T 0265/02 () of 11.6.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T026502.20020611
Datum der Entscheidung: 11 Juni 2002
Aktenzeichen: T 0265/02
Anmeldenummer: 97941856.3
IPC-Klasse: G08G 5/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 22 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mensch-Maschine-Schnittstelle für Flughafen-Verkehrskontrollzwecke
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung nach Änderung verneint
Zurückverweisung an die erste Instanz
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 97 941 856.3, die ursprünglich als internationale Anmeldung eingereicht und unter der Nummer WO 98/10398 veröffentlicht worden ist.

II. Der angefochtenen Entscheidung lagen ein Hauptantrag und ein Hilfsantrag zugrunde. Der jeweilige Patentanspruch 1 hatte folgenden Wortlaut (siehe Anlagen der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Prüfungsabteilung):

Hauptantrag:

"Man-Machine-Interface, - MMI -, für Flughafen-Verkehrskontrollzwecke zur sicheren Rollführung und/oder Abflug-Anflugkontrolle auf einem Flughafen, auf der Vorgänge und Zustände auf dem Flughafen darstellbar und gegebenenfalls interaktiv beeinflußbar sind, wobei das MMI als flacher Touchscreen mit bilderzeugender Elektronik und Touchtechnik ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß es bei Tageslicht dadurch benutzbar ausgebildet ist, daß es eine zusätzliche Booster-Lichtquelle, z. B. Gasentladungslampen, aufweist und wobei Touchfelder die Bedienung von Kontrolleinrichtungen, z. B. Stoppbars, eines Flughafens ermöglichen, um so eine Verkehrsführung auf dem Flughafen zu erreichen und wobei der Bildschirm mit Hilfe der Touchtechnik Zoomdarstellungen erzeugen kann."

Hilfsantrag:

"Flughafen-Verkehrskontroll Mensch-Maschine-Schnittstelle (Man-Machine-Interface, MMI), zur sicheren Rollführung und/oder Abflug-Anflugkontrolle auf einem Flughafen, auf der Vorgänge und Zustände auf dem Flughafen darstellbar und gegebenenfalls interaktiv beeinflußbar sind, wobei die Mensch-Maschine-Schnittstelle als flacher Touchscreen ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß sie bei Tageslicht (Sonnenlicht) benutzbar ausgebildet ist, wozu sie eine zusätzliche (Booster) Lichtquelle, aufweist, und wobei die Touchfelder die Bedienung von Kontrolleinrichtungen, wie Stoppbars, eines Flughafens ermöglichen, um so eine Verkehrsführung auf den Flughafen zu erreichen und wobei der Bildschirm Zoomdarstellungen erlaubend ausgebildet ist, und wobei von einer Recheneinrichtung kollisionsfrei geplante Wege (Routen), schalt- und anzeigbar sind."

III. Die Zurückweisung der vorliegenden Patentanmeldung wurde in der angefochtenen Entscheidung damit begründet, daß Patentanspruch 1 des Hauptantrags eine unzulässige Erweiterung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ beinhalte, da die Anmeldung in der ursprünglichen Fassung nirgends offenbare, daß mit Hilfe der Touchtechnik Zoomdarstellungen erzeugt würden. Dadurch seien die separat offenbarten Merkmale Touchtechnik und Zoomdarstellung zu einer Kombination zusammengefügt worden, zu der ein Fachmann vielleicht gelangen könne aber nicht zwingend gelangen müsse. Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags enthalte Unklarheiten, die schon bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung (Bescheid, Absatz 5) beanstandet worden wären, wie z. B. zwischen Klammern gesetzte Begriffe ("Booster", "Sonnenlicht") und andere fakultative Merkmale ("z. B."). Der Hilfsantrag sei nach Regel 71 a) EPÜ nicht zugelassen worden, weil er verspätet eingereicht worden und offensichtlich nicht geeignet sei, die schon vorgebrachten Einwände nach Artikel 84 EPÜ zu beheben. Über die Zurückweisungsgründe hinaus wird in der angefochtenen Entscheidung noch auf Mängel in den abhängigen Ansprüchen hingewiesen. Weiter sind darin Bemerkungen zur bereits bekannten Bedienung von Kontrolleinrichtungen eines Flughafens mit Touchfeldern ausgeführt.

IV. Der Beschwerdeführer hat mit der Beschwerdebegründung neue Patentansprüche 1 bis 34 gemäß Hauptantrag und neue Patentansprüche 1 bis 34 gemäß Hilfsantrag sowie Beschreibungsseiten 1, 2 und 2a eingereicht.

