European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T081601.20030918 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 September 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0816/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96116464.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65B 57/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zum Herstellen von Zigarretten-Verpackungen | ||||||||
Name des Anmelders: | Focke & Co.(GmbH & Co.) | ||||||||
Name des Einsprechenden: | G.D S.p.A | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Nächstkommender Stand der Technik; Erfinderische Tätgikeit (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer (Einsprechender) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des Patents Nr. 0 770 551 in geändertem Umfang Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die im Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang nicht entgegenstünden.
II. Am 18. September 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
i) Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
ii) Der Beschwerdegegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der geänderten Ansprüche gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 5, eingereicht mit Schreiben vom 4. September 2003.
iii) In der mündlichen Verhandlung wurde auf folgende Entgegenhaltungen Bezug genommen:
D1: DE-A-1 958 738
D2: US-A-3 563 377
D5: FR-A-2 216 179
D7: EP-A-0 605 838.
III. Der Anspruch 1 des Streitpatents gemäß Zwischenentscheidung lautet wie folgt:
"1. Vorrichtung zum Herstellen von Verpackungen (10), insbesondre Zigaretten-Verpackungen, deren Packungsinhalt im Bereich eines Faltaggregats in wenigstens einen Zuschnitt aus Verpackungsmaterial eingehüllt wird, mit einem Endlosförderer (15) zum Zuführen der Verpackungen (10) an einen Abförderer (19), welcher die Verpackungen (10) abtransportiert, wobei einzelne, ausgewählte, ganz oder teilweise fertiggestellte Verpackungen (10) durch einen als drehend angetriebenes Ausschleuserad (26) ausgebildeten Entnahmeförderer vom Endlosförderer (15) durch Abheben aus dem Förderfluß abnehmbar und einem gesonderten Packungsförderer (45) zuführbar sind, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
a) das Ausschleuserad (26) weist am Umfang mehrere im Abstand voneinander angebrachte Aufnahmen (27) zum gezielten Erfassen einzelner Verpackungen (10) auf,
b) das Ausschleuserad (26) ist synchron mit dem Endlosförderer (15) drehbar,
c) zum Erfassen einer Verpackung (10) ist eine der Verpackung (10) zugeordnete Aufnahme (27) des Ausschleuserads (26) bei Anlage an der Verpackung (10) aktivierbar,
d) das Ausschleuserad (26) ist in einer vertikalen Ebene drehend angetrieben oberhalb des Endlosförderers (15) und in derselben Ebene wie der Endlosförderer (15) und der Packungsförderer (45) angeordnet".
IV. Der Beschwerdeführer hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
i) Die Entgegenhaltung D2 beträfe wie das Streitpatent das technische Gebiet der Vorrichtungen zur Herstellung von Zigaretten-Packungen. Mit der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 werde auch der gleiche Zweck verfolgt, wie mit derjenigen nach dem Anspruch 1 des Streitpatents. Derartige Vorrichtungen wiesen allgemein eine Vielzahl miteinander verbundener Förderer auf, durch die der Förderfluß der Verpackungen festgelegt werde. Mit der bekannten Vorrichtung werde übereinstimmend mit derjenigen nach dem Anspruch 1 der Zweck verfolgt, einzelne Verpackungen gezielt und exakt zu erfassen und daran anschließend aus dem Förderfluß auszuschleusen. Dieser Zweck werde bei der bekannten Vorrichtung, übereinstimmend mit der Vorrichtung nach dem Anspruch 1, dadurch verwirklicht, daß ein dem Ausschleuserad der Vorrichtung des Anspruchs 1 entsprechendes Transferrad eingesetzt werde.
Die aus der Entgegenhaltung D2 bekannte Vorrichtung habe mit derjenigen nach dem Anspruch 1 eine Vielzahl gemeinsamer Merkmale. Beide Vorrichtungen unterschieden sich lediglich betreffend die Lageanordnung des Transferrads des durch dieses beaufschlagten Förderers und folglich durch das auf diese Lageanordnung gerichtete Merkmal d).
