T 0809/01 () of 18.9.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T080901.20030918
Datum der Entscheidung: 18 September 2003
Aktenzeichen: T 0809/01
Anmeldenummer: 94117642.2
IPC-Klasse: F16C 11/06
F16C 33/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kugelgelenk
Name des Anmelders: TRW Fahrwerksysteme GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: ZF Lemförder Metallwaren AG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit, erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) gegen das europäische Patent Nr. 653 573 eingelegte, auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) gestützte Einspruch, bei dem im Laufe des Verfahrens die Druckschriften

E1: DE-U-74 24 445

E1: DE-A-1 953 396

E3: EP-A-0 355 537

E4: DE-A-33 26 960

E5: DE-C-38 23 777

E6: DE-A-42 12 346

erörtert wurden, führte zu der am 7. Juni 2001 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung, in der festgestellt wurde, daß das Patent unter Berücksichtigung der von der Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 12. Juli 2001 unter rechtzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 4. Oktober 2001 eingegangen.

III. In einem am 28. Februar 2003 zur Post gegebenen Bescheid hat die Beschwerdekammer zum Ausdruck gebracht, daß und warum sie nach vorläufiger Prüfung die Gegenstände nach den geltenden unabhängigen Ansprüchen des Streitpatents gegenüber dem insgesamt aufgedeckten Stand der Technik als neu und erfinderisch ansieht.

IV. Die Beschwerdeführerin hat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatentes beantragt.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt, d. h. die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Basis der von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung genehmigten Unterlagen:

Beschreibung: Spalten 1 und 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 14.12.2000,

Spalten 3 bis 5 der Patentschrift,

Patentansprüche: 1 bis 6, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 14.12.2000,

Zeichnungen: Nr. 1 bis 7 der Patentschrift.

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 lauten wie folgt:

"1. Kugelgelenk für Kraftfahrzeuge mit einer zwischen einem Gelenkgehäuse (40) und einem Kugelkopf (2) eines dreh- bzw. kippbeweglichen Kugelzapfens (1) eingesetzten Lagerschale (30) aus einem elastischen Kunststoff, die mit ihrer Außenfläche im Gelenkgehäuse (40) abgestützt ist, wobei unter dem Einfluß einer Gelenkvorspannung oder -belastung auf der Innenseite der Lagerschale (30) mit Schmierstoff gefüllte Bereiche ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet,

daß die Lagerschale (30) auf ihrer am Gelenkgehäuse (40) anliegenden Oberfläche mit einer Mehrzahl gleichmäßig auf der Oberfläche verteilter Abflachungen (34) versehen ist und bei montiertem Kugelgelenk infolge der Schmierstoff-Füllung und der Elastizität des Kunststoffmaterials der Lagerschale (30) die Außenfläche der Lagerschale (30) auch im Bereich der Abflachungen (34) am Gelenkgehäuse (40) anliegt und sich dadurch auf der dem glatten Kugelkopf (2) zugewandten Innenseite der Lagerschale (30) Schmiertaschen (6) bilden.

2. Kugelgelenk für Kraftfahrzeuge mit einer zwischen einem Gelenkgehäuse (40) und einem Kugelkopf (2) eines dreh- bzw. kippbeweglichen Kugelzapfens (1) eingesetzten Lagerschale (30) aus einem elastischen Kunststoff, die mit ihrer Außenfläche im Gelenkgehäuse (40) abgestützt ist, wobei unter dem Einfluß einer Gelenkvorspannung oder -belastung auf der Innenseite der Lagerschale (30) mit Schmierstoff gefüllte Bereiche ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Lagerschale (30) auf ihrer am Gelenkgehäuse (40) anliegenden Oberfläche mit einer Mehrzahl auf der Oberfläche verteilter kreisförmiger oder ovaler Erhebungen (35) versehen ist und bei montiertem Kugelgelenk infolge der Schmierstoff- Füllung und der Elastizität des Kunststoffmaterials der Lagerschale (30) die Außenfläche der Lagerschale (30) nicht nur im Bereich der Erhebungen (35), sondern auch in den Bereichen zwischen den Erhebungen (35) am Gelenkgehäuse (40) anliegt und sich hierdurch auf der dem glatten Kugelkopf (2) zugewandten Innenseite der Lagerschale (30) mit Schmierstoff gefüllte Schmierzonen (7) bilden, wobei sich ein großflächiger Bereich von Schmiermittel zwischen Kugelkopf und Lagerschale ergibt, die von durch die Größe und Lage der Erhebungen gebildete Lagerstellen unterbrochen ist."

