T 1168/01 () of 9.10.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T116801.20031009
Datum der Entscheidung: 09 October 2003
Aktenzeichen: T 1168/01
Anmeldenummer: 93906594.2
IPC-Klasse: C23C 14/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Beschichten eines Substrats mit einem eine Glanzwirkung hervorrufenden Materail
Name des Anmelders: Schwing, Thomas, et al
Name des Einsprechenden: RONAL GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents Nr. 0 632 847 Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die Gegenstände der erteilten unabhängigen Ansprüche 1 und 2 sowie der Gegenstand des während der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag eingereichten einzigen unabhängigen Anspruchs 1 unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen

E2: Galvanotechnik 80 (1989), Nr. 7, S. 2296-2299,

E6: DE 39 13 014 A,

E7: Oberfläche + JOT, 1990, Heft 10, S. 66 - 70, und

E10: W. Biolojan und M. Geisler, Hanau "Beschichten im Vakuum", Metalloberfläche 45 (1991) 9, S. 393 - 398,

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) reichte mit ihrem Schreiben vom 12. April 2002 im Beschwerdeverfahren zum ersten Mal folgende Entgegenhaltungen ein:

E11: Brower, L.R.Jr.: Future Trends in Water-Based Finishes for Vacuum Metallizing; Proceedings of the 16th Annual SVC Technical Conference (1973),S. 51 - 52,

E12: Savage, D.R.: The Application of Dry Powder Coating Materials; Proceedings of the 16th Annual SVC Technical Conference (1973),S. 57 - 68,

E13: Inhaltsübersicht/Abstracts der Proceedings of the 16th Annual SVC Technical Conference (1973),

E14: Forschirm, A.S.: Chrom Plating Celcon Acetal Copolymer by the Magnetron; Proceedings of the 23rd SVC Annual Technical Conference (1980), S. 15-18,

E15: Rainey, R.M.: Sputtercoating - a Production Reality; Proceedings of the 23rd SVC Annual Technical Conference (1980), S. 50 - 53,

E16: Inhaltsübersicht/Abstracts der Proceedings of the 23rd Annual SVC Technical Conference (1980), und

E17: DE 40 12 020 A.

II. Am 9. Oktober 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

a) Nach Anhörung der Parteien hat die Kammer beschlossen, die Entgegenhaltungen E11 bis E16 nicht zu berücksichtigen.

b) Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents mit den während der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüchen 1 bis 12.

c) Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

III. Der geänderte, geltende Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Verfahren zum Beschichten eines Substrats (10) mit einem eine Glanzwirkung hervorrufenden Metall, wobei das Substrat (10) aus einem geeigneten Material besteht, welches bis zumindest 120 °C formbeständig ist, umfassend die Verfahrensschritte in der nachstehenden unmittelbar aufeinanderfolgenden Abfolge

a') Aufbringen und Einbrennen einer Pulverlackschicht als Grundschicht (12) unmittelbar auf das Substrat,

b') Beschichten des grundbeschichteten Substrats (10) mit dem die Glanzwirkung hervorrufenden Metall in einer Vakuumkammer, in der ein Plasma-Prozeß stattfindet, und

c') anschließendes Aufbringen einer Pulverlackschicht als Deckschicht (16) und Einbrennen dieser."

IV. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Gemäß der Entgegenhaltung E6 werde ein beschichteter Gegenstand mit metallischem Aussehen dadurch hergestellt, dass auf den Gegenstand eine erste Metallschicht aufgebracht, auf die anschließend eine Nasslackschicht aufgetragen werde. Nach dem Aushärten der Nasslackschicht werde eine zweite Metallschicht aufgebracht, um sodann einen Überzug in Form einer zweiten Nasslackschicht aufzubringen, wobei die flüchtigen Stoffe durch Infrarot-Strahlung ausgetrieben und sodann eine Vernetzung mittels UV-Strahlen erfolge.

Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei es, ein Beschichtungsverfahren zur Hochglanz-Metallisierung zur Verfügung zu stellen, welches bei geringer Umweltbelastung eine gute mechanische und chemische Beständigkeit der Beschichtung sichergestellt.

Diese Aufgabe werde durch das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents gelöst, welches sich von dem Verfahren nach der Entgegenhaltung E6 dahingehend unterscheide, dass zwei Pulverlackschichten mit einer dazwischenliegenden, mittels Plasma-Prozesses applizierten, Metallschicht direkt auf das Substrat aufgebracht werden.

