T 0699/02 (Fibrinogenlösung/AVENTIS BEHRING GmbH) of 20.5.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T069902.20030520
Datum der Entscheidung: 20 Mai 2003
Aktenzeichen: T 0699/02
Anmeldenummer: 92122126.3
IPC-Klasse: A61K 35/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Stabile Fibrinogenlösung
Name des Anmelders: Aventis Behring Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung mit der die Europäische Patent- Anmeldung 92 122 126.3, mit der Veröffentlichungsnummer EP-A-0 554 570 und dem Titel "Stabile Fibrinogenlösung", gemäß Artikel 97 (1) EPÜ zurückgewiesen wurde, weil ihr Gegenstand, im Widerspruch zu den Erfordernissen von Artikel 123 (2) EPÜ, über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausging.

II. Der Einwand der Prüfungsabteilung richtete sich gegen Anspruch 3 mit folgendem Wortlaut:

"Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß zweimal mit Al(OH)3 und einmal mit einem Anionenaustauscher behandelt wird."

Die Prüfungsabteilung stellte fest, daß die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Form nur in Beispiel 1 eine Ausführungsform offenbarte bei der eine zweimalige Behandlung mit Al(OH)3 erfolgte. Daran anschließend erfolgte eine Behandlung mit QAE-SephadexR A-50.

Obwohl auf Seite 4, letzter Absatz der ursprünglichen Anmeldung, die Gruppe der Anionenaustauscher insgesamt als für das beanspruchte Verfahren bevorzugt verwendbare Adsorptionsmittel beschrieben wären, und QAE-Sephadex A-50 ein Mitglied dieser Gruppe wäre, enthielte die Anmeldung keine Basis gemäß Artikel 123 (2) EPÜ, für eine spezielle Ausführungsform des beanspruchten Verfahrens, bei dem nach zweimaliger Al(OH)3 Behandlung ein anderes Material als das explizit in Beispiel 1 offenbarte QAE-SephadexR A-50, zur Anwendung käme.

III. Mit einem ersten Schreiben reichte die Beschwerde-führerin (Anmelderin) am 12. Mai 2003 geänderte Seiten der Beschreibung ein. Mit einem zweiten Schreiben wurden am selben Tag neue Ansprüche 1 bis 3 eingereicht.

Es wurde beantragt die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent basierend auf folgenden Unterlagen zu erteilen:

Ansprüche: 1 bis 3, eingereicht am 12. Mai 2003 (zweites Schreiben)

Beschreibung: Seiten 2, und 6 bis 9 wie ursprünglich eingereicht, Seiten 1, und 3 bis 5, eingereicht am 12. Mai 2003 (erstes Schreiben).

Darüber hinaus wurde beantragt den Titel (Bezeichnung der Erfindung) folgendermaßen zu ändern: "Verfahren zur Herstellung einer stabilen Fibrinogenlösung".

IV. Die Ansprüche 1 bis 3 lauten:

"1. Verfahren zur Herstellung einer konzentrierten Fibrinogenlösung mit 1,5 % bis 15 % gerinnbarem Plasmaprotein, die mindestens vier Wochen bei +4 bis +25 °C gelagert werden kann, ohne ihre Funktionsfähigkeit zu verlieren, dadurch gekennzeichnet, daß fibrinogen-haltiges Ausgangsmaterial, welches gerinnbares Plasmaprotein enthält, mindestens zweimal mit einem Adsorptionsmittel behandelt wird, wobei das Adsorptionsmittel Al(OH)3, ein Anionenaustauscher oder das schwerlösliche Salz eines Erdalkalimetalls ist und jeweils der Überstand gewonnen wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als geeignete Ausgangslösung Kryopräzipitat genommen wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß zweimal mit Al(OH)3 und einmal mit QAE-SephadexR A-50 behandelt wird."

V. Folgende Dokumente werden in dieser Entscheidung erwähnt:

(1) EP-A-0 014 333

(2) EP-A-0 311 950

(3) EP-A-0 305 243

Entscheidungsgründe

1. Anspruch 1 beruht auf Anspruch 9, sowie auf Anspruch 1 ("mindestens zweimal mit einem Adsorptionsmittel behandelt"), Anspruch 4 ("wobei das Adsorptionsmittel Al(OH)3, ..oder das schwer lösliche Salz eines Erdalkalimetalls ist") und Anspruch 6 ("wobei das Adsorptionsmittel..ein Anionenaustauscher..ist"), in der ursprünglich eingereichten Form.

Anspruch 2 beruht auf dem ursprünglichen Anspruch 2, und Anspruch 3 auf Beispiel 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

Die Ansprüche entsprechen daher nunmehr den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ. Darüber hinaus sind sie klar und von der Beschreibung gestützt, gemäß den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ.

