European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T129301.20030115 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Januar 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1293/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94109343.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | A01B 49/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Bodenbearbeitungskombination | ||||||||
Name des Anmelders: | Rabe Agrarsysteme GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Amazonen-Werke H. Dreyer GmbH & Co. KG Maasland N.V. |
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Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erweiterung des Schutzbereichs (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen das europäische Patent Nr. 640 272 wurden ein erster, auf Artikel 100 a) EPÜ gestützter Einspruch sowie ein zweiter auf Artikel 100 a), b) und c) EPÜ gestützter Einspruch eingelegt mit dem Antrag, das Patent zu widerrufen.
Mit der am 11. Dezember 2001 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Patent widerrufen. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der in Artikel 100 c) EPÜ genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patentes in unveränderter Form entgegensteht.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin (nachstehend "Beschwerdeführerin") am 14. Dezember 2001 Beschwerde eingelegt und am 3. Januar 2002 die Beschwerdegebühr bezahlt. Die Begründung der Beschwerde wurde am 17. April 2002 eingereicht.
III. Am 15. Januar 2003 wurde mündlich verhandelt.
Die Einsprechende II (nachstehend "Beschwerdegegnerin II") - obwohl ordnungsgemäß geladen - erschien nicht zu der mündlichen Verhandlung. Sie hat die Beschwerdekammer über das beabsichtigte Nichterscheinen mit Schreiben von 10. Oktober 2002 informiert. Das Verfahren wurde ohne sie fortgesetzt (Regel 71 (2) EPÜ).
Während der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdeführerin einen geänderten Anspruch 1 (nachstehend "geltender Anspruch 1") vor, der wie folgt lautet:
"1. Bodenbearbeitungskombination (1) mit mindestens zwei in Arbeitsrichtung aufeinander folgenden Bodenbearbeitungsgeräten (2, 3, 4), von denen das erste (2) unmittelbar an eine Zugmaschine anschließbar ist,
dadurch g e k e n n z e i c h n e t,
dass am Rahmen (5) des ersten Bodenbearbeitungsgerätes (2) ein Zusatzrahmen (6) starr angeordnet ist, der von am Zusatzrahmen (6) befestigten und zu diesen höhenverstellbaren Stützrädern zumindest bei der Arbeit getragen ist,
dass am Zusatzrahmen (6) mindestens zwei Koppelgestänge (27, 41) für den Anschluss weiterer Bodenbearbeitungsgeräte (3, 4) vorgesehen sind und dass die Koppelgestänge (27, 41) höhenverschwenkbar relativ zum Zusatzrahmen (6) angeordnet sind, wobei der Schwenkweg nach unten durch einstellbare Anschläge begrenzt ist."
IV. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent aufgrund des geltenden Anspruchs 1 aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechende I (nachstehend "Beschwerdegegnerin I") hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin II hat keine Anträge gestellt.
V. Die Beschwerdegegnerin I hat im wesentlichen vorgetragen, daß die Änderungen, die den geltenden Anspruch 1 betreffen, eine Erweiterung des Schutzbereiches bewirken (Artikel 123 (3) EPÜ).
Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, daß der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ erfüllt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zum beanspruchten Gegenstand
2.1. Der geltende Anspruch 1 ist auf eine Bodenverarbeitungskombination gerichtet, welche die folgenden Merkmale aufweist:
A) Die Bodenverarbeitungskombination ist mit mindestens zwei in Arbeitsrichtung aufeinander folgenden Bodenbearbeitungsgeräten (2, 3, 4) versehen;
A1) das erste Bodenbearbeitungsgerät (2) ist unmittelbar an eine Zugmaschine anschließbar;
A2) am Rahmen (5) des ersten Bodenbearbeitungsgerätes (2) ist ein Zusatzrahmen (6) starr angeordnet;
A21) der Zusatzrahmen (6) ist zumindestens bei der Arbeit von Stützrädern (14) getragen;
A212) die Stützräder sind am Zusatzrahmen (6) befestigt und zu diesem höhenverstellbar;
A22) am Zusatzrahmen (6) sind mindestens zwei Koppelgestänge (27, 41) für den Anschluß weiterer Bodenverarbeitungsgeräte vorgesehen;
A221) die Koppelgestänge (27, 41) sind höhenverschwenkbar relativ zum Zusatzrahmen (6) angeordnet, wobei der Schwenkweg nach unten durch Anschläge begrenzt ist;
A2211) die Anschläge sind einstellbar.