Der Entgegenhaltung E7 sei zwar die Anregung zu entnehmen, Naßlack durch Pulverlack zu ersetzen. Konkret lehre die Entgegenhaltung E7 (vgl. Seite 68, linke Spalte) jedoch für Leichtmetallräder eine Mischung aus Naßlack- und Pulverlackschichten zu verwenden.

Im Übrigen könne der Entgegenhaltung D7 kein Hinweis auf die spezielle Anordnung von Pulverlackschichten und einer Metallschicht gemäß Anspruch 1 des Streitpatents entnommen werden.

Der Entgegenhaltung E10 sei das Merkmal des anschließenden Aufbringens einer Pulverlackschicht als Deckschicht durch Einbrennen nicht zu entnehmen. Denn in der Entgegenhaltung E10 sei von einer Deckschicht nirgendwo die Rede. Für die Bildung einer Schutzschicht werde in der Entgegenhaltung E10 eine Plasmapolymerisation vorgeschlagen (Seite 397, linke Spalte, zweiter vollständiger Absatz), welche mit Lackierung nichts Gemeinsames habe. Erfolge jedoch eine Lackierung, so werde nach der Entgegenhaltung E10 Nasslack benutzt, (Seite 397, rechte Spalte, letzter Satz des vierten vollständigen Absatzes).

Nach der Entgegenhaltung E2 werde eine Pulverlackschicht nur auf eine Metallschicht, die galvanischer Basis sei, aufgetragen (Seite 2296, rechte Spalte, erster Absatz von Punkt 5). Ein Pulverlackverfahren in Zusammenhang mit einer PVD-Technik werde in der Entgegenhaltung E2 nicht angesprochen.

Aus diesen Gründen könne die Kombination zweier Pulverlackschichten mit einer durch ein Plasma-Verfahren entstandenen Metallschicht, wie es im Anspruch 1 des Streitpatents der Fall sei, weder durch die Entgegenhaltung E2 noch durch die Entgegenhaltung E10 nahegelegt werden.

V. Die Beschwerdegegnerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Auf dem Deckblatt der Entgegenhaltung E6, welche den nächstliegenden Stand der Technik darstelle, sei unter anderen IPK-Untergruppen die IPK-Untergruppe C09D 5/46 aufgeführt, welche benachbart zur IPK-Untergruppe C09D 5/03 sei. In dieser letzten IPK-Untergruppe seien Pulverlacke als Überzugsmittel aufgelistet.

Ein weiters Indiz auf den Hinweis für eine Anwendung von Pulverlack in dem in der Entgegenhaltung E6 offenbarten Verfahren seien die im Anspruch 8 der Entgegenhaltung E6 angegebenen Schichtdicken für die zwei Kunstharzschichten von bis zu 38,1µm bzw. 50,8µm, welche daraufhin deuteten, dass diese Schichten Pulverlackschichten seien, da oberhalb einer Schichtdicke von 25µm die Anwendung eines Naßlacks nicht empfehlenswert sei.

Außerdem sei die Tatsache, dass das Pulverbeschichten umweltfreundlicher als Naßlackieren sei, dem Fachmann allgemein bekannt und durch die Entgegenhaltung E7 (Seite 68, erster vollständiger Satz) dokumentiert.

Aus den o. g. Gründen, werde der Fachmann, der sich die Aufgabe stelle, das aus der Entgegenhaltung E6 bekannte Verfahren umweltfreundlicher zu gestalten, den Grundüberzug und oberen Überzug aus Pulverlack herstellen. Hierbei die erste der beiden Metallisierungsschichten wegzulassen, sei in das Belieben des Fachmanns gestellt.

Des weiteren seien Beschichtungen aufgrund sowohl des Pulverlackverfahrens als auch der Vakuummetallisierung und Kombinationen solcher Beschichtungen dem Fachmann aus dem Stand der Technik bekannt, beispielsweise durch die Entgegenhaltung E2, Seite 2296, Punkt 5, vierter Absatz und Seite 2298, Punkt 6, und Seite 2299, Punkt 7, zweiter Satz und Tabelle 1. Eine Beschichtungskombination, wie sie im Anspruch 1 angegeben werde, läge daher im Rahmen des fachmännischen Wissens und Handelns und erfordere keine erfinderische Tätigkeit.

