European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2004:T084001.20040504 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 Mai 2004 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0840/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95930440.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | C11D 17/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Flüssiges Mittel zum Waschen oder Reinigen mit Bleiche | ||||||||
Name des Anmelders: | Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Unilever N.V. | ||||||||
Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausführbarkeit der Erfindung (ja) Neuheit (ja) - keine Zusammenschau bestimmter Mengenangaben in einem Beispiel und allgemeinen Mengenangaben in der Beschreibung einer Entgegenhaltung Erfinderische Tätigkeit (ja) - Beschwerdeführerin trägt die Beweislast, nachzuweisen, ob die im Streitpatent genannte technische Aufgabe gegenüber dem von ihr selbst eingeführten Stand der Technik durch die Erfindung gelöst wird oder nicht |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 95 930 440.3 (Internationale Veröffentlichungsnummer WO-A-96/05284) wurde das europäische Patent Nr. 0 777 722 mit 20 Patentansprüchen erteilt. Die unabhängigen Ansprüche haben folgenden Wortlaut:
"1. Nicht-wäßriges, maximal 5 Gew.-% freies Wasser enthaltendes, flüssiges Mittel zum Waschen oder Reinigen, enthaltend mehr als 20 bis weniger als 78 Gew.- % nicht-ionische Tenside, 0.1 bis 4 Gew.-% anionische Tenside, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus C6-C22- Alkyl-sulfaten, C8-C18-Alkansulfonaten, Alkylbenzolsulfonaten und/oder Fettsäureseifen, 1 bis weniger als 20 Gew.-% wasserlösliche Buildersubstanzen und mehr als 20 bis 35 Gew.-% Bleichmittel.
12. Verfahren zur Herstellung eines nicht-wäßrigen Flüssigwaschmittels, welches mehr als 20 bis weniger als 78. Gew.-% nichtionische Tenside, 0.1 bis 4 Gew.-% anionische Tenside, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus C6-C22-Alkylsulfaten, C8-C18-Alkanolsulfonaten, Alkylbenzolsulfonaten und/oder Fettsäureseifen, 1 bis weniger als 20 Gew.-% wasserlösliche Buildersubstanzen und mehr als 20 bis 35 Gew.-% Bleichmittel enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die enthaltenen Feststoffe oder Teilmengen davon mit den nichtionischen Tensiden oder Teilmengen davon vorgemischt und derart vermahlen werden, daß die Temperatur des Gemisches 45 °C nicht überschreitet."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 20 betreffen besondere Ausgestaltungen der Gegenstände nach Anspruch 1 bzw. 12.
II. Gegen die Patenterteilung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) wegen unzureichender Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) sowie wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ) Einspruch erhoben. Sie stützte sich dabei unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen:
D1: EP-A-0 448 581,
D2: WO-A-93/22412, und
D4: EP-A-0 339 998.
Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung wurden von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) geänderte Anspruchssätze in zwei Hilfsanträgen und von der Beschwerdeführerin die folgenden weiteren Dokumente eingereicht:
D12: "Surfactants, Detergents and Sequestrants, Developments since 1979", J. I. DiStasio (Ed.), Noyes Data Corp. 1981, Seiten 79 bis 80, und
D13: "Second World Conference on Detergents, Looking Toward the 90's", A. R. Baldwin (Ed.), 1986/7, Seite 169.
III. In ihrer Entscheidung war die Einspruchsabteilung zur Auffassung gelangt, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 und 12 des Streitpatents in der erteilten Fassung die Bedingungen des Artikels 100 b) EPÜ erfülle. Er sei auch neu und erfinderisch, weil keine der zitierten Entgegenhaltungen die Gesamtheit seiner Merkmale vorwegnehme oder den Fachmann anrege, durch diese Merkmale die laut Streitpatent gestellte technische Aufgabe zu lösen, nämlich ein lagerstabiles, bleichmittelhaltiges, nichtwässriges Flüssigwaschmittel bereitzustellen.
IV. Die Beschwerdeführerin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Gemäß Antrag beider Parteien wurde für den 2. März 2004 zu einer mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer geladen.
V. Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde im Wesentlichen wie folgt begründet:
- Die Patentschrift enthalte keinerlei Beispiele. Daraus resultiere unzureichende Offenbarung des Patentgegenstandes (Artikel 100 b) EPÜ), da nicht feststellbar sei,
- ob der Gegenstand des Streitpatents Aniontenside vom Typ freier Sulfonsäuren umfasse, und ob mit solchen Säuren die Erfindung umgesetzt werden könne;
- ob Metasilikat ein wasserlöslicher Builder im Sinne des Streitpatents sei; und
- inwiefern die im Streitpatent genannte technische Aufgabe gelöst werde, weil Begriffe wie "stabile Dispersion" und "Aktivität der ... Substanzen" nicht definiert seien.
- Der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents sei nicht neu gegenüber Beispiel 3 in D4. Zwar sei der Gehalt an Perborat in diesem Beispiel etwas geringer, aber nach der allgemeinen Lehre von D4 könne ein solches Bleichmittel in einer Menge von bis zu 25 Gew.-% eingesetzt werden. Eine Zusammenschau dieser Informationen zum Zwecke der Neuheitsbewertung sei - gemäß Entscheidung T 332/87 - im vorliegenden Fall zulässig, da es für den Fachmann keine Gründe gäbe, sie nicht zu kombinieren.
- Beispiel 3 in D4 käme dem Gegenstand nach Anspruch 1 so nahe, daß dieser in Abwesenheit eines überraschenden technischen Effektes von vornherein als nahe liegend zu bewerten sei. Das gleiche gelte für die Beispiele 2 und 3 in D1, weil davon auszugehen sei, daß - korrekter Interpretation des Streitpatents zufolge - Metasilikat kein Builder sei. Der Gegenstand nach Anspruch 12 sei offensichtlich naheliegend, weil er lediglich ein Mischverfahren bei niedrigen Temperaturen beinhalte.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat sich auf ihren Vortrag im Einspruchsverfahren berufen und die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
VII. Mit Schreiben vom 19. Januar 2004 hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen sowie mitgeteilt, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Sie hat ferner eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.
VIII. Mit Telefax vom 25. Februar 2004 hat die Kammer den Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben.
Entscheidungsgründe
1. Offenbarung der Erfindung (Artikel 100 b) EPÜ)
1.1. Der Einwand mangelnder Offenbarung der Erfindung basiert im Wesentlichen auf der Tatsache, daß der Gegenstand des Streitpatents in der Patentschrift nicht durch Beispiele illustriert ist. Daraus resultiere nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht nur Unsicherheit bezüglich des Umfangs der Erfindung im Hinblick auf die einzusetzenden Aniontenside und Buildersubstanzen, sondern auch im Hinblick auf den Zweck der Erfindung. Insbesondere sei die Erfindung deshalb unvollständig offenbart, da unter den Parteien strittig sei, ob gemäß seinem Wortlaut Anspruch 1 Mittel umfasse, die als Aniontenside freie Sulfonsäuren und/oder als wasserlösliche Builder Metasilikat enthalten.
1.2. Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist einerseits eine Wasch- und Reinigungszusammensetzung, andererseits ein Verfahren zur Herstellung dieser Zusammensetzung.
Zweck der Erfindung ist somit, ein Mittel bereit- zustellen, das sich zum Waschen und Reinigen eignet.
Während in Anspruch 1 die Zusammensetzung des Mittels definiert ist, d. h. die Einzelkomponenten, aus denen es besteht, und deren Mengenanteile angegeben sind, beschreibt Anspruch 12 ein Herstellungsverfahren, das darin besteht, diese Einzelkomponenten zu vermischen und derart zu vermahlen, daß keine Erwärmung der Zusammensetzung auf eine Temperatur von über 45 °C erfolgt.
1.3. Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, daß der Fachmann ein solches Mischverfahren durchführen kann, scheint aber die Auffassung zu vertreten, es müsse darüber hinaus auch offenbart sein, daß und in welchem Ausmaß die im Streitpatent genannte technische Aufgabe durch den Streitgegenstand gelöst worden ist (siehe oben unter V.). Diese Frage ist aber nicht im Zusammenhang mit der Offenbarung der Erfindung im Sinne von Artikel 100 b) EPÜ, sondern unter dem Aspekt der erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ zu diskutieren (siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 4. Auflage 2001, Kapitel I.D.4.4).
1.4. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, daß sowohl die Komponenten, die als Aniontenside verwendbar sind, als auch jene, die als wasserlösliche Builder in Frage kommen, in der Patentschrift definiert werden. Danach werden im weitesten Sinne die Aniontenside aus der Gruppe der Alkylsulfate, Alkan- bzw. Alkylbenzol-sulfonate und Fettsäureseifen ausgewählt (Spalte 5, Zeilen 14 bis 17), während als wasserlösliche Buildersubstanzen ausdrücklich alle wasserlöslichen organischen und anorganischen Buildersubstanzen geeignet sind (Spalte 5, Zeilen 44 bis 46). Bevorzugte Varianten aus diesen Gruppen sind spezifisch angegeben (Spalte 5, Zeilen 17 bis 41 und Spalte 5, Zeile 46 bis Spalte 6, Zeile 12). Freie Sulfonsäuren und Metasilikat sind in der Patentschrift nicht ausdrücklich erwähnt. Ein Mangel an Offenbarung könnte aber dann vorliegen, wenn die Patentschrift bezüglich ihrer Inhaltsstoffe widersprüchliche Angaben enthielte oder diese Angaben an sich für einen Fachmann unverständlich oder zumindest zweifelhaft wären.
1.5. Dies ist aber hier nicht der Fall und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht. Vielmehr ist die Frage, ob freie Sulfonsäuren und Metasilikat unter die im Streitpatent genannten Definitionen fallen, eine reine Bewertungsfrage des technischen Inhalts der Definitionen. Diesbezüglich haben die Parteien gegensätzliche Auffassungen vertreten. Nach Meinung der Beschwerdeführerin seien freie Sulfonsäuren Aniontenside im Sinne des Streitpatents, aber Metasilikate keine wasserlöslichen Builder, weder gemäß Patentschrift, noch nach allgemeinem Stand der Technik gemäß D12 und D13.
1.6. Welche Auffassung tatsächlich zutrifft, ist aber für die Belange des Artikels 100 b) EPÜ unerheblich, denn nach dieser Rechtsvorschrift ist eine Erfindung dann ausreichend offenbart ist, wenn sie von einen Fachmann anhand der Patentschrift ausgeführt kann.
1.7. Die Beschwerdeführerin hat aber nicht geltend gemacht, geschweige denn nachgewiesen, daß eine Zusammensetzung nach Anspruch 1 existiert, ob mit oder ohne Sulfonsäure als Aniontensid bzw. Metasilikat als Builder, die der Fachmann nicht herzustellen vermag oder die technisch, d. h. als Wasch- und Reinigungsmittel, unbrauchbar wäre.
1.8. Die Kammer hat daher keinen Grund, von der Beurteilung der Vorinstanz abzuweichen und kommt zu dem Ergebnis, daß die Bedingungen des Artikels 100 b) EPÜ erfüllt sind.
2. Neuheit
2.1. Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 durch D4, insbesondere Beispiel 3 in Kombination mit der Beschreibung, neuheitsschädlich vorweggenommen sei. Zwar sei der Bleichmittelgehalt im Beispiel geringer als beim Streitgegenstand, aber aus der Beschreibung sei bekannt, daß der Anteil an Bleichmittel bis zu 25 Gew.-% betragen könne.
Die Beschwerdeführerin hat sich dabei auf die Entscheidung T 332/87 (nicht veröffentlicht im ABl. EPA) berufen, wonach mangelnde Neuheit auch dann festzustellen ist, wenn sie sich aufgrund einer Kombination unterschiedlicher Teile einer Entgegenhaltung ergibt, sofern es für den Fachmann keine Gründe gibt, eine solche Kombination nicht vorzunehmen.
2.2. Diese Entscheidung betraf eine beanspruchte Zusammensetzung, die sich vom Produkt eines in einem Beispiel der Entgegenhaltung illustrierten Verfahrens zur Herstellung eines Copolymers durch einen zusätzlichen Gehalt an Füllstoff unterschied. Nach der allgemeinen Lehre der Entgegenhaltung war dieses Produkt aber auch in Mischung mit Füllstoffen als Klebemittel vorgeschlagen worden. Da die Mengenverhältnisse von Copolymer und Füllstoff dort keine Rolle spielten, war mangelnde Neuheit gegenüber dieser Entgegenhaltung festgestellt worden (siehe Gründe Nr. 2.2 bis 2.5).
Im vorliegenden Fall aber geht es gerade um die Mengenverhältnisse, d. h. die prozentuale Zusammensetzung aus Einzelkomponenten, sowohl beim Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents als auch in Beispiel 3 von D4. Hierbei sind die Mengenanteile der Einzelkomponenten per definitionem nicht unabhängig voneinander, weil die Veränderung des Anteils einer Komponente grundsätzlich die Veränderung des Anteils mindestens einer weiteren Komponente nach sich zieht. Daher ist die Entscheidung T 332/87 für den vorliegenden Fall nicht relevant.
2.3. Die aus Beispiel 3 von D4 bekannte Zusammensetzung besteht aus 42.95 Gew.-% Plurafac RA30 als nichtionisches Tensid, 0.25 Gew.-% freie Dodecylbenzolsulfonsäure (ABSA) als Aniontensid, 5.5. Gew.-% Natrium-Metasilikat, 24 Gew.-% Zeolith, 6 Gew.-% Sokolan CP5, 1 Gew.-% Natrium-Carboxymethylcellulose, 15 Gew.- % Natriumperborat als Bleichmittel, 4 Gew.-% Natriumcarbonat sowie 1.3 Gew.-% weiterer geringfügiger Zusätze (D4, Beispiel 3).
Sie unterscheidet sich daher vom Gegenstand nach Anspruch 1 grundsätzlich durch einen geringeren Anteil an Bleichmittel (15 anstelle von mehr als 20 Gew.%).
Es ist zwar richtig, daß nach D4 auch mehr als 20. Gew.-% Bleichmittel verwendet werden kann, da als Vorzugsbereich hierfür 10 bis 25 Gew.-% genannt wird (Spalte 8, Zeile 65. Nach der allgemeinen Lehre von D4 sind aber Aniontenside nicht zwingender Bestandteil der Zusammensetzung (Anspruch 1 und Spalte 5, Zeilen 12 bis 36). Daher ist fraglich, ob bei Erhöhung des Bleichmittelgehaltes in Beispiel 3 auf über 20 Gew.-% im Gemisch Aniontenside überhaupt noch vorhanden sein müssen. Eine Kombination des allgemeinen Teils von D4 mit dessen Beispiel 3 führt daher nicht zwangsläufig zum Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents.
Die Kammer hat nicht übersehen, daß in der bevorzugten Mischung gemäß Anspruch 6 von D4 ABSA zu mindestens 0.1% vorhanden ist. Dieser Gehalt an Aniontensid ist aber wiederum nicht notwendigerweise verbunden mit einem Gehalt von mehr als 20% nichtionischem Tensid oder Bleichmittel.
Daher sind die Mittel des Anspruchs 1 des Streitpatents in D4 nicht eindeutig und unmittelbar beschrieben.
2.4. Infolgedessen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents durch den in D4 offenbarten Stand der Technik nicht neuheitsschädlich vorweggenommen ist.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Das Streitpatent betrifft ein flüssiges, nichtwässriges Mittel zum Waschen oder Reinigen, das neben einem Bleichmittel nichtionische Tenside, anionische Tenside und Builder enthält, sowie ein Verfahren zur Herstellung dieses Mittels (Spalte 1, Zeilen 3 bis 7). Solche Mittel sind grundsätzlich bekannt, beispielsweise aus dem im Streitpatent zitierten Stand der Technik (Spalte 1, Zeile 22 bis Spalte 2, Zeile 10).
Ein bisher nicht befriedigend gelöstes Problem bei solchen Waschmitteln besteht laut Patentschrift darin, daß die bekannten Mittel nur beschränkt stabil sind. Insbesondere sei nachteilig, daß Enzyme nicht gleich- zeitig vorhanden sein können, weil das Bleichmittel nicht als stabile Dispersion vorliege, daß die bekannten Mittel zur Gelbildung neigen und daher nur beschränkt lagerstabil seien, und daß es schwierig sei, die Waschmittel als stabile bleichmittelhaltige Dispersionen herzustellen (Spalte 2, Zeile 11 bis 52).
Die dem Streitpatent zugrunde liegende technische Aufgabe besteht daher darin, ein stabiles flüssiges Mittel zum Waschen und Reinigen bereitzustellen, welches - selbst bei langer Lagerzeit - feste Bleichmittel in Form einer stabilen Dispersion enthält sowie gegebenenfalls auch gegenüber Bleichmittel empfindliche Komponenten, wobei die Aktivität der enthaltenen Substanzen nicht beeinträchtigt wird (Spalte 2, Zeile 53 bis Spalte 3, Zeile 5).
3.2. Die Beschwerdeführerin betrachtet die Beispiele 2 und 3 in D1 oder Beispiel 3 in D4 als geeigneten Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.
Beide Dokumente betreffen ebenfalls flüssige, nichtwässrige Wasch- und Reinigungsmittel, die neben Tensiden und Buildern auch Bleichmittel enthalten (D1, Seite 2, Zeilen 3 bis 5; D4, Spalte 1, Zeilen 3 bis 6 und Spalte 5, Zeilen 23 bis 26 in Verbindung mit Spalte 7, Zeilen 48 bis 52).
D1 behandelt die Bereitstellung von Mitteln, die den hohen Anforderungen in gewerblichen Wäschereien genügen (Seite 2, Zeilen 21 bis 23) und D4 die unerwünschte Gasentwicklung bei Anwesenheit von Alumosilikat-Buildern (Spalte 1, Zeilen 7 bis 13). Keines dieser Dokumente befaßt sich daher mit dem speziellen, im Streitpatent genannten Problem.
Infolgedessen ist keines der beiden Dokumente als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit besonders zu bevorzugen.
3.3. Nach Meinung der Beschwerdeführerin kommen die Beispiele 2 und 3 in D1 bzw. Beispiel 3 in D4 dem Gegenstand nach Anspruch 1 so nahe, daß dieser in Abwesenheit eines überraschenden technischen Effektes als prima facie nahe liegend anzusehen sei. Da ein solcher besonderer Effekt von der Beschwerdegegnerin nicht nachgewiesen worden sei, sei nicht erkennbar, worin die nicht nahe liegende Lösung eines technischen Problems bestehen solle.
3.4. Die Beschwerdeführerin übersieht hierbei, daß zur objektiven Ermittlung der erfindungsgemäß gelösten technischen Aufgabe zunächst von der im Streitpatent formulierten Aufgabe auszugehen ist. Eine Neu-formulierung der Aufgabe kann aber erforderlich werden, wenn die angegebene Aufgabe nicht gelöst wurde oder die Aufgabe gegenüber einem anderen als dem im Streitpatent hierfür herangezogenen Stand der Technik definiert werden muss (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 4. Auflage 2001, Kapitel I.D.4.3 und I.D.4.5).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß im Mehrparteienverfahren jede Partei die Beweislast für die von ihr vorgebrachten Tatsachenbehauptungen trägt. Ist eine erstinstanzliche Entscheidung zugunsten einer Partei ergangen, so ist insbesondere zu beachten, daß im Einspruchsbeschwerdeverfahren die Beweislast in dem Sinn auf die andere Partei übergeht, als diese jene Tatsachen beweisen muss, die zu einer für sie günstigen Entscheidung führen sollen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 4. Auflage 2001, Kapitel VI.J.6.2).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin selbst die Dokumente D1 und D4 ins Verfahren eingebracht. Es hätte somit an ihr gelegen, entweder nachzuweisen, daß durch diesen Stand der Technik die im Streitpatent genannte technische Aufgabe bereits gelöst wurde, oder daß der Anspruchsgegenstand diese Aufgabe gegenüber diesem Stand der Technik nicht löst.
Da ein solcher Nachweis von der Beschwerdeführerin nicht erbracht wurde, hat die Kammer keinerlei Veranlassung anzunehmen, daß die im Streitpatent angegebene technische Aufgabe (siehe oben 3.1), nämlich ein insgesamt stabiles, bleichmittelhaltiges, flüssiges Wasch- und Reinigungsmittel bereitzustellen, gegenüber D1, Beispiele 2 und 3, oder D4, Beispiel 3, durch den Anspruchsgegenstand nicht gelöst wird.
3.5. Somit bleibt zu untersuchen, ob die beanspruchte Lösung dieser Aufgabe auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3.5.1. Die aus den Beispielen 2 und 3 der Entgegenhaltung D1 bekannten Mittel bestehen aus 2 Gew.-% Natriumsalz einer Alkylbenzolsulfonsäure (ABS) und 0.4 Gew.-% Seife als anionische Tenside, 30 Gew.-% nichtionische Tenside, 5 Gew.-% NTA, 2.5 bzw. 2 Gew.-% HEDP und 7.5 bzw. 8 Gew.-% an Copolymeren als wasserlösliche, komplexierend wirkende und Erdalkalimetallionen-bindende Buildersalze, 30.2 bzw.30.3 Gew.- % Metasilikat, 20 Gew.-% Perborat, 2 Gew.-% Celluloseether, 0.3. bzw. 0.2 Gew.-% Aufheller sowie 0.1 Gew.-% Wasser (siehe auch Anspruch 1 und Seite 2, Zeile 2 bis Seite 3, Zeile 21).
Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, daß nach allgemeinem Fachwissen gemäß D12 und D13 Metasilicat kein wasserlöslicher Builder sei. Zwar werde in D2 Metasilicat diesen Substanzen zugerechnet (Seite 10, Zeilen 16 bis 18), dies sei aber nicht in Übereinstimmung mit dem genannten allgemeinen Fachwissen. Daher müsse die mit der Formel (I) (NaMSixO2x+1·yH2O; Spalte 6, Zeile 3) im Streitpatent angegebene Definition der silikatischen Builder berücksichtigt werden. Danach seien Metasilikate aber prinzipiell als Builder ausgeschlossen. Der Gegenstand nach Anspruch 1 unterscheide sich von den Zusammensetzungen der Beispiele 2 und 3 in D1 somit nur durch einen etwas höheren Gehalt an Perborat, nämlich von mehr als 20 Gew.-%.
Dieses Argument überzeugt nicht. Zwar wird Metasilikat in D12 nicht ausdrücklich als Buildersubstanz erwähnt (Seite 79, vorletzter vollständiger Absatz und Seite 80, dritter vollständiger Absatz), dafür aber in D13 als solche bezeichnet, obwohl auf seine abnehmende Bedeutung hingewiesen wird (Seite 169, Kapitel "Sodium Silicate"). Somit steht die Aussage in D2 nicht im Widerspruch zum allgemeinen Fachwissen. Vielmehr bestätigt dieses Dokument gut ein Jahr vor dem ältesten Prioritätstag des Streitpatents ausdrücklich, daß Metasilikat tatsächlich als Buildermaterial in flüssigen Reinigungsmitteln gilt (D2, Seite 10, Zeilen 16 bis 19). Da außerdem nach der breitesten Definition im Streitpatent alle wasser- löslichen organischen und anorganischen Builder- substanzen als Komponenten der beanspruchten Mittel geeignet sind, und die Silikate der Formel (I) nur als "insbesondere" geeignet angegeben werden (Spalte 5, Zeile 58 bis Spalte 6, Zeile 6), muss Metasilikat auch im Sinne des Streitpatents diesen Buildersubstanzen zugerechnet werden.
Der tatsächliche Beitrag des Streitpatents zum Stand der Technik gemäß D1, Beispiele 2 und 3, besteht daher nicht nur in einem höheren Bleichmittelgehalt der Zusammensetzung, sondern vor allem auch in einem sehr viel geringeren Gehalt an wasserlöslichem Builder.
3.5.2. Bezüglich der aus Beispiel 3 von D4 bekannten Zusammensetzung: siehe oben unter 2.3.
Der Beitrag des Streitpatents zu diesem Stand der Technik ist in einem deutlich höheren Gehalt der Zusammensetzung an Bleichmittel zu sehen (mehr als 20. Gew.-% anstelle von 15 Gew.-%).
3.6. Die Beschwerdeführerin hat weder Argumente noch Beweismittel vorgebracht, aus denen ableitbar wäre, daß ein Fachmann - ausgehend von den genannten Beispielen in D1 oder D4 und in der Erwartung, ein insgesamt stabiles, bleichmittelhaltiges Flüssigwaschmittel zu erhalten - den Gehalt an Bleichmittel erhöht und gegebenenfalls weniger Buildermaterial verwendet hätte. Auch der Kammer sind keine Hinweise auf derartiges fachmännisches Handeln bekannt. Im Gegenteil, allein schon die unwiderlegte Feststellung, daß es Schwierigkeiten bereitet, die festen Bleichmittel stabil zu dispergieren, (Streitpatent, Spalte 2, Zeilen 41 bis 52) hätte den Fachmann nach Überzeugung der Kammer davon abhalten, gerade diese Komponente in größeren Mengen einzusetzen.
3.7. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 weder durch die Beispiele 1 und 2 von D1 noch durch Beispiel 3 von D4 nahe gelegt ist.
Dies gilt aus gleichen Gründen auch für das Verfahren nach Anspruch 12.
Der Gegenstände nach den Ansprüchen 1 und 12 beruhen somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 20 betreffen besondere Ausführungsformen der Gegenstände nach den Ansprüchen 1 oder 12 und werden von deren Patentfähigkeit getragen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.