T 0762/01 () of 28.1.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T076201.20040128
Datum der Entscheidung: 28 Januar 2004
Aktenzeichen: T 0762/01
Anmeldenummer: 93112315.2
IPC-Klasse: C08G 77/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Organosilanpolykondensate
Name des Anmelders: Degussa AG
Name des Einsprechenden: Crompton Corporation
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Aufgabe und Lösung (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 590 270 mit dem Titel "Organosilanpolykondensate" auf die am 31. Juli 1993 unter Beanspruchung der Priorität einer deutschen Voranmeldung (4233021) vom 1. Oktober 1992 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 93 112 315.2 erfolgte am 6. Mai 1998 (Patentblatt 1998/19).

Die erteilte Fassung des Patents enthielt 16 Ansprüche, deren unabhängige Ansprüche folgenden Wortlaut hatten:

"1. Organosilanpolykondensate der allgemeinen Formel I [Z-SiO[1,5-(a+b+z)/2](OH)a(OR)bR'z]r (I)

in welcher bedeuten:

0<a<3, 0<b<3, (a+b+z)<3, z=<1, r>1,

R, R':Alkylrest mit einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 8,

Z: organischer Rest der allgemeinen Formel II -(CH2)nNHcR1d(CH2)mNHeR2f·HX(f+d) (II)

n, m, p, q: ganze Zahl von 1 bis 8,

c=<1, d=<1, e=<2, f=<2, c+d=1, e+f=2, ausgenommen f=0,

X: anorganischer oder organischer Säurerest

R1:-(CH2)pAr1,

R2:-(CH2)qAr2 und

Ar1, Ar2:Aryl-, Aralkyl- oder Aralkenylrest.

2. Verfahren zur Herstellung von Organosilanpolykondensaten nach Anspruch 1,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Herstellung durch Hydrolyse von Verbindungen der allgemeinen Formel

Z-Si(OR)3-zR'z (III)

erfolgt und daß man zur Hydrolyse eine molare Wassermenge verwendet, welche dem 0,25- bis 4fachen molaren Siliciumgehalt der eingesetzten Aminoverbindung entspricht.

3. Verfahren zur Herstellung von Organosilanpolykondensaten nach Anspruch 1,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Herstellung durch Hydrolyse von Verbindungen der allgemeinen Formel

H2N(CH2)mNH(CH2)nSi(OR)3-zR'z (IV)

wobei man zur Hydrolyse eine molare Wassermenge verwendet, welche dem 0,25- bis 4fachen molaren Siliciumgehalt der eingesetzten Aminoverbindung entspricht,

und nachfolgende Reaktion des Kondensats mit Verbindungen der allgemeinen Formeln X-R1 oder X-R2 (V) erfolgt.

11. Verfahren zur Stabilisierung verdünnter wäßriger Lösungen von Organosilanpolykondensaten nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der pH-Wert dieser Lösungen durch Säurezugabe auf einen Wert von weniger als 4,5 eingestellt wird.

12. Verwendung der Organosilanpolykondensate nach Ansprüchen 1 bis 11 als Haftvermittler zwischen anorganischen und organischen Oberflächen.

15. Verwendung der Organosilanpolykondensate nach den Ansprüchen 1 bis 11 bei der Beschichtung anorganischer Oberflächen mit organischen Polymeren."

Die abhängigen Ansprüche 4 bis 10 betreffen spezielle Ausgestaltungen der voranstehenden Verfahrensansprüche, die abhängigen Ansprüche 13, 14 und 16 solche der jeweils vorangehenden Verwendungsansprüche.

II. Gegen das Patent wurde am 5. Februar 1999 Einspruch eingelegt und der Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt. Der Einspruch stützte sich auf Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a), 52 (1), 54 und 56 EPÜ (fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) und verwies auf drei Literaturstellen, darunter auf einen Konferenzbericht,

D1: E.P. Plueddemann, "Silanols and Siloxanes as Coupling Agents and Primers", 39th Annual Conference, Reinforced Plastics/Composites Institute, The Society of the Plastics Industry, Inc., 16. - 19 January, 1984.

