T 0760/02 () of 17.6.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T076002.20040617
Datum der Entscheidung: 17 Juni 2004
Aktenzeichen: T 0760/02
Anmeldenummer: 93106399.4
IPC-Klasse: F21S 3/02
F21V 23/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Lichtbandanordnung
Name des Anmelders: Siteco Beleuchtungstechnik GmbH
Name des Einsprechenden: RIDI Leuchten GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 14. Februar 2002, zur Post gegeben am 8. Mai 2002, den Einspruch der Beschwerdeführerin gegen das Europäische Patent Nr. 0 621 439 zurückzuweisen. Der einzige unabhängige Anspruch dieses Patents lautet folgendermaßen:

"1. Lichtbandanordnung mit einer U-förmig ausgebildeten Tragschiene (1) für daran festzulegende Leuchteneinsätze, die ein Tragblech (2) mit einem wannenförmigen Profil, gebildet aus einer planen Bodenfläche (21) und umgebördelten Seitenwänden, aufweisen, das an der Tragschiene (1) lösbar zu befestigen ist und an dem seinerseits vormontiert Leuchtenbauteile (3) wie Lampenfassungen und elektrische Bauteile bereits verdrahtet angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Seitenwände des Tragblechs (2) des Leuchteneinsatzes in einem vorgegebenen Abstand von der Bodenfläche (21) eine nach innen gezogene Schulter (22) als Anlagefläche für je ein Schenkelende (11) der Tragschiene (1) und einen über der Schulter stehenden Rand in Form einer Seitenkante (23) besitzen, die schräg nach innen ragend abgebogen ist und dass als Befestigungselement für die innerhalb dieses Profilquerschnittes des Tragbleches (2) anzuordnenden Bauteile (3) jeweils ein Federbügel (4) vorgesehen ist, der das jeweilige Bauteil (3) zangenartig allseitig elastisch umfassend ausgebildet ist und dessen Seitenflächen je mindestens eine Rastnase (41) aufweisen, die im montierten Zustand des Federbügels die Seitenkanten (23) des Tragbleches (2) rastend hintergreifen."

II. Der Einspruch war auf die Gründe mangelnder Neuheit im Hinblick auf eine offenkundige Vorbenutzung und einen entsprechenden Katalog bzw. Montageanweisung sowie mangelnder erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf den mit fünf Druckschriften belegten Stand der Technik gestützt. Die Einspruchsabteilung hat nach Vernehmung des zum Nachweis der Vorbenutzung angebotenen Zeugen, Herrn Johann Martinetz, ihre Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß der angeblich vorbenutzte Gegenstand zwar sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 aufweise, seine öffentliche Zugänglichkeit aber nicht nachgewiesen sei, und daß die Merkmalskombination nach Anspruch 1 durch die Druckschriften nicht nahegelegt sei.

III. Die Beschwerde wurde am 11. Juli 2002 bei gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegt. Mit der am 13. September 2002 eingegangenen Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin eine weitere Vorbenutzung geltend gemacht und weitere Beweismittel vorgelegt. Die Patentinhaberin (im folgenden: Beschwerdegegnerin) hat mit ihrer Eingabe vom 1. April 2003 einen neuen Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag eingereicht, der sich vom erteilten Anspruch 1 in folgender Hinsicht unterscheidet:

a) im Kennzeichen ist das Merkmal, daß "die Seitenwände ... eine nach innen gezogene Schulter ... besitzen", durch das Merkmal ersetzt, daß "die Seitenwände ... nach innen gezogen sind, sodaß eine nach innen ragende Schulter ... gebildet wird"; und

b) im Kennzeichen ist nach "abgebogen ist" der folgende Text eingefügt: "wobei dieser obere Rand das freie Ende der jeweiligen Seitenwand bildet, so daß sich ein Wandabschluß des Tragblechprofils mit einer nach innen, schräg abwärts zu der Bodenfläche (21) zeigenden Seitenkante (23) ergibt".

