T 0473/02 () of 16.9.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T047302.20040916
Datum der Entscheidung: 16 September 2004
Aktenzeichen: T 0473/02
Anmeldenummer: 96910905.7
IPC-Klasse: G08G 1/0968
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Einrichtung zur Information eines Fahrzeugführers
Name des Anmelders: Robert Bosch GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 96 910 905.7, die unter der internationalen Veröffentlichungsnummer WO 96/35199 veröffentlicht wurde, zurückgewiesen worden ist.

II. Der in der angefochtenen Entscheidung angegebene Grund für die Zurückweisung war, daß der Gegenstand des damaligen Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhte. Die angefochtene Entscheidung nannte folgendes Dokument als Stand der Technik:

D1:J. W. M. Biesterbos und F. Zijderhand "SOCRATES: a dynamic car navigation, driver information and fleet management system" veröffentlicht in "Philips Journal of Research", Band 48, Nr. 4, 1995, Seiten 299 bis 313.

III. Die Kammer lud den Beschwerdeführer antragsgemäß zur mündlichen Verhandlung. In einer der Ladung beigefügten Mitteilung wies die Kammer noch auf folgendes Dokument des Standes der Technik hin:

D2: F. Zijderhand und J. W. M. Biesterbos "Functions and applications of SOCRATES: a dynamic in-car navigation system with cellular-radio based bi- directional communication facility" veröffentlicht in "1994 Vehicle Navigation & Information Systems Conference Proceedings", Seiten 543 bis 546.

IV. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 16. September 2004 statt.

Der Beschwerdeführer (Anmelder) beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Beschreibung Seiten 1 und 6 bis 12 gemäß WO 96/35199, Seiten 2, 2A und 3 bis 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

Ansprüche 1 bis 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß WO 96/35199.

V. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Einrichtung zur Information eines Fahrzeugführers, mit einem Navigationssystem, das zur Ermittlung der jeweiligen Position des Fahrzeugs und zur Berechnung von Routenempfehlungen ausgelegt ist, wobei die Routenempfehlungen unter Berücksichtigung von empfangenen und decodierten Verkehrsmeldungen berechnet werden, dadurch gekennzeichnet, dass ein Decoder für digital codierte Verkehrsmeldungen und das Navigationssystem eine bauliche Einheit bilden, und dass eine digitale codierte Straßenkarte und zur Decodierung und Ausgabe der Verkehrsmeldungen an den Benutzer erforderliche Informationen auf demselben Datenträger abgelegt sind."

Die Ansprüche 2 bis 8 sind von dem Anspruch 1 abhängig.

VI. Der Beschwerdeführer argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Die im beantragten Anspruch 1 vorgesehene Ausgabe der Verkehrsmeldungen sei an den Benutzer, d. h. an einen Mensch, gerichtet, wobei nach Anspruch 1 die dafür erforderlichen Informationen auf demselben Datenträger wie eine digitale codierte Straßenkarte abgelegt seien. Dazu sehe Anspruch 1 vor, daß ein Decoder für digital codierte Verkehrsmeldungen und ein Navigationssystem eine bauliche Einheit bilden. Das in den Dokumenten D1 und D2 beschriebene SOCRATES-System sehe ein GSM-Telefon zum Empfang von Verkehrsmeldungen vor, das auf dem Armaturenbrett des Fahrzeugs angebracht sei, sowie ein mit einem CD-ROM-Leser für eine digitale codierte Straßenkarte ausgerüstetes Navigationssystem, das in dem Kofferraum des Fahrzeugs untergebracht sei. Das Telefon und das Navigationssystem des SOCRATES-Systems würden also keine bauliche Einheit bilden. Ein GSM-Telefon enthalte eine SIM-Karte, die in der Lage sei, Verkehrmeldungen zu dekodieren. Es sei daher allenfalls naheliegend, die durch das an dem Armaturenbrett angebrachte GSM-Telefon empfangene Verkehrmeldungen mittels des Telefons selbst zu decodieren und an den Benutzer auszugeben. Es gebe dagegen aus der Sicht des Fachmannes zum Prioritätszeitpunkt keinen Grund, die zur Decodierung und Ausgabe der Verkehrmeldungen an den Benutzer erforderlichen Informationen in der in dem Kofferraum untergebrachten Einheit abzulegen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der derzeitige Anspruch 1 enthält die Merkmale der Ansprüche 1, 2 und 4 wie ursprünglich eingereicht. Aus den Seiten 4 und 5 der ursprünglichen Beschreibung ist weiter ersichtlich, daß die Ausgabe der Verkehrsmeldungen an den Benutzer gerichtet ist. Die Ansprüche 2 bis 8 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 3 und 5 bis 10. Die Dokumente D1 und D2 sind in der Beschreibung genannt und als Stand der Technik gewürdigt worden. Dazu ist die Beschreibung in Einklang mit dem derzeitigen Anspruch 1 gebracht worden. Der Gegenstand der Anmeldung in der derzeitigen Fassung geht also nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, so daß die Änderungen nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen.

3. Die Dokumente D1 und D2 betreffen eine Einrichtung zur Information eines Fahrzeugführers nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. In diesem bekannten, so genannten SOCRATES-System werden zur Dynamisierung der Routenplanung Verkehrsmeldungen mittels eines Telefons, insbesondere eines GSM-Telefons, in dem Fahrzeug empfangen. D2 gibt insbesondere an, daß es sich dabei um RDS-TMC Nachrichten nach dem ALERT-C Protokoll handeln kann. Nach D1 kann das System RDS-TMC Nachrichten an den Fahrzeugsführer ausgeben; D1 gibt aber nicht an, wie und durch welches Teil des SOCRATES-Systems diese Nachrichten an den Benutzer ausgegeben werden. In D1 und D2 werden weder ein Decoder für digital codierte Verkehrmeldungen noch Informationen zur Decodierung und Ausgabe der Verkehrmeldungen an den Benutzer erwähnt.

4.D1 und D2 offenbaren also die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 nicht. Der Gegenstand dieses Anspruchs gilt daher als neu im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ.

5. Sowohl nach D1 als auch nach D2 werden Verkehrmeldungen dem SOCRATES-System mittels eines Telefons, insbesondere eines GSM- Telefons zugeführt, das auf dem Armaturenbrett des Fahrzeugs und daher in der Nähe des Benutzers angebracht ist. Ein GSM- Telefon ist bekanntlich in der Lage, empfangene Daten zu verarbeiten. Die Ausgabe der Verkehrsmeldungen an den Benutzer könnte daher durch dieses schon vorhandene Telefon erfolgen. Im Hinblick auf den zitierten Stand der Technik sieht die Kammer keinen naheliegenden Grund, den für die Ausgabe solcher Meldungen an den Benutzer notwendigen Decoder in das im Kofferraum untergebrachte Navigationssystem zu integrieren, und die dafür erforderlichen Informationen auf demselben Datenträger wie die digitale kodierte Straßenkarte des Navigationssystems abzulegen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich also nicht in naheliegender Weise aus dem zitierten Stand der Technik und gilt daher als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

6. Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 8 gelten über den Anspruch 1 auch als neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung Seiten 1 und 6 bis 12 gemäß WO 96/35199, Seiten 2, 2A und 3 bis 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

Ansprüche 1 bis 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß WO 96/35199.

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