Ferner werde die Anwendung von PVD-Verfahren beim Beschichten von Kunststoffteilen im Fahrzeugbau in der Entgegenhaltung E10 aufgezeigt. Auch die Anwendung von Vor- und Nachlackierung auf mittels PVD-Verfahrens beschichteten Teilen werde darin angesprochen, siehe Seite 396, letzter Absatz. Da dem Fachmann die Pulverlackierung und die Naßlackierung als die zwei bekannten konventionellen Lackierungsarten bekannt seien, sei es nicht erfinderisch, ein PVD-Verfahren in Kombination mit einem Pulverlackverfahren für die Vor- und Nachlackierung auf ein Substrat zu applizieren und somit zum Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents zu gelangen.

Daher beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Verspätet eingereichte Entgegenhaltungen E11 bis E17

Die Entgegenhaltungen E11 bis E16 wurden eingereicht, um das Bekanntsein der Vakuummetallisierung und der Anwendung vom Pulverlack vor dem Prioritätstag des Streitpatents zu belegen.

Da diese Entgegenhaltungen nicht relevanter als die bereits im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen sind, beschließt die Kammer, ihr Ermessen gemäß Artikel 114 (2) EPÜ auszuüben und die Entgegenhaltungen E11 bis E16 unberücksichtigt zu lassen.

Die Entgegenhaltung E17 wurde eingereicht, um die Bereiche der Härtungstemperaturen und -zeiten bekannter Pulverlacke auf Polyesterbasis zu belegen.

Da diese Information keiner der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen zu entnehmen war, beschließt die Kammer, ihr Ermessen gemäß Artikel 114 (1) EPÜ auszuüben und die Entgegenhaltung E17 zu berücksichtigen.

2. Neuheit

Die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents wurde im Beschwerdeverfahren seitens der Beschwerdegegnerin nicht mehr in Frage gestellt. Da keine der Entgegenhaltungen ein Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents offenbart, ist die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents anzuerkennen.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Nächstkommender Stand der Technik

Der nächstkommende Stand der Technik wird durch die Entgegenhaltung E6 dargestellt. Diese Entgegenhaltung, siehe Anspruch 8, offenbart ein Verfahren zum Beschichten eines Substrats mit einem eine Glanzwirkung hervorrufenden Metall, wobei das Substrat aus einem geeigneten Material besteht, welches bis zu 120°C formbeständig ist (vgl. Spalte 3, Zeile 28), umfassend die Verfahrensschritte in der nachstehenden unmittelbar aufeinanderfolgenden Abfolge:

a) Trockenvakuummetallisierung der unbeschichteten Oberfläche des Substrats zur Bildung einer Metallabscheidung,

b) elektrostatisches Aufsprühen und Aushärten eines Grundüberzugs aus einem transparenten Kunstharz,

c) Trockenvakuummetallisierung des Grundüberzugs zur Bildung einer dekorativen Metallschicht, und

d) Aufbringen und Aushärten eines oberen Überzugs aus einem transparenten Kunstharz.

Bei dem Verfahrensschritten b) und d) handelt es sich um das Aufbringen von Naßlack, da gemäß den Beispielen 1 und 2 flüchtige Stoffe anzutreiben sind.

3.2. Aufgabe

Der Erfindung des Streitpatents liegt die Aufgabe zugrunde, das aus der Entgegenhaltung D6 bekannte Verfahren so zu verbessern, dass ohne Umweltbelastung die Hochglanzmetallisierung eines grundsätzlich beliebigen Materials erzielbar ist, siehe Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 45 bis 49.

3.3. Lösung

Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 des Streitpatents durch die nachstehenden unmittelbar aufeinanderfolgenden Verfahrensschritte gelöst:

a') Aufbringen und Einbrennen einer Pulverlackschicht als Grundschicht unmittelbar auf das Substrat,

b') Beschichten des grundbeschichteten Substrats mit dem die Glanzwirkung hervorrufenden Metall in einer Vakuumkammer, in der ein Plasma-Prozeß stattfindet und

c') anschließendes Aufbringen einer Pulverlackschicht als Deckschicht und Einbrennen dieser.

Durch die Anwendung von umweltfreundlichem Pulverlack sowohl für die Grund- als auch für die Deckschicht und durch die Benutzung einer einzigen, Metallabscheidungen enthaltenden Schicht wird durch den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ein umweltschonendes Beschichtungsverfahren zur Verfügung gestellt.