Zusätzlich wurde im Laufe des Einspruchsverfahrens von der Einsprechenden noch die folgende Druckschrift benannt:

D4: US-A-3 734 763.

III. Das Patent wurde mit einer am Ende der mündlichen Verhandlung am 15. März 2001 verkündeten Zwischenentscheidung, deren schriftliche Begründung am 7. Mai 2001 zur Post gegeben wurde, auf der Grundlage des im damaligen Hilfsantrag 3 beanspruchten Verfahrens aufrechterhalten. Anspruch 1 dieses Antrags lautete:

"1. Verfahren zur Herstellung von alkoholischen Lösungen von Organosilanpolykondensaten der Formel (I) [Z-SiO[1,5-(a+b+z)/2](OH)a(OR)bR'z]r (I)

in welcher bedeuten

0 < a < 3, 0 < b < 3, (a+b+z) < 3, z =< 1, r > 1,

R, R': Alkylrest mit einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 8,

Z organischer Rest der Formel (II)

-(CH2)nNHc-R1d(CH2)mNHeR2f HX(f+d)(II) [sic]

in der n, m, p, q ganze Zahlen von 1 bis 8 sind,

c =< 1, d =< 1, e < 2, f =< 2, c+d = 1, e+f = 2, ausgenommen f = 0,

X ein anorganischer oder organischer Säurerest ist,

R1 ist -(CH2)pAr1, R2 ist -(CH2)qAr2, und Ar1 und Ar2 sind Aryl-, Aralkyl- oder Aralkenylrest,

durch hydrolytische Polymerisation eines Aminosilans und anschließende Funktionalisierung durch Reaktion mit einem funktionellen Alkylsalzes, wobei Verbindungen der allgemeinen Formel H2N(CH2)mNH(CH2)mSi(OR)3-zR'z [sic] in der R', m, n und z [sic] die zuvor angegebene Bedeutung haben, mit einer molaren Wassermenge, welche dem 0,25- bis 4-Fachen molaren Siliciumgehaltes [sic] der eingesetzten, in Alkohol gelösten Aminoverbindung entspricht unter Abführung der bei der Hydrolyse entstehenden Wärme hydrolytisch polymerisiert werden, die Viskosität durch Zugabe von Alkohol als Lösungsmittel eingestellt wird und nachfolgende Reaktion des Kondensats mit Verbindungen der allgemeinen Formeln XR1 oder XR2 in der X, R1 und R2 die zuvor angegebene Bedeutung haben, erfolgt."

Die restlichen abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betrafen spezielle Ausgestaltungen dieses Verfahrens.

Neuheit dieses Verfahrens wurde wegen der vom vorgenannten Stand der Technik verschiedenen Reihenfolge der beiden Verfahrensstufen, Polykondensation des Aminosilans und darauf folgende Funktionalisierung des Polykondensats, anerkannt.

Die technische Aufgabe wurde definiert als die Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung solcher alkoholischer Lösungen.

Literaturstelle D4 gebe an, wie Aminosilane mit Alkylchlorid funktionalisiert werden könnten, und D1 zeige vier Verfahren zur Herstellung von Primern aus einem Aminosilan "A" bzw. einem funktionalisierten Aminosilan "B". Es gebe aber keinen Hinweis auf die Funktionalisierung eines polykondensierten Aminosilan- Hydrolysats. Daher wurde das beanspruchte Verfahren als erfinderisch betrachtet. Aus diesem Grund gelangte die Einspruchsabteilung auch zur Auffassung, daß die geltend gemachten Einspruchsgründe einer Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang des dritten Hilfsantrags nicht entgegenstünden.

IV. Am 6. Juli 2001 erhob die Beschwerdeführerin (Einsprechende) unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde. Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

In der am 6. September 2001 eingereichten Beschwerdebegründung hielt die Beschwerdeführerin ihren Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ) auf der Grundlage der Entgegenhaltungen D1 und D4 sowie einer weiteren neu genannten Druckschrift,

D6: US-A-4 472 566,

aufrecht und beantragte den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang.

