäß Anspruch 3. Deren Gegenstand ist daher ebenfalls neu und erfinderisch. Dem Antrag der Beschwerdegegnerin, das Patent gemäß Hilfsantrag 2 aufrechtzuerhalten, kann daher stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

- Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

- Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Basis der Ansprüche 1 bis 13 des Hilfsantrags 2 sowie der Beschreibung und der Zeichnungen in der erteilten Form aufrechtzuerhalten.

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