T 1142/01 () of 26.10.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T114201.20041026
Datum der Entscheidung: 26 October 2004
Aktenzeichen: T 1142/01
Anmeldenummer: 95105620.9
IPC-Klasse: B65H 5/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zur Anpassung des Unterdruckes in einem Saugbandzuführtisch eines Bogenanlegers
Name des Anmelders: Heidelberger Druckmaschinen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: MAN Roland Druckmaschinen AG
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Patent Nr. 0 680 908 Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der im Artikel 100 a) EPÜ genannte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünde.

III. Am 26. Oktober 2004 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

a) Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdeführerin stützte ihre Argumentation im wesentlichen auf folgende Entgegenhaltungen:

D3: EP 0 454 011 A und

D8: EP 0 134 526 B.

b) Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Vorrichtung zur Anpassung des Unterdruckes in einem Saugbandzuführtisch eines Bogenanlegers an sich während der Bogenförderung ändernde Betriebsbedingungen, mit mindestens einem endlosen, umlaufend antreibbaren Förderband (9), welches mit Saugöffnungen versehen ist, und einen Bogen an vorgesehene Vordermarken (11) transportiert, mit einer Seitenausrichtvorrichtung zum seitlichen Ausrichten des jeweils vordersten Bogens eines geschuppten Bogenstromes, mit einem unterhalb einer Förderebene angeordneten Saugkasten, der in Bogenforderrichtung gesehen, in mehrere Saugkammern (I, II, III) unterteilt ist, die unterdruckbeaufschlagbar sind, dadurch gekennzeichnet, daß allen Saugkammern (I, II, III) ein gemeinsamer Saugstutzen (38) zugeordnet ist und daß die Saugkammer (II) mittels eines Absperrelementes (17) wahlweise mit dem gemeinsamen Saugstutzen (38) oder einer Belüftungsöffnung schaltbar ist."

V. Die Beschwerdeführerin hat während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Entgegenhaltung D8 offenbare, siehe Figur 1, eine Vorrichtung mit allen Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Streitpatents. Zusätzlich sei gemäß der Entgegenhaltung D8 bei geschlossener Drosselklappe 13 einerseits die Saugkammer 5 nicht mehr mit dem Lüfter 6 verbunden und andererseits werde, wenn die letzten Bögen über den Saugbändertisch gelaufen sind, der Saugkammer 5 Außenluft durch die Saugöffnungen 10 der Transportbänder 7 zugeführt. Somit sei auch die im kennzeichnenden Teil des Anspruch 1 des Streitpatents beschriebene Funktion der wahlweisen Verbindung einer Saugkammer mit einem Saugstützen und einer Belüftungsöffnung aus der Entgegenhaltung D8 bekannt.

Die Entgegenhaltung D3 zeige, siehe Figur 1, auch einen Saugbandzuführtisch, der zwei hintereinander angeordnete Saugkammern 13, 14 aufweise, die mit einem gemeinsamen Saugstützen 17 verbunden seien. Dabei sei die den im Bogenlaufrichtung mittleren und hinteren Bereich des Saugbändertisches abdeckende Saugkammer 14 mittels einer Drosselklappe 20 im Bedarfsfall von dem gemeinsamen Saugstützen 17 gesteuert trennbar. Genauso wie bei der Entgegenhaltung D8 wirkten auch hier die Perforationen 7 der Transportbänder 4 als Belüftungsöffnungen, sobald die letzten Bögen über den Saugbändertisch gelaufen seien.

Durch die Tatsache, daß gemäß den Entgegenhaltungen D8 und D3 jeweils eine zweite kleine Saugkammer am ab- bzw. zuführenden Bereich des Saugbandführtisches vorgesehen sei, erkenne der Fachmann, daß der entsprechende ab- und zuführende Bereich mit einer zusätzlichen Saugkammer vorgesehen werden könne, solange im mittleren Bereich eine geregelte Saugkammer vorhanden sei. Somit werde ihm die Maßnahme nahegelegt, drei Saugkammern mit einer mittleren, druckgeregelten Saugkammer vorzusehen.

Aus diesen Gründen werde dem Fachmann die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents durch die Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen D8 und D3 nahegelegt.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Sowohl das Merkmal, daß drei Saugkammern ein gemeinsamer Saugstutzen zugeordnet ist, als auch das Merkmal, daß die mittlere Saugkammer mittels eines Absperrelementes wahlweise mit dem gemeinsamen Saugstutzen oder einer Belüftungsöffnung schaltbar ist, seien den Entgegenhaltungen D8 und D3 nicht zu entnehmen.

Somit könne der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents durch eine Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen D8 und D3 nicht nahegelegt werden.