Die Entgegenhaltung D2 stelle somit im Hinblick auf die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 den nächstkommenden Stand der Technik dar.
ii) Ausgehend von der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 als nächstkommendem Stand der Technik sei die dem Streitpatent im Hinblick auf die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D1 zugrundeliegende Aufgabe, nämlich das gezielte Aussondern und die exakte Aufnahme von ausgewählten Verpackungen aus dem Förderfluß der Verpackungsmaschine, unter Berücksichtigung der hohen Leistung und damit der hohen Fördergeschwindigkeiten, zu verbessern, durch die Entgegenhaltung D2 bereits gelöst.
Das Unterscheidungsmerkmal d) beträfe die gegenseitige Lageanordnung des Endlosförderers und des Packungsförderers in einer gemeinsamen vertikalen Ebene und weiterhin die Anordnung des Transferrads in dieser gemeinsamen vertikalen Ebene. Dieses Merkmal löse, ausgehend von der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2, die Aufgabe, bei Anordnung eines Transfer- bzw. Ausschleuserades zu vermeiden, daß sich die Grundfläche der Vorrichtung, und damit deren Platzbedarf in einer Fabrikationsanlage, vergrößert.
iii) Die Lösung dieser Aufgabe durch die Lageanordnung des Ausschleuserads in derselben vertikalen Ebene wie der Endlosförderer und der Packungsförderer gemäß dem Merkmal d) sei ausgehend von der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2, unter Berücksichtigung des allgemeinen Bestrebens nach einer platzsparenden Ausbildung derartiger Vorrichtungen, naheliegend, weil es im Rahmen handwerklichen Könnens läge bedarfsweise die einzelnen Förderer wie auch das Transferrad in einer gemeinsamen vertikalen Ebene anzuordnen.
Ein unmittelbarer Hinweis für eine derartige Anordnung des Transferrads ergebe sich in naheliegender Weise bspw. auch dann, wenn diese Anordnung durch die vorrichtungsseitige Anordnung des Endlosförderers und des Packungsförderers in einer gemeinsamen vertikalen Ebene vorgegeben sei. Dies sei bspw. beim Einsatz des aus der Entgegenhaltung D2 bekannten Transferrads bei einer Vorrichtung zum Herstellen von Verpackungen nach der im Streitpatent angesprochenen Entgegenhaltung D7 der Fall, da nach dieser Entgegenhaltung sämtliche Förderer in einer gemeinsamen vertikalen Ebene lägen.
Weiterhin ergebe sich ein Hinweis betreffend die Lageanordnung des Transferrades entsprechend dem Merkmal d) auch dadurch, daß es, wie bspw. der Entgegenhaltung D5 zu entnehmen, allgemein üblich sei derartige Transferräder in einer gemeinsamen vertikalen Ebene mit einem Endlosförderer und einem diesen nachgeordneten Förderer anzuordnen.
iv) Es seien auch keine Umstände ersichtlich die den Fachmann von einer Berücksichtigung der Entgegenhaltung D2 als nächstkommenden Stand der Technik abgehalten hätten.
Es träfe zwar zu, daß bei der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 die gezielt erfaßten Verpackungen mit geänderter Lageanordnung bzw. Orientierung einem Packungsförderer zugeführt würden. Die beiden Funktionen des Erfassens bzw. des Umorientierens seien mit den jeweils dafür erforderlichen Merkmalen aber in dieser Entgegenhaltung deutlich angesprochen, so daß der Fachmann klar zwischen diesen Funktionen und deren zugehörigen Merkmalen unterscheiden könne. Falls lediglich die Funktion des gezielten Erfassens von Verpackungen erforderlich sei, sei es folglich naheliegend, die ausschließlich der Umorientierung von Verpackungen betreffenden Merkmale, einschließlich der hierfür erforderlichen schrägen Anordnung des Transferrads, wegzulassen, um die Vorrichtung durch die dann mögliche Anordnung des Transferrads in einer gemeinsamen vertikalen Ebene mit dem Endlosförderer und den Packungsförderer zu vereinfachen.
