T 0604/02 () of 17.7.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T060402.20030717
Datum der Entscheidung: 17 Juli 2003
Aktenzeichen: T 0604/02
Anmeldenummer: 98102565.3
IPC-Klasse: A21B 3/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum umweltschonenden und gefahrlosen Backen oder Garen von Lebensmitteln
Name des Anmelders: eloma GmbH Großküchentechnik
Name des Einsprechenden: Rational Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
Schlagwörter: Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 5. April 2002, den Einspruch zurückzuweisen, am 27. Mai 2002 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde am 28. Mai 2002 entrichtet und am 2. August 2002 wurde die Beschwerde schriftlich begründet.

II. Der Einspruch war auf den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) bzw. Artikel 54 und 56 EPÜ gestützt worden.

III. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zum umweltschonenden und gefahrlosen Backen oder Garen von Lebensmitteln in programmgesteuerten Back-, Heißluft-, Kombidampfgeräten oder Dämpfern, wobei während des Backens oder Garens erhebliche, gegebenenfalls überhitzte Dampfmengen entstehen und sich bis Ende des Back- bzw. Garvorganges im Gerät befinden und stets eine Entfeuchtung des Garraumes vor Beendigung des Back- oder Garvorganges durchgeführt wird,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Programmsteuerung des Gerätes die Entfeuchtung in Abhängigkeit von der ermittelten Garraum-Feuchtigkeit vor Beendigung des Back- oder Garvorganges einleitet, wobei die Dauer der Entfeuchtung von der ermittelten Garraum-Feuchtigkeit abhängt".

V. Folgende Druckschriften haben im Beschwerdeverfahren eine Rolle gespielt:

D3: EP-A-0 386 862

D5: DE-A-37 41 975

D6: DE-C-195 18 004

D8: Eidesstattliche Versicherung des Herrn E. Schuller vom 18. Juli 2002

D11: Eidesstattliche Versicherung des Herrn Jürgen Becker vom 16. Juli 2003

VI. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen vorgetragen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Vergleich mit der D3 nicht neu sei oder zumindest ausgehend von der D5 unter Berücksichtigung der Lehre der D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Zur Frage der Neuheit hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß D3 eine Regelung des Feuchtigkeitsgrades der Garraumatmosphäre offenbare, daß in der D3 auch Hühner als mögliches Gargut angegeben werden und daß beim Garen von Hühnern bekanntermaßen zuerst ein Garen in einer Dampfatmosphäre vorgenommen werde und danach durch Entfeuchtung der Garatmosphäre das Gargut gebräunt werde, wobei der Feuchtigkeitsgrad des Garraumes und die Dauer der Entfeuchtung produktspezifisch vorprogrammiert seien und damit die Dauer der Entfeuchtung auch vom produktspezifischen Feuchtigkeitsgrad abhängig sei. Da die vorhandene Feuchtigkeit ermittelt werde und durch den Regelprozeß der vorprogrammierten Feuchtigkeit angeglichen werde, seien Istwert und Sollwert des Feuchtigkeitsgrades identisch und daher sei in D3 auch die Programmsteuerung von der ermittelten Feuchtigkeit, die ja ständig den vorprogrammierten Feuchtigkeitswerten gleich sei, abhängig.

Zur erfinderischen Tätigkeit hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß ausgehend von der D5, die die Merkmale des Oberbegriffs offenbart, die Aufgabe darin zu sehen sei, die in der D5 offenbarte Steuerung zu verbessern. Um diese Aufgabe zu lösen, würde ein Fachmann in naheliegender Weise auf eine Regelung wie in der D3 beschrieben zurückgreifen und so zum Gegenstand des Anspruch 1 des angefochtenen Patents gelangen.

Die Beschwerdegegnerin hat den Ausführungen der Beschwerdeführerin widersprochen und insbesondere geltend gemacht, daß weder in der D3 noch in der D5 der Beginn oder die Dauer der Entfeuchtung in Abhängigkeit von der im Garraum herrschenden Feuchtigkeit (Istwert) eingeleitet bzw. ermittelt werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Auslegung des Anspruchs 1

2.1. Aus der Beschreibung des angefochtenen Patents ist klar, daß vermieden werden soll, daß beim Öffnen des Gerätes die enthaltene Dampfmenge schlagartig entweicht (Patentschrift Spalte 1, Zeilen 16 bis 29). Es handelt sich hier also um ein Verfahren zum Backen oder Garen, bei dem üblicher Weise nach dem Garende noch erhebliche Dampfmengen vorliegen (Patentschrift Spalte 1, Zeilen 7 bis 15).

Bei den aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren, wird es als nachteilig empfunden, daß sowohl eine zeitlich als auch mengenmäßig exakte Ausbringung des Dampfes nicht gewährleistet ist (Patentschrift Spalte 2, Zeilen 27 bis 30).

Die zu lösende Aufgabe wird in der Patentbeschreibung darin gesehen, ein Verfahren zu schaffen, mit dem eine minimale Zeitdauer bei gleichzeitiger optimaler Dampfausbringung erreicht wird (Spalte 2, Zeilen 42 bis 46). Es geht also darum zu erreichen, daß das Garende mit dem Ende der Entfeuchtung zeitlich übereinstimmt. Dadurch wird vermieden, daß nach dem Garende noch zusätzlich eine Entfeuchtung stattfinden soll.

2.2. Demnach sind die Merkmale "Verfahren zum . gefahrlosen Backen" so zu verstehen, daß die Dampfmenge vor Garende so verringert wird, daß ein Verbrühungsrisiko beim Öffnen der Gerätetür vermieden wird, und die Merkmale "wobei während des Backens oder Garens erhebliche, gegebenenfalls überhitzte Dampfmengen entstehen und sich bis Ende des Back- bzw. Garvorganges im Gerät befinden und stets eine Entfeuchtung des Garraumes vor Beendigung des Back- oder Garvorganges durchgeführt wird" so zu verstehen, daß einerseits nach Entfeuchtung des Garraumes kein weiterer Garvorgang mehr stattfindet, der Garvorgang also beendet ist, oder mit anderen Worten, daß im Garprogramm nicht vorgesehen ist, nach der Entfeuchtung z. B. noch ein Bräunen des Gargutes durchzuführen und daß zweitens nach Garende keine weitere Entfeuchtung mehr stattfindet.

Folglich sind die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1, unter Berücksichtigung der vorgehenden Auslegung so zu verstehen, daß die Dauer der Entfeuchtung anhand der im Gerät gemessenen Feuchtigkeit kontinuierlich ermittelt wird und die Programmsteuerung die Entfeuchtung dann einleitet, wenn die verbleibende Garzeit mit der errechneten Entfeuchtungsdauer übereinstimmt, sodaß die Entfeuchtung zeitgleich mit dem Garvorgang abgeschlossen wird, sodaß direkt am Garende die Gerätetür gefahrlos geöffnet werden könnte.

3. Neuheit

3.1. Keine der von der Beschwerdeführerin genannten Entgegenhaltungen offenbart ein Verfahren bei dem gleichzeitig "überhitzte Dampfmengen entstehen und sich bis Ende des Back- bzw. Garvorganges im Gerät befinden" und bei dem "die Programmsteuerung des Gerätes die Entfeuchtung in Abhängigkeit von der ermittelten Garraum-Feuchtigkeit vor Beendigung des Back- oder Garvorganges einleitet, wobei die Dauer der Entfeuchtung von der ermittelten Garraum-Feuchtigkeit abhängt".

3.2. Die Beschwerdeführerin hat für die Prüfung der Neuheit auf die D3 verwiesen.

Die D3 offenbart ein Gerät mit einem Feuchtigkeitssensor, dessen Ausgangssignale einer Regeleinrichtung zum Einstellen eines Feuchtigkeitsgrades zugeführt werden.

Die zu lösende Aufgabe wird in der Beschreibung der D3 darin gesehen, den Partialdampfdruck des Wassers in der Garraumatmosphäre der Art des Gargutes anzupassen (Spalte 2, Zeilen 28 bis 31). Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß die Ausgangssignale des Feuchtigkeitssensors mit einem Sollwert verglichen werden und die Regeleinrichtung gemäß dem Ergebnis die Feuchtigkeit im Garraum anpaßt (D3, Spalte 2, Zeilen 32 bis 42).

Die D3 gibt zwar an, daß auch ein Feuchtigkeitsgrad von 0% eingestellt werden kann (D3, Spalte 7, Zeilen 32 bis 38), jedoch ist der D3 nicht zu entnehmen, daß bei diesem Gargerät ein gemessener Istwert eine bestimmte Entfeuchtungsdauer festlegt und dann auch die Entfeuchtung so einleitet, daß bei Garende auch das Ende der Entfeuchtung erreicht ist.

Auch wenn man davon ausgehen würde, daß die Programmsteuerung der D3 unter Berücksichtigung der als Beispiel genannten Gargüter, implizit während des Garvorgangs eine Änderung des Feuchtigkeitsgrads vorsieht, sodaß eine Entfeuchtung des Garraumes vor Ende des Garvorgangs durchgeführt werden kann, so enthält die D3 keine Angaben die einem Fachmann nahelegen könnten, daß die Dauer der Entfeuchtung und der daraus errechnete Zeitpunkt, an dem die Entfeuchtung eingeleitet wird in Abhängigkeit des Istwertes der Garraum-Feuchtigkeit ermittelt werden sollen. Diese Vorgehensweise ist in der D3 nicht offenbart und stellt auch nicht die einzig mögliche Programmsteuerung dar. Es besteht nämlich die Möglichkeit, wie zum Beispiel in der D6, der Anlage zur D8 oder der D11, offenbart, die Entfeuchtung zu einem vorbestimmten Zeitpunkt für eine vorbestimmte Dauer einzuleiten, also die Programmsteuerung in Zeitblöcke zu unterteilen während denen verschiedene Feuchtigkeitswerte eingeregelt werden. Das Einleiten einer eventuellen Entfeuchtung ist durch die Zeitblöcke zeitabhängig vorgegeben und nicht wie beansprucht Istwert-abhängig.

