European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2004:T053302.20041026 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 26 October 2004 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0533/02 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97935567.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | F42B 12/72 F42B 15/34 C04B 37/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von Flugkörpern oder Flugkörperkomponenten | ||||||||
Name des Anmelders: | Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft m.b.H | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SGL Carbon GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Ausführbarkeit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 16. Januar 2002 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent EP-B-0 918 976, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, die am 15. März 2002 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 17. Mai 2002 eingegangen.
II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) und 100 b) EPÜ angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war aber der Auffassung, daß die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang nicht entgegenstünden.
III. Im Beschwerdeverfahren wurden folgende Druckschriften berücksichtigt:
E3: EP-A-0 541 917
E4: DE-A-4 207 009
E5: DE-C-4 438 455
E6: Artikel "Entwicklung integraler Leichtbaustrukturen aus Faserkeramik" von V. Dollhopf und W. Krenkel, VDI-Berichte Nr. 1080, 1994.
IV. Am 26. Oktober 2004 wurde mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 918 976.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise mit der Maßgabe, daß das Patent gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 3, eingegangen am 22. Dezember 2003 und 27. September 2004, aufrechterhalten wird.
V. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur Herstellung von thermisch und mechanisch hochbelasteten Flugkörpern oder Flugkörperkomponenten mit folgenden Schritten:
a) Fertigen von Rohlingen aus faserverstärkter grüner Keramik, nämlich kohlenfaserverstärktem Siliciumcarbid (C/SiC) und/oder kohlenstoffaserverstärktem Kohlenstoff (C/C) und/oder siliciumcarbidfaserverstärktem Siliciumcarbid (SiC/SiC);
b) Ausformen und mechanisches Bearbeiten der Keramikrohlinge im Grünzustand entsprechend den Teilegeometrien des Flugkörpers oder der Flugkörperkomponenten;
c) Gemeinsame Infiltration oder gemeinsames Silizieren der Rohlinge mit Silicium und/oder Siliciumcarbid und/oder Kohlenstoff zum Erhalt einer monolithischen Verbundstruktur, wobei die zusammengefügten Rohlinge die Gesamtform des Flugkörpers oder der jeweiligen Flugkörperkomponente bilden."
VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:
Ausführbarkeit
Anspruch 1 leide unter dem Mangel der Nichtausführbarkeit, da in der gesamten Offenbarung kein Weg angegeben sei, wie die beanspruchten Flugkörper und Flugkörperkomponenten "thermisch und mechanisch hochbelastet" gemacht würden - jedenfalls ergebe sich dieser Weg nicht aus den Verfahrensmaßnahmen des Anspruchs 1. Daher sei Anspruch 1 unter Artikel 100 b) EPÜ nicht zulässig.
Im Anspruch 2 werde beansprucht, daß "die Zugabemenge von Silicium, Kohlenstoff und Siliciumcarbid so eingestellt wird, daß sich eine Tragstruktur mit einerseits hoher Dichte und geringer Porosität ... und mit andererseits niedriger Dichte und hoher Porosität ... ergibt". An keiner Stelle der Offenbarung werde ausgeführt, was nun denn als "hoch", "niedrig" oder "gering" anzusehen sei - so mangele es eben auch an der Lehre, wie der Fachmann die Zusammensetzung durch Wahl der Menge von drei Komponenten einstellen solle, um zu den in widersprüchlicher Weise angegebenen Zielen zu gelangen. Es solle nämlich eine Tragstruktur hergestellt werden, die zwei sich gegenseitig ausschließende Paare von Eigenschaften gleichzeitig aufweisen solle. Werde der Fachmann mit dem Anspruch 2 konfrontiert, so sei er aufgrund der Angaben in der Anmeldung nicht in der Lage, den angestrebten Erfolg zu erzielen. In diesem Fall seien die Anforderungen von Artikel 83 EPÜ nicht erfüllt.
