European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T030902.20030911 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 September 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0309/02 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96120679.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | E04G 11/06 E02D 5/18 E02D 27/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Schalungselement | ||||||||
Name des Anmelders: | Fischer, Willibald | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (anerkannt) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung einer Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts, zur Post gegeben am 19. Juni 2001, mit der die europäische Patentanmeldung 96 120 679.4 (EP-A-0 789 116) wegen fehlender Neuheit des Gegenstands des am 28. Februar 2000 eingereichten Anspruchs 1 im Hinblick auf die Entgegenhaltung D5 (FR-A- 2. 616 040) zurückgewiesen worden ist. Der Anmelder, nachfolgend der Beschwerdeführer, legte die Beschwerde am 29. September 2001 ein, zahlte am gleichen Tag die Beschwerdegebühr, und reichte am 29. Oktober 2001 die Beschwerdebegründung ein.
II. Mit dieser Begründung legte er einen neuen Satz von dreizehn Ansprüchen vor.
Anspruch 1 dieses Satzes hat folgenden Wortlaut:
"Schalungselement (1,10) für verlorene Schalungen im Betonbau, mit einer Halteeinrichtung (3,13) aus Metall, an der eine betonhaltende Wandausbildung aus Metall befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Wandausbildung durch eine Vielzahl von im wesentlichen parallelen Abdeckstäben (2) aus Metall gebildet ist, die an der Halteeinrichtung (3,13) aus Metall befestigt und durch die Halteeinrichtung in einem auf die Betonqualität abgestimmten, betonhaltenden Abstand (a) zueinander gehalten sind."
III. Während des Verfahrens vor der Vorinstanz wurden zusätzlich zu D5 folgende Entgegenhaltungen genannt:
D1: FR-A-567 031
D2: FR-A-2 388 944
D3: CH-A-191 780
D4: FR-A-2 625 525
D6: DE-U-90 05 482
IV. Am 11. September 2003 fand eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer eine neue Beschreibung vorlegte.
V. Der Beschwerdeführer brachte folgende Argumente vor:
Für eine Schalung sei es wichtig, zumindest eine Wandausbildung zum Zurückhalten des flüssiges Betons aufzuweisen und eine sehr gute Festigkeit zu haben, um dem Betondruck zu widerstehen.
Wegen seiner Größe und der vorstehenden Merkmale einer Schalung sei ein Käfigboden für Tiere nicht für ein Schalungselement einsetzbar; die D5 zeige, daß weder der Abstand zwischen den parallelen Abdeckstäben betonhaltend sei, noch die Halteeinrichtung dem Betondruck widerstehe. Deshalb könne D5 nicht neuheitsschädlich sein.
Im Stand der Technik werde bis jetzt ein Gitter oder eine Streckmetalltafel für die Wandausbildung einer Schalung verwendet. Beide seien relativ instabil und leisteten keine ausreichende Unterstützung. Der neue Weg der vorliegenden Erfindung bestehe darin, eine Halteeinrichtung wie üblich vorzusehen, jedoch die Abdeckeinrichtung nur durch parallele Abdeckstäbe herzustellen und diese direkt auf der Halteeinrichtung zu befestigen. Diese Idee sei dem Stand der Technik nicht zu entnehmen.
VI. Der Beschwerdeführer beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 13, eingegangen am 29. Oktober 2001;
- Beschreibung, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
- Figuren 1 bis 3 gemäß den ursprünglichen Unterlagen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulässigkeit der Änderungen
Der geltende Anspruch 1 unterscheidet sich im wesentlichen von der ursprünglichen Fassung, abgesehen von der zweiteiligen Form, durch die zusätzlichen Merkmale, daß die Wandausbildung sowie die Halteeinrichtung aus Metall bestehen und daß die Wandausbildung, nämlich die Abdeckstäbe, an der Halteeinrichtung befestigt ist/sind. Diese Merkmale haben eine Basis u. a. in den ursprünglichen abhängigen Ansprüchen 4, 9 und 13. Die verbleibenden abhängigen Ansprüche sind inhaltlich unverändert und nur, soweit nötig, umnumeriert worden. In der neuen Beschreibung, die an die geltenden Ansprüche angepaßt worden ist, ist weiterhin der Stand der Technik nach D1 bis D4 und D6 gewürdigt worden.