V. Patentanspruch 1 des geltenden Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Mensch-Maschine-Schnittstelle für Flughafen-Verkehrskontrollzwecke zur sicheren Rollführung und/oder Abflug-Anflugkontrolle auf einem Flughafen, auf der Vorgänge und Zustände auf dem Flughafen darstellbar und interaktiv beeinflußbar sind, wobei die Mensch-Maschine-Schnittstelle als Bildschirm ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß sie als flacher Touchscreen, der bei Sonnenlicht benutzbar ist, ausgebildet ist, wozu sie eine zusätzliche Booster-Lichtquelle aufweist, und wobei Touchfelder die Bedienung von Kontrolleinrichtungen wie Stoppbars eines Flughafens ermöglichen, um so eine Verkehrsführung auf den Flughafen zu erreichen und wobei der Bildschirm Zoomdarstellungen erlaubend ausgebildet ist, und wobei von einer Recheneinrichtung kollisionsfrei geplante Wege schalt- und anzeigbar sind."

Die Patentansprüche 2 bis 34 sind von Anspruch 1 abhängig.

VI. Der Beschwerdeführer argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag entspreche im wesentlichen dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag, der von der Prüfungsabteilung wegen verspäteten Vorbringens nicht berücksichtigt worden sei. Dabei seien aber die gerügten Unklarheiten in Anspruch 1 und in den abhängigen Ansprüchen behoben worden. Der neue Patentanspruch 1 gehe auch nicht über den ursprünglich offenbarten Gegenstand hinaus und sei daher zulässig. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei auch aus Gründen, die hier nicht näher aufgeführt werden müssen, erfinderisch. Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags unterscheide sich von jenem des Hauptantrags dadurch, daß der Bildschirm, wie im ursprünglichen Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet sei, daß er "in der Diagonalen mehr als 19 Zoll mißt".

VII. Der Beschwerdeführer beantragte, die Aufhebung der Entscheidung sowie die Erteilung eines Patents. Nach einem Telefongespräch mit dem technisch vorgebildeten Mitglied der Kammer stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Mai 2002 den modifizierten hilfsweisen Antrag auf eine mündliche Verhandlung, falls die Beschwerdekammer den Antrag auf Erteilung des Patents nicht bereits auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen stattgeben könne oder die Anmeldung nicht an die Prüfungsabteilung zurückverweise.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Patentanspruch 1 des Hauptantrags enthält nicht mehr das Merkmal "wobei der Bildschirm mit Hilfe der Touchtechnik Zoomdarstellungen erzeugen kann", das als unzulässige Erweiterung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ einziger Grund für die Zurückweisung des Hauptantrags in der angefochtenen Entscheidung war. Die geänderten Merkmale "wobei Touchfelder die Bedienung von Kontrolleinrichtungen ... ermöglichen" und "wobei der Bildschirm Zoomdarstellungen erlaubend ausgebildet ist" sind in der internationalen Anmeldung in der veröffentlichten Fassung, z. B. auf Seite 3, Absatz 2, und in Anspruch 6 sowie auf Seiten 5 und 15, jeweils Absatz 2, und in den Ansprüchen 14 und 21 offenbart. Die Offenbarung der Merkmale für sich genommen ist in der angefochtenen Entscheidung auch nicht bestritten worden. Das zusätzliche Merkmal, das im Anspruch 1 des ehemaligen Hilfsantrags enthalten war, "wobei von einer Recheneinrichtung kollisionsfrei geplante Wege schalt- und anzeigbar sind", ist z. B. in Anspruch 17 der veröffentlichten Fassung enthalten. Die maßgeblichen Gründe für die Zurückweisung des Hauptantrags mit der angefochtenen Entscheidung treffen daher nicht mehr auf Patentanspruch 1 des Hauptantrags in der vorliegenden Fassung zu.

3. Auch die von der Prüfungsabteilung in der Ladung zur mündlichen Verhandlung (Bescheid, Absatz 5) angesprochenen Mängel, die sich aus fakultativen bzw. in Klammern gesetzten Ausdrücken ergeben mochten, sowie weitere Mängel in den abhängigen Ansprüchen sind in der vorliegenden Fassung des Hauptantrags beseitigt worden. Die mit der Beschwerdebegründung vorgenommenen Änderungen der Anmeldungsunterlagen machen daher die Einwände, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützt, gegenstandslos.

4. Da Neuheit und erfinderische Tätigkeit der vorliegenden Anmeldung nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung waren, erachtet die Kammer es für zweckmäßig, die Bearbeitung dieser Akte vorzuziehen und die Angelegenheit, in Ausübung der Befugnisse der Kammer nach Artikel 111 (1) EPÜ, zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

Quick Navigation