2.2. Der geltende Anspruch 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des erteilten Patents dadurch, daß die oben genannten Merkmale A221 und A2211 das Merkmal ersetzt haben, nach welchem
"die Koppelgestänge (27, 41) relativ zum Zusatzrahmen (6) in der Höhe einstellbar sind" (nachstehend Merkmal A221eP), siehe das erteilte Patent, Spalte 7, Zeilen 39 bis 41.
2.2.1. Das Merkmal A221eP ist im Hinblick auf den Ausdruck "in der Höhe einstellbar" auszulegen.
Die Beschreibung des Patentes enthält zwei maßgebende Passagen, die sich auf eine "Einstellbarkeit" beziehen, die in Zusammenhang mit den Koppelgestängen steht. Die erste Passage (siehe Spalte 4, Zeilen 38 bis 55 in Verbindung mit der Figur 3) bezieht sich auf das vordere Koppelgestänge 27, das einen Oberlenker 26 und Unterlenker 28 aufweist, wobei die Schwenkbewegung der Unterlenker 28 nach unten durch einen einstellbaren Anschlag begrenzt wird. Die zweite Passage (Spalte 5, Zeilen 3 bis 12 in Verbindung mit der Figur 3) bezieht sich auf das hintere Koppelgestänge 41, das einen Oberlenker 42 und Unterlenker 39, 40 aufweist, wobei die Bewegung der Unterlenker nach unten durch Stifte begrenzt wird, die in die Lochreihen 45 einsteckbar sind. Es geht daher aus der Beschreibung des Patentes hervor, daß der Schwenkweg der Unterlenker der beiden Koppelgestänge nach unten durch einstellbare Anschläge begrenzt wird. Mit anderen Worten: die Einstellbarkeit bezieht sich auf den Schwenkweg eines jeden Koppelgestänges.
Unter den im Merkmal A221eP definierten "einstellbaren Koppelgestängen" sind somit eindeutig Koppelgestänge zu verstehen, die relativ zum Zusatzrahmen höhenschwenkbar angeordnet sind, wobei der Schwenkweg dieser Koppelgestänge einstellbar ist, und zwar auf die Begrenzung dieses Schwenkweges.
3. Zur angefochtenen Entscheidung
3.1. Es geht aus der angefochtenen Entscheidung (siehe den Abschnitt 3 der Entscheidungsgründe) hervor, daß das Patent widerrufen wurde, weil der in Artikel 100 c) EPÜ genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patentes insofern entgegensteht, als das oben genannte Merkmal A221eP der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht entnommen werden könne. Die Einspruchsabteilung hatte außerdem die Meinung, daß der ursprünglich eingereichten Anmeldung nur entnommen werden könne, daß "die Koppelgestänge (27, 41) schwenkbar relativ zum Zusatzrahmen (6) angeordnet sind" (siehe die angefochtene Entscheidung: Seite 5, letzter Absatz).
Durch die Änderungen, aufgrund welcher der geltende Anspruch 1 entstanden ist (siehe den vorstehenden Abschnitt), wird daher den Gründen, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützt, der Boden entzogen.
3.2. Die angefochtene Entscheidung befaßt sich nicht mit den weiteren Einspruchsgründen (Artikel 100 a) und b) EPÜ).
4. Zu den Änderungen
4.1. Das Merkmal A221 kann aus dem Anspruch 7 der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung hergeleitet werden, insofern als dieser Anspruch sich auf die Schwenkbewegung der Koppelgestänge bezieht. Außerdem impliziert dieser Anspruch, daß die Koppelgestänge höhenverschwenkbar sind, insofern als der Schwenkweg nach unten durch Anschläge begrenzt ist.
Das Merkmal A2211 kann dem Anspruch 8 der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung entnommen werden.
4.1.1. Daher verletzen die den Anspruch 1 betreffenden Änderungen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht.
4.2. Im Hinblick auf die Ausführungen im vorstehenden Abschnitt 2.2.1 wird durch die Merkmale A221 und A2211 unter anderem präzisiert, wie die Koppelgestänge einstellbar sind. Einerseits wird durch diese Merkmale klargestellt, daß die Höheneinstellbarkeit sich auf den Schwenkweg der Koppelgestänge bezieht. Andererseits wird dadurch angegeben, das die Höheneinstellbarkeit des Schwenkweges durch die Einstellbarkeit der Anschläge erreicht wird, die den Schwenkweg nach unten begrenzen.
