T 0528/02 () of 13.1.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T052802.20050113
Datum der Entscheidung: 13 Januar 2005
Aktenzeichen: T 0528/02
Anmeldenummer: 95100949.7
IPC-Klasse: B44C 5/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mehrfarbig gemusterter Bodenbelag
Name des Anmelders: Carl Freudenberg KG
Name des Einsprechenden: Mondo S.p.A.
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehende Änderung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 693 388 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der in Artikel 100 c) EPÜ genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehe, da das Merkmal des Anspruchs 1 des Streitpatents wie erteilt, daß weniger als 100 % der Partikelbestandteile jeweils farblich gleiche Partikelsektionen aufweisen, nicht in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart sei.

III. Am 13. Januar 2005 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der folgenden Unterlagen:

a) Hauptantrag: Ansprüche 1 bis 5 des Streitpatents wie erteilt; oder

b) Hilfsantrag: Anspruch 1, eingereicht am 10. Juni 2002, und Ansprüche 2 bis 5 des Streitpatents wie erteilt.

Der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Im Beschwerdeverfahren wurde auf folgende Druckschrift Bezug genommen:

E1: EP-A 0 668 138

VI. Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung lautet wie folgt:

"1. Mehrfarbig gemusterter Bodenbelag aus Gummi, bei dem zumindest in die Oberseite einer Basisbahn aus Kautschuk zumindest ein kontrastfarbenes Kautschukgranulat oberflächenbündig eingepreßt und durch nachfolgende Vulkanisierung des erhaltenen Gebildes bleibend fixiert ist und dessen einzelne Partikel zumindest zwei voneinander und von der Basisbahn verschiedenfarbige Partikelsektionen aufweisen, bei dem zumindest eine erste Partikelsektion zumindest eine zweite Partikelsektion keil- oder streifenförmig derart durchdringt, daß wenigstens 50 %, aber weniger als 100 % der im Bereich der Oberfläche des Bodenbelags sichtbaren Partikel-Bestandteile jeweils farblich gleiche Partikelsektionen aufweisen, und wobei die Summen der entsprechend gleichfarbigen Partikelsektion-Flächen der im angegebenen Bereich von wenigstens 50 % und kleiner 100 % vorhandenen Partikel-Bestandteile unabhängig von der Anzahl der Farben im Granulat immer ungleich sind."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet wie folgt:

"1. Mehrfarbig gemusterter Bodenbelag aus Gummi, bei dem zumindest die Oberseite einer Basisbahn aus Kautschuk zumindest ein kontrastfarbenes, aus extrudierten Strängen hergestelltes Kautschukgranulat oberflächenbündig eingepreßt und durch nachfolgende Vulkanisierung des erhaltenen Gebildes bleibend fixiert ist, und dessen einzelne Partikel zumindest zwei voneinander und von der Basisbahn verschiedenfarbige Partikelsektionen aufweisen, und welcher folgende Merkmale aufweist:

a) bei jedem Partikel durchdringt wenigstens eine erste Partikelsektion wenigstens eine zweite Partikelsektion keil- oder streifenförmig,

b) wenigstens 50 %, aber weniger als 100 %, der im Bereich der Oberfläche des Bodenbelags sichtbaren Partikel-Bestandteile weisen jeweils farblich gleiche Partikelsektionen auf, und

c) für jedes Partikel nach b) gilt, daß die Summen der entsprechenden gleichfarbigen Partikelsektion-Flächen der Partikel-Bestandteile mit farblich gleichen Partikelsektionen unabhängig von der Anzahl der Farben im Granulat immer ungleich sind."

VII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Das Streitpatent baue auf dem in der Beschreibungseinleitung genannten, nicht vorveröffentlichten Dokument E1 auf. Das dort beschriebene Verfahren werde auch zur Herstellung eines Bodenbelags gemäß dem Streitpatent verwendet.

Durch Extrudieren verschiedenfarbiger Kunststoffstränge könnten keine homogenen Mischungen erreicht werden, so daß nach Granulierung des Extrudats sowohl ein- als auch mehrfarbige Partikel vorlägen. Ein Bodenbelag, in den ein derartiges Granulat eingebettet werde, enthalte zwangsläufig auch an der Oberfläche sichtbare einfarbige Partikel.

Das Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, daß weniger als 100 % der im Bereich der Oberfläche des Bodenbelags sichtbaren Partikel-Bestandteile jeweils farblich gleiche Partikelsektionen aufweisen, ergebe sich somit aufgrund der dem Fachmann bekannten technischen Zwangsläufigkeiten aus dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung. Dieses Merkmal stelle somit eine Überbestimmung des beanspruchten Gegenstands dar, und sei im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht zu berücksichtigen.

Dies gelte insbesondere auch bezüglich des Anspruchs 1 des Hilfsantrags, der explizit das Merkmal enthalte, daß das Kautschukgranulat aus extrudierten Strängen hergestellt sei.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Das strittige Merkmal von weniger als 100 % sei in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht offenbart.