2. Dokument (1) offenbart ein Verfahren durch das aus Citrat-Plasma drei gerinnungsaktive, hepatitissichere und therapeutisch anwendbare Eiweißpräparate und eine Lösung lagerstabiler Serumproteine erhalten werden. Die drei gerinnungsaktiven Präparate sind Fibrinogen, der PPSB-Komplex (die Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X) sowie Antithrombin III (Seite 3, Zeilen 12 bis 27).

Gefrorenes Plasma wird aufgetaut und das Kryopräzipitat durch Zentrifugieren abgetrennt. Fibrinogen wird aus dem beim Zentrifugieren erhaltenen kryopräzipitatfreiem Citratplasmapool durch Adsorption an kolloidale Kieselsäure (bevorzugt Aerosil AE 280R) abgetrennt. Anschließend wird das Fibrinogen mit einer citrathaltigen 15 %igen NaCl-Lösung eluiert, ultrafiltriert und durch eine Ethanol-Fällung weiter gereinigt. Das gefällte Fibrinogen wird in citrathaltiger physiologischer Kochsalzlösung gelöst, sterilfiltriert und gefriergetrocknet (Beispiele 1(A) und 1(B), Seiten 16 bis 17).

3. Dokument (2) beschreibt ein Verfahren zur Herstellung einer sterilen und stabilen Plasmaproteinlösung die Fibrinogen und Faktor XIII enthält. Dabei werden aus Citratplasma zuerst die Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X durch Adsorption an Anionenaustauscher abgetrennt, und anschließend weitere Begleitproteine durch fraktionierte Fällung mit Ethanol entfernt. Aus dem Überstand werden Fibrinogen und Faktor XIII durch Zugabe von Ethanol ausgefällt. Der Niederschlag wird in einem Citratpuffer aufgelöst, sterilfiltriert und bei -80 °C tiefgefroren (siehe Anspruch 1 und Ausführungsbeispiel).

4. In Dokument (3) wird ein Verfahren zur Herstellung eines Konzentrats von gerinnbarem Plasmaproteinen mittels fraktionierter Ethanolfällung beschrieben, das reich an Fibrinogen und Faktor XIII ist (siehe Beispiele 1(A) und 2(A).

5. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 wird in keinem der bekannten Dokumente offenbart und ist somit neu. Die Ansprüche 1 bis 3 entsprechen den Erfordernissen von Artikel 54 EPÜ.

6. Dokument (1) wird als nächstliegender Stand der Technik angesehen.

Aufgabe der vorliegenden Anmeldung war die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung eines Fibrinogenkonzentrates, das mindestens vier Wochen ohne Verlust der Funktionsfähigkeit bei +4 bis +25 °C gelagert werden kann.

Diese Aufgabe wird laut Anspruch 1 durch ein Verfahren gelöst, das die mindestens zweimalige Behandlung eines fibrinogenhaltigen Ausgangsmaterials mit einem Adsorptionsmittel beinhaltet, wobei jeweils der Überstand gewonnen wird. Das Adsorptionsmittel wird aus der Gruppe Al(OH)3, Anionenaustauscher und schwerlösliche Salze eines Erdalkalimetalls ausgewählt. Keines dieser kennzeichnenden Merkmale wird in Dokument (1) offenbart.

7. Die Lagerfähigkeit des produzierten Fibrinogen-Präparates wird in Dokument (1) nicht angesprochen. Das Produkt gemäß Beispiel 1(B) wird unmittelbar nach seiner Herstellung gefriergetrocknet. Dokument (1) enthält keinen Hinweis, der den Fachmann veranlassen würde die darin beschriebene Methode (siehe Punkt (3) oben) zu verändern und in naheliegender Weise zum Verfahren gemäß Anspruch 1 zu gelangen.

8. Ein derartiger Hinweis kann auch nicht aus den Dokumenten (2) und (3) entnommen werden, die sich ebenfalls nicht auf Verfahren beziehen, die die Herstellung von Fibrinogenkonzentraten mit verbesserter Lagerfähigkeit zum Ziel haben.

9. Demzufolge wird das Verfahren von Anspruch 1 als nicht naheliegend angesehen. Der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 3 entspricht somit den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung ein Patent auf Basis folgender Unterlagen zu erteilen:

Ansprüche: 1 bis 3, eingereicht am 12. Mai 2003 (zweites Schreiben)

Beschreibung: Seiten 2, und 6 bis 9 wie ursprünglich eingereicht, Seiten 1, und 3 bis 5, eingereicht am 12. Mai 2003 (erstes Schreiben).

Die Bezeichnung der Erfindung lautet:

"Verfahren zur Herstellung einer stabilen Fibrinogenlösung"

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