v) Es bestehe auch kein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Wirkungsweise des Ausschleuserads nach dem Anspruch 1 und derjenigen des Transferrades nach der Entgegenhaltung D2. In beiden Fällen erfolge über dieses Bauteil ein gezieltes Erfassen und Zuführen einzelner Verpackungen. Ein Unterschied, der darin gesehen werden könne, daß durch das Ausschleuserad der Vorrichtung nach Anspruch 1 einzelne, ausgewählte Verpackungen durch Abheben aus dem Förderfluß entnehmbar sind, während durch das Transferrad nach der Entgegenhaltung D2 Verpackungen im Förderfluß gefördert werden und zu einer gezielten Entnahme einzelner Verpackungen das Transferrad außer Eingriff gebracht werde, sei demgegenüber unbeachtlich, da er lediglich den jeweiligen Betrieb der Vorrichtung und nicht eines ihrer strukturellen Merkmale betreffe.
V. Der Beschwerdegegner hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
i) Die Entgegenhaltung D2 sei, obwohl sie wie das Streitpatent das Gebiet der Vorrichtungen zur Herstellung von Zigaretten-Packungen beträfe, als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht geeignet.
Mit der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 werde zwar übereinstimmend mit der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 des Streitpatents auch der Zweck verfolgt, einzelne Verpackungen gezielt aus dem Förderfluß der Verpackungen innerhalb der Vorrichtung auszusondern. Bei der Vorrichtung gemäß Anspruch 1 erfolge dies dadurch, daß, wie im Oberbegriff des Anspruchs 1 definiert, einzelne, ausgewählte Verpackungen durch einen als drehend angetriebenes Ausschleuserad ausgebildeten Entnahmeförderer vom Endlosförderer durch Abheben aus dem Förderfluß entnehmbar und einem gesonderten Packungsförderer zuführbar sind. In grundlegendem Unterschied dazu weise die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 keinen derartigen Entnahmeförderer auf. Es sei zwar ein Transferrad vorhanden mit Aufnahmen zum gezielten Erfassen einzelner Verpackungen. Dieses Transferrad wirke aber innerhalb des Förderflusses, um über einen Endlosförderer zugeführte Verpackungen einem Abförderer zuzuführen. Sowohl die Ausbildung des eine drehbare kreisförmige Scheibe mit davon unter einem Winkel abstehenden Aufnahmen aufweisenden Transferrads als auch die zu den Ebenen des Endlosförderers und des Abförderers schräge Anordnung dieser Scheibe dienten dem Zweck, die von dem Endlosförderer dem Abförderer zugeführten Verpackungen in, gegenüber der Ausgangslage auf dem Endlosförderer, veränderter Ausrichtung dem Abförderer zu übergeben. Ersichtlich sei das Transferrad an dem gezielten Aussondern einzelner Verpackungen nicht unmittelbar beteiligt. Ein Aussondern einzelner Verpackungen erfolge nämlich nicht dadurch, daß einzelne Verpackungen von dem Endlosförderer mittels des Transferrads aufgenommen werden, sondern vielmehr dadurch, daß durch Deaktivieren der betreffenden Aufnahme des Transferrades eine auszusondernde Verpackung nicht von dem Transferrad aufgenommen werde, sondern zum Abfördern auf dem Endlosförderer verbleibe.
Da nach der Entgegenhaltung D2 das gezielte Aussondern einzelner Verpackungen durch Deaktivieren einer Vorrichtung zum Verändern der Ausrichtung der Verpackungen in Form eines Transferrades erfolge, hätte der Fachmann die Entgegenhaltung D2 bei der Suche nach einer Lösung für die im Streitpatent genannte Aufgabe, gemäß der das gezielte Aussondern und die exakte Aufnahme von ausgewählten Verpackungen aus dem Förderfluß zu verbessern sei, nicht berücksichtigt. Darüberhinaus hätte diese Entgegenhaltung aufgrund des anderen Einsatzzweckes des Transferrades und des daraus bedingten unterschiedlichen Aufbaus, wie auch der daraus bedingten unterschiedlichen Lageanordnung gegenüber dem Ausschleuserad der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 keine Anregung in Richtung auf die erfindungsgemäße Lösung zu geben vermocht.
ii) Der nächstkommende Stand der Technik werde durch die Entgegenhaltung D1 offenbart. In Bezug auf die Vorrichtung nach dieser Entgegenhaltung werde die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe gelöst. Betreffend die Ausbildung und die Lageanordnung des Ausschleuserads der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 sei der Entgegenhaltung D1 kein Hinweis zu entnehmen.
iii) Die gelte auch unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen D5 und D7, von denen keine eine Vorrichtung zum Herstellen von Verpackungen mit einem Entnahmeförderer beträfe.
