T 0331/02 () of 23.6.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T033102.20030623
Datum der Entscheidung: 23 Juni 2003
Aktenzeichen: T 0331/02
Anmeldenummer: 94112005.7
IPC-Klasse: B03B 5/60
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Trennung eines feinkörnigen Feststoffes in zwei Kornfraktionen
Name des Anmelders: HOSOKAWA ALPINE Aktiengesellschaft & Co. OHG
Name des Einsprechenden: OMYA GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 111
Schlagwörter: Entscheidung über die Beschwerde
Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit - rückschauende Betrachtungsweise
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0009/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2002 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 638 365 zurückgewiesen, wobei die schriftliche Entscheidung am 7. Februar 2002 erging.

II. Gegen vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Einsprechende - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 26. März 2002 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 10. April 2002 begründet.

III. Auf die vorbereitende Mitteilung der Kammer, in der diese den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sachlage zur Kenntnis brachte, hat die Patentinhaberin, - nachfolgend Beschwerdegegnerin - mit Eingabe vom 16. Mai 2003, eingegangen am 21. Mai 2003, neue Ansprüche 1 und 2 vorgelegt.

IV. Anspruch 1 hat nachfolgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Trennung eines feinkörnigen Feststoffes in ein Feingut und ein Grobgut bei dem der feinkörnige Feststoff in einer tropfbaren Flüssigkeit dispergiert ist, wobei das Grobgut in einem rotierenden Strömungsfeld nach außen und das Feingut in einer Senkenströmung nach innen wandert, dadurch gekennzeichnet, dass die Dispersion in eine definierte Senkenströmung mit überlagerter, unabhängig von der Senkenströmung erzeugter Rotationsströmung gezwungen wird und die Trennkorngröße zwischen Feingut und Grobgut durch Wahl des Verhältnisses der Geschwindigkeiten von Senken- und Rotationsströmung, nämlich durch Veränderung der Zulaufmenge der Aufgabegutdispersion einerseits und durch Veränderung der Drehgeschwindigkeit der Rotationsströmung andererseits, eingestellt wird."

V. Auf der Basis vorgenannter Ansprüche 1 und 2 fand am 23. Juni 2003 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die Parteien im wesentlichen folgende Argumente vortrugen und zwar auf der Basis der

(D1 - A2) EP-A2-0 355 285;

(D5) Kellerwessel, Haus, Lehrbuch "Aufbereitung disperser Feststoffe: mineralische Rohstoffe, Sekundärrohstoffe, Abfälle" erschienen im VDI-Verlag Düsseldorf, 1991, Seiten 78 bis 81;

(D6) "IFPRI - Report" on Classification of particles in gases, Prof. Dr. -Ing. K. Leschonski, Clausthal, Mai 1981, Seiten 1.1, 1.2, 4.63, bis 4.66 und

(D7) "Aufbereitungs-Technik", Nr. 4, 1965, Seiten 213 und 214

- (D5) bis (D7) von der Beschwerdeführerin mit Fax vom 18. Juni 2003 vorgelegt und von der Kammer zum Verfahren zugelassen.

a) Beschwerdeführerin:

- der Einspruch sei zwar nur gegen die erteilten Ansprüche 1 und 2 gerichtet gewesen, es sei aber in das Ermessen der Kammer gestellt worden auch über die erteilten Ansprüche 3 bis 12 (Vorrichtungsansprüche) zu befinden;

- Anspruch 1 sei nicht zutreffend gegen (D1 - A2) abgegrenzt und durch sein Merkmal "nämlich durch ..." nicht knapp gefasst;

- grundsätzlich sei das Einstellen der Trennkorngröße vorbekannt, z. B. aus (D1 - A2), wobei zu berücksichtigen sei, daß allein die Veränderung eines Parameters zu einer Veränderung des Verhältnisses der beiden Parameter untereinander führe;

- vom Prinzip her sei Anspruch 1 nichts anderes als die Balance zweier Einflußgrößen, nämlich der Zentrifugalwirkung und weiter der Schlepp/Strömungskraft, die beide bei fachmännischer Auslegung der (D1 - A2) Stand der Technik seien, wobei es auf der Hand liege, daß über den Aufgabedruck eine Mengenregelung des zugeführten Substrates möglich sei;