Die Änderungen sind deshalb zulässig (Artikel 123 (2) EPÜ).
3. Neuheit
3.1. Entgegenhaltung D5.
Die Entgegenhaltung D5, die nach der angefochtenen Entscheidung neuheitsschädlich ist, betrifft einen Käfigboden für Tiere, insbesondere für die Batteriehaltung erwachsener Kaninchen. Der Boden ist durch eine Vielzahl von parallelen Metall- oder Kunststoffstäben ausgebildet, die durch eine Halteeinrichtung in Form von rechtwinklig zu diesen Stäben verlaufenden Haltestäben aus Metall oder Kunststoff miteinander verbunden und in einem bestimmten Abstand zwischen 9 und 15 mm zueinander gehalten sind. Die Bodenstäbe werden mit den Haltestäben verschweißt. Der Abstand zwischen den Haltestäben liegt zwischen 7 und 30 cm und ist somit größer als der Abstand der Bodenstäbe. Weil die in D5 angegebenen Durchmesser der Stäbe und die vorstehenden Abstände innerhalb der in der Beschreibung der vorliegenden Patentanmeldung angegebenen Wertebereiche liegen, war die Vorinstanz der Ansicht, daß der Käfigboden betonhaltend sei und somit als verlorenes Schalungselement verwendet werden könne.
Dieser Ansicht kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:
In der Beschreibung der D5 wird angegeben, daß der Abstand zwischen den Bodenstäben so gewählt wird, daß der Kot der Tiere hindurchfällt. Ferner muß der Käfigboden nur an ausgewachsene Kaninchen angepaßt werden, die zwischen 4 und 5 kg wiegen. Die Zahl der Bodenstäbe und der Haltestäbe kann auch innerhalb der angegebenen Wertbereiche entsprechend der gewünschten Festigkeit des Käfigs und dem Wohlbefinden der Tiere variiert werden.
Solche Kriterien weichen von denjenigen eines Schalungselements ab, insbesondere von den wesentlichen Merkmalen bzw. Vorraussetzungen einer Schalung nach der vorliegenden Erfindung, nämlich dem betonhaltenden Abstand der Abdeckstäbe und dem bei allen Schalungen notwendigen dem Betondruck entgegengesetzten Widerstand, der bei der vorliegenden Erfindung durch einen geeigneten Durchmesser der Stäbe und/oder eine geeignete Festigkeit der Halteeinrichtung gewährleistet wird. Bei dem Käfigboden nach D5, der einem ganz anderen Zweck als einer Schalung dient, gibt es keinen Nachweis, daß diese beiden Vorrausetzungen gleichzeitig erfüllt sind.
Bereits der Vergleich der angegebenen Wertbereiche läßt daran zweifeln: so ist anzumerken, daß die bevorzugten Wertbereiche für den Abstand der Abdeckstäbe und ihre Durchmesser gemäß der vorliegenden Erfindung außerhalb der entsprechenden, in D5 angegebenen Wertbereiche, genauer gesagt unter diesen liegen, so daß üblicherweise für eine bestimmte Breite der Abdeckeinrichtung mehr Stäbe bei der vorliegenden Erfindung eingesetzt werden müssen als beim Käfigboden nach D5. Während in D5 die Durchmesser der Abdeckstäbe zwischen 5 und 12 mm liegen, geht aus der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung hervor, daß der Durchmesser der Abdeckstäbe üblicherweise bei 3 bis 5 mm liegt und nur, wenn eine zusätzliche, besonders wirksame Bewehrung erreicht werden soll, bis auf 12 mm (Durchmesser der üblichen Bewehrungsstäbe) steigen kann. Das heißt, in den meisten Fällen sind die Abstände der Abdeckstäbe sowie ihre Durchmesser bei der vorliegenden Erfindung außerhalb der Wertbereiche nach D5.
Sollte unter besonderen Umständen ein Käfigboden nach D5 baulich mit dem Schalungselement gemäß Anspruch 1 der vorliegenden Patentanmeldung übereinstimmen, wäre es ein Zufall, vgl. T 161/82, ABl 1984, 551.
