T 0795/01 () of 24.3.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T079501.20040324
Datum der Entscheidung: 24 März 2004
Aktenzeichen: T 0795/01
Anmeldenummer: 95104380.1
IPC-Klasse: H02G 11/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Ablegewanne
Name des Anmelders: MURRPLASTIK GmbH, SYSTEM-TECHNIK
Name des Einsprechenden: igus Spritzgussteile für die Industrie GmbH
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen den Widerruf des europäischen Patents Nr. 678 958 durch die Einspruchsabteilung.

II. Die angefochtene Entscheidung ist mit mangelnder Neuheit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung gegenüber dem folgenden Stand der Technik begründet:

D1: DE-C-4 140 910.

III. Die Patentinhaberin hat in der Beschwerdebegründung einen neuen Patentanspruch 1 in Form einer Merkmalsanalyse formuliert, der dem Beschwerdeverfahren zugrunde gelegt werden sollte.

IV. Die ehemalige Einsprechende hat zunächst zur Neuheit des geänderten Patentanspruchs 1 Stellung genommen, dann aber mit Schreiben vom 20. Februar 2004 ihren Einspruch zurückgenommen und nicht an der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 24. März 2004 teilgenommen.

V. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat in der mündlichen Verhandlung einen neuen Patentanspruch 1 und eine angepaßte Beschreibung eingereicht. Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang mit folgender Fassung:

- Anspruch 1 und Spalten 3 und 4 der Beschreibung, wie während der mündlichen Verhandlung eingereicht; Ansprüche 2 bis 6 und Spalten 1 und 2 der Patentschrift sowie Figuren 1 bis 6 der Patentschrift;

- hilfsweise, das Patent in unveränderter Form aufrechtzuerhalten.

VI. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Ablegewanne (10) für Energieführungsketten (12) mit hin- und herverfahrbarem Kettenobertrumm, die sich in Längsrichtung der Energieführungskette (12) erstreckt, einen etwa U-förmigen Querschnitt aufweist und an den vertikal sich erstreckenden Innenseiten (21) der Ablegewanne-Schenkel (20, 22) mit lösbar befestigbaren Gleitschienen (24) zur Auflage des Ketten-Obertrumms versehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Schenkel (20, 22) an ihren Innenseiten (21) in Längsrichtung der Ablegewanne (10) sich erstreckende Ausnehmungen (30) aufweisen, daß jeder der beiden Schenkel (20, 22) zum Anpassen der Höhe der Gleitschienen (24) für Energieführungsketten (12) unterschiedlicher Höhe Ausnehmungen (30) auf unterschiedlichen Höhen des Schenkels (20, 22) aufweist und daß die Ausnehmungen (30) mit angeformten Vorsprüngen (34) der Gleitschienen (24) verbindbar sind."

Die Merkmale in Kursivschrift sind dem erteilten Patentanspruch 1 hinzugefügte Merkmale. Die Patentansprüche 2 bis 6 sind von Anspruch 1 abhängig.

VII. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Im vorliegenden Patentanspruch 1 sei deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sich die Ausnehmungen auf unterschiedlichen Höhen befänden. Die Gleitschienen seien somit sicher und schnell und mit minimalem technischen Aufwand in vertikaler Richtung verstellbar.

D1 offenbare Seitenwände, die keine solchen Ausnehmungen aufwiesen und daher funktionsmäßig nicht mit den Schenkeln der erfindungsgemäßen Ablegewanne gleichgesetzt werden könnten. Um die Höhenposition der Kette zu verändern, müßten nach D1 die Form und die Höhe von Auflageprofilen (3) verändert werden.

VIII. Die Stellungnahme der ehemaligen Einsprechenden zur Neuheit enthält keine Aussage über die neu hinzugefügten Merkmale und braucht daher nicht wiedergegeben zu werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sind Merkmale hinzugefügt worden (in Punkt VI oben in Kursivschrift), die in den Figuren 2 bis 6 in Verbindung mit der Beschreibung, Seite 1, Zeile 4 von unten bis Seite 2, Zeile 4, der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart sind (vgl. Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 16 bis 23). Patentanspruch 1 ist weiter auf eine Ablegewanne mit Schenkeln eingeschränkt worden, die "Ausnehmungen (30)" aufweisen (statt "Ausnehmungen (30) bzw. Vorsprünge"). Die Beschreibung ist in Spalte 3 durch Streichung einer Textstelle an die geänderten Ansprüche angepaßt worden. Die Änderungen verstoßen daher nicht gegen Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