Die Beschwerdeführerin hat auch argumentiert, daß der Istwert durch die Regelung bedingt dem Sollwert gleich sei und daher kein Unterschied zwischen einer Steuerung der Entfeuchtung in Abhängigkeit des Istwertes und einer Steuerung der Entfeuchtung in Abhängigkeit des Sollwertes zu machen sei.

Auch dem kann die Kammer nicht folgen.

Bei einer Steuerung der Entfeuchtung in Abhängigkeit des Sollwertes (die zwangsläufig eine in Zeitpunkt und Dauer vorprogrammierte Steuerung ist, weil der Sollwert eine fixe Vorgabe ist) wird, auch wenn keine Übereinstimmung zwischen Istwert und Sollwert der Feuchtigkeit vorliegen sollte, die Entfeuchtung an einem vorprogrammierten Zeitpunkt (Zeitblöcke) für eine vorprogrammierte Dauer eingeleitet. Es wird also keine Anpassung der Steuerung der Entfeuchtung in Abhängigkeit der effektiven Feuchtigkeit vorgenommen. Damit wäre, falls eine höhere als die vorprogrammierte Feuchtigkeit am vorprogrammierten Zeitpunkt des Entfeuchtungsbeginns vorliegen sollte, ein "gefahrlosen Backen" (eine Reduzierung des vorhandenen Dampfes auf eine bei Öffnung der Tür nicht gefährdende Menge) nicht mehr gewährleistet.

3.3. Die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents ist gegeben.

4. Nächstkommender Stand der Technik

Die Kammer stimmt mit den Parteien darin überein, daß die D5 den nächstkommenden Stand der Technik darstellt und die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents offenbart.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, daß ein Fachmann von der D5, die eine Steuerung der Entfeuchtung offenbart, ausgehen würde.

Dabei sei die zu lösende Aufgabe darin zu sehen, den Programmablauf zu verbessern bzw. präziser zu gestalten.

Es sei daher für einen Fachmann naheliegend die "Steuerung" durch eine "Regelung" zu ersetzen, da die Vorteile einer Regelung für einen Fachmann offensichtlich seien und so zum Gegenstand des Anspruch 1. des angefochtenen Patents zu gelangen.

Zusätzlich sei eine Regelung der Feuchtigkeit unter Verwendung eines Feuchigkeitssensors bereits aus der D3 bekannt.

5.2. Auch dem kann die Kammer nicht folgen.

Die D5 gibt nicht an wie/wodurch die Entfeuchtung eingeleitet wird und auch nicht zu welchem Zeitpunkt die Entfeuchtung als beendet gelten kann. Selbst wenn ein Fachmann die Steuerung der D5 durch eine Regelung ersetzen würde und dafür einen Feuchtigkeitssensor einsetzen würde, impliziert dies noch nicht, daß er die Entfeuchtung in Abhängigkeit des Istwertes der Feuchtigkeit einleiten würde und auch nicht, daß er die Dauer der Entfeuchtung in Abhängigkeit des Istwertes der Feuchtigkeit ermitteln würde, sodaß am Garende ein gefahrloses Öffnen der Gerätetür gewährleistet ist.

Daß es nicht selbstverständlich ist, auf den Istwert der Feuchtigkeit für die Programmsteuerung zurückzugreifen, ist wie in Abschnitt 3.2 oben angegeben, aus den vorgebrachten Beispielen (der D6, der Anlage zur D8 oder der D11) zu entnehmen, bei denen die Entfeuchtung zu einem vorbestimmten vorprogrammierten Zeitpunkt für eine vorbestimmte Dauer, unabhängig von dem Istwert der Feuchtigkeit eingeleitet wird und dies obwohl nach Angabe der Beschwerdeführerin die D6, die Anlage zur D8 oder die D11 Programmabläufe offenbaren, die in einem Gerät gemäß der D3 (also mit Feuchtigkeitsregelung) durchgeführt werden.

Wie auch bereits unter Abschnitt 3.2 angegeben, kann ein Fachmann auch aus der D3 nicht die Lehre entnehmen, daß der Zeitpunkt an dem die Entfeuchtung eingeleitet wird und die Dauer der Entfeuchtung in Abhängigkeit des Istwertes der Garraum-Feuchtigkeit ermittelt werden sollen.

5.3. In keiner der entgegengehaltenen Druckschriften wird weder offenbart noch nahegelegt, in Abhängigkeit der im Garraum herrschenden Feuchtigkeit (Istwert) die Dauer der Entfeuchtung festzustellen und dann die Entfeuchtung so einzuleiten, daß am Garende die Gerätetür gefahrlos geöffnet werden kann.

Somit ist auch keine Kombination der Lehren dieser Dokumente in der Lage, diese Merkmale bzw. die kennzeichnenden Merkmale des Gegenstandes des Anspruchs 1. des angefochtenen Patents zu offenbaren oder nahezulegen.

5.4. Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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