T 0471/02 () of 8.8.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T047102.20020808
Datum der Entscheidung: 08 August 2002
Aktenzeichen: T 0471/02
Anmeldenummer: 97810431.3
IPC-Klasse: F23N 5/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Temperaturmeßvorrichtung
Name des Anmelders: ABB ALSTOM POWER (Schweiz) AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Zurückverweisung an die erste Instanz nach Änderungen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0010/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 97 810 431.3 durch die Prüfungsabteilung.

II. Der angefochtenen Entscheidung lag folgender Wortlaut des Patentanspruchs1 zugrunde:

"Temperaturmessvorrichtung, insbesondere für die Flammentemperaturmessung in einer Gasturbinenbrennkammer, wobei die Temperaturmessvorrichtung eine Anzahl optischer Messsensoren (7) umfasst und wobei jeder optische Messsensor (7) im wesentlichen parallel und/oder koaxial zu einer in die Gasturbinenbrennkammer geführten Brennstoffströmung (5) ausgerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl optischer Messsensoren (7) unmittelbar stromaufwärts einer Flammenfront (8) in einer Vormischzone (3) eines Brenners (1) derart angeordnet ist, dass eine Mehrzahl dieser optischen Messsensoren (7) in der die Vormischzone (3) begrenzenden Wand des Brenners (1) angeordnet sind."

Patentansprüche 2 und 3 waren von Anspruch 1 abhängig.

III. Im Prüfungsverfahren wurde auf die folgenden Dokumente des Recherchenberichts Bezug genommen:

D1: DE-A-4 025 852 und

D2: JP-A-63 040 824 mit englischsprachigem Abstract.

IV. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung läßt sich wie folgt zusammenfassen:

D1 offenbare die Merkmale des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 und auch das erste Merkmal seines kennzeichnenden Teils, da der Ausdruck "unmittelbar stromaufwärts einer Flammenfront" keine klare Unterscheidung zu D1 festlege und nicht ausschließe, daß Elemente, wie eine Zündelektrode (7) in D1, zwischen der Flammenfront und den Meßsensoren angeordnet seien. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von D1 somit nur durch die Anordnung einer Mehrzahl optischer Meßsensoren in der die Vormischzone begrenzenden Wand des Brenners. Aus Gründen, auf die hier nicht näher eingegangen werden muß, stelle dieser Unterschied für den Fachmann nur eine naheliegende bauliche Maßnahme dar.

V. Der Beschwerdeführer hat mit der Beschwerdebegründung neue Patentansprüche 1 bis 9 und eine neue Beschreibungsseite 3 eingereicht. Patentanspruch 1 hat nun folgenden Wortlaut:

"Temperaturmessvorrichtung für die Temperaturmessung in einer Brennkammer, wobei die Temperaturmessvorrichtung eine Anzahl optischer Messensoren (7) umfasst, welche

- unmittelbar stromaufwärts einer Flammenfront (8) in einer Vormischzone (3) eines Brenners (1) angeordnet sind, und

- alle zu der Flammenfront (8) hin ausgerichtet sind,

dadurch gekennzeichnet, dass

- eine Flammentemperatur messbar ist,

- die Brennkammer eine Gasturbinenbrennkammer ist, und

- die numerische Apertur der Messensoren (7) so gross gewählt ist, dass ein kegelförmiges Beobachtungsvolumen eröffnet wird, welches für den Verbrennungsprozess relevante Bereiche der Flammenfront (8) beinhaltet, so dass die Temperaturmessung unbeeinträchtigt ist von lokalen Fluktuationen der Flamme aufgrund von in der Gasturbinenbrennkammer auftretenden thermoakustischen Druckschwingungen."

Die Patentansprüche 2 bis 9 sind von Anspruch 1 abhängig.

VI. Der Beschwerdeführer argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Der geänderte Patentanspruch 1 basiere auf dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1 und sei auf eine Temperaturmeßvorrichtung für die Flammentemperaturmessung in einer Gasturbinenbrennkammer beschränkt worden. Weiter seien das Merkmal, daß alle Meßsensoren zur Flammenfront hin ausgerichtet sind, und das letzte Merkmal des Anspruchs 1 ("die numerische Apertur...") ergänzend hinzugefügt worden. Hingegen sei das Merkmal des ursprünglichen Anspruchs 1 weggelassen worden, daß jeder optische Meßsensor (7) im wesentlichen parallel und/oder koaxial zu einer in die Gasturbinenbrennkammer geführten Brennstoffströmung (5) ausgerichtet ist. Dieses Merkmal sei in der ursprünglich eingereichten Anmeldung, Seite 6, letzter Satz, als optionales Merkmal dargestellt.

D1 offenbare keine Flammentemperaturmessung in einer Gasturbinenbrennkammer. Die Meßsensoren wiesen ein zylinderförmiges Beobachtungsvolumen auf, das nur einen kleinen und für den Verbrennungsprozeß nicht relevanten Bereich der Flammenfront beinhalte. Das reiche in D1 zur Feststellung aus, ob die Flamme brenne oder nicht. Bei einer solchen Vorrichtung würden aber lokale Fluktuationen der Flamme aufgrund von thermoakustischen Druckschwingungen in der Brennkammer die Temperaturmessung stark beeinträchtigen. Die axiale Anordnung der Lichtleitfasern diene in D1 nur dazu, den elektrischen Leiter isolierend dicht zu umhüllen und habe nichts mit einer Maßnahme gegen die Einflüsse thermoakustischer Fluktuationen auf eine Temperaturmessung zu tun.