V. Die Beschwerdeführerin argumentiert im wesentlichen wie folgt:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei durch die E3 vorweggenommen. Bei der E3 würden die auf der Oberfläche der Lagerschale 4 verteilten Abflachungen 9 bei entsprechender Belastung am Gelenkgehäuse 5 zur Anlage gebracht, so daß sich auf der dem glatten Kugelkopf 1 zugewandten Innenseite der Lagerschale 4 Schmierfett aufnehmende Schmiertaschen im Sinne des Streitpatents bilden würden.

Das Kugelgelenk nach dem Anspruch 2 unterscheide sich von dem nach der E5 lediglich dadurch, daß die auf der dem Gelenkgehäuse zugewandten Oberfläche der Lagerschale angeordneten Erhebungen 13 im Gegensatz zu den rippenförmigen Erhebungen bei der E5 kreisförmig oder oval seien. Kreisförmige Erhebungen der in Rede stehenden Art seien jedoch aus der E6 (Figur 3) bekannt und könnten in naheliegender Weise anstelle der bei der E5 offenbarten Rippen verwendet werden. Was das letzte Teilmerkmal aus dem Anspruch 2 des Streitpatents ("wobei sich ein großflächiger Bereich von Schmiermittel zwischen Kugelkopf und Lagerschale ergibt, der von durch die Größe und Lage der Erhebungen gebildete Lagerstellen unterbrochen ist") anbelange, so sei dieses Merkmal ebenfalls aus der E5 bekannt, bei der die durch die Rippen 13 erzeugten großflächigen Schmiertaschen aufgrund einer reduzierten Länge der sich nicht über die gesamte Oberfläche der Lagerschale erstreckenden Rippen, miteinander in Verbindung stünden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Anspruch 1

2.1. Der Anspruch 1 des Streitpatents der auch in der geltenden Fassung mit dem erteilten Anspruch 1 übereinstimmt, läßt sich in die folgenden Teilmerkmale aufgliedern:

M1.1 Kugelgelenk für Kraftfahrzeuge mit einer zwischen einem Gelenkgehäuse (40) und einem Kugelkopf (2) eines dreh- bzw. kippbeweglichen Kugelzapfens (1) eingesetzten Lagerschale (30) aus einem elastischen Kunststoff, die mit ihrer Außenfläche im Gelenkgehäuse (40) abgestützt ist,

wobei

M1.2 unter dem Einfluß einer Gelenkvorspannung oder -belastung auf der Innenseite der Lagerschale (30) mit Schmierstoff gefüllte Bereiche ausgebildet sind,

dadurch gekennzeichnet, daß

M1.3 die Lagerschale auf ihrer am Gelenkgehäuse anliegenden Oberfläche mit einer Mehrzahl gleichmäßig auf der Oberfläche verteilter Abflachungen (34) versehen ist und

M1.4 bei montiertem Kugelgelenk infolge der Schmierstoff- Füllung und der Elastizität des Kunststoffmaterials der Lagerschale (30) die Außenfläche der Lagerschale (30) auch im Bereich der Abflachungen (34) am Gelenkgehäuse (40) anliegt und

M1.5 sich dadurch auf der dem glatten Kugelkopf (2) zugewandten Innenseite der Lagerschale (30) Schmiertaschen (6) bilden.