- selbst wenn (D1 - A2) nicht als neuheits-schädlicher Stand der Technik anerkannt werden könne, sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht patentfähig, da er im Lichte des fachmännischen Wissens nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, wie ergänzend aus (D5) bis (D7) erhelle, die zwar Windsichter beträfen, aber mit Blick auf (D7), vgl. Formel auf Seite 214 rechts unten, dem Fachmann klar sei, daß es über diese Formel eine Brücke zwischen gasförmigen und flüssigen Medien gebe und daß letztendlich das Beanspruchte und der Stand der Technik auf den gleichen physikalischen Gesetzmäßigkeiten beruhten;

- im übrigen zähle in einer Entgegenhaltung nicht nur das direkt Offenbarte, sondern auch das, was sich dem Fachmann implizit eröffne, z. B. daß über den Druck des Aufgabemediums sich dessen Menge regeln lasse und im weiteren Sinne auch die Senkenströmung und die gewünschte Trenngrenze;

- zur Beschreibung der Streitpatentschrift sei festzuhalten, daß sie im Zusammenhang mit den geltenden Ansprüchen 1 und 2 nicht den Erfordernissen des EPÜ entspreche.

b) Beschwerdegegnerin:

- in Übereinstimmung mit der Entscheidung G 0009/91 seien nur die Verfahrensansprüche (erteilte Ansprüche 1 und 2) auf ihren Rechtsbestand zu überprüfen;

- zu den vorgenannten Druckschriften (D5) bis (D7) sei festzuhalten, daß sie Windsichter beträfen und allein deshalb für den Fachmann, der sich mit der Trennung von fest/flüssig befasse, irrelevant seien;

- die Neuheit sei somit nur im Hinblick auf (D1 - A2) zu prüfen; in dieser Druckschrift sei ein Förderdruck des Aufgabemediums nur dazu da, den Widerstand des Systems "Separator" zu überwinden, nicht aber als Mittel zur Variation der Trenngrenze über eine veränderbare Senkenströmung erkannt worden; das Beanspruchte sei somit neu;

- zur Frage der erfinderischen Tätigkeit könnten (D5) bis (D7) keinen Beitrag leisten, da ihnen ein flüssiges Trägermedium fremd sei und für den Fachmann bei Berücksichtigung aller Unterschiede hinsichtlich eines gasförmigen und eines flüssigen Mediums sich ein Austausch dieser Medien verbiete;

- im Gegensatz zu (D5) bis (D7) sei bei einem flüssigen Medium das Ergebnis vorhersehbar, dergestalt, daß die Senkenströmung in Abweichung des Bekannten über die Zulaufmenge des zu trennenden Gutes zu verändern sei, was zu einer veränderbaren Trenngrenze führe; zumindest der Beitrag des Aufgabedruckes, der über den bloßen Strömungswiderstand hinausgehe, sei im gesamten zu berücksichtigenden Stand der Technik nicht offenbart, so daß das Beanspruchte neu und erfinderisch sei, weil sich dem Fachmann nunmehr eine Kurvenschar anstelle einer einzigen Kurve eröffne.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 638 365.

VII. Die Beschwerdegegnerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben, und das Patent auf der Basis der am 21. Mai 2003 eingereichten Ansprüche 1 und 2 aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Umfang der Beschwerde

2.1. Wie schon in der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK mitgeteilt wurde, verbieten die Grundsätze der Entscheidung G 0009/91 (ABl. EPA 1993, 408) eine Prüfung der Beschwerde, die über den Umfang dessen hinausgeht, was Sache der Einspruchsschrift ist. In dieser wurde das Streitpatent nur im Umfang der erteilten Ansprüche 1 und 2 angegriffen und damit auch der Beschwerdeumfang festgelegt.

Der erteilte Anspruch 3 ("Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2...") ist im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdeführerin als unabhängiger Anspruch zu bewerten. Da er als solcher im Einspruchsverfahren seitens der Beschwerdeführerin nicht angegriffen worden ist, ist in Anwendung der in der Entscheidung G 0009/91 entwickelten Grundsätze seine Diskussion im Beschwerdeverfahren nicht zulässig.

2.2. Wenn die Beschwerdeführerin im gegebenen Fall es in das Ermessen der Kammer stellt, auch die erteilten Ansprüche 3 bis 12 (Vorrichtungsansprüche) zu prüfen, läßt sie die Bindungswirkung der Kammer, die ihr die Entscheidung G 0009/91 auferlegt, außer Betracht.