Entscheidungsgründe

1. Auslegung des Gegenstands des Anspruchs 1

Die Kammer stimmt mit den Parteien überein, daß die Ausdrücke im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 des Streitpatents "in mehrere Saugkammern (I,II,III)" und "die Saugkammer (II)" anhand der Beschreibung und der Figuren als "in drei Saugkammern (I,II,III)" und "die mittlere Saugkammer (II)" zu interpretieren sind.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1. Nächstkommender Stand der Technik

Der nächstkommende Stand der Technik wird unbestritten durch die Entgegenhaltung D8 dargestellt. Diese Entgegenhaltung offenbart in den Figuren 1 und 2 eine Vorrichtung zur Anpassung des Unterdruckes in einem Saugbandzuführtisch für einen geschuppten Bogenstrom mit endlosen, umlaufend antreibbaren Förderbändern 7, 16, welche mit Saugöffnungen versehen sind und einen Bogen an vorgesehene Vordermarken transportieren, und mit einer Seitenausrichtvorrichtung zum seitlichen Ausrichten des jeweils vordersten Bogens des geschuppten Bogenstromes. Hierbei ist dieser Saugbandzuführtisch mit zwei unterhalb der Förderebene hintereinander angeordneten Saugkammern 5, 19 ausgestattet, welche den Förderbändern 7, 16 zugeordnet sind. Die erste, größere Saugkammer 5 weist eine Drosselklappe 13 auf, welche den Luftdurchsatz des Lüfters 6 steuert, siehe Spalte 4, Zeile 48 bis Spalte 5, Zeile 12. Die zweite Saugkammer 19 weist ein eigenes Saugelement 17 mit einer von dem Lüfter 6 unabhängigen Saugluftquelle auf, siehe Spalte 5, Zeilen 18 bis 31.

2.2. Aufgabe

Der Erfindung des Streitpatents liegt die Aufgabe zugrunde, die Anpassungsfähigkeit der Unterdruckbedingungen an einem Zuführtisch für einen geschuppten Bogenstrom an die jeweilige Betriebsphase zu beschleunigen.

2.2.1. Lösung

Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 des Streitpatents dadurch gelöst, daß drei Saugkammern vorgesehen sind, denen ein gemeinsamer Saugstutzen zugeordnet ist, und daß die mittlere Saugkammer mittels eines Absperrelementes wahlweise mit dem gemeinsamen Saugstutzen oder einer Belüftungsöffnung schaltbar ist.

Durch das Absperrelement ist eine abrupte Reduzierung des in der Förderebene wirksamen Unterdruckes möglich, wodurch insbesondere eine schnelle und sichere Förderung auch des letzten Bogens eines Bogenstroms gewährleistet wird.

2.2.2. Zur dieser erfindungsgemäßen Lösung kann aus dem Stand der Technik aus folgenden Gründen keine Anregung entnommen werden:

Sowohl die Entgegenhaltung D8 als auch die Entgegenhaltung D3 vermitteln dem Fachmann die Lehre, zwei Saugkammern vorzusehen, nämlich eine große, den mittleren und den zu- bzw. abführenden Bereich des Saugbandzuführtisches abdeckende Saugkammer und eine kleinere, den jeweiligen verbleibenden ab- bzw. zuführenden Bereich des Saugbandzufuhrtisches abdeckende Saugkammer. Ein Hinweis zu einen Abkehr von diesem dualen Saugkammernprinzip hin zu einer Vorrichtung mit drei Saugkammern ist weder in der Entgegenhaltung D8 noch in der Entgegenhaltung D3 zu finden. Die diesbezügliche Behauptung der Beschwerdeführerin, der Fachmann könne ohne weiteres erkennen, daß die zwei Saugkammern in den Vorrichtungen gemäß den Entgegenhaltungen D8 oder D3 durch eine zusätzliche dritte Saugkammer ergänzt werden könnten, ist angesichts dieses Standes der Technik als unzulässige rückschauende Betrachtungsweise zurückzuweisen. Somit kann das erste Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Streitpatents, nämlich, daß drei Saugkammern ein gemeinsamer Saugstutzen zugeordnet ist, durch die Lehren der Entgegenhaltungen D8 und D3 nicht nahegelegt werden.

Auch das zweite Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Streitpatents, nämlich, daß die mittlere Saugkammer mittels eines Absperrelementes wahlweise mit dem gemeinsamen Saugstutzen oder einer Belüftungsöffnung schaltbar ist, kann weder durch die Entgegenhaltung D8 noch durch die Entgegenhaltung E3 nahegelegt werden. Da sowohl die Entgegenhaltung D8 als auch die Entgegenhaltung D3 keine mittlere Saugkammer offenbaren, können sie zum einen keine Information über die Schaltbarkeit einer solchen Saugkammer vermitteln. Zum anderen erfolgt die von der Beschwerdeführerin angesprochene Belüftung der Saugkammern 5 und 14 gemäß den Entgegenhaltungen D8 und D3 durch die Saugöffnungen der Transportbänder, wenn die letzten Bögen eines Stapels abgeführt werden und die Saugöffnungen freigegeben; d. h. es sind die Bögen selbst bzw. deren Bewegungen, die die Belüftung der Saugkammer ermöglichen und nicht ein schaltbares Absperrelement, wie es im Anspruch 1 des Streitpatents definiert ist.

2.2.3. Daher beruht die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

2.2.4. Das gleiche wie für den Gegenstand des Anspruchs 1 gilt auch für die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 11, welche vorteilhafte Ausgestaltungen der Vorrichtung des Anspruchs 1 darstellen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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