2.2. In der Druckschrift E3, die ein Kugelgelenk mit den o. g. Merkmalen M1.1 bis M1.3 offenbart, ist kein Hinweis enthalten, daß die Abflachungen 9 bei montiertem Kugelgelenk an der Oberfläche des Gelenkgehäuses 5 anliegen.

Diese flachen Aussparungen, die rückseitig im Bereich von das Schmiermittel aufnehmenden Nuten 8 liegen, ermöglichen "partiell eine radiale Verformung der Gleitschale in Richtung gegen das Gehäuse" und somit "eine radiale Ausweichbewegung in geringem Umfang, so daß im Bereich der Kanten der Nuten 9 keine erhöhten Flächenpressungen mehr auftreten können" (vgl. Spalte 2, Zeilen 15 bis 18 und Spalte 3, Zeilen 22 bis 27 der E3). Weiter zeigt die Figur 5 der E3, daß die Abflachungen 9 bei montiertem Kugelgelenk nicht am Gelenkgehäuse 5 anliegen. Die beiden letzten Teilmerkmale M1.4 und M1.5 aus dem Anspruch 1 des Streitpatents sind daher aus der E3 nicht bekannt.

Das Kugelgelenk nach dem Anspruch 1 ist somit gegenüber dem Gegenstand der E3 und auch unbestritten gegenüber den Gegenständen nach den weiteren Entgegenhaltungen neu.

2.3. Bei der E3 wird der Schmiermittelbedarf des Kugelgelenks durch eine Mehrzahl von über die Oberfläche der Gleitschale 4 verteilten Nuten sichergestellt. Allein diese Nuten bilden bei der E3 die Schmiertaschen. Die lediglich rückseitig zu den Nuten auf der Gleitschalenaußenfläche vorgesehenen flachen Aussparungen, die ausschließlich zur Kompensation der an den Nuten der Gleitschale auftretenden Kantenverdickungen dienen und eine sprunghafte Auswirkung auf die Flächenpressung vermeiden sollen, können den Fachmann nicht dazu anregen, solche Aussparung so auszubilden, daß sie den Schmiermittelvorrat auf der Innenseite der Gleitschale durch sich dort zusätzlich bildende Schmiertaschen vergrößern, um dadurch gemäß Aufgabenstellung des Streitpatents die Schmierung zu verbessern und das bei bekannten Kugelgelenken gemäß E4 und E5 mit außenseitigen Rippen an der Gleitschale und dadurch bedingten schaleninnenseitig gebildeten Schmiertaschen auftretende, unerwünschte Lösemoment zwischen Gleitschale und Kugelzapfen zu verringern. Bei der E3 besteht außerdem aufgrund der schon vorhandenen Schmiernuten 8 kein Bedarf, an der Innenseite der Lagerschale zusätzlichen Raum für den Schmierstoff zu schaffen.

Auch der weitere Stand der Technik gibt hierzu keine Anregung. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auch auf erfinderischer Tätigkeit.

3. Unabhängiger Anspruch 2

3.1. Der gegenüber der erteilten Fassung im Einspruchsverfahren geänderte Anspruch 2 enthält im Oberbegriff die Merkmale M1.1 und M1.2, wie sie auch im Anspruch 1 vorhanden sind. Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 2 läßt sich wie folgt aufgliedern:

M2.3 daß die Lagerschale (30) auf ihrer am Gelenkgehäuse (40) anliegenden Oberfläche mit einer Mehrzahl auf der Oberfläche verteilter, kreisförmiger oder ovaler Erhebungen versehen ist und

M2.4 bei montiertem Kugelgelenk infolge der Schmierstoff- Füllung und der Elastizität des Kunststoffmaterials der Lagerschale (30) die Außenfläche der Lagerschale nicht nur im Bereich der Erhebungen (35), sondern auch in den Bereichen zwischen den Erhebungen (35) am Gelenkgehäuse (40) anliegt und

M2.5 sich hierdurch auf der dem glatten Kugelkopf (2) zugewandten Innenseite der Lagerschale (30) mit Schmierstoff gefüllte Schmierzonen (7) bilden,

M2.6 wobei sich ein großflächiger Bereich von Schmiermittel zwischen Kugelkopf und Lagerschale ergibt, der von durch die Größe und Lage der Erhebungen gebildete Lagerstellen unterbrochen ist.