Daher bewirken die Merkmale A221 und A2211 eine Einengung des Begriffes "in der Höhe einstellbare Koppelgestänge" in bezug auf seinen Begriffsumfang. Mit anderen Worten: Unter diesen, im erteilten Anspruch 1 enthaltenen Begriff fallen alle höhenverschwenkbaren Koppelgestänge, deren Schwenkweg einstellbar ist, wobei unter dem eingeengten, im geltenden Anspruch 1 enthaltenen Begriff (Merkmale A221 und A2211) diejenigen höhenverschwenkbaren Koppelgestänge fallen, deren Schwenkweg nach unten durch einstellbare Anschläge begrenzt wird.
4.2.1. Die Beschwerdegegnerin I hat vorgetragen, daß der im erteilten Anspruch 1 enthaltene Begriff "in der Höhe einstellbare Koppelgestänge" Koppelgestänge definiere, die derart einstellbar (d. h. fixierbar) sind, daß sie während des Betriebs nicht schwenken können, wobei demgegenüber die Merkmale A221 und A2211 eindeutig Koppelgestänge definieren, die auch während des Betriebes höhenverschwenkbar sind. Daher bewirke die Änderung des Anspruchs 1 eine Erweiterung des Schutzbereichs des Patentes.
Diese Argumentation stützt sich auf eine spezifische Auslegung des Begriffes "in der Höhe einstellbare Koppelgestänge", nach welcher dieser Begriff Koppelgestänge umfaßt, die in der Höhe beweglich sind zum Zweck, sie in einer bestimmten Lage zu fixieren, so daß sie während des Betriebes unbeweglich bleiben.
Dieser Argumentation kann aus den folgenden Gründen nicht gefolgt werden:
Die von der Beschwerdegegnerin I vorgenommene Auslegung des Begriffes "in der Höhe einstellbare Koppelgestänge" steht nicht im Einklang mit der Beschreibung des Patentes, die sich in keiner Weise auf Koppelgestänge bezieht, die derart fixierbar sind, daß sie sich während des Betriebes nicht bewegen können. Es ist festzustellen, daß die Beschreibung des Patentes sich eindeutig auf höhenverschwenkbare Koppelgestänge bezieht (siehe den vorstehenden Abschnitt 2.2.1). Darüber hinaus beziehen sich die vom erteilten Anspruch 1 abhängigen Ansprüchen 5, 6 und 7 auf Koppelgestänge, die sich während des Betriebes bewegen können (also nicht fixiert sind), insofern als die Ansprüche 5 und 6 Koppelgestänge definieren, die federnd abgestützte Unterlenker aufweisen, und der Anspruch 7 auf den Schwenkweg der Koppelgestänge hinweist.
Die von der Beschwerdegegnerin I vorgenommene Auslegung des Begriffes "in der Höhe einstellbare Koppelgestänge" stützt sich lediglich auf die allgemeine Bedeutung des Wortes "einstellbar", das im Anspruch 1 verwendet wird, und vernachlässigt den Gesamtinhalt des Patentes, dem diese Auslegung im Hinblick auf die Beschreibung (siehe den vorstehenden Abschnitt 2.2.1) und die Ansprüche 5 bis 7 widerspricht.
Diese Auslegung steht nicht im Einklang mit den Erfordernissen des Artikels 69 (1) EPÜ unter Berücksichtigung des zugehörigen Protokolls.
4.2.2. Daher verletzen die den Anspruch 1 betreffenden Änderungen die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ nicht.
5. Die Kammer ist daher zum Ergebnis gekommen, daß die sich auf den Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ beziehenden Einwände, die zum Widerruf des Patentes geführt haben (siehe hierzu den vorstehenden Abschnitt 3.1), nicht zur Zurückweisung der Beschwerde führen, und daß die vorgenommenen Änderungen nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ verstossen.
Im Hinblick auf die Ausführungen im vorstehenden Abschnitt 3.2 verweist die Kammer die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Einspruchsabteilung zurück (Artikel 111 (1) EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Prüfung auf der Basis der Patentansprüche 1 bis 16, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung, an die erste Instanz zurückverwiesen.