Nach einer Mitteilung gemäß Artikel 11 (1) VOBK, in der die Kammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung zu den strittigen Punkten zur Kenntnis gebracht hatte, hat die Beschwerdeführerin eine weitere eidesstattliche Versicherung als Beweismittel für die weitere Vorbenutzung eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2004 hat die Beschwerdeführerin den Gegenstand der ersten geltend gemachten Vorbenutzung vorgelegt.

IV. Im Verfahren wurden insbesondere die folgenden Druckschriften und Beweismittel berücksichtigt:

a) Druckschriften:

A1: "Technische Lichtsysteme - Das neue ZX - Lichtbandsystem", Katalog der Firma ZUMTOBEL, 2/92, Deckblatt, Rückseite sowie Seiten 6-9, 25. und 81

A2: "Lichtsysteme für professionelle Gebäudebeleuchtung - Lichtlexikon", Druckschrift der Firma ZUMTOBEL, 1/93, Deckblatt, Rückseite und Seite 293

A3: Montageanleitung der Firma ZUMTOBEL für die Lichtbandsysteme ZX und ZT, 1/92, Seiten 1 und 2

B5: Kopie der Seite 27 von A1

D1: EP-A-0 486 714

D2: AT-B-358 660

D3: DE-C-3 226 838

D4: EP-A-0 114 621

D5: EP-A-0 373 323

b) Beweismittel für die erste Vorbenutzung:

A4: fünf Kopien von Fotos einer ZUMTOBEL-Leuchte ZX 1/58WC ("Anlage 4")

A4.3: Kopie eines Schreibens von Herrn J. Martinetz, RIDI Leuchten GmbH, an Herrn Domokosch von der Firma Tridonic, vom 22. Juli 1999, mit den Kopien 3 bis 5 von A4 ("Anlage 4.3")

A4.4: Fax-Antwort von Herrn Domokosch auf A4.3 mit Datum vom 2. August 1999 ("Anlage 4.4")

A4.5: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Johann Martinetz vom 17. Januar 2000 ("Anlage 4.5")

sowie das Protokoll der Zeugenvernehmung von Herrn Johann Martinetz vom 14. Februar 2002

c) Beweismittel für die zweite Vorbenutzung:

B3: Rechnung Nr. 183.481 der Firma ZUMTOBEL an Asea Brown Boveri AG vom 13. September 1991

B4: Eidesstattliche Versicherung von Herrn T. Schmölz vom 9. September 2002, zusammen A4, A4.1 und B3

B6: Eidesstattliche Versicherung von Herrn T. Schmölz vom 29. April 2004

Ferner lag für beide Vorbenutzungen ein Exemplar der Leuchte ZX 1/58 WC der Firma ZUMTOBEL mit Herstellungsdatum 11. Dezember 1991 zur Inaugenscheinnahme vor.

V. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise mit der Maßgabe, daß der Aufrechterhaltung des Patents der am 1. April 2003 eingereichte Anspruch 1 zugrundegelegt wird.

VI. Die wesentlichen Argumente der Parteien zur Stützung ihrer Anträge können folgendermaßen zusammengefaßt werden:

Beschwerdeführerin:

Durch Vergleich der vorgelegten Leuchte des Typs ZX 1/58 WC mit der in A4 abgebildeten Leuchte sei ersichtlich, daß es sich um die gleiche Leuchte handele. Insbesondere seien die auf dem Tragblech und auf den einzelnen Geräten angebrachten Daten identisch.