3.4. Zu dieser erfindungsgemäßen Lösung kann aus dem Stand der Technik aus folgenden Gründen keine Anregung entnommen werden:

In der Entgegenhaltung E6 selbst ist kein Hinweis über die Anwendung einer Pulverlackschicht als Grund- oder als Deckschicht zu finden. Ferner schreibt diese Entgegenhaltung das Aufbringen einer ersten Metallschicht auf das Substrat als wesentliche Maßnahme vor, bevor eine Kunstharzschicht, gefolgt von weiteren Schichten, auf diese ersten Metallschicht aufgebracht wird.

In der Entgegenhaltung E7, siehe ersten Satz der Einleitung, wird sowohl das Bestreben, bei der Leichtmetallräderherstellung, den Naßlack durch Pulverlack zu ersetzen als auch, siehe den ersten vollständigen Satz auf Seite 68, die Umweltfreundlichkeit einer Pulverbeschichtung angesprochen. In dem einzigen, auf der linken Spalte der Seite 68 dieser Entgegenhaltung erwähnten Beispiel der Anwendung einer Pulverlackierung, wird ein Schichtaufbau aus Pulver-Grundierung, Silber-Naßlack und transparentem Naßlack, d. h. eine "Pulverlack + Naßlack" - Kombination vorgeschlagen. Unter der Annahme, der Fachmann würde das Beispiel der Entgegenhaltung E7 auf das aus der Entgegenhaltung E6 bekannte Beschichtungsverfahren anwenden, so würde er zu einem Verfahren gelangen, bei welchem, entsprechend der Lehre der Entgegenhaltung E6, zunächst auf das Substrat eine Metallschicht und darauf anstelle der Naßlackschicht eine Pulver-Naßlack- Schichtkombination auftragen würde.

Aus diesen Gründen kann der Fachmann durch eine Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen E6 und E7 nicht zu der Abfolge der Verfahrensschritte a'), b') und c') gemäß Anspruch 1 des Streitpatents gelangen.

In der Entgegenhaltung E2, siehe Seite 2298, Punkt 6, werden PVD-Techniken zur Beschichtung von Brillengestellen erläutert. Dabei werden im PVD- Verfahren Hartstoffschichten wie Titannitrid aufgebracht, die gegebenenfalls mit einer weiteren Metallschicht, wie z. B. einer Goldschicht, versehen werden. Unter Punkt 5 auf Seite 2296 der gleichen Entgegenhaltung werden als Lackierverfahren für das Anbringen von Vollbeschichtungen auf einer galvanischen Basis das Pulver- und das Nasslackverfahren aufgeführt. Diese werden jedoch an keiner Stelle der Entgegenhaltung E2 im Zusammenhang mit PVD-Techniken erwähnt. Weder die unter Punkt 7 auf Seite 229 der Entgegenhaltung angegebene Information, dass die verschiedenen Beschichtungsarten je nach Bedarf miteinander kombiniert werden können, noch die Tabelle 1 auf Seite 2299 der gleichen Entgegenhaltung geben dem Fachmann eine Anregung zu der im Anspruch 1 des Streitpatents angegebenen speziellen Abfolge einer Pulverlackschicht, einer im Plasma-Prozeß entstandenen Metallisierungsschicht und einer erneuten Pulverlackschicht.

Die Entgegenhaltung E10 ist auf die Anwendung von PVD- Prozessen bei der Metallisierung von Kunststoffteilen gerichtet. In dieser Entgegenhaltung wird sowohl über die Möglichkeit einer Vorlackierung (siehe Seite 396, letzter vollständiger Satz), als auch über die Anwendung einer Mikrowellen-Plasmapolymerisation anstelle von konventionellen Schutzlackierung (Seite 397, zweiter vollständiger Absatz), sowie über die Anwendung einer Naßlackierung auf vorlackierte Teile (Seite 397, drittletzter Absatz) berichtet. Der Fachmann entnimmt der Entgegenhaltung E10 die Information, dass als abschließende Beschichtungsschicht entweder eine Schutzschicht mittels Mikrowellen-Polymerisation (Seite 397, zweiter vollständiger Absatz) oder eine Naßlackschicht (Seite 397, drittletzter Absatz) aufgebracht wird. Die Anwendung von Pulverlack findet in der Entgegenhaltung E10 keine Erwähnung. Daher wird das Aufbringen einer Pulverlackschicht als Grundschicht, einer auf dieser Schicht mittels eines PVD-Prozesses aufgebrachten Metallschicht und einer auf dieser Metallschicht als Deckschicht aufgebrachten Pulverlackschicht durch die Entgegenhaltung E10 dem Fachmann nicht nahegelegt.