Entscheidungsgründe
1. Änderungen
Der Anspruch 1 gemäß Zwischenentscheidung unterscheidet sich durch Aufnahme des Merkmals d) vom Anspruch 1 in der erteilten Fassung. Dieses Merkmal schränkt den Schutzbereich des Anspruchs 1 ein und ist durch die Beschreibung (Seite 2, letzter Absatz) und die Zeichnung der Anmeldung (Figuren 1, 3) in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart. Die Änderung des Anspruchs 1 ist damit, unbestritten, zulässig.
2. Gegenstand des Anspruchs 1
Der Anspruch 1 betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen von Verpackungen, insbesondere Zigaretten-Verpackungen.
Der nach dieser Vorrichtung für die Verpackungen vorgesehene Förderfluß umfaßt einen Endlosförderer zum Zuführen der Verpackungen an einen Abförderer, welcher die Verpackungen abtransportiert. Die Art der Übergabe der mittels des Endlosförderers geförderten Verpackungen auf den Abförderer ist im Anspruch 1, als für den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht wesentlich, nicht definiert. Nach dem Ausführungsbeispiel des Streitpatents erfolgt die Übergabe der Verpackungen mittels eines Zwischenförderers in Gestalt eines Sternrades (Spalte 3, Zeilen 47-53; Figur 1).
Zur Lösung der in Spalte 1, Zeilen 39-46 genannten Aufgabe weist die Vorrichtung u. a. nach einem Oberbegriffsmerkmal des Anspruchs 1
"einen als drehend angetriebenes Ausschleuserad (26) ausgebildeten Entnahmeförderer" auf, durch den "einzelne, ausgewählte, ganz oder teilweise fertiggestellte Verpackungen (10) ... vom Endlosförderer (15) durch Abheben aus dem Förderfluß abnehmbar und einem gesonderten Packungsförderer (45) zuführbar sind" (im folgenden: Merkmal e)).
Die Struktur das Ausschleuserads und dessen Zusammenwirken mit dem Endlosförderer werden durch die Merkmale a) und b) definiert.
Das Merkmal c) definiert die Wirkungsweise des Ausschleuserads, derzufolge zum Erfassen einer auszusondernden Verpackung (vgl. Spalte 3, Zeile 54- Spalte 4, Zeile 19) eine der Verpackung zugeordnete Aufnahme des Ausschleuserads bei Anlage an der Verpackung aktivierbar ist.
Durch das Merkmal d) wird neben der Lagezuordnung des Endlosförderers und des Packungsförderers, die danach in derselben Ebene angeordnet sind, definiert, daß auch das Ausschleuserad in dieser vertikalen Ebene angeordnet ist.
3. Verspätetes Vorbringen
Betreffend die Zulassung der erstmals im Beschwerdeverfahren durch den Beschwerdeführer genannten Entgegenhaltung D7, auf die in dem Streitpatent bezug genommen wird (Spalte 3, Zeilen 21-25), in das Beschwerdeverfahren wurde kein Einwand erhoben. Diese Entgegenhaltung ist als Reaktion auf die substantielle Änderung des Anspruchs 1, durch Einfügung des die Lageanordnung des Endlosförderers und des Packungsförderers definierenden Merkmals d), zuzulassen.
4. Die Vorrichtung nach Anspruch 1 ist zutreffend unstreitig neu (Artikel 54 EPÜ).
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1. Nächstkommender Stand der Technik
a) Entgegenhaltung D2
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Entgegenhaltung D2 als der nächstkommende Stand der Technik zu berücksichtigen ist oder nicht. Nach der Beschwerdeführerin sprechen zwei Gründe dafür, nämlich eine Übereinstimmung hinsichtlich des Zwecks und eine weitgehende merkmalsmäßige Übereinstimmung mit der Vorrichtung nach dem Anspruch 1.