2.3. Zusammenfassend ist seitens der Kammer zu befinden, daß die Beschwerde von ihrer Seite aus auf den Umfang der Verfahrensansprüche (Ansprüche 1 und 2) beschränkt wird, da für eine andere Entscheidung keine Basis aus G 0009/91 herleitbar ist.

3. Änderungen

3.1. Die Änderung des Anspruchs 1 gegenüber seinem erteilten Vorgänger resultiert aus der Anfügung "nämlich durch Veränderung der Zulaufmenge ... und durch ... eingestellt wird."

3.2. Diese Hinzufügung ist aus der Sicht des Artikels 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden, weil aus den Ursprungsunterlagen gleichbedeutend mit EP-A2-0 638 365, vgl. Spalte 2, Zeilen 44 bis 46 und 52/53, herleitbar ist, sowohl die Zulaufmenge der Aufgabedispersion einzustellen ("werden ... durch die Zulaufmenge der Aufgabedispersion bestimmt, die über die ... Speisepumpe eingestellt wird."), als auch die Drehgeschwindigkeit des Rotors (Rotationsströmung) einzustellen ("Die Umfangsgeschwindigkeit kann ... allein über die Drehzahl eingestellt werden").

3.3. Die Anfügung des geltenden Anspruchs 1 verstößt auch nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ, da sie gegenüber dem erteilten Anspruch 1 einschränkender Art ist.

3.4. Der Einwand der Beschwerdeführerin bezüglich der Anfügung, daß er nicht klar und knapp sei, ist sachlich nicht gerechtfertigt, da die Anfügung für den Fachmann eine klare und mit Blick auf den erteilten Anspruch 1 weitergehende technische Anweisung zum Handeln zum Ausdruck bringt (Artikel 84 EPÜ).

4. Stand der Technik

Der seitens der Beschwerdeführerin als Reaktion auf die gegenseitige Eingabe vom 16. Mai 2003 vorgelegte Stand der Technik (D5) bis (D7) wurde in der mündlichen Verhandlung förmlich zum Verfahren zugelassen, so daß sich die Verhandlung im Rahmen von (D1 - A2), (D5), (D6) und (D7) bewegte.

4.1. Nächstkommender Stand der Technik ist (D1 - A2), die nach Überzeugung der Kammer zwar einen Hinweis auf den Aufgabedruck des zu trennenden Gutes enthält, vgl. Spalte 3, Zeilen 25 bis 29 und den Klammerausdruck "1 bis 10 barü", die aber an anderer Stelle, vgl. Spalte 4, Zeile 57 bis Spalte 5, Zeile 2, dem unvoreingenommenen Fachmann, der die Erfindung nicht kennt, die klare Lehre gibt, daß die geeignete Rotationsgeschwindigkeit der Parameter ist, der die gewünschte Trennwirkung in weiten Grenzen einstellbar macht.

Gegen die Abgrenzung des Anspruchs 1 gegenüber (D1 - A2) ist somit nichts einzuwenden (Regel 29 (1) a) EPÜ) und dieser Einwand der Beschwerdeführerin in der Sache nicht begründet, weil bei Fehlen einer Zulaufmengenregelung über den Druck im Stand der Technik

a) ein bestimmtes Verhältnis von Senken- und Rotationsströmung nicht einstellbar ist und

b) eine Zulaufmengenregelung unabhängig von der Rotationsströmung nicht möglich ist.

Damit einher gehen Beschränkungen und Unzulänglichkeiten bezüglich der Trenngrenze und des Trennspektrums.

4.2. Gemäß Spalte 1, Zeile 57 bis Spalte 2, Zeile 4 der Streitpatentschrift liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Trennung eines feinkörnigen Feststoffes in ein Feingut und ein Grobgut anzugeben, die in wirtschaftlicher Weise eine scharfe Trennung insbesondere im Korngrößenbereich unterhalb von etwa 10 µm ermöglichen.

4.3. Diese gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik verbleibende Aufgabe ist mit den Merkmalen des geltenden Anspruchs 1 gelöst.