Ein Bodenbelag, bei dem alle an der Oberfläche sichtbaren Partikel eines zur Basisbahn kontrastfarbenen Kautschukgranulats farblich gleiche Partikelsektionen aufwiesen, sei technisch machbar. Dies zeige Dokument E1, Figur 5. Insbesondere bei einem Bodenbelag mit großflächigen, aus einem mehrfarbigen Extrudat hergestellten Partikeln sei es aus technischen Gründen nicht zwingend, daß auch einfarbige Partikel vorhanden sein müßten. Die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (siehe Spalte 3, Zeilen 29 und 30) gebe hierzu als kleinste lineare Erstreckung der Partikel eine ansehnliche Mindestgröße von 12 mm an.

Sowohl der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags als auch der des Hilfsantrags entsprächen daher nicht den Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 betrifft einen Bodenbelag, bei dem wenigstens in die Oberseite einer Basisbahn zumindest ein kontrastfarbenes Kautschukgranulat eingepreßt und bleibend fixiert ist und dessen einzelne Partikel zumindest zwei voneinander und von der Basisbahn verschiedenfarbige Partikelsektionen aufweisen, wobei wenigstens 50 %, aber weniger als 100 % der im Bereich der Oberfläche des Bodenbelags sichtbaren Partikel-Bestandteile jeweils farblich gleiche Partikelsektionen aufweisen.

2. In der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ist dieses einschränkende Merkmal "weniger als 100 %" nicht offenbart und es findet sich auch sonst kein Hinweis darauf, daß ein Bodenbelag, bei dem alle sichtbaren Partikelbestandteile jeweils farblich gleiche Partikelsektionen aufweisen, als nicht zur Erfindung gehörend anzusehen sei.

3. Die Kammer kann sich der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht anschließen, daß dieses Merkmal deshalb implizit offenbart sei, weil ein Bodenbelag, bei dem 100 % der im Bereich der Oberfläche des Bodenbelags sichtbaren Partikel-Bestandteile jeweils farblich gleiche Partikelsektionen aufweisen, technisch nicht realisierbar sei.

3.1 Es liegt kein Nachweis dafür vor, daß ein Bodenbelag, in den ausschließlich, also zu 100 %, zum Beispiel zweifarbig gestreifte Partikel so eingebettet sind, daß bei jedem an der Oberfläche sichtbaren Partikel auch beide Farben erkennbar sind, technisch nicht realisierbar sei. Nach Auffassung der Kammer ist dies eine für den Fachmann durch entsprechende Wahl des Verfahrens zur Herstellung des Bodenbelags und der Partikel, der Partikelgröße und -form, der Art der Einbettung, der Feinheit der farblichen Strukturierung etc. lösbare Aufgabe.

3.2 Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei in der Praxis angewandten Verfahren zur Herstellung eines Granulats mehrfarbiger Partikel aus extrudierten Strängen, bei entsprechender Granulierung, auch einfarbige Partikel entstehen. Nach Einpressen dieser Partikel in die Basisbahn weisen dann nicht alle sichtbaren Partikel-Bestandteile jeweils farblich gleiche Partikelsektionen auf.

Dieser Hinweis ist jedoch nach Auffassung der Kammer kein Nachweis dafür, daß es allgemein nicht möglich ist, einen Bodenbelag mit ausschließlich zum Beispiel zweifarbigen Partikeln herzustellen.

3.3 Auch der Hinweis, daß zur Herstellung der Partikel und des Bodenbelags gemäß Streitpatent das in Dokument E1 beschriebene Verfahren zur Anwendung komme, kann die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß das Merkmal "weniger als 100 %" nicht realisierbar sei, nicht stützen.

Dokument E1 zeigt in den Figuren 4 und 5 einen Bodenbelag mit in eine Basisbahn 1 eingepreßten Partikeln 2, wobei alle Partikel farblich gleiche Partikelsektionen 2.1 und 2.3 aufweisen. Figuren 4 und 5 in Dokument E1 geben keinen Hinweis darauf, daß auch Partikel mit farblich abweichenden Partikelsektionen vorliegen könnten.

Jede dieser eingefärbten Partikelsektionen erstreckt sich von der Oberfläche der Bahn durchgehend über die Partikeldicke. Das Verfahren zur Herstellung dieser kontrastfarbenen Partikel 2 ist in Spalte 6, Zeilen 1 bis 9, beschrieben und in Figur 1 des Dokuments E1 gezeigt. Auch daraus geht nicht hervor, daß die Farbgebung dieser kontrastfarbenen Partikel dahingehend variieren könnte, daß auch Partikel mit farblich abweichenden Partikelsektionen entstehen könnten.

4. Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) ist somit in der Weise geändert, daß sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist damit nicht gewährbar.

Hilfsantrag

5. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag enthält ebenfalls das Merkmal, daß weniger als 100 % der im Bereich der Oberfläche des Bodenbelags sichtbaren Partikel- Bestandteile jeweils farblich gleiche Partikelsektionen aufweisen. Sein Gegenstand geht damit aus den gleichen Gründen ebenfalls über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

Das in Anspruch 1 des Hilfsantrags aufgenommene Merkmal "aus extrudierten Strängen hergestelltes Kautschukgranulat" kann den im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ vorgebrachten Einwand nicht beheben. Wie oben dargelegt und in Dokument E1 gezeigt, ist auch mit einem aus extrudierten Strängen hergestellten Kautschukgranulat ein Bodenbelag realisierbar, dessen zur Basisbahn kontrastfarbene Partikel jeweils farblich gleiche Partikelsektionen aufweisen.

Der Hilfsantrag der Beschwerdeführerin ist damit ebenfalls nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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