Patentierbarkeit
Sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des strittigen Patents seien aus der Druckschrift E6 bekannt. Schubdüsen seien im strittigen Patent als eine Flugkörperkomponente genannt. Eben diese würden auch in E6 als ein Beispiel für die nach dem dort beschriebenen Verfahren herstellbaren Teile genannt (Seite 476, linke Spalte, sechste Zeile). Der Unterschied zwischen E6 und dem strittigen Patent bestehe lediglich darin, daß im Patent weitere Anwendungen genannt seien, die wörtlich nicht in E6 zu finden seien. Die objektiv zu lösende Aufgabe im strittigen Patent sei daher, die für Schubdüsen bekannte Fertigungstechnik auch auf andere Flugkörperkomponente anzuwenden, für die dieselbe Eigenschaften gefordert werden, oder auf ganze Flugköper.
Da bereits aus E6 das Zusammensetzen von Einzelteilen einer Flugkörperkomponente, nämlich einer Einlauframpe für ein Triebwerk, bekannt sei, würde der Fachmann, der diese Fügetechnik aus E6 kenne, ohne weiteres auch ganze Flugkörper aus derartigen Teilen fügen und durch gemeinsames Silicieren verbinden, so wie er es für die Fertigung von Flugkörperkomponenten kenne und erfolgreich umgesetzt habe. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VII. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und hat folgendes vorgetragen:
Ausführbarkeit
Dem Fachmann sei klar, daß die in der Beschreibungseinleitung, Absatz 0004, genannten Flugkörperkomponenten "die thermisch und mechanisch höchstbelasteten Bauteile des Flugkörpers" seien.
Die Verwendung von Adjektiven "hoch", "niedrig" im Anspruch 2 sei unumgänglich, solle dem Fachmann die Anpassung des Flugkörpers an seine spezifischen Anforderungen ermöglicht werden. Nach Auswahl der Hybridwerkstoffe für jedes der Segmente des zukünftigen Flugkörpers und Feststellung der Infiltrationsstoffe werde der Fachmann Versuche ausführen, um an den Stellen, die als Tragteil und/oder Auskleidung bzw. als Wärmeisolierung dienen sollten, durch die Einstellung der Zugabemenge des Infiltrationsstoffes Dichte bzw. Porosität zu bestimmen. Die Beschreibung, insbesondere Absatz 0016, biete dem Fachmann weitere Hilfestellung, gebe ihm sogar den Hinweis, er könne Dichte- und Porositätsgradienten über die Wandstärke der Komponenten des Flugkörpers einstellen. Der Fachmann habe dann keinerlei Schwierigkeiten mit dem Nacharbeiten der Lehre des Anspruchs 2, wenn er den gesamten Wortlaut des Anspruchs im Licht der Beschreibung zur Kenntnis nehme, und nicht nur einige willkürlich herausgegriffene Begriffe.
Patentierbarkeit
Entgegenhaltung E3 sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen.
Gegenüber E3 und auch gegenüber den Entgegenhaltungen E4, E5 und E6 bestehe die Aufgabe der Erfindung darin Flugkörper bzw. -komponenten mit hoher Temperatur-, Druck- und Antriebfertigkeit, Erosionsbeständigkeit, niedriger Dichte bzw. niedrigem Gewicht, hoher Wärmeleitfähigkeit sowie niedriger Wärmeausdehnung bei großer Geometrie- und Formenvielfalt zu schaffen.
Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung bestehe darin, daß eine monolithische Verbundstruktur durch gemeinsames Infiltrieren bzw. Silizieren der Rohlinge erhalten werde (Merkmal c)). Weiterhin würden konkrete Angaben zu Hybridwerkstoffen gemacht, aus denen die Rohlinge gefertigt werden könnten (Merkmal a)), so daß ein Zusammenfügen zu einer monolithischen Verbundstruktur durch gemeinsames Infiltrieren so möglich sei, daß die obengenannte Aufgabe erfolgreich gelöst werde.
Keine der zitierten Entgegenhaltungen E4 bis E6 zeige ein Verfahren wie im Anspruch 1 spezifiziert, oder gebe dem Fachmann einen Hinweis in diese Richtung.