Auf der oben genannten Definition der technischen Aufgabe in der angefochtenen Entscheidung aufbauend, verwies die Beschwerdeführerin in einer Merkmalsanalyse des beanspruchten Verfahrens auf Vorgehensweisen in D1, wie z. B. die dortige Verfahrensvariante 3, in der ein Silan B als 40-prozentige methanolische Lösung unter Zusatz von Wasser in einem Molverhältnis von Wasser zu Silan von 1,5 kondensiert werde. Das dort genannte Silan B [(CH3O)3Si(CH2)3NHCH2CH2NHCH2-C6H5-CH=CH2] werde durch die Formel III des Streitpatents (vgl. Anspruch 2 in Abschnitt I, oben) beschrieben und sei identisch mit dem in Beispiel 1 des Streitpatents eingesetzten Silan. D1 decke auch bei der Kondensation von Silan A [(CH3O)3Si(CH2)3NHCH2CH2NH2] fast den ganzen Bereich des beanspruchten Wasser/Silicium-Verhältnisses ab. Die Verwendung eines niedrig siedenden Lösungsmittels wie Methanol sei übliche Praxis, um die Reaktionswärme zu kontrollieren und abzuleiten bzw. um die Viskosität des Organosiloxan-Polykondensats zu steuern. Obgleich diese Steuerung in dem Verfahren von D1 nicht ausdrücklich beschrieben sei, werde dort doch der Zusatz von Alkohol oder anderer geeigneter Lösungsmittel beschrieben.

Der auf die Kondensation folgende nächste Schritt im beanspruchten Verfahren des Streitpatents sei die Umsetzung des durch Hydrolyse aus dem Aminosilan gemäß Formel (IV) (vgl. Anspruch 3 in Abschnitt I, oben) erhaltenen Polykondensats mit Verbindungen der Formeln XR1 oder XR2. In Tabelle I, Zusammensetzung 14 von D4 werde die Reaktion von 2-Aminoethyl-3- aminopropyltrimethoxysilan mit Chlormethylstyrol, einer dieser Verbindungen, beschrieben. Zwar offenbare D4 damit nicht ausdrücklich die Umsetzung eines Polykondensats mit XR1 oder XR2, wohl aber Teilhydrolysat-Strukturen, die durch das Verfahren von Anspruch 1 hergestellt worden seien. In Druckschrift D6 allerdings werde ein Polykondensat mit solchen Verbindungen umgesetzt. Obgleich dieses Polydiorganosiloxan nicht identisch mit den Polykondensaten des Streitpatents sei, gäbe es viele bedeutende Ähnlichkeiten. So enthielten beide Siloxane, d. h. das im Streitpatent und jenes in D6, die strukturell gleiche aminofunktionelle Siloxan-Gruppe. Die Reaktion des Benzylchlorids finde bei beiden Polykondensaten mit dieser Gruppe statt.

Der Fachmann würde Organosilan-Polykondensate, wie sie aus D1 (Methode 3, Silan A und Tabelle IV) bekannt seien, mit XR1 oder XR2 nach dem Verfahren von D6 umsetzen. Diese einfache Kombination der Verfahren von D1 und D6 ergäben Strukturen wie in D4 und in Formel (I) von Anspruch 1 des Streitpatents. Das beanspruchte Verfahren stelle daher eine triviale Alternative des Standes der Technik dar. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei daher nicht erfinderisch.

Auch die Stabilisierung verdünnter wäßriger Lösungen der Organosilanpolykondensate sei aus D1 bekannt, wo dem mit Wasser auf 0,5% verdünnten Produkt von Methode 3 Säure bis zu einem pH-Wert von 4,0 zugesetzt worden sei.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) unterstützte hingegen in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 18. Januar 2002 die angefochtene Entscheidung und widersprach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in allen Punkten, insbesondere beantragte sie, die Einführung von D6 in das Beschwerdeverfahren als verspätet zurückzuweisen und dem Verfahren nur den Stand der Technik zugrunde zu legen, der in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt worden war.