Die vorgelegte ZX-Leuchte weise ebenso wie der Gegenstand des Anspruchs 1 eine U-förmig ausgebildete Tragschiene und ein daran über Knebelverschlüsse lösbar befestigtes Tragblech mit planer Bodenfläche und umgebördelten Seitenwänden auf, an dem Leuchtenbauteile wie Kondensatoren, Vorschaltgeräte und Halterungen befestigt seien. Wie in A7 schematisch dargestellt, lägen die unteren Schenkelenden der Tragschiene nach Anziehen der Knebelverschlüsse jeweils an nach innen gezogenen, schulterartigen Randbereichen des Tragblechs an. An diese Randbereiche schlössen sich schräg nach innen und oben ragend abgebogene Seitenkanten an, an deren Rückseiten sich Nasen von Federbügeln für die Befestigung eines Kondensators und eines Transformators abstützten. Die Nasen griffen damit ebenso wie die dreieckigen Rastnasen beim Anspruch 1 in Verbindung mit den Ansprüchen 3 und 4 des Streitpatents in Einführrichtung des Federbügels hinter die vorspringenden Seitenkanten und hintergriffen diese damit. Anhand eines Versuchs mit einem Schraubenzieher sei gezeigt, daß die Federbügel nicht ohne Verformung bzw. Beschädigung herausgezogen werden könnten, sodaß auch eine Arretierung in Form einer Verrastung vorliege. Zumindest der Federbügel für den Kondensator umfasse diesen auch zangenartig allseitig elastisch, wobei dieses ebenso wie beim Streitpatent nicht den gesamten Umfang des Bauteils einschließen müsse. Damit weise die vorgelegte ZX-Leuchte alle Merkmale des Anspruchs 1 auf.

Die ZX-Leuchte sei ferner mit allen hier wesentlichen Merkmalen auch im vorveröffentlichten Katalog mit Druckdatum "2.92" der Firma ZUMTOBEL (A1, Seiten 7, 25 und 81, sowie B5) dargestellt, sodaß dieser Katalog ebenfalls neuheitsschädlich sei.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei aber auch im Hinblick auf die ZX-Leuchte allein oder auf die Druckschriften D2 und D5 nicht erfinderisch. Bei der ZX-Leuchte stehe es im Belieben des Fachmanns, die Anlagefläche nach außen zu dem an die senkrechten Seitenflächen angrenzenden, schulterförmigen oberen Rand des Tragblechs zu verlegen, wenn auf den Toleranzabstand zwischen dieser Oberseite und der Tragschiene verzichtet werde. Dies biete sich schon daher an, weil der Rand mit der Verrastung funktionell nichts zu tun habe und sich damit auch eine Entkopplung von Rastung und Anlagefläche ergebe. Weitere Vorteile seien nicht ersichtlich. Insbesondere könne sich eine geringere Verletzungsgefahr an der Seitenkante nur dann ergeben, wenn diese nach unten gerichtet sei, worauf aber Anspruch 1 nicht beschränkt sei. Damit lägen die Unterschiede zwischen der ZX-Leuchte und dem Gegenstand des Anspruchs 1 im Rahmen üblicher konstruktiver Überlegungen des Fachmanns.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergebe sich aber auch zwanglos durch eine Kombination der Druckschriften D2 und D5. Bei der Leuchte nach D5 liege das wannenförmige Tragblech mit einer nach innen gerichteten Schrägschulter der Seitenwand an den unteren Schenkelenden der Tragschiene an. Am oberen Ende der Schrägschulter sei eine schräg nach innen abgebogene Seitenkante vorgesehen, die sich ebenso wie die obere abgebogene Kante der D2 zum rastenden Hintergreifen von Nasen an einem Federbügel anbiete, falls bei der D5 ebenso wie bei der D2 Bauteile am Tragblech zu befestigen seien. Ein allseitiges Umschließen der Bauteile gehe aus Seite 2, Zeile 28 der D2 hervor.

Beschwerdegegnerin:

Bei der vorgelegten ZX-Leuchte, deren öffentliche Zugänglichkeit wegen der unklaren Beschaffung bestritten werde, lägen die unteren Schenkel der Tragschiene nicht an einer Schulter in der Seitenwand des Tragblechs, sondern an einer hakenförmig umgebogenen Rille im Inneren des Tragblechs an. Auch fehle ein Rand mit einer schräg nach innen abgebogenen Seitenkante. Die federnden Nasen der Federbügel stützten sich zwar an der Rückseite der umgebogenen Rille ab, es sei aber nicht erkennbar, ob sie diese Rückseite hintergriffen oder ob es sich überhaupt um eine Rastung handele.

