T 0525/02 () of 7.7.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T052502.20030707
Datum der Entscheidung: 07 Juli 2003
Aktenzeichen: T 0525/02
Anmeldenummer: 98910587.9
IPC-Klasse: A61F 5/058
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Orthopädische Schiene
Name des Anmelders: Medi Bayreuth Weihermüller & Voigtmann GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52
European Patent Convention 1973 Art 54
Schlagwörter: Neuheit, Erfinderische Tätigkeit (ja, nach Änderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung wegen Mangel an erfinderischer Tätigkeit gegenüber Druckschrift

D1 = US - A - 5 387 185

zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.

II. Folgende weitere Druckschrift sind in dem Recherchebericht zitiert:

D2 = DE - A - 4 412 765

D3 = DE - A - 4 411 469

D4 = US - A - 3 831 467

D5 = EP - A - 67 319.

Die Beschwerdeführerin hat ferner während des Prüfungsverfahrens die Druckschrift:

D6 = EP - B - 489 790

zitiert.

III. Nach einem mit dem Berichterstatter am 9. April 2003 geführten Telefongespräch, reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 9. April 2003 einen geänderten Anspruch 1 ein.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und ein Patent in der folgenden Fassung zu erteilen:

- Anspruch 1, wie eingereicht mit Brief vom 9. April 2003;

- Ansprüche 2 bis 6, wie ursprünglich eingereicht;

- Beschreibung, Seiten 1 bis 4, wie ursprünglich eingereicht;

- Zeichnungen, Blätter 1/4 bis 4/4, wie ursprünglich eingereicht.

V. Anspruch 1 lautet:

"Orthopädische Schiene (1) für die Ruhigstellung des Knies, insbesondere nach Eingriffen am hinteren Kreuzband, bestehend aus einem Umschlagteil (3, 4) mit Stabilisierungsstäben (6), sowie Bändern für die Fixierung des um ein Bein geschlagenen Umschlagteils, dadurch gekennzeichnet, daß das Umschlagteil im Wadenbereich eine auf die Wade drückende und als nach vorne gerichtete Kraft auf dem Unterschenkel wirkende Wadenpelotte (9) aufweist."

VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte wie folgt: Die Druckschrift D1 offenbare eine Stützschiene, die mittels eines Rahmens und Bändern an dem Bein eines Patienten festgezurrt wird, um das Knie ruhig zu stellen. Zwischen dem Bein und der Stützschiene sei eine Abdeckung aus einem abpolsternden Material angeordnet. Diese erstrecke sich über die gesamte Stützschiene und den Rahmen. Das sei kein Druckpolster, das Druck auf den Wadenbereich ausüben solle. Bei dem Dokument D1 werde dagegen durch die Stützschienen 11 ein Druck auf das ganze Bein ausgeübt, das in einer bestimmten Extensionsstellung festgelegt werden solle.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Das Kennzeichen des Anspruchs 1 ist durch die Angabe über die Wirkung der von der Wadenpelotte ausgeübten Kraft ergänzt worden. Diese Änderung stützt sich auf die Beschreibung, Seite 3, ab Zeile 21.

3. Neuheit

Der nächstliegende Stand der Technik wird durch die Druckschrift D1 repräsentiert, aus der eine orthopädische Schiene mit allen Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 bekannt ist.

Davon unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Merkmale in seinem kennzeichnenden Teil.

Gemäß Roche, Lexikon der Medizin, 3. Auflage, 1993 ist eine Pelotte ein Druckpolster zur Ausübung oder Übertragung eines Druckes, z. B. an einem Bruchband oder Mieder. Kennzeichnend für eine Pelotte ist danach, daß die Übertragung des Drucks durch die Form und Lage der Pelotte in Größe und Position genau bestimmbar ist. Die Druckschrift D6 beschreibt zum Beispiel eine Sternalpelotte, die einen Druck auf das Brustbein ausübt, siehe Figur 3, Bezugsnummer 4, 12. Die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 beanspruchte "Waden"-Pelotte erstreckt sich demgemäß im wesentlichen nur im Bereich der Wade und übt einen differenzierten, gegenüber den anderen Bereichen des Beines erhöhten Druck auf die Wade aus. Die in Druckschrift D1 beschriebene Abdeckung (liner 13) erstreckt sich dagegen über die gesamte Kontaktfläche der Schiene mit dem Bein und stellt somit keine Pelotte im oben genannten Sinne dar.

Die übrigen vorliegenden Druckschrift sind von der beanspruchten Erfindung weiter entfernt. Druckschrift D2 betrifft eine Gelenkorthese, die das Gelenk derart stabilisiert, daß es über einen bestimmten Bereich hinaus nur unter Kraftaufnahme bewegbar ist. Druckschriften D3 und D4 betreffen eine Knieschiene mit einem Kissen im Kniekehlenbereich. Druckschrift D5 betrifft eine Knieschiene zur Fixierung des Kniegelenks mit einer vorgegebenen Winkelstellung.

Dementsprechend ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.

3. Erfinderische Tätigkeit

Ausgehend von der Druckschrift D1, die den nächstliegenden Stand der Technik enthält und aus der eine orthopädische Schiene mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 bekannt ist, liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Heilung eines gerissenen hinteren Kreuzbandes zu fördern, siehe Seite 1 der Beschreibung, ab Zeile 31.

Ein Bandriß wird üblicherweise mit der Ruhigstellung des Knies mittels einer orthopädischen Schiene, die das Bein in Streckstellung hält, behandelt, siehe Druckschrift D1. Wenn das hintere Kreuzband betroffen ist, tritt dabei das Problem auf, daß dieses in der Streckstellung des Beines gespannt bleibt, wodurch die Heilung behindert wird. Bei einem Riß des hinteren Kreuzbandes besteht ferner die Gefahr, daß die Tibia gegenüber dem Femur nach hinten verrückt. Diese Bewegungsfreiheit ist als "hintere Schublade" bekannt und behindert gleichfalls die Heilung.

Die von der Erfindung vorgeschlagene Lösung besteht aus einer Wadenpelotte, die eine nach vorne gerichtete Kraft gegen die Tibia entwickelt. Damit wird erreicht, daß das hintere Kreuzband entspannt und die hintere Schublade vermieden wird.

Druckschrift D1 ist spezifisch auf die Heilung des vorderen Kreuzbandes gerichtet, siehe Spalte 1, Zeile 34. Dafür ist eine Verteilung der Kräfte notwendig, die im wesentlichen in entgegengesetzter Richtung wie bei der Erfindung wirken, siehe Spalte 5, ab Zeile 49. Druckschriften D3 und D4 schlagen vor, das Knie durch ein Kissen im Kniekehlenbereich zu stützen. Druckschrift D3 ist ausdrücklich auf die Heilung des vorderen Kreuzbandes gerichtet, siehe Spalte 4, Zeile 41. Ein solches Kissen übt eine undifferenzierte Kraft auf die Tibia und den Femur aus und ist nicht geeignet, die hintere Schublade zu vermeiden.

Die weiteren Dokument des Standes der Technik sind nicht relevant.

Unter diesen Umständen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angegriffene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird auf die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

- Anspruch 1, wie eingereicht mit Brief vom 9. April 2003;

- Ansprüche 2 bis 6, wie ursprünglich eingereicht;

- Beschreibung, Seiten 1 bis 4, wie ursprünglich eingereicht;

- Zeichnungen, Blätter 1/4 bis 4/4, wie ursprünglich eingereicht.

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