Die Druckschrift D6 befasse sich mit kationischen Polydiorganosiloxanen zur Behandlung von menschlichem Haar, menschlicher Haut und Fellen lebender Tiere. Diese bekannten Polysiloxane unterschieden sich, wie von der Beschwerdeführerin selbst zugegeben, von den Organosilanpolykondensaten gemäß Formel (I) des strittigen Anspruchs 1. Die Reaktion von Dialkylaminosubstituenten der Formel -(CH2)mNH(CH2)nNH2 einer Siliciumverbindung mit Benzylchlorid zu einer kationischen Form sei schon aus D4 bekannt.

Der Fachmann würde aufgrund der völlig unterschiedlichen Strukturen der aus D6 bekannten Polysiloxane und der Kondensate gemäß Streitpatent und wegen der dem Streitpatent zugrundeliegenden anderen technischen Aufgabe, nämlich ein Verfahren zur Herstellung von als Haftvermittler geeigneten funktionalisierten Organosilanpolykondensaten in Form alkoholischer oder wäßriger Lösungen zu schaffen, die neu genannte Druckschrift D6 nicht in Betracht ziehen.

Eine Kombination von D6 mit den anderen entgegengehaltenen Druckschriften setze die Kenntnis des beanspruchten Gegenstandes voraus und beruhe daher auf rückschauender Betrachtungsweise.

In D1 werde die gesteuerte Hydrolyse aminoorganofunktioneller Silane (N-substituierter Aminosilane) beschrieben und das Verhalten monomerer Silane mit dem oligomerer Siloxane verglichen. Die Oligomeren seien zwar mit den Organosilanpolykondensaten vergleichbar, wie aber in der Publikation angegeben, sei die chemische Natur der dortigen Hydrolyseprodukte nicht bekannt. Zudem lehre D1, daß oligomere Siloxane der fraglichen Art zur Verwendung als Kupplungsmittel oder Grundierung in der Praxis unbrauchbar seien, weil nur monomere Silantriole die gewünschten Eigenschaften aufwiesen.

So sei das näher untersuchte Silan B in konzentrierter methanolischer Lösung zu einem in Wasser vollständig löslichen Produkt vorhydrolysiert worden, welches offensichtlich aus cyclischen oligomeren Siloxanen bestanden habe und weder als Kupplungsmittel noch als Grundierung auf Glas brauchbar gewesen sei.

Daher sei dort untersucht worden, ob sich in verdünnten wäßrigen Lösungen aus den Oligomeren monomere Silantriole mit den gewünschten Eigenschaften zurückbildeten. Die Geschwindigkeit einer solchen Rückbildung habe sich jedoch als für praktische Zwecke zu gering erwiesen. Bei saurer Hydrolyse hingegen hätten sich konzentrierte unmittelbar brauchbare Lösungen ergeben. Bei Lagerung würden sich daraus jedoch unbrauchbare Oligomere bilden.

Die Veröffentlichung D1 gebe keinerlei konkrete Anregungen oder Hinweise, hydrolysierte aminosubstituierte Silane nach Bildung von Oligomeren mit Aralkyl- oder Aralkenylverbindungen umzusetzen, um dadurch funktionelle Gruppen in die Polykondensate einzubringen.

Gleichzeitig wurden durch die Beschwerdegegnerin Reinschriften des in der angefochtenen Entscheidung aufrechterhaltenen Anspruchssatzes als Hauptantrag sowie dreier zusätzlicher Hilfsanträge eingereicht. Die Hilfsanträge spielten im weiteren Verfahren keine Rolle.