In den Entgegenhaltungen E3 bis E6 sei das konkrete Vorgehen in Bezug auf einen ganz bestimmten Hybridwerkstoff mit einer ganz bestimmten Infiltrationstechnik geschildert. Die jeweils betrachtete Komponente sei in ihren Eigenschaften nach dem Silizieren homogen. Hieraus ergebe sich keinerlei Hinweis, der den Fachmann zur Erfindung führen könne.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Ausführbarkeit - Artikel 83 EPÜ (Artikel 100 b) EPÜ)
2.1. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin fehlen in der Patentschrift Angaben darüber, wie die beanspruchten Flugkörper und Flugkomponenten gemäß den Merkmalen des Verfahrens nach Anspruch 1 "thermisch und mechanisch hochbeansprucht" werden.
An keiner Stelle der Patentschrift sei dem Fachmann geoffenbart, was mit den im Anspruch 2 verwendeten Begriffen "hohe", "niedrige" und "geringe" Dichte bzw. Porosität gemeint sei.
Aus obigen Gründen sei es für den Fachmann nicht möglich, die Erfindung im gesamten durch die Ansprüche 1 und 2 beanspruchten Bereich mit vertretbarem Aufwand auszuführen. Die Erfordernisse gemäß Artikel 83 EPÜ seien somit nicht erfüllt.
2.2. Was die oben genannten Merkmale des Anspruchs 1 betrifft, verweist die Kammer auf die Beschreibung des Streitpatents - Spalte 1, Zeile 38 bis Spalte 2, Zeile 4 und Spalte 2, Zeilen 15 bis 35, gemäß der sich das beanspruchte Verfahren auf die Herstellung von Flugkörperkomponenten richtet, die über hervorragende Festigkeitseigenschaften bis zu hohen Temperaturen verfügen (siehe auch Spalte 1, Zeilen 7 bis 28). Unter Berücksichtigung der angegebenen Beschreibungspassagen sowie des Wissenstandes des Fachmanns meint die Kammer, daß die Merkmale der "thermisch und mechanisch hochbelasteten" Bauteile klare Anweisungen geben, daß es sich um hoch hitzebeständige Teile mit hoher mechanischer Fertigkeit handeln muß.
Was die Ausführbarkeit des Verfahrens nach Anspruch 2 anlangt, ist es entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht dem Fachmann durchaus geläufig, die Dichte und Porosität des SiC/C/SiC-Materials während der Infiltration oder Silizierung durch die Zugabemenge an Silicium, Kohlenstoff oder Siliciumcarbid im Hinblick auf die Verwendung bestimmter Stellen als Tragteil und/oder Auskleidung bzw. als Wärmeisolierung zu bestimmen; dies insbesondere deshalb, weil dieses Einstellprinzip aus dem in der Einleitung der Streitpatentschrift gewürdigten Stand der Technik gemäß E3 - vgl. Spalte 5, Zeile 56 bis Spalte 6, Zeile 43 - zu entnehmen ist. Auch die Beschreibung des Streitpatents bietet dem Fachmann eine weitere Hilfestellung im Absatz 0016 mit dem Hinweis, daß er Dichte- und Porositätgradienten sogar über die Wandstärke der Komponenten des Flugkörpers einstellen kann.
2.3. Des weiteren ist darauf hinzuweisen, daß der Fachmann bei der Prüfung eines Anspruchs unlogische oder technisch unsinnige Auslegungen ausschließen sollte. Und zwar sollte er versuchen, durch Synthese, also eher aufbauend als zerlegend, zu einer Auslegung des Anspruchs zu gelangen, die technisch sinnvoll ist und bei der die gesamte Offenbarung des Patents berücksichtigt wird (Artikel 69 EPÜ). Das Patent ist mit der Bereitschaft auszulegen, es zu verstehen, und nicht mit dem Willen, es mißzuverstehen (vgl. T 0190/99).
2.4. Die Kammer ist daher zur Schlußfolgerung gelangt, daß der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ nicht gerechtfertigt ist.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der angegriffenen Erfindung ist zunächst von der in der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift genannten Aufgabenstellung auszugehen, welche darin besteht, Flugkörper oder Flugkörperkomponenten herzustellen, die eine hohe Temperatur-, Druck- und Abriebfestigkeit, Erosionsbeständigkeit, niedrige Dichte bzw. niedrigem Gewicht, hohe Wärmeleitfähigkeit bei niedriger Wärmeausdehnung aufweisen und die mit einer nahezu unbegrenzten Geometrie- und Formvielfalt geschaffen werden können.