3. Eine Ablegewanne mit den Merkmalen des Oberbegriffs des vorliegenden Patentanspruchs 1 ist in D1 offenbart. Auflageprofile (3) werden hier nach Art einer Schnappverbindung an Trägerprofilen (5) im Bodenbereich des U- förmigen Querschnitts befestigt. Die Höhe der Gleitfläche für Energieführungsketten unterschiedlicher Höhe kann durch Auflageprofile mit unterschiedlichen Höhen angepaßt werden (D1, Spalte 5, Zeilen 46 bis 50; Figuren 1, 3 und 11 bis 14). Die vertikalen Schenkel der Ablegewanne werden von Blechen gebildet, die mittels Keilen in den Trägerprofilen festgeklemmt werden (D1, Ansprüche 12 bis 14).

4. Nach Auffassung der Einspruchsabteilung war der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung so allgemein festgelegt, daß die Kombination aus Seitenwand und Trägerprofil in D1 einen "Schenkel" mit Ausnehmungen (Hohlkehle und Hinterschneidung für die Schnappverbindung) nach Festlegung des erteilten Patentanspruchs 1 darstellten. Diese Auslegung trifft auf jeden Fall nicht mehr auf die Schenkel nach dem vorliegenden Patentanspruch 1 zu. Denn jeder Schenkel hat an der Innenseite (eine Mehrzahl von) Ausnehmungen auf unterschiedlichen Höhen des Schenkels, mit denen die Vorsprünge der Gleitschienen verbindbar sind (Figuren 4 und 5 der Patentschrift).

5. Der Gegenstand des vorliegenden Patentanspruchs 1 unterscheidet sich vom Stand der Technik in D1 durch die Merkmale seines kennzeichnenden Teils. Dadurch soll die Aufgabe gelöst werden, die Ablegewanne so weiterzubilden, daß die Gleitschienen mit minimalem Arbeits- und Zeitaufwand mit dem Schenkel betrieblich verbindbar sind (Spalte 2, Zeilen 51 bis 56 der Patentschrift).

6. Ausgehend von einer Ablegewanne mit Trägerprofilen wie in D1, auf denen Auflageprofile und nichttragende Seitenwände befestigt sind, gab es keinen naheliegenden Grund, dieses Konzept völlig umzustellen und Gleitschienen an den Innenseiten der Schenkel zu befestigen. Zwar standen dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt eine Vielzahl von Befestigungselementen, darunter auch ähnliche vertikale Trägerelemente, z. B. aus dem Regalbau, zur Verfügung. Diese sind aber nicht ohne weiteres auf eine gattungsgemäße Ablegewanne anwendbar, da sich Energieführungsketten ungehindert zwischen den Seitenwänden bewegen können müssen. Durch die Ausnehmungen an den Innenseiten der Schenkel gelingt es aber, die Höhe der Gleitflächen mit minimalem Aufwand zu variieren, ohne daß vorstehende Teile der Schenkel über den Gleitschienen die Bewegung der Energieführungsketten behindern. Diese einfache Lösung war für den Fachmann ohne rückschauende Betrachtung nicht naheliegend.

7. Die Kammer sieht auch keinen anderen Ansatz, nach welchem sich der Gegenstand des vorliegenden Patentanspruchs 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem verfügbaren Stand der Technik ergeben hätte. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 und der davon abhängigen Ansprüche 2 bis 6 gilt daher im Sinne des Artikels 56 EPÜ als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

8. Da das vorliegende Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Nnderungen gemäß Hauptantrag den Erfordernissen des Übereinkommens genügen (Artikel 102 (3) EPÜ), erübrigt sich die Behandlung des Hilfsantrags.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem aufrechtzuerhalten mit folgender Fassung:

- Anspruch 1 und Spalten 3, 4 der Beschreibung, eingereicht während der mündlichen Verhandlung;

- Ansprüche 2 bis 6 und Spalten 1, 2 der Patentschrift;

- Figuren 1 bis 6 der Patentschrift.

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