3.2. Das Kugelgelenk nach dem unabhängigen Anspruch 2 des Streitpatents unterscheidet sich unbestritten von dem Kugelgelenk nach der E5 dadurch, daß die auf der Oberfläche verteilten Erhebungen kreisförmig oder oval sind (Teilmerkmal M2.3). Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß gemäß dem Teilmerkmal M2.6 sich nur ein einziger zusammenhängender großflächiger Bereich von Schmiermittel zwischen Kugelkopf und Lagerschale ergibt, während bei der E5 mehrere großflächige Schmiertaschen auf der Innenseite der Lagerschale 9 zwischen den durch die außenseitigen Rippen 13 erzeugten Anlagebereichen der Lagerschale am Kugelkopf vorhanden sind. Von einer Vereinigung dieser Lagertaschen zu einem einzigen großflächigen Bereich ist in der E5 nirgends die Rede. Dies kann auch aus der E5 nicht herauszulesen sein, wie die die Beschwerdeführerin behauptet.

Das Kugelgelenk nach dem Anspruch 2 ist unbestritten gegenüber der E5 und dem weiteren Stand der Technik neu.

3.3. In der E5 ist auch kein Hinweis enthalten, die außenseitig an der Lagerschale vorhandenen Rippen in ihren Abmessungen so zu reduzieren, daß letztendlich nur noch punktförmige Erhebungen vorhanden sind. Eine solche Maßnahme läßt sich nur bei einer unzulässigen ex-post-Betrachtung in Kenntnis des Streitpatentes aus der E5 ableiten. Die E5 kann daher das Kugelgelenk nach dem Anspruch 2 von sich aus dem Fachmann nicht nahelegen.

Dies ist aber auch nicht bei einer Zusammenschau der E5 mit dem weiteren Stand der Technik der Fall. Bei der E6 sind auf der Außenseite der Lagerschale 2 eines Kugelgelenks punktförmige, verformbare Erhebungen angeordnet, um eine Anpassung an die Schwankungen der Bauteilgröße und an die Belastungsschwankungen beim Zusammenbau zu ermöglichen. Es wird weder auf die Verwendung eines Schmiermittels noch auf die Bildung von Schmiermitteltaschen verwiesen. Den Figuren der E6 ist die Bildung solcher Taschen zwischen den Vorsprüngen 2a, 2b auch nicht zu entnehmen. In der E6 ist vielmehr in Spalte 3, Zeilen 50 bis 52 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Vorsprünge so verformt sind, wie es in den Figuren 4 und 5 gezeigt wird. Dort erscheinen die Erhebungen flachgedrückt, ohne daß auf der gegenüberliegenden Innenseite der Lagerschale Schmiertaschen erzeugt werden.

Die E6 vermag daher dem Fachmann keine Anregung zu geben, die in der E5 als gewunden verlaufende Rippen ausgebildeten Erhebungen als kreisförmige oder ovale Erhebungen auszubilden, um auf der Innenseite der Lagerschale einen einzigen großflächigen, zusammenhängenden, mit Schmiermittel gefüllten Bereich zu erzeugen.

Aus dem weiteren Stand der Technik sind keine Kugelgelenk-Lagerschalen bekannt, die auf ihrer Außenfläche kreisförmige oder ovale Erhebungen aufweisen.

Aus dem Vorstehenden folgt, daß auch der Gegenstand nach dem Anspruch 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4. Die Beschwerdekammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß das Streitpatent in der geänderten, von der Einspruchsabteilung genehmigten Fassung Bestand hat.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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