Deshalb ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß D5.
3.2. Der weitere Stand der Technik
D1 betrifft einen Putzträger, der in einer vertikalen Lage zum Herstellen von Wänden eingesetzt wird und aus einer Vielzahl von Holzlatten besteht, die durch Drähte in einem bestimmten Abstand zueinander gehalten werden. Solche Putzträger haben nicht die oben erwähnte, notwendige Festigkeit eines Schalungselements und sind somit nicht mit Schalungen vergleichbar.
Das Schalungselement nach D2 besteht aus zwei Gittern, einem feinmaschigen Gitter, das als betonhaltende Wandausbildung dient, und einem grobmaschigen Gitter als Halteeinrichtung. Das feinmaschige Gitter ist durch ein Maschendrahtgewebe ausgebildet, und nicht durch Stäbe wie bei der vorliegenden Erfindung.
Das gleiche gilt für die Bauelemente nach D3, D4 und D6, die Schalungsfunktionen haben: Die Wandausbildungen bestehen aus einem vorgefertigten Draht- oder Streckmetallgitter, und nicht aus Stäben.
Gegenüber der Offenbarung des der Kammer vorliegenden Stands der Technik ist daher der Gegenstand des Anspruchs 1 neu (Artikel 52 und 54 EPÜ).
4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Die Schalungsplatte nach D6 bildet den nächstkommenden Stand der Technik, insbesondere, weil die dort zu lösende Aufgabe, nämlich eine einfache Herstellung der Schalung, dieselbe ist wie bei der vorliegenden Erfindung. Bei der Schalung nach D6 besteht die Halteeinrichtung aus einer Mehrzahl parallelliegender Querstäbe aus Stahl, an welchen die als Wandausbildung vorgesehenen Streifen aus Waffelblech oder feinmaschigem Streckmetall befestigt sind. Durch diese Befestigung werden die Querstäbe im vorbestimmten Abstand zueinander gehalten. Die Herstellung dieses Schalungselements bleibt jedoch aufwendig, da die Handhabung und Bevorratung der relativ großen Blechplatten bzw. -rollen umständlich ist.
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein preisgünstig und einfach herzustellendes, voll funktionsfähiges Schalungselement zu schaffen und ein Verfahren zu seiner Herstellung aufzuzeigen. Diese Aufgabe wird durch das Schalungselement nach Anspruch 1 gelöst. Mit Abdeckstäben ist es einfacher umzugehen als mit Blechen, und daher ist eine automatische Vorrichtung zum Herstellen des beanspruchten Schalungselements einfacher bereitzustellen.
Wie der bereits oben untersuchte Stand der Technik zeigt, wurden vor dem Prioritätstag der vorliegenden Patentanmeldung vorgefertigte Gitter für die Wandausbildung von Schalungen vorgesehen. Keiner der vorliegenden Entgegenhaltungen ist ein Hinweis zu entnehmen, der den Durchschnittsfachmann auf den Gedanken bringen könnte, daß es ausreicht, nur einen Abstand betonhaltend zu gestalten, und daß dies durch eine Vielzahl paralleler Stäbe zu verwirklichen ist, die, ohne vorher zu einem Gitter zusammengestellt zu werden, direkt von der Halteeinrichtung auf diesem Abstand gehalten werden.
5. Aus diesem Grund beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
Die Ansprüche 2 bis 10 betreffen Weiterbildungen des Gegenstands des Anspruchs 1, während sich die Ansprüche 11 bis 13 auf ein Verfahren zum Herstellen eines Schalungselements nach einem der Ansprüche 1 bis 10 beziehen. Bei diesem Verfahren werden nach Anspruch 11 die Abdeckstäbe parallel und im Abstand zueinander einer Punktschweißstation zugeführt und mit der Halteeinrichtung verschweißt, so daß derselbe Erfindungsgedanke verwirklicht wird. Deshalb sind alle Ansprüche 2 bis 13 patentfähig.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, eine Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 13, eingegangen am 29. Oktober 2001;
- Beschreibung, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
- Figuren 1 bis 3 gemäß den ursprünglichen Unterlagen.