Der Argumentation der Beschwerdegegnerin, die Erwähnung der Pulverlacke in einer benachbarten IPK-Untergruppe zu der in der Entgegenhaltung E6 erwähnten IPK-Untergruppe C09D 5/46 und die Dickenangabe im Anspruch 8 der Entgegenhaltung E6 würden den Fachmann dazu verleiten, Pulverlackierung für den Grundüberzug und für den oberen Zberzug des in der Entgegenhaltung E6 offenbarten Verfahrens anzuwenden, kann sich die Kammer aus folgenden Gründen nicht anschließen:

In der Entgegenhaltung E6 wird, um Wärmedeformation der zu beschichtenden Gegenstände zu vermeiden (Spalte 4, Zeilen 3 - 12), sowohl für den Grundüberzug als auch für den oberen Überzug ein UV-Naßlack benutzt (Spalte 2, Zeilen 45 und 58). Die Anwendung eines Pulverlacks wird an keiner Stelle der Entgegenhaltung E6 erwähnt. Im Gegenteil, in allen Ausführungsbeispielen der Entgegenhaltung E6 wird ausschließlich Naßlack verwendet.

Auf Spalte 5, Zeilen 59 - 67 der Entgegenhaltung E6 wird außerdem dokumentiert, dass eine Schichtdicke des oberen Überzugs von 38,1µm im Naßlackverfahren appliziert wird. Somit ist das Argument der Beschwerdegegnerin, dass Schichtdicken oberhalb von 25µm nur durch Pulverlackauftrag möglich sind, nicht haltbar.

Auch die von der Beschwerdegegnerin vorgebrachte Behauptung, dass der auf Seite 2299 der Entgegenhaltung E2, unter der Überschrift "Beschichtungskombinationen" enthaltene Satz, wonach je nach Bedarf die passende Beschichtungskombination gewählt wird, interpretiert in Zusammenhang mit den Beispielen der Tabelle 1 auf Seite 2299 und mit der in der Entgegenhaltung E2 enthaltene Information über die Anwendung eines Pulverlackverfahrens auf einer galvanischen Basis (siehe Seite 2296, rechte Spalte) sowie über die Anwendung von PVD-Techniken bei der Brillenherstellung (siehe Seite 2298) den Fachmann zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents führen würde, kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht nachvollziehen:

Bei allen drei Beispielen der Tabelle 1 der Entgegenhaltung E2 wird eine metallisierende Schicht direkt auf das Grundmaterial aufgetragen. Im letzten Absatz des Kapitels 6 der Entgegenhaltung E2 wird das Aufbringen mittels PVD-Technik von Titannitrid mit einer ca. 0,1 µm dicken Goldauflage erwähnt. Auf Seite 2296, rechte Spalte der Entgegenhaltung E2 wird unter der Überschrift "Lackierverfahren" die Herstellung einer Vollbeschichtung auf einer galvanischen Basis mittels eines Pulverlackverfahrens auf einer galvanischen Basis aufgelistet. Es findet sich kein Hinweis in der Entgegenhaltung E2, die den Fachmann dazu anregen könnte, auf das Substrat, unmittelbar aufeinanderfolgend, eine Pulverlackschicht, eine mittels Plasma-Prozesses aufgebrachte Metallisierungsschicht und eine erneute Pulverlackschicht aufzubringen.

3.5. Aus den o. g. Gründen beruht das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

3.6. Ansprüche 2 bis 12

Das gleiche wie für den Gegenstand des Anspruchs 1 gilt auch für die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 12, welche vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens des Anspruchs 1 darstellen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2.Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückgewiesen, das Patent im geänderten Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Ansprüche: 1 bis 12, wie am 9. Oktober 2003 in der mündlichen Verhandlung eingereicht,

Beschreibung: Spalten 1 bis 6, wie am 9. Oktober 2003 in der mündlichen Verhandlung eingereicht,

Figuren: 1 bis 3, wie erteilt.

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