Der Zweck der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 besteht darin, die Voraussetzung für ein Ausschleusen einzelner, ausgewählter Verpackungen aus dem Förderfluß zu schaffen.
Es ist unstreitig, daß auch die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 diesem Zweck dient (Spalte 2, Zeilen 31-37). Anders als bei der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 ist dieser Zweck aber nicht der Hauptzweck dieser bekannten Vorrichtung. Dieser ist, wie von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, vielmehr darin zu sehen die gemeinsame Ausrichtung der im Förderfluß geförderten Verpackungen zu verändern, d. h. diese Verpackungen innerhalb des Förderflusses umzuorientieren (Spalte 1, Zeilen 2-6).
Dieser Hauptzweck wird dadurch erreicht, daß innerhalb des Förderflusses ein Transferrad angeordnet ist, um von einem Endlosförderer in einer bestimmten Orientierung zugeführte Verpackungen an einen Abförderer mit geänderter Orientierung abzugeben. Dazu ist zum einen das eine drehbare kreisförmige Scheibe aufweisende Transferrad mit unter einem Winkel von der Scheibe abstehenden Aufnahmen für die Verpackungen versehen und so angeordnet, daß dessen Drehachse unter einem Winkel gegenüber der Ebene des Endlosförderers verläuft. Zum anderen ist der Abförderer in einer gegenüber dem Endlosförderer nach oben versetzten horizontalen Ebene mit einer Förderrichtung angeordnet, die senkrecht zu derjenigen des Endlosförderes verläuft (vgl. Figur 1).
Der Zweck des Ausschleusens einzelner, ausgewählter Verpackungen wird nach der Entgegenhaltung D2 dadurch erreicht, daß - um eine ausgewählte Verpackung aus dem Förderfluß auszuschleusen - die dieser Verpackung zugeordnete Aufnahme des Transferrads nicht aktiviert wird, in dem sie nicht mit Saugluft beaufschlagt wird. Die betreffende Verpackung wird folglich nicht von dem Transferrad erfaßt und mit diesem gefördert, sondern verbleibt auf dem, einen Packungsförderer bildenden, in Förderrichtung hinter dem Transferrad liegenden Abschnitt des Endlosförderers (Spalte 2, Zeilen 31-37).
Aufgrund dieser Unterschiede gegenüber der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 kann diejenige nach der Entgegenhaltung D2 weder ausgehend von dem Zweck, der mit dem Einsatz dieser Vorrichtung angestrebt wird, noch ausgehend von gemeinsamen Merkmalen als ein geeigneter Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen werden.
b) Entgegenhaltung D1:
Der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 liegt wie derjenigen nach der Entgegenhaltung D1 als Zweck zugrunde, ausgewählte Verpackungen aus dem Förderfluß auszuschleusen.
Die Vorrichtung nach Anspruch 1 unterscheidet sich von derjenigen nach der Entgegenhaltung D1 dadurch, daß der Entnahmeförderer als Ausschleuserad entsprechend den Merkmalen a)-d) ausgebildet ist. Nach der Entgegenhaltung D1 wird der Entnahmeförderer durch eine in einer horizontalen Ebene drehbare, mit einer Saugkammer zusammenwirkende, Saugscheibe gebildet. Dabei wird zum Ausschleusen einer Verpackung an der mit Löchern versehenen Saugscheibe über die Saugkammer Saugluft angelegt, sobald sich diese Verpackung in einem Bereich des Endlosförderers unterhalb der Saugkammer befindet (Seite 7, Absatz 3; Figuren 1, 2).
Die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D1 kommt derjenigen nach dem Anspruch 1 näher als diejenige nach der Entgegenhaltung D2 weil ein gezieltes Aussondern einer ausgewählten Verpackung übereinstimmend mit der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 dann stattfindet, wenn mittels eines aktivierten Entnahmeförderers auf diese Verpackung eingewirkt wird, um sie durch Abheben aus dem Förderfluß zu nehmen. Bei der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 wird, wie im obigen Abschnitt a) ausgeführt, eine ausgewählte Verpackung dadurch aus dem Förderfluß genommen, daß sie - indem ein im Förderfluß liegendes Transferrad nicht mit Saugluft beaufschlagt und somit deaktiviert wird - auf dem Endlosförderer verbleibt.