3.2. Aus dem bisherigen Verfahren geht hervor, daß es erfindungswesentlich ist, die mechanisch bearbeiteten Rohrkörper und Teilsegmente durch eine anschließende Infiltration mit Silicium und/oder Siliciumcarbid und/oder Kohlenstoff zu einer monolithischen Verbundstruktur zusammenzufügen, die quasi in Hybridbauweise erfolgt.
3.3. Zum Nachweis der angeblich fehlenden erfinderischen Tätigkeit ist es allerdings ungeeignet und nicht durchgreifend, wenn, wie von der Beschwerdeführerin durch Hinweise auf ausgewählte Passagen der zitierten Druckschriften versucht, das beanspruchte Verfahren in einzelne Schritte zerlegt wird, da das Ziel dieses Zerlegens wohl allein der vermeintlich dann leichtere Nachweis von dessen Offensichtlichkeit auf Grund des Bekanntseins derartiger Einzelschritte ist.
3.4. Die Kammer stellt fest, daß im Streitpatent keinerlei Elementschutz, respektive Schutz für einzelne Schritte oder Abläufe begehrt wird, sondern daß es beim Schutzbegehren in der erteilten Fassung darum geht, in einer bisher nicht bekannten Folge von Verfahrenschritten monolithische Verbundstrukturen für Flugkörper bzw. für einen solchen aus einzelnen Teilen quasi in Hybridbauweise geschaffenen Flugkörper bereitzustellen. Es kann unter diesem Aspekt dahingestellt bleiben, ob einzelne Schritte oder die Verwendung von Faserverbundwerkstoffen für Flugkörper oder Flugkörperkomponenten vor dem maßgeblichen Prioritätstag bereits bekannt waren.
3.5. Die im Prüfungsverfahren bereits berücksichtigte und in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift gewürdigte Entgegenhaltung E3 bildet den nächstkommenden Stand der Technik. E3 betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines oxidationsbeständigen Bauteils auf CFC-Basis für die Raumfahrt. Im einzelnen wird nach E3 ein CFC-Vollkörper verwendet, um dann einen CFC-Rohling mit den Maßen des herzustellenden Bauteils durch Drehen oder sonstige materialabtragende Bearbeitung zu erhalten. Ein derartiges Verfahren ist sehr kostenintensiv und eignet sich nicht für die Serienfertigung oder große Stückzahlen.
3.6. Auch nach dem Bericht über die Entwicklung integraler Leichtstrukturen aus Faserkeramik gemäß der Entgegenhaltung E6 handelt es sich bei dem hier beschriebenen Flüssig-Silizier-Verfahren um ein Verfahren wie es bereits in E3 offenbart ist, bei dem ein kohlenstofffaserverstärker Grünling mit metallischem Silizium infiltriert wird.
3.7. Bei dem Streitpatent geht es nicht etwa um den Schutz faserverstärkter Keramik per se, sondern um ein Herstellungsverfahren zur Bildung eines quasi monolithischen Flugkörpers. Nach Anspruch 1 des Patents erfolgt zunächst ein Fertigen von Rohlingen aus faserverstärkter Keramik mit einem anschließenden Ausformen und mechanischen Bearbeiten der Keramikrohlinge im grünen Zustand entsprechend der Teilegeometrie des Flugkörpers. Weiterhin wird zum Erhalt der gewünschten monolithischen Verbundstruktur ein gemeinsames Infiltrieren bzw. ein gemeinsames Silizieren der Rohlinge mit Silizium und/oder Siliziumcarbid und/oder Kohlenstoff vorgenommen. Die zusammengefügten Bauteile bilden dann die Grundformen des Flugkörpers bzw. der jeweiligen Flugkörperkomponente. Somit liegt der Kern der angegriffenen Erfindung nicht allein in der Verwendung faserverstärkter Keramik, sondern in der Folge der Verfahrenschritte a) bis c) gemäß Anspruch 1.
3.8. Aus Vorstehendem wird deutlich, daß während im Verfahren nach dem angegriffenen Patent zunächst die Teile der Flugkörper hergestellt werden und sich daran das Brennen der grünen Keramik anschließt, erfolgt nach E3 dagegen das "Brennen" zuerst, und danach wird die herzustellende Komponente aus dem hartgebrannten Block heraus gefräst oder gedreht.
3.9. Die Kammer stellt fest, daß das in der E6 nach Meinung der Beschwerdeführerin offenbarte Zusammenfügen mittels Silizieren lediglich in Bezug auf ein einzelnes Werkstück angedeutet wird (siehe Seite 478, rechte Spalte, Absatz unter Bild 10). Hierzu heißt es auf Seite 478, Text neben der Abbildung 6, das Flüssigsilizier-Verfahren biete prinzipiell den Vorteil, "einzelne Bauteilkomponenten" zu fügen. Hier ist also keineswegs die Rede davon, eine Verbundstruktur mit einer Vielzahl Grünlingen, die die Gesamtform eines Flugkörpers bilden, durch Silizieren zu fügen, wie dies Gegenstand der angegriffenen Erfindung ist. Auch bezüglich des Zusammensilizierens als solchem kann der Fachmann der E6 keine technische Lehre entnehmen. Für letztere ist es erforderlich, daß der Erfolg jederzeit erreichbar ist. Auf Seite 478, Absatz neben Abbildung 6, wird aber der einmalig erzielte Erfolg von vornherein in Frage gestellt: Das Flüssigsilizier-Verfahren biete "prinzipiell" einen Vorteil (es handelt sich also um ein theoretisches Verfahren, nicht um eine praktische Lehre). "Die Güte der ... Fügung kann eventuell ... verbessert werden. Diesbezügliche Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, erste Ergebnisse ..." (Unterstreichungen hinzugefügt). Diesem Absatz entnimmt der Fachmann, daß die Autoren der E6 eine Idee für eine Problemlösung haben, sie wünschen sich, daß das geschilderte Vorgehen nicht nur in der Vorstellung, sondern auch in der Realität zum Ziel führt. Ob das aber nicht nur für ein einzelnes Werkstück für den Flugzeugbau möglich ist, sondern allgemein wiederholbar, bleibt offen. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entgegenhaltung E6 verfaßt wurde, war somit völlig offen, ob das Zusammensilizieren mehrerer C/C Rohlinge einmal ein technisches Verfahren werden würde. Es kommt daher einer bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht erlaubten rückschauenden Betrachtung gleich, aus dem Nachhinein in die E6 den Gedankeninhalt jüngerer Erkenntnisse hinein zu interpretieren.
3.10. Bezüglich E4, welche ein Verfahren zur Herstellung von Leichtbaureflektoren und deren Verwendung beschreibt, sowie bezüglich E5, die ein Verfahren zur Herstellung einer Reibeinheit zum Reiben in Eingriff mit einem Gegenkörper, insbesondere zur Herstellung eines Brems- oder Kupplungskörpers beschreibt, stellt sich die Frage weshalb der Fachmann die der angegriffenen Erfindung entfernte Lehre nach E4 und E5 auf das im Streitpatent zu lösende Problem bzw. die dort relevante Aufgabenstellung alleine oder in Kombination mit der E6 anwenden soll. Selbst wenn man ausgehend von E3 den Rat der E4 und E5 nehme, hätte man keine Anregung im zitierten Stand der Technik, die bisher bekannte Folge der Verfahrenstufen entsprechend den Verfahrenschritten a) bis c) nach dem Hauptanspruch des Streitpatents zu ändern.
3.11. Die Kammer sieht daher den Gegenstand des Anspruchs 1 als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend an.
4. Im Hinblick auf die vorangehenden Ausführungen hat das Patent auf der Grundlage des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin unverändert Bestand. Bei dieser Sachlage gibt es keinen Grund dafür, auch noch auf die Hilfsanträge der Beschwerdegegnerin einzugehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.