Damit unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der ZX-Leuchte durch die Schulter als Anlagefläche, den über der Schulter stehenden Rand mit der abgebogenen Seitenkante und den Rasteingriff des Federbügels mit dieser Seitenkante. Durch diese Unterschiede werde die bekannte Konstruktion optimiert, beispielsweise durch Entkopplung der Anlage an der Tragschiene von der Verrastung des Federbügels mit besserer Führung durch Schulter und Rand und günstiger Rastverbindung, Schaffung eines seitlichen Kabelkanals im Tragblech unter der Schulter und geringerer Verletzungsgefahr durch die nach unten gebogene Seitenkante. Eine derartige deutliche Verbesserung sei vom Hersteller der ZX-Leuchte, einer bedeutenden Firma auf diesem Gebiet, nicht vorgenommen und damit offensichtlich nicht erkannt worden, was als Anzeichen für erfinderische Tätigkeit gewertet werden müsse. Eine Anregung hierfür finde sich auch nicht in den Druckschriften, da bei der D5 die schräge Anlageschulter bis zum umgebogenen oberen Rand gezogen sei und damit auch dann, wenn der Federbügel der D2 unter diesen oberen Rand geklemmt werde, keine Entkopplung von Anlagefläche und Rastung erreicht werde.

Auch eine Kombination der Druckschriften D2 und D5 könne unabhängig von der konkreten Argumentation schon deshalb nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen, da weder der D2 noch der D5 die Merkmale des über der Schulter stehenden Rands und des das jeweilige Bauelement zangenartig allseitig umfassenden Federbügels entnehmbar seien. Der Hinweis auf Seite 2, Zeile 28 der D2 beziehe sich auf das punktförmige Anliegen eines Federbügels nach dem Stand der Technik.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Bestimmungen der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regeln 1 (1) und 64 EPÜ und ist damit zulässig.

2. Von der Beschwerdeführerin wurde im Einspruch fehlende Neuheit im Hinblick auf eine vorbenutzte Leuchte des Typs "ZX 1/58 WC" der Firma ZUMTOBEL (im folgenden als "ZX-Leuchte" bezeichnet) und im Hinblick auf einen diese Leuchte betreffenden Katalog bzw. Montageanweisung geltend gemacht.

3. Zur Vorbenutzung hat die Einspruchsabteilung nach Inaugenscheinnahme der ZX-Leuchte zunächst ohne weitere Begründung festgestellt, daß diese Leuchte alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweise. Sie war aber der Überzeugung, daß die öffentliche Zugänglichkeit dieser Leuchte vor dem Anmeldetag des Streitpatents nicht ausreichend bewiesen sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2004 hat die Kammer die fragliche Leuchte in Augenschein genommen und kommt hinsichtlich der Übereinstimmung der technischen Merkmale zu einem abweichenden Ergebnis.

3.1. Bei der in Augenschein genommenen ZX-Leuchte sind die von der Bodenfläche nach oben stehenden Seitenwände des Tragblechs an einem oberen Rand nach innen und unten umgebogen und bilden am unteren Ende des umgebogenen Bereichs eine U-förmige Führungsrinne oder -nut mit einem schräg nach innen und oben weisenden Innenrand, mit der die unteren Schenkelenden der Tragschiene in Eingriff gelangen, wenn das Tragblech mittels der daran vorgesehenen Knebelverschlüsse an der Tragschiene befestigt wird. In dieser Position hat der obere Rand des Tragblechs einen Abstand von einer gegenüberliegenden Schulter der Tragschiene. Auf dem Tragblech sind ein Kondensator und ein Vorschaltgerät jeweils mittels eines Federbügels aus Federstahl befestigt, wobei der Federbügel für den Kondensator diesen C-förmig von unten und der Federbügel für das Vorschaltgerät diesen U-förmig von oben umgreift. In beiden Fällen sind an den seitlichen Schenkeln der Federbügel Nasen abgebogen, die federnd an der Rückseite des Innenrands anliegen. Die genaue Stelle des Anliegens war nicht ersichtlich. Allerdings zeigte sich beim Versuch, die Bauteile mitsamt Federbügel zu entfernen, daß dies nur möglich war, wenn die Seitenwände des Tragblechs nach außen gebogen wurden. Trotzdem wurde dabei eine der Nasen nach unten umgebogen. Beim Wiedereinsetzen des Bügels rasten die Nasen fühlbar und hörbar hinter den Innenrand ein.