VI. Am 28. Januar 2004 fand eine mündliche Verhandlung statt. Aufgrund von Hinweisen der Kammer auf formale Mängel im Hauptantrag legte die Beschwerdegegnerin eine neue Fassung dieser Anspruchssatzes vor, die der weiteren Diskussion als Grundlage diente:

"1.Verfahren zur Herstellung von alkoholischen Lösungen von Organosilanpolykondensaten der Formel (I)

[Z-SiO[1,5-(a+b+z)/2](OH)a(OR)bR'z]r (I)

in welcher bedeuten

0 < a < 3, 0 < b < 3, (a+b+z) < 3, z =< 1, r > 1,

R, R': Alkylrest mit einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 8,

Z organischer Rest der Formel (II)

-(CH2)nNHc-R1d(CH2)mNHeR2f·HX(f+d)(II)

in der n, m, p, q ganze Zahlen von 1 bis 8 sind, c =< 1, d =< 1, e < 2, f =< 2, c+d = 1, e+f = 2, ausgenommen f = 0,

X ein anorganischer oder organischer Säurerest ist,

R1 ist -(CH2)pAr1, R2 ist -(CH2)qAr2, und Ar1 und Ar2 sind Aryl-, Aralkyl- oder Aralkenylrest,

durch hydrolytische Polymerisation eines Aminosilans und anschließende Funktionalisierung durch Reaktion mit einem funktionellen Alkylsalzes, wobei Verbindungen der allgemeinen Formel H2N(CH2)mNH(CH2)nSi(OR)3-zR'z

in der R, R', m, n und z die zuvor angegebene Bedeutung haben, mit einer molaren Wassermenge, welche dem 0,25- bis 4-fachen molaren Siliciumgehalt der eingesetzten, in Alkohol gelösten Aminoverbindung entspricht unter Abführung der bei der Hydrolyse entstehenden Wärme hydrolytisch polymerisiert werden, die Viskosität durch Zugabe von Alkohol als Lösungsmittel eingestellt wird und nachfolgende Reaktion des Kondensats mit Verbindungen der allgemeinen Formeln XR1 oder XR2 in der X, R1 und R2 die zuvor angegebene Bedeutung haben, erfolgt.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man H2N(CH2)2NH(CH2)3Si(OCH3)3 hydrolytisch polymerisiert und im Anschluss mit CH2=CH-C6H4- CH2C1 oder C6H5-CH2C1 umsetzt.

3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass man zur Stabilisierung der Organosilanpolykondensate nach Verdünnen mit Wasser durch Zugabe einer ausreichenden Menge Säure den pH- Wert der Lösung auf Werte von weniger als 4,5 einstellt.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Alkohol ein- oder mehrwertige, verzweigte, unverzweigte oder cyclische Alkohole mit einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 18 verwendet werden."

a) Die erstmalige Zitierung von D6 in der Beschwerdebegründung wurde durch die Beschwerdeführerin damit begründet, daß erst in der mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung und durch die angefochtene Entscheidung selbst klar geworden sei, welche Bedeutung der Reihenfolge der Reaktionsschritte des nun noch beanspruchten Verfahrens beigemessen worden sei. Dies sei durch den Produktanspruch, die beiden beanspruchten Verfahren und die mit gleichen Worten ausgedrückten Ergebnisse dieser Verfahren in der erteilten Fassung des Streitpatents nicht erkennbar gewesen, so daß die Nennung bei Einlegen des Einspruchs nicht notwendig erschienen sei. In der Einspruchsverhandlung (Protokoll der damaligen mündlichen Verhandlung, Punkt 3.4.2) sei erstmals ein Unterschied zwischen den beiden Verfahren geltend gemacht worden (nämlich verschiedene Substitutionsmuster). Die Druckschrift diene nur dazu - nicht zuletzt angesichts der breiten Definition ihres Polysiloxans einschließlich dessen gegebenenfalls vorhandenen OH-Gruppen - zu zeigen, daß kein Vorurteil bestanden habe, die Aminogruppen eines solchen Kondensationsprodukts zu alkylieren, d. h. die Trivialität dieser Maßnahme zu demonstrieren.

