European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T127201.20030923 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 23 September 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1272/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96945714.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01L 23/049 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Gleichrichterdiode | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (bejaht) Aufgabe - Lösung Ansatz |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 96 945 714.2 wurde mit der Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 30. Mai 2001 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ). In der Begründung der Entscheidung werden folgende Dokumente genannt:
D1: US-A-5 005 069
D2: FR-A-2 412 166
D3: DE-A-43 41 269
II. Die Anmelderin legte am 2. August 2001 gegen diese Entscheidung Beschwerde ein, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde am 8. Oktober 2001 eingereicht.
III. Mit ihrer Erwiderung auf einen Bescheid der Kammer reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. August 2003 einen Satz Ansprüche 1 bis 7 gemäß Haupt- und Hilfsantrag, die Seite 2a der Beschreibung und Ergebnisse einer Simulationsbetrachtung ein.
IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 23. September 2003 legte die Beschwerdeführerin eine schematische Darstellung der Diode vor, auf die sich die Simulationsbetrachtungen bezogen.
Sie stellte den Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis folgender Unterlagen zu erteilen:
Beschreibung:
Seiten 1, 2, 4 bis 11in der ursprünglich eingereichten Fassung
Seite 2aeingereicht mit Schreiben vom 21. August 2003
Seite 3eingereicht in der mündlichen Verhandlung
Ansprüche:
Nr. 1 bis 3eingereicht in der mündlichen Verhandlung
Nr. 4 bis 7des mit dem Schreiben vom 21. August 2003 eingereichten Hauptantrags
Zeichnungen:
Figuren 1 bis 5in der ursprünglich eingereichten Fassung
Der Wortlaut des einzigen unabhängigen Anspruchs dieses Antrags lautet:
"1. Gleichrichterdiode mit einem Sockel (2), die in eine vorgesehene Öffnung einer Gleichrichteranordnung (36) einpreßbar ist,
wobei auf dem Sockel (2) einstückig mit dem Sockel ein Podest (3) angeordnet ist, auf dem seinerseits ein Halbleiterchip (4) befestigt ist, an dem seinerseits ein Kopfdraht (8) befestigt ist,
wobei der Sockel zur thermischen und elektrischen Verbindung der Diode mit der Gleichrichteranordnung dient und der Sockelboden (1) im Bereich des Podests (3) einen dieses Podest umgebenden Wall (9) aufweist, daß der vom Podest (3) durch einen Graben (10) getrennte Wall (9) mit dem Sockelboden (1) einstückig ist, daß auf der vom Graben (10) abgewandten Seite des Walls (9) zwischen dem Wall und einer zum Sockelboden im Wesentlichen senkrecht angeordneten Wandung des Sockels (2) ein Preßbereich (11) zur Aufnahme von senkrecht zur Ebene des Halbleiterchips (4) gerichteten Kräfte angeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet,
daß der zwischen Wall (9) und Podest (3) ausgebildete Graben (10) eine radiale Ausdehnung hat, die im Wesentlichen doppelt so groß ist wie die Höhe des Walls (9) vom Graben (10) ab gerechnet."
V. Die Prüfungsabteilung begründete ihre Entscheidung, die Anmeldung zurückzuweisen, folgendermaßen:
- Die in der Figur 1 des Dokuments D2 dargestellte Diode beinhalte alle Merkmale der in der Anmeldung beanspruchten Diode mit der Ausnahme, daß keine spezifischen Angaben zum Verhältnis zwischen Breite und Tiefe des das Podest umgebenden Grabens, bzw. Walls offenbart seien. Der Fachmann würde jedoch einfache Optimierungsexperimente durchführen, um das Verhältnis zwischen Breite und Tiefe des Grabens zu variieren, um z. B. die Festigkeit der Umhüllung auf dem Sockel zu optimieren. Dabei würde er den beanspruchten Wert von ungefähr 2. ohne erfinderisches Zutun erreichen.
- Auch die in den Dokumenten D1 und D3 dargestellten Dioden würden jeweils eine Diode offenbaren, in der ein Graben und Wall das Podest umgeben würde (vgl. D1, Figur 1; D3, Figur 7). Obwohl diese Darstellungen nur als schematisch zu betrachten seien, würde ein Fachmann das aus ihnen abzuleitende Breite/Tiefe Verhältnis des Walls von ungefähr 4 (D1) bzw. weniger als 1 (D3) eventuell als Optimierungspunkte für seine Optimierungsexperimente nutzen.
Den Einwand der Anmelderin, die zitierten Druckschriften würden keinen Zusammenhang zwischen der Geometrie des Grabens/Walls und der mechanischen Stabilität des Sockels offenbaren, wies die Prüfungsabteilung als nicht überzeugend ab, da es nicht erforderlich sei, daß die zu lösende Aufgabe im Stand der Technik und in der Anmeldung identisch seien. Der Fachmann würde auch aus anderen Gründen, wie z. B. um die Festigkeit der Umhüllung mit dem Sockel zu verbessern, die Geometrie der aus Dokument D2 bekannten Diode verändern.
VI. Zur Begründung ihres Antrags trug die Beschwerdeführerin folgendes vor:
- Während des Einpressens der Diode in die Gleichrichteranordnung würden starke Kräfte auf den Sockel und den darauf befestigten Halbleiterchip einwirken. Es sei daher Aufgabe der Anmeldung, die Übertragung dieser Kräfte auf den Chip zu verringern. Dies sei durch das gewählte Tiefe/Breite Verhältnis des den Sockel umgebenden Grabens/Walls erreicht, wie aus den vorgelegten Simulationsbetrachtungen zu erkennen sei. Die Druckschriften D1 bis D3 befassten sich nicht mit dieser Aufgabe und gäben deshalb keinen Anreiz für den Fachmann, das Tiefe/Breite Verhältnis zu verändern.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
Anspruch 1 basiert im Wesentlichen auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 3. Das Merkmal, daß der Sockel zur thermischen und elektrischen Verbindung der Diode mit der Gleichrichteranordnung dient, ist ferner auf Seite 1, Zeilen 15 bis 18, der ursprünglich eingereichten Beschreibung offenbart.
Aus Klarheitsgründen (Artikel 84 EPÜ) wurde in Anspruch 1 die radiale Ausdehnung des Grabens als 'im Wesentlichen' doppelt so groß wie die Höhe des Walls spezifiziert (ursprünglich 'ungefähr').
Weiterhin wurde die Beschreibung an die Ansprüche angepaßt und der Stand der Technik in der Anmeldung gewürdigt.
Diese Änderungen gehen deshalb nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Artikel 123 (2) EPÜ).
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Die Anmeldung betrifft eine Diode, die in eine entsprechende Ausnehmung einer Gleichrichteranordnung eingepreßt wird. Der Einpreßsockel der Diode übernimmt dabei die thermische und elektrische Verbindung der Diode mit der Gleichrichteranordnung. Der Einpreßsockel weist einen Befestigungsbereich auf, der als Podest ausgeführt ist, auf dem ein Halbleiterchip befestigt und mit dem Sockel durch eine Lötschicht elektrisch verbunden ist. Beim Einpressen der Diode wirken auf den Sockel mechanische Kräfte ein. Diese werden auf den Befestigungsbereich übertragen und können unter ungünstigen Umständen die den Halbleiterchip haltende Lötschicht beschädigen. Die in der Anmeldung dargestellte Aufgabe besteht darin, die mechanische Deformation des Sockels im Befestigungbereich beim Einpressen der Diode zu minimieren (vgl. die vorliegende Anmeldung, Seiten 1 und 2).
3.2. Die Prüfungsabteilung ist in ihrer Entscheidung von Dokument D2 als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen. Dieses Dokument offenbart eine Einpreßdiode mit einem Sockel 11, wobei auf dem Sockel ein Podest angeordnet ist, auf dem seinerseits der Halbleiterchip 13 befestigt ist. Dieses Podest wird von einem Graben und einem Wall umgeben. Am Sockel, auf der vom Graben abgewandten Seite des Walls, befindet sich ein abgeschrägter Preßbereich, welcher das Einpressen der Diode in die Gleichrichteranordnung vereinfacht (vgl. D2, Seite 7, Zeilen 17 bis 23; Figur 1).
3.3. Somit unterscheidet sich die in Anspruch 1 dargestellte Gleichrichterdiode von der aus Dokument D2 bekannten Diode dadurch, daß die Breite des Grabens ca. doppelt so groß ist wie die Höhe des Walls vom Graben ab gerechnet.
Dieses Verhältnis von Breite des Grabens zu Höhe des Walls (im folgenden als B/H Verhältnis benannt) führt zu einer Erhöhung der Steifigkeit des gesamten Sockels und folglich zu einer Verringerung der Deformation des Halbleiterchips beim Einpressen in die Gleichrichteranordnung (vgl. Anmeldung, Seite 2, Zeilen 26 bis 34).
Die erhöhte Steifigkeit des Sockels ist ferner aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Simulationsbetrachtungen zu erkennen, welche ein Ergebnis von Finite-Elemente-Berechnungen sind (vgl. Anmeldung, Seite 6, Zeilen 23 bis 24). Gemäß diesen Berechnungen beträgt die Deformation am Halbleiterchip 0.11. µm bei einem B/H Verhältnis von 2:1. Ändert sich jedoch das B/H Verhältnis auf 0.9:1 oder 3:1 erhöht sich die Deformation am Halbleiterchip auf 0.13 µm bzw. 0.23. µm. Die Simulationsbetrachtungen weisen weiterhin eine entsprechende Optimierung des maximalen Stresses aus, dem der Halbleiterchip während des Einpressen bei einem B/H Verhältnis von 2:1 ausgesetzt ist.
Infolgedessen stimmt die objektive Aufgabe der Erfindung mit der in der Anmeldung dargestellten Aufgabe überein, nämlich in einfacher Weise die Steifigkeit des gesamten Sockels zu verbessern.
3.4. Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin bei, daß keines der Dokument D1 bis D3 diese Aufgabe behandelt. Ferner werden in diesen Dokumenten weder das Vorhandensein einer Graben/Wall Anordnung, noch deren geometrische Ausgestaltung, noch der Bezug dieser Ausgestaltung zur Festigkeit des gesamten Sockels angesprochen.
3.4.1. Das dem Dokument D2 zugrunde liegende technische Problem besteht darin, die elektrische Verbindung der Diode mit dem Sockel zu verhindern, um so die Diode von der Gleichrichteranordnung elektrisch zu entkoppeln. Dies wird durch eine Isolierschicht 19 oder eine zusätzliche, gegengeschaltete Diode 22 zwischen Diode 13 und Sockel 11 erreicht (vgl. D2, Seite 1, Zeilen 32 bis 36; Seite 7, Zeilen 34. bis 37; Seite 8, Zeilen 24 bis 28; Figuren 2 und 3; Anspruch 1).
Der Zweck der nur in den Figuren dargestellten Graben/Wall Anordnung wird im Dokument D2 hingegen nicht erläutert.
3.4.2. Obwohl Dokument D1 auch eine Diode mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 offenbart, befaßt sich dieses Dokument mit der Aufgabe, die Drahtzugfestigkeit und die Toleranz der Diode gegenüber Temperatur- und Leistungszyklen zu verbessern. Zu diesem Zweck wird eine geneigte Wand 80 zwischen Diode und Wall 69 angebracht. Auf die Verwendung eines Podests sowie die eines das Podest umgebenden Grabens wird jedoch verzichtet. (vgl. Spalte 1, Zeilen 15 bis 44; Spalte 2, Zeile 63 bis Spalte 3, Zeile 2; Spalte 6, Zeilen 27 bis 47; Figuren 3 und 4).
Aus diesem Dokument entnimmt der Fachmann keine Anregung, eine Graben/Wall Anordnung zu verwenden.
3.4.3. Das Dokument D3 befaßt sich auch mit der Zugentlastung des an der Diode angebrachten Kopfdrahts. Dies wird durch das Anbringen eines axialen Kragens 44 am oberen Ende des Podests 12. erreicht, wobei der Kragen in die Einkapselung 40 hinein ragt. Obwohl in der Figur 7 eine Diode mit einer Graben/Wall Anordnung dargestellt ist, werden weder die Funktion noch das geometrische B/H Verhältnis dieser Anordnung in diesem Dokument erläutert (vgl. Spalte 1, Zeile 57 bis Spalte 2, Zeile 8; Spalte 4, Zeile 60 bis Spalte 5, Zeile 10; Figuren 1 und 7).
3.5. In der angefochtenen Entscheidung hat die Prüfungsabteilung die Auffassung vertreten, der Fachmann würde auch aus anderen Gründen das B/H Verhältnis der Graben/Wall Anordnung variieren, um z. B. die Festigkeit der Umhüllung auf dem Sockel zu optimieren. Er würde während dieser Optimierung den beanspruchten Wert von ungefähr 2 ohne erfinderisches Zutun erreichen.
Dem kann die Kammer nicht zustimmen. Die Argumentation der Prüfungsabteilung geht nicht von der objektiven Aufgabe der Erfindung aus, d. h. der, während des Einpressens der Diode die mechanische Deformation des Sockels im Befestigungbereich zu minimieren, die nach der ständigen Praxis der Beschwerdekammern bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit anhand des Aufgabe- Lösung-Ansatzes zu berücksichtigen ist, sondern stellt eine andere Aufgabe auf, nämlich die Festigkeit der Umhüllung zu verbessern, welche durch eine einfache Optimierung der Breite und Höhe des Grabens zum beanspruchten Verhältnis führen würde. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß die objektive Aufgabe schon in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen angesprochen wird, wobei die eingereichten Simulationsbetrachtungen ferner zeigen, daß das beanspruchte B/H Verhältnis der Graben/Wall Anordnung eine Erhöhung der Steifigkeit des gesamten Sockels zur Folge hat und daß die Steifigkeit des Sockels abnimmt, wenn das B/H Verhältnis sich vom beanspruchten Wert entfernt. Unter diesen Umständen kann die Auswahl des beanspruchten Verhältnisses der Graben/Wall Anordnung nicht als eine einfache Optimierung eines Parameters (d. h. das Breite/Höhe Verhältnis) angesehen werden, insofern als weder der Stand der Technik noch das allgemeine Fachwissen eine Anregung liefern, daß das beanspruchte Verhältnis eine Erhöhung der Steifigkeit des Sockels erreicht.
3.6. Die Kammer kommt auf Grund dessen zu der Entscheidung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt und somit patentierbar ist. Die Ansprüche 2 bis 7, die auf besondere Ausführungsformen der Erfindung nach Anspruch 1 gerichtet sind, haben zusammen mit Anspruch 1 Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 - 3: in der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Fassung,
Patentansprüche 4 - 7: des mit Schriftsatz vom 21. August 2003 eingereichten Hauptantrags
Beschreibung:
Seite 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung
Seite 2a, mit Schriftsatz vom 21. August 2003
Seiten 1, 2, 4 - 11 in der ursprünglich eingereichten Fassung
Figuren 1 - 5 in der ursprünglich eingereichten Fassung.