Die Anordnung der Bauteile auf dem Tragblech und die auf dem Blech selbst sowie auf den Bauteilen angebrachten Aufdrucke war identisch mit den Kopien von Fotos nach A4, sodaß für die Kammer kein Zweifel besteht, daß sich die Beweismittel A4 bis A4.5 auf die in Augenschein genommene ZX-Leuchte beziehen.

3.2. Ein Vergleich der festgestellten Merkmale der ZX-Leuchte mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents läßt wesentliche Unterschiede erkennen. So kann die Aussage des Anspruchs 1, daß der Rand der Seitenwand über einer nach innen gezogenen Schulter steht, die die Anlagefläche für die unteren Schenkelenden der Tragschiene bildet, Sinnvollerweise und auch im Einklang mit den Figuren nur so verstanden werden, daß die Schulter eine nach innen weisende Stufe in Form eines Absatzes in der Seitenwand bildet, über dem sich die Seitenwand mit dem Rand fortsetzt. Dies ist bei der ZX- Leuchte nicht der Fall, da weder der umgebogene obere Rand noch die Führungsrinne am unteren Ende des umgebogenen Bereichs einen derartigen Absatz bildet und damit eine Schulter im Sinne des Anspruchs 1 nicht vorhanden ist. Anspruch 1 sagt ferner, daß der obere Rand "in Form einer Seitenkante" ausgebildet ist, die schräg nach innen ragend abgebogen ist. Dieses Merkmal kann nur so verstanden werden, daß, wie in den Figuren dargestellt, der Rand eine von der Fortsetzung der Seitenwand oberhalb der Schulter nach innen abgebogene Seitenkante aufweisen soll, da der Rand nicht "über der Schulter stehen" könnte, wenn der gesamte Rand die abgebogene Seitenkante bilden würde. Auch dieses Merkmal ist bei der ZX-Leuchte nicht realisiert, da dort die Seitenkante von dem schräg nach innen und oben gebogenen Innenende der Führungsrinne gebildet ist. Selbst wenn die Führungsrinne als Schulter bezeichnet würde, wäre damit das Innenende nicht von einer Fortsetzung der Seitenwand über der Schulter "ab"gebogen, also wesentlich umgebogen. Bei der ZX-Leuchte ist daher die Seitenwand nicht in der im Anspruch 1 definierten Weise mit Schulter, darüber stehendem Rand und abgebogener Seitenkante ausgebildet.

Was allerdings den Rasteingriff der Nasen des Führungsbügels mit der Seitenkante betrifft, so läßt der Umstand, daß ein Herausnehmen der mittels des Führungsbügels befestigten Bauteile nur unter Verformung der Seitenwände oder der Nasen möglich war, darauf schließen, daß bei der ZX-Leuchte die Nasen die Innenenden der Seitenwände zumindest soweit hintergreifen, daß der Führungsbügel nicht nur kraftschlüssig, sondern auch formschlüssig arretiert ist. Nichts anderes besagt aber auch das letzte Merkmal des Anspruchs 1 in Verbindung mit der bevorzugten Ausbildung der dreieckförmigen Rastnasen nach Anspruch 4, da auch dort die schräge Oberkante der Rastnasen die Seitenkante nur insoweit hintergreift, als sie an der der Einschubrichtung abgewandten Schmalseite der Seitenkante und nicht an deren Rückseite anliegt, und damit den Federbügel formschlüssig arretiert.

3.3. Da der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die ZX-Leuchte nicht vorweggenommen ist, braucht der Frage nicht weiter nachgegangen werden, ob diese Leuchte vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich war.