Wie die Streitpatentschrift in Spalte 2, Zeilen 9 bis 18 hierzu weiter ausführt, liegen zwei unabhängig einstellbare Parameter vor, einerseits die Senkenströmung (beeinflußbar gemäß Spalte 3, Zeilen 22 bis 26 der Streitpatentschrift über den Druck/ die Förderleistung der Speisepumpe) und andererseits die Rotationsströmung (beeinflußbar gemäß Spalte 3, Zeilen 17 bis 19 der Streitpatentschrift über die verstellbare Drehzahl des Abweiserades/Rotors).

4.4. Damit wird erreicht, daß die Trenneinrichtung nicht nur mit einer einzigen Kennlinie von Trennkorngröße und Rotordrehzahl betreibbar ist, sondern daß eine Kurvenschar basierend auf einstellbaren Zulaufvolumenströmen nutzbar ist, vgl. hierzu die Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 16. Mai 2003, insbesondere Seite 3 und oberes/unteres Diagramm, die die erzielbare Wirkung des gemäß Anspruch 1 beanspruchten Verfahrens verdeutlichen. Es folgt, daß die Trenngrenze in weiten Grenzen einstell - und daß das Trennspektrum gezielt eingrenzbar ist.

4.5. Es ist nun noch zu untersuchen, ob der hier vorliegende Stand der Technik gemäß (D1 -A2), (D5), (D6) und (D7) das Beanspruchte nahezulegen vermag oder nicht:

4.6. Wie vorstehend bereits ausgeführt wurde, ist beim Gegenstand der (D1 - A2) das Trennergebnis einzig und allein über die Variation der Rotationsgeschwindigkeit veränderbar, vgl. Spalte 3, Zeile 57 bis Spalte 4, Zeile 2, was gleichbedeutend ist mit einer einzigen nutzbaren Kennlinie und ihren vorstehend ausgeführten Auswirkungen auf die Trenngrenze und das erzielbare Trennspektrum.

4.7. Im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdeführerin kann aus dem Abschnitt gemäß Spalte 3, Zeilen 25 bis 29 der (D1 - A2) ohne Kenntnis der Erfindung nicht hergeleitet werden, daß deren Trenneinrichtung mit einer variablen Aufgabenmenge zu betreiben wäre; vielmehr kann aus dem zitierten Abschnitt der (D1 - A2) nur abgeleitet werden, daß es sich hierbei um eine einmalige Druckeinstellung handelt, die alle Strömungswiderstände der Trenneinrichtung kompensiert und einen Fluß des Aufgabegutes überhaupt initiert.

4.8. (D1 - A2) in seinem tatsächlichen Offenbarungsinhalt berücksichtigend konnte den Fachmann damit nicht auf das beanspruchte Verfahren hinlenken, was bereits für sich ein wesentliches Beweisanzeichen dafür ist, daß die Schaffung des beanspruchten Verfahrens erfinderischen Zutuns bedurfte, zumal der weiter zu berücksichtigende Stand der Technik gemäß (D5) bis (D7) - die allesamt Windsichter betreffen - gattungsfremd ist, weil es sich nicht um die Trennung von fest/flüssig handelt.

4.9. Es ist für die Kammer glaubhaft, daß ein Fachmann , der vor der Lösung der gestellten Aufgabe der Erfindung steht, sich nicht den Windsichtern gemäß (D5) bis (D7) zuwenden würde, weil die Medien - beansprucht flüssiges Trägermedium, bekannt luft/gasförmiges Trägermedium - gegen einen bloßen Austausch sprechen, da sie in vieler Beziehung verschieden sind. Die Beschwerdeführerin verwies in diesem Zusammenhang zutreffend auf die Fragen der unterschiedlichen Kompressibilität, Potentialströmung, Kavitation und der Wirbelbildung (laminare oder turbulente Strömung), die allesamt gegen einen naheliegenden Austausch des Trägermediums und eine Übertragbarkeit der Lehren von einem auf das andere Trägermedium sprechen.

4.10. Mit Verweis auf die in (D7) angegebene Formel zur Trennkorngröße, vgl. Seite 214 rechts unten, in welcher Formel auch die Zähigkeit des Trägermediums eingehe, hat die Beschwerdeführerin den Versuch eines Brückenschlages zwischen flüssigen und gasförmigen Trägermedien unternommen, dabei aber aus dem Klammerausdruck "meist Luft" den unzulässigen Kontrapunkt "flüssig" anstelle von "gasförmig" gesetzt und dabei den Gesamtzusammenhang dieser Literaturstelle, nämlich Windsichter, unberücksichtigt gelassen.