Die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D1 wird somit aufgrund der vorstehend genannten größeren Übereinstimmung mit der Vorrichtung nach dem Anspruch 1. als nächstkommender Stand der Technik erachtet.
5.2. Aufgabe
Ausgehend von der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D1, bei der eine auszuschleusende Verpackung durch aus den Löchern der Saugscheibe einwirkende Saugluft dem Förderfluß entnommen wird, liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, das Ausschleusen ausgewählter Verpackungen aus dem Förderfluß zu verbessern (Spalte 1, Zeilen 40-46).
5.3. Lösung
Diese Aufgabe wird ausgehend von einer Vorrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 durch die Ausbildung des Endlosförderers als Ausschleuserad entsprechend den Merkmalen a) bis c) gelöst, wobei das Ausschleuserad, der Endlosförderer und der Packungsförderer entsprechend dem Merkmal d) angeordnet sind.
5.4. Erfinderische Tätigkeit
Durch den andersartigen Aufbau und die andersartige Anordnung des Entnahmeförderers nach der Entgegenhaltung D1 (vgl. den obigen Abschnitt 5.1 b)) konnte durch diese Entgegenhaltung keine Anregung in Richtung auf die Ausbildung und Anordnung des als Ausschleuserad ausgebildeten Entnahmeförderers gegeben werden.
Dies gilt entsprechend betreffend die Entgegenhaltung D2.
Der Zweck der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 besteht darin die Voraussetzung für ein Ausschleusen einzelner, ausgewählter Verpackungen aus dem Förderfluß zu schaffen.
Auch die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 dient diesem Zweck (Spalte 2, Zeilen 31-37). Anders als bei der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 ist dieser Zweck aber nicht der Hauptzweck dieser bekannten Vorrichtung. Der Hauptzweck ist, wie von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, vielmehr darin zu sehen die gemeinsame Ausrichtung der im Förderfluß geförderten Verpackungen zu verändern, d. h. diese Verpackungen innerhalb des Förderflusses umzuorientieren (Spalte 1, Zeilen 2-6).
Dieser Hauptzweck wird dadurch erreicht, daß innerhalb des Förderflusses ein Transferrad angeordnet ist, durch das von einem Endlosförderer in einer bestimmten Orientierung zugeführte Verpackungen einem Abförderer mit geänderter Orientierung zuführbar sind. Dazu ist zum einen das eine drehbare kreisförmige Scheibe aufweisende Transferrad mit unter einem Winkel von der Scheibe vorstehenden Aufnahmen für die Verpackungen versehen und so angeordnet, daß dessen Drehachse unter einem Winkel gegenüber der Ebene des Endlosförderers verläuft. Zum anderen ist der Packungsförderer in einer gegenüber dem Endlosförderer nach oben versetzten horizontalen Ebene mit einer Laufrichtung angeordnet, die senkrecht zu derjenigen des Endlosförderes verläuft (vgl. Anspruch 1; Figur 1).
Der weitere Zweck des Ausschleusens einzelner, ausgewählter Verpackungen wird dadurch erreicht, daß - um eine ausgewählte Verpackung aus dem Förderfluß auszuschleusen - die dieser Verpackung zugeordnete Aufnahme des Transferrads nicht mit Saugluft beaufschlagt wird. Die betreffende Verpackung wird somit nicht von dem deaktivierten Transferrad erfaßt und mit diesem gefördert, sondern verbleibt auf dem, einen Packungsförderer bildenden Abschnitt des Endlosförderers der in Förderrichtung hinter dem Transferrad liegt (Spalte 2, Zeilen 31-37). Damit ist der weitere Zweck des Ausschleusens eng mit dem Betrieb des zur Umorientierung der im Förderfluß bewegten Verpackungen eingesetzten Transferrades verbunden.
Da somit der im Umorientieren der im Förderfluß geförderten Verpackungen liegende Hauptzweck der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 untrennbar mit der Vorgehensweise zum Aussondern einzelner Verpackungen verbunden ist, ist fraglich inwieweit der Fachmann die Entgegenhaltung D2 beim Verbessern einer Vorrichtung, wie derjenigen nach der Entgegenhaltung D1, berücksichtigt, die nicht auf ein Umorientieren gerichtet ist, und bei der folglich ein Ausschleusen einzelner Verpackungen aus dem Förderfluß über ein Deaktivieren des Transferrades zum Umorientieren der im Förderfluß geförderten Verpackungen nicht in Betracht kommt.
Sofern der Fachmann die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung im Hinblick auf die gemäß dem Streitpatent zu lösende Aufgabe berücksichtigt, ist unmittelbar ersichtlich, daß diese Aufgabe nach der Entgegenhaltung D2 dadurch gelöst ist, bzw. ein weiterer Zweck des Ausschleusens dadurch erreicht wird, daß ein zur Erreichung des Hauptzweckes der Umorientierung der Verpackungen erforderliches Transferrad so betrieben wird, daß jeweils eine der Aufnahmen dann nicht mit Saugluft beaufschlagt wird wenn eine Verpackung auszuschleusen ist. Die Entgegenhaltung D2 vermag dem Fachmann somit keine Anregung betreffend eine Vorgehensweise zum Ausschleusen zu geben wenn, wie im vorliegenden Fall, im Förderfluß kein zu einer Umorientierung führendes Transferrad angeordnet ist.
Dies gilt auch dann, wenn dem Beschwerdeführer folgend - das Umorientieren der Verpackungen im Förderfluß als Hauptzweck der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 außer betracht lassend - diese Vorrichtung lediglich im Hinblick auf ihre Offenbarung betreffend den weiteren Zweck des Ausschleusens berücksichtigt wird.
Nach Ansicht des Beschwerdeführers unterscheidet sich die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 von der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D2 lediglich durch das Merkmal d), wobei dieses Merkmal nicht zu denjenigen Merkmalen des Anspruchs 1 gehört, die für die Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe erforderlich sind. Nach dieser Auffassung hängt die Anordnung des Endlosförderers und des Packungsförderers in einer gemeinsamen vertikalen Ebene gemäß dem Merkmal d) von den baulichen Gegebenheiten der jeweiligen Vorrichtung ab. Sei eine derartige Anordnung, wie bspw. für die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D7 vorgegeben, auf die in dem Streitpatent bezug genommen wird, dann läge es im Rahmen handwerklichen Könnens auch das Ausschleuserad in derselben vertikalen Ebene anzuordnen. Es sei dann nämlich unmittelbar ersichtlich, daß mit einer derartigen Anordnung eine zu einem größeren Raumbedarf und damit vermehrten Kosten führende Vergrößerung der Aufstellfläche der Vorrichtung vermieden werde.
Die Kammer vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen, weil diese voraussetzt, daß das Ausschleuserad der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 mit dem Transferrad nach der Entgegenhaltung D2 hinsichtlich des strukturellen Aufbaus und der Lageanordnung, wie auch der Wirkungsweise übereinstimmt. Die Kammer teilt vielmehr die Auffassung des Beschwerdegegners, gemäß der von einer derartigen Übereinstimmung nicht ausgegangen werden kann.
Nach dem im obigen Abschnitt 2. angesprochenen Oberbegriffsmerkmal e) weist die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 einen als drehend angetriebenes Ausschleuserad ausgebildeten Entnahmeförderer auf, durch den einzelne, ausgewählte, ganz oder teilweise fertiggestellte Verpackungen vom Endlosförderer durch Abheben aus dem Förderfluß abnehmbar und einem gesonderten Packungsförderer zuführbar sind.
Hinsichtlich der Wirkungsweise und der Anordnung bezüglich der Förderflusses unterscheidet sich das Ausschleuserad gemäß Merkmal e) von dem Transferrad nach der Entgegenhaltung D2, gemäß dem nicht auszuschleusende Verpackungen durch Abheben dem Förderfluß entnommen werden. Das bekannte Transferrad ist, wie ausgeführt, im Förderfluß angeordnet, wobei jeweils dann eine auszuschleusende Verpackung auf dem Endlosförderer verbleibt, wenn die ihr zugeordnete Aufnahme des Transferrades deaktiviert, d. h. nicht mit Saugluft beaufschlagt, worden ist.
Der Auffassung der Beschwerdeführerin, daß dieser Unterschied lediglich auf einem den Betrieb der Vorrichtung betreffenden Merkmal beruht und nicht, worauf es vorliegend ankäme, auf einem strukturellem Merkmal, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil durch das Merkmal e) hinsichtlich der Lageanordnung und damit als strukturelles Merkmal impliziert wird, daß das Ausschleuserad außerhalb des den Endlosförderer und den Abförderer umfassenden Förderflusses angeordnet ist.
Als weiteres strukturelles Unterscheidungsmerkmal ergibt sich aus den Merkmalen e) und d), daß, um in einer vertikalen Ebene mit dem Endlosförderer und dem Packungsförderer angeordnet zu sein, das Ausschleuserad selbst entsprechend eben ausgebildet ist. Dies trifft, wie den Figuren 1-4 der Entgegenhaltung D2 zu entnehmen, für das Transferrad nicht zu, da zum Zwecke des Umorientierens der Verpackungen das Transferrad schräg von dessen kreisförmiger Scheibe vorstehende Aufnahmen aufweist.
Aufgrund der strukturellen und funktionellen Unterschiede die das Ausschleuserad nach dem Anspruch 1 gegenüber dem Transferrad nach der Entgegenhaltung D2 aufweist, ist dieser Entgegenhaltung somit auch dann keine Anregung bezüglich der Ausbildung und Anordnung des Ausschleuserades gemäß der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 zu entnehmen, wenn außer betracht bleibt, daß das Transferrad der bekannten Vorrichtung dem Umorientieren der im Förderfluß geförderten Verpackungen dient, und die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausschließlich auf die Frage reduziert wird, inwieweit der mit dem Ausschleusen ausgewählter Verpackungen befaßte Teil der Offenbarung der Entgegenhaltung D2 eine Anregung betreffend die Lösung der genannten Aufgabe zu geben vermag.
Bei der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D5 ist, wie bei derjenigen nach der Entgegenhaltung D2, ein Transferrad mit einer kreisförmigen Scheibe und davon vorstehenden, über Saugluft betätigbaren, Aufnahmen im Förderfluß angeordnet, um auf einem Endlosförderer zugeführte Verpackungen in Form von Beuteln aufzunehmen und diese unter Bildung eines Stapels auf einem Abförderer abzulegen. Da es bei dieser Vorrichtung, im Gegensatz zu derjenigen nach der Entgegenhaltung D2 eines Umorientierens der Verpackungen nicht bedarf, ist das Transferrad mit den Aufnahmen eben und in derselben Ebene wie der Endlosförderer und der Abförderer angeordnet. Da der Entgegenhaltung D5 kein Hinweis betreffend das Ausschleusen einzelner Verpackungen aus dem Förderfluß zu entnehmen ist, ist fraglich ob der Fachmann diese Entgegenhaltung, bei der Suche nach einer Lösung für die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe, berücksichtigt hätte. Selbst dann, wenn dies der Fall wäre, ist dieser Entgegenhaltung keine Anregung dafür zu entnehmen, das bei dieser Vorrichtung vorgesehene Transferrad nicht nur zum Stapeln der Verpackungen innerhalb des Förderflusses vorzusehen, sondern stattdessen oder zusätzlich dazu als Ausschleuserad zum Ausschleusen einzelner, ausgewählter Verpackungen aus dem Förderfluß.
Die Vorrichtung nach dem der angefochtenen Zwischenentscheidung zugrundeliegenden Anspruch 1 beruht somit auf erfinderischer Tätigkeit, weil keiner der Entgegenhaltungen ein zur Ausbildung, Anordnung und Funktionsweise des Ausschleuserades dieser Vorrichtung führender Hinweis zu entnehmen ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.