4. Die Beschwerdeführerin stützt ihren Neuheitseinwand auch auf den nach ihrem Vorbringen vorveröffentlichten Katalog mit Druckdatum "2.92" der Firma ZUMTOBEL (A1 und B5). Den eingereichten Seiten 6 bis 9, 25, 27 und 81 dieses Katalogs läßt sich jedoch an keiner Stelle entnehmen, wie das Tragblech an der der Tragschiene zugewandten Seite genau geformt ist, ob es sich beim Befestigungselement für die Geräte um einen Federbügel handelt und wie dieses Befestigungselement am Tragblech befestigt ist. Damit sind zumindest die auch bei der ZX- Leuchte festgestellten Unterschiede zum Gegenstand des Streitpatents vorhanden. Auf die Frage, ob der Katalog der Öffentlichkeit zur Verfügung stand, kommt es daher ebenfalls nicht mehr an.

Das gleiche wie für A1 und B5 gilt auch für die weiteren Druckschriften A2 und A3.

5. Ein Mangel an erfinderischer Tätigkeit wurde von der Beschwerdeführerin zunächst ausgehend von der ZX-Leuchte damit begründet, daß es sich für den Fachmann anbiete, die Anlageschulter von der Innenseite der Seitenwand an den oberen Rand zu verlegen, wenn es auf den bei der ZX- Leuchte vorhandenen Toleranzabstand zwischen dem oberen Rand des Tragblechs und der Schulter an der Tragschiene nicht ankomme, und so eine Entkopplung zwischen der Anlagefläche und dem Rasteingriff des Führungsbügels zu schaffen.

Die Kammer kann dieser Argumentation aber nicht folgen. Es ist nicht klar, zu welchem Zweck bei der ZX-Leuchte der Abstand zwischen dem oberen Seitenrand des Tragblechs und der gegenüberliegenden Schulter der Tragschiene vorgesehen ist. In jedem Fall bestimmt sich die Position des Tragblechs an der Tragschiene durch den Eingriff der Führungsrinne am Tragblech mit den unteren Schenkelenden der Tragschiene, sodaß eine Anlage des oberen Seitenrands an der Schulter der Tragschiene für die Befestigung des Tragblechs unnötig und sogar störend wäre. Eine solche Maßnahme wäre nur dann sinnvoll, wenn dafür die Führungsrinne entfallen könnte, was aber wegen des Rasteingriffs der Rastnasen am Federbügel hinter der Seitenkante der Führungsrinne nicht ohne weitergehende Änderungen möglich ist. Auch kann die Gestaltung der Seitenwand des Tragblechs und der unteren Schenkelenden der Tragschiene beim Streitpatent nicht als einfache, äquivalente Umkehrung der Verhältnisse bei der ZX- Leuchte gesehen werden, da nicht nur die Schulter an der Tragschiene auf das Tragblech und dafür der umgebogene obere Rand vom Tragblech auf die Tragschiene verlagert wird, sondern zudem die Schulter als Anlagefläche genutzt und am Tragblech eine schräg nach innen ragend abgebogene Seitenkante für den Rasteingriff mit den Rastnasen vorgesehen ist.

Die Beschwerdegegnerin verweist darauf, daß die Gestaltung nach Anspruch 1 gegenüber der ZX-Leuchte verschiedene Vorteile biete, wie zum Beispiel eine Entkopplung der Auflage- bzw. Führungsfunktion des Tragblechs an der Tragschiene von der Rastfunktion der Rastnasen an der Seitenkante, ein einfacheres Verrasten und eine verringerte Verletzungsgefahr an der abgebogenen Seitenkante. Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, daß entsprechende Verbesserungen, falls tatsächlich vorhanden, nur als Ergebnis einer fachüblichen Optimierung zu sehen seien. Auch diesem Argument kann sich die Kammer nicht anschließen. So kann beispielsweise eine Entkopplung der Führungsfunktion von der Rastfunktion bei der ZX-Leuchte nicht durch Optimierung der Führungsrinne oder der Rastnasen erreicht werden, da sich die Rastnasen nach dieser Konstruktion an der Rückseite der Führungsrinne abstützen sollen und eine Entkopplung damit zunächst erfordert, dieses Konstruktionsprinzip zu verlassen, was über eine einfache Optimierung hinausführt.

Da somit der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents im Hinblick auf die ZX-Leuchte nicht als naheliegend angesehen werden kann, kommt es wiederum nicht darauf an, ob die ZX-Leuchte der Öffentlichkeit zugänglich war.

Dies gilt ebenso für die Beweismittel A1 bis A3 und B5, da sich deren Inhalt, wie oben unter Punkt 4 festgestellt, vom Gegenstand des Anspruchs 1 zumindest in der gleichen Hinsicht wie die ZX-Leuchte unterscheidet.

6. Der durch die Druckschriften D1 bis D5 nachgewiesene Stand der Technik kann den Gegenstand des Anspruchs 1 ebenfalls nicht nahelegen.

Die Beschwerdeführerin macht in dieser Hinsicht geltend, daß eine Kombination der Druckschriften D2 und D5 in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents führe, da die bei der D5 am oberen Ende der an der Tragschiene anliegenden Schrägschulter vorgesehene, schräg nach innen abgebogene Seitenkante sich ebenso wie die obere abgebogene Kante der D2 zum rastenden Hintergreifen von Nasen an einem Federbügel anbiete, falls bei der D5 ebenso wie bei der D2 Bauteile am Tragblech zu befestigen seien.

Es ist nicht zu bestreiten, daß eine derartige Kombination für den Fachmann naheliegend wäre. Sie führt allerdings nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1. So geht bei der D5 die in Figur 1 gezeigte schräge Anlagefläche als "Schrägschulter" an ihrem oberen Ende direkt in eine nach unten und innen abgebogene Seitenkante über, die bei der Ausführungsform der Figur 7 schräg nach innen gerichtet ist. Es fehlt damit eine Fortsetzung der Seitenwand oberhalb der Schulter bis zu einem über der Schulter stehenden Rand, sodaß keine Schulter im Sinne des Anspruchs 1, also wie oben unter Punkt 3.2 ausgeführt, eine nach innen weisende Stufe in Form eines Absatzes in der Seitenwand, über dem sich die Seitenwand mit dem Rand fortsetzt, vorhanden ist. Die in der D2 dargestellte Befestigung eines Kondensators mit Hilfe eines Federbügels, der sich mit den spitzen Enden zweier von einem Steg abgebogenen Laschen an einem umgebördelten Rand eines Tragbleches der Leuchte abstützt, entspricht zwar einem rastenden Hintergreifen des Randes, aber nicht mit Hilfe von Rastnasen, sondern mit den spitzen Laschenenden. Auch ist in den Figuren nur eine Linienberührung zwischen dem Steg des Federbügels und dem Kondensator gezeigt, anstelle des allseitigen Umfassens beim Streitpatent. Diese Linienberührung ist auch notwendig, damit der übrige, nicht am Kondensator anliegende Teil des Stegs als Feder zum federnden Einrasten der Laschenden wirken kann. Der Fachmann würde also bei dieser Konstruktion ein allseitiges Umfassen des Kondensators mit dem Federbügel nicht in Betracht ziehen. Der von der Beschwerdeführerin hierzu erwähnte Satz auf Seite 2, Zeilen 22 bis 24 der D2 bezieht sich auch nicht auf diese Konstruktion, sondern auf den Stand der Technik, und dort auch nur auf einen Längenbereich des zu befestigenden Bauteils.

Damit ergibt sich der Gegenstand des Streitpatents nicht in naheliegender Weise aus den Druckschriften D2 und D5. Die übrigen Druckschriften liegen noch weiter weg und können diesen Gegenstand ebenfalls nicht nahelegen.

7. Da die Einspruchgründe der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag nicht entgegenstehen, muß über den Hilfsantrag nicht mehr entschieden werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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