Bei der vorliegenden Patentanmeldung gehe es um eine genaue und sichere Messung einer Flammentemperatur in einer Gasturbinenbrennkammer. Der Erfinder habe erkannt, daß das Auftreten von thermoakustischen Fluktuationen ein Hauptfaktor für fehlerhafte Flammentemperaturmessungen sei. Durch die unmittelbar stromaufwärts angeordneten und auf die Flammenfront ausgerichteten Meßsensoren sowie die Wahl einer so großen numerischen Apertur, daß ein kegelförmiges Beobachtungsvolumen eröffnet werde, könne die Temperatur unbeeinträchtigt von thermoakustischen Fluktuationen der Flamme gemessen werden.

VII. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der der Beschwerdebegründung beigefügten Unterlagen zu erteilen, hilfsweise die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen und, sollte auch dem Hilfsantrag nicht entsprochen werden, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA ist das Verfahren vor den Beschwerdekammern auch im Ex-parte-Verfahren primär auf die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung abgestellt. Bei der Ausübung des Ermessens der Beschwerdekammer, ob sie die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverweist (Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ), ist unter anderem abzuwägen, ob noch weitere Ermittlungen anzustellen sind und ob sich der Sachverhalt gegenüber dem angefochtenen Beschluß erheblich geändert hat. Wenn im Beschwerdeverfahren wesentliche Änderungen zu den Ansprüchen vorgeschlagen worden sind, die eine weitere Sachprüfung erforderlich machen, so ist die Sache in der Regel an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen (siehe G 10/93, ABl. EPA 1995, 172, Punkte 4 und 5; "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 4. Auflage 2001, Abschnitte VII.D.9, Seiten 602 und 603 und VII.D.14.4, Seite 623).

3. Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall mit der Beschwerdebegründung Änderungen der Patentansprüche vorgelegt, die zu einer erheblichen Änderung des Sachverhalts gegenüber dem Sachverhalt führen, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag. Denn es sind Merkmale des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Patentanspruchs 1 gestrichen worden, die auf die räumliche Anordnung der Meßsensoren abstellen, und durch Merkmale ersetzt worden, die auf die Ausgestaltung der Meßsensoren zur Messung der Flammentemperatur in einer Gasturbinenbrennkammer unabhängig von Fluktuationen der Flamme abzielen.

3.1. Das Merkmal "dass eine Mehrzahl dieser optischen Messsensoren (7) in der die Vormischzone (3) begrenzenden Wand des Brenners (1) angeordnet sind" ist nicht mehr im geänderten Patentanspruch 1 enthalten, sondern Gegenstand des abhängigen Patentanspruchs 6. Mit dem Wegfall dieses Merkmals ist die Begründung mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber der Lehre der D1 in der angefochtenen Entscheidung gegenstandslos geworden, da es als einziges Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem in D1 offenbarten Stand der Technik angesehen worden war.

3.2. Das Merkmal "wobei jeder optische Messsensor (7) im wesentlichen parallel und/oder koaxial zu einer in die Gasturbinenbrennkammer geführten Brennstoffströmung (5) ausgerichtet ist" war schon im Patentanspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung enthalten und wurde ebenfalls gestrichen.

3.3. Neu hinzugekommen sind im wesentlichen die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1, die eine bestimmte Wahl einer numerischen Apertur der Meßsensoren zur Erzielung eines kegelförmigen Beobachtungsvolumens durch funktionelle Merkmale festlegen, sowie die Ausrichtung der Sensoren zur Flammenfront im Oberbegriff.

3.4. Nach der Darstellung von Aufgabe und Lösung in der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung (Seite 3, letzter Absatz bis Seite 4, Absatz 2; Seite 5, Absatz 2; Seite 6, Absatz 2) tragen sowohl die besondere räumliche Anordnung der Meßsensoren ("unmittelbar stromaufwärts einer Flammenfront") als auch eine bestimmte numerische Apertur und ein kegelförmiges Beobachtungsvolumen dazu bei, daß die ganze Flammenfront erfaßt und die Temperatur der Flamme unabhängig von ihren Fluktuationen gemessen werden kann.

3.5. Die Ausgestaltung der Meßsensoren hinsichtlich Apertur und Beobachtungsvolumen für eine sichere Messung der Flammentemperatur in einer Gasturbinenbrennkammer haben in der angefochtenen Entscheidung keine Rolle gespielt und sind auch in D1 nicht offenbart.

4. Es liegt somit ein erheblich geänderter Sachverhalt vor. Einerseits sind wesentliche Änderungen gemacht worden, die auf ihre Zulässigkeit zu prüfen sind. Andererseits stellt sich auch die Frage, ob weiterer Stand der Technik, z. B. D2 (siehe Abstract und Figur 1), einer Erteilung eines Patentes im Wege steht. Denn in D2 geht es um eine Bestimmung der Flammentemperatur, bei der Licht (innerhalb eines anscheinend kegelförmigen Beobachtungsvolumens) von der Flamme eines Brenners an ein Spektroskop weitergeleitet wird (vgl. Seite 6, Absatz 3, der vorliegenden Anmeldung). Da diesbezüglich noch weitere Ermittlungen anzustellen sind (eventuell eine Übersetzung der Japanischen Patentanmeldung D2) und um dem Beschwerdeführer gegebenenfalls eine Beurteilung durch zwei Instanzen zu ermöglichen, hat die Kammer die Bearbeitung dieses Falls vorgezogen und macht von ihrer Befugnis einer Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

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