b) Die Beschwerdegegnerin sah die Beurteilung der Relevanz von D6 durch die Beschwerdeführerin als falsch und seine späte Nennung als Folge der Diskussion über das Streitpatent im Einspruch an, also als Ergebnis einer rückschauenden Betrachtung in Kenntnis des Streitpatents. Ähnlich wie D1 unterscheide sich das Streitpatent zudem grundlegend von D6, da es anders als dieses ein "lebendes System" betreffe, in dem sich aber bereits kleine Änderungen der Randbedingungen bei Herstellung und Lagerung (Wasser- und Lösungsmittelmengen, pH, Temperatur) immens auf die Zusammensetzung und die Eigenschaften des komplexen Produktes auswirkten, was in dessen allgemeiner Formel indes nicht zum Ausdruck komme. So könnten die Verfahrensprodukte der beiden ursprünglich beschriebenen Verfahren verschiedene Strukturen besitzen (was von der Beschwerdeführerin bestritten wurde), die aber bisher nicht exakt beschrieben worden seien. Außerdem sei D6 auf ein völlig anderes Verwendungsfeld gerichtet und könne daher weder prima facie, noch bei näherer Betrachtung der darin enthaltenen Unterschiede (z. B. die große Menge unreaktiver Dimethylsiloxan-Einheiten in einem als Silikonöl zu bezeichnenden Material, das bei Zugabe von Wasser keine Lösung, sondern bestenfalls eine Emulsion bilde) als relevant, geschweige denn als relevanter als der bereits berücksichtigte Stand der Technik angesehen werden. Es solle daher nicht ins Verfahren eingeführt werden.

c) Zur erfinderischen Tätigkeit ergänzten beide Parteien ihr jeweiliges oben wiedergegebenes schriftliches Vorbringen. Dabei waren sich die Parteien einig, daß D1 den nächstliegenden Stand der Technik darstelle.

d) Nach Ansicht der Beschwerdeführerin würden in dieser Veröffentlichung nicht nur die gleichen Ausgangssubstanzen eingesetzt, sondern auch die Reaktionen seien die gleichen, und sogar das Zwischenprodukt des beanspruchten Verfahrens sei darin beschrieben, nämlich als in Methanol gelöstes Reaktionsprodukt von Silan A, die 10%ige Primer- Lösung eines Methoxy-Oligomers (Tabelle II von D1). Zudem besitze dieses Zwischenprodukt "indefinite shelf stability". Selbst das Endprodukt sei bereits aus D1 bekannt gewesen, wie die erwähnte Prähydrolysierung mit beschränkter Wassermenge der Reaktionsprodukte von (MeO)3Si(CH2)3-NHCH2CH2NH2 mit Alkylhalogeniden auf Seite 1 zeige. Angesichts dieser Tatsachen und im Hinblick auf die technische Aufgabe, ein alternatives Verfahren zu dem aus D1 bekannten zur Verfügung zu stellen, lege bereits D1 für sich genommen den Patentgegenstand nahe. Zudem enthalte das Streitpatent keine Angaben, die unterschiedliche Resultate der beiden in der erteilten Fassung offenbarten Verfahren erkennen ließen. Zusätzlich zeige D6, daß auch Aminogruppen enthaltende Kondensate unter vergleichbaren Reaktionsbedingungen wie in D1 mittels des gleichen Reaktionstyps funktionalisiert werden könnten.

e) Die Beschwerdegegnerin stellte hingegen unter Verwendung des Begriffs "lebendes System" wiederholt die Empfindlichkeit des Reaktionsproduktes gegenüber Randbedingungen während der Herstellung und danach bis zur Anwendung heraus, die auch durch D1 belegt werde. Im Gegensatz zu D1, worin zwar eingangs ionische aminosubstituierte Silane angesprochen, dann aber vier unterschiedliche Verfahren auf zwei durch ihre Strukturformeln definierte, nichtionische neutrale Verbindungen, die Silane A und B (vgl. Abschnitt IV, oben), angewendet worden seien, gebe das Streitpatent genaue Anweisungen, unter welchen Bedingungen das gewünschte Produkt erhalten werde, das die von den Verbrauchern geforderte Wasserlöslichkeit (unmittelbare Bildung einer klaren Lösung, z. B. innerhalb von 5 min) aufweise. Dagegen werde aus den Daten in D1 deutlich, daß die dortigen Produkte, soweit sie oligomer seien, erst wieder in Silantriole depolymerisiert werden müßten, um eine solche Löslichkeit zu erreichen. Dies geschehe ausweislich der Angaben und Daten in D1 allerdings zu langsam für eine kommerzielle Anwendung. Daher könne auch von Gleichheit der Produkte keinesfalls die Rede sein, auch wenn die genaue Struktur der Produkte nicht genau bekannt sei. Überdies könne der Begriff "prähydrolysiert" nicht mit hydrolytischer Kondensation gleichgesetzt werden. Vielmehr werde in der Verfahrensvariante 3 von D1 selbst auch zwischen Hydrolyse und Kondensation unterschieden, und überdies zeige D1, daß durch Hydrolyse der entsprechenden Alkoxysilane Lösungen von Trisilanolen hergestellt werden könnten.