4.11. Es kann somit zusammengefasst werden, daß es bekannt und naheliegend war, die Trenngrenze durch Variation eines Parameters - nämlich der Drehgeschwindigkeit des Rotors/Abweiserades - zu verändern. Es ist zutreffend, daß bei einer Verhältnisangabe zweier Größen bereits die Veränderung einer Größe auf die Verhältnisangabe ausstrahlt. Das alles ist aber nicht das was der geltende Anspruch 1 unter Schutz stellt, weil er in beide Parameter der Verhältnisangabe verändernd eingreift und zwar ohne nacharbeitbares Vorbild aus dem einschlägigen, vom befassten Fachmann berücksichtigten Stand der Technik. Das beanspruchte Verfahren gemäß Anspruch 1 ist damit neu und erfinderisch und dieser unabhängige Anspruch dazu angetan, den Rechtsbestand insgesamt zu sichern.

4.12. Die Überlegungen der Beschwerdeführerin vorgetragen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer sind nicht dazu angetan, den Rechtsbestand des Streitpatentes in seiner geltenden Fassung in Frage zu stellen, da sie durchweg rückschauender Art sind:

Die erfinderische Leistung des beanspruchten Verfahrens läßt sich nicht reduzieren auf die Abwägung zweier Einflußgrößen, nämlich Zentrifugalwirkung und Wirkung der Schlepp/Strömungskraft auf das Aufgabegut, die bei Trennanlagen insgesamt als bekannt vorauszusetzen ist.

Die Erfindung erschöpft sich nicht in der Umsetzung vorgenannter physikalischer Grundsätze, sondern bietet mit der Nutzbarmachung zweier unabhängig einstellbarer Parameter - Rotation und Förderdruck/menge des Aufgabegutes - eine vom Vorbekannten abweichende Technologie mit entsprechender Wirkung an, indem sie erkannt hat, daß über den Druck einerseits die Systemwiderstände der Vorrichtung überbrückbar sind, andererseits aber eine vorhersehbare Veränderung der Senkenströmung erzielbar ist, die ausstrahlt auf das Trennergebnis, wie Trenngrenze und Trennspektrum. Die gezielte Veränderung der Senkenströmung bei der Trennung fest/flüssig ist ohne Kenntnis der Erfindung dem vorliegenden Stand der Technik nicht direkt entnehmbar und auch durch den Verweis auf physikalische Zusammenhänge nicht nahegelegt, vielmehr das Ergebnis erfinderischen Zutuns und damit unter Schutz zu stellen.

4.13. Der abhängige Verfahrensanspruch (Anspruch 2) betrifft eine Weiterbildung der erfindungsgemäßen Verfahrenslehre und ist als solcher ebenfalls rechstbeständig.

4.14. Dies gilt auch für die erteilten, nicht angegriffenen Ansprüche 3 bis 12 (Vorrichtungsansprüche), so daß insgesamt ein gewahrbäres Schutzbegehren vorliegt.

4.15. Auf Antrag der Beschwerdegegnerin hat die Kammer die Beschreibung und Zeichnung gemäß der Streitpatentschrift der Aufrechterhaltung des Patents in beschränktem Umfange zugrundegelegt, zumal die Beschreibung nicht im Widerspruch zum Beanspruchten steht und die wesentlichen Erfordernisse des EPÜ erfüllt. Der Einwand der Beschwerdeführerin, daß die Beschreibung nicht klarstelle was die Erfindung ausmache, ist fehl am Platze, da zunächst kein Widerspruch zwischen Beanspruchtem und der Beschreibung/Zeichnung des Streitpatentes vorliegt und zu berücksichtigen ist, daß das Prüfungs- und Erteilungsverfahren längst abgeschlossen ist und es vorliegend nur noch um die Frage des Rechtsbestandes des Streitpatentes auf der Basis der geltenden Ansprüche 1 und 2 geht, nicht aber um die Neugestaltung der Beschreibung wie im Erteilungsverfahren.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 und 2 eingereicht am 21. Mai 2003

- ansonsten Ansprüche 3 bis 12, Beschreibung und Figuren, wie erteilt.

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