Der Fachmann hätte nach Ansicht der Beschwerdegegnerin D6 wegen der fehlenden Relevanz überhaupt nicht in Betracht gezogen (vgl. Abschnitt VIb), oben).

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf Grundlage der Ansprüche 1 bis 4, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 28. Januar 2004, als Hauptantrag, oder hilfsweise auf Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit Schreiben vom 18. Januar 2002, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Verfahrensfragen

2.1. Zunächst ist die streitige Frage zu untersuchen, ob die erstmals in der Beschwerdebegründung zitierte Druckschrift D6 zu diesem Beschwerdeverfahren zugelassen werden oder, wie von der Beschwerdegegnerin beantragt, als verspätet genannt außer Betracht bleiben sollte.

2.1.1. Während die Beschwerdegegnerin darauf hinwies, daß der nunmehrige Hauptanspruch bereits in der erteilten Fassung des Streitpatents als unabhängiger Anspruch enthalten war, also bereits damals hätte angegriffen werden sollen, machte die Beschwerdeführerin geltend, daß im Hinblick auf den damaligen Produktanspruch 1, auf den die beiden damaligen Verfahrensansprüche rückbezogen waren (Abschnitt I, oben), davon auszugehen war, daß die Reihenfolge der beiden Verfahrensschritte für das beanspruchte Produkt unerheblich sei (Abschnitt VIa), oben).

Damit habe die Beschwerdebegründung die erste Möglichkeit geboten, sich eingehend mit der behaupteten Bedeutung der Reihenfolge der Reaktionsschritte für das nun beanspruchte Verfahren zu befassen.

Nachdem aber keine der genannten Entgegenhaltungen, d. h. weder D1 noch D4, explizit die Funktionalisierung des Polykondensats beschrieben habe, zeige nun D6, daß bei beiden Reihenfolgen der Reaktionsschritte gemäß den Verfahren der erteilten Ansprüche 2 und 3 das gleiche Substitutionsmuster resultiere.

2.1.2. Die Beschwerdegegnerin bezweifelte die Relevanz von D6 mit der Begründung, nicht nur das Verwendungsfeld der Produkte sondern auch die Produkte selbst seien völlig anders (Abschnitt VIb), oben). Daher sei die Druckschrift schon prima facie nicht relevant.

2.2. Angesichts des Verlaufs des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens, insbesondere der Streichung eines wesentlichen Teils der ursprünglich mitumfaßten Gegenstände des Streitpatents, die die Bedeutung der Reihenfolge der beiden Reaktionsschritte des nun ausschließlich beanspruchten Verfahrens erst augenscheinlich werden ließ, und angesichts der Tatsache, daß die Nennung in der Beschwerdebegründung erfolgte, die auch der Beschwerdegegnerin ausreichend die von dieser auch wahrgenommene Gelegenheit geboten hat, sich dazu zu äußern, d. h. unter diesen speziellen Umständen, hat die Kammer die Druckschrift D6 zur Diskussion in der mündlichen Verhandlung zugelassen.

Hauptantrag

3. Wortlaut der Ansprüche

Die während der mündlichen Verhandlung eingereichte Fassung des Hauptantrags (Abschnitt VI, oben) basiert auf einer Kombination der Merkmale der erteilten Ansprüche 1, 3 und 5 sowie Seite 2, Zeilen 51/52 und unterscheidet sich vom Anspruchssatz des in der angefochtenen Entscheidung aufrecht erhaltenen Hilfsantrags 3 (Abschnitt III, oben) durch folgende Änderungen von Anspruch 1:

- Berichtigung der Formel (II) (Einfügung des Punktes vor HX(f+d)), wie in den ursprünglich eingereichten und erteilten Fassungen von Anspruch 1 (Abschnitt I, oben),

- Berichtigung der Formel des Ausgangs-Aminosilans in Übereinstimmung mit Formel IV von Anspruch 3 (ursprüngliche und erteilte Fassung; Index n),

- Klarstellung der Bedeutung des in der letztgenannten Formel verwendeten Symbols R sowie

- Berichtigung der Formulierung der in der hydrolytischen Polymerisation eingesetzten Wassermenge, wie im ursprünglich eingereichten Anspruch 6 und im erteilten Anspruch 3.

Darüber hinaus wurde "e =< 2" im Hinblick auf den Ausschluß von "f = 0" aus stöchiometrischen Gründen in "e < 2" berichtigt.

Die Ansprüche 2 bis 4 basieren auf den Ansprüchen 4, 6 und 11 in Verbindung mit Seite 3, Zeilen 11 bis 13 der erteilten Fassung des Streitpatents.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Änderungen der Ansprüche gemäß Hauptantrag keine Einwände. Auch die Kammer sieht hierfür keine Gründe.

Folglich erfüllt der Anspruchssatz des Hauptantrags die Erfordernisse der Artikel 84, 123 (2) und 123 (3) EPÜ.

4. Neuheit

4.1. Die Neuheit des beanspruchten Verfahrens gemäß Anspruch 1 ist von der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung ausdrücklich anerkannt worden. Für die Kammer sind keine Gründe erkennbar, die zu einer anderen Beurteilung der Frage der Neuheit dieses Anspruchs wie auch der von diesem abhängigen Ansprüche 2 bis 4 führen könnten.

Hieraus folgt, der beanspruchte Gegenstand gemäß Hauptantrag ist neu (Artikel 54 EPÜ).

5. Technische Aufgabe und Lösung

5.1. Die beiden Parteien haben bereits im Einspruchsverfahren die Veröffentlichung D1 als nächstliegenden Stand der Technik betrachtet. Dieser Einschätzung schloß sich auch die Einspruchsabteilung an. Die Kammer hat keine Veranlassung, hierzu eine andere Position einzunehmen.

5.2. Der Konferenzbericht D1 beschreibt "Silanole und Siloxane als Haftvermittler und Primer" ("Silanols and Siloxanes as Coupling agents and Primers") und zielt damit auf dasselbe Sachgebiet, für das die Produkte des beanspruchten Verfahrens verwendbar sein sollen (Streitpatent: Seite 2, Zeilen 3 und 4).

5.2.1. In der Zusammenfassung am Anfang der Veröffentlichung (Abstract) wird hinsichtlich der Haftvermittler auf der Grundlage amino-organofunktioneller Silane klar unterschieden zwischen einerseits Methoxysilan- und Silantriol-Monomeren und andererseits methoxy- bzw. silanolfunktionellen Oligomeren.

5.2.2. In Kapitel I (Background) wird auf die Reaktion von Verbindungen der Formel (wobei Me = CH3 gilt) (MeO)3Si(CH2)3- NHCH2CH2NH2 mit Alkylhalogeniden zu Monohydrohalogeniden substituierter Diaminen verwiesen, deren Produkte (MeO)3Si(CH2)3NHCH2CH2NHR·HX (Struktur (I)) einige Löslichkeitsbesonderheiten zeigen. In diesem Zusammenhang werden die Amin-Hydrohalogenid-Gruppe als stark hydrophil, die R- und (MeO)3Si(CH2)3-Gruppen als hydrophob beschrieben. Das Löslichkeitsverhalten einer Reihe solcher Verbindungen mit verschiedenen Gruppen R und das ihrer "Prähydrolysate" (nach Hydrolyse mit 1,5 mol Wasser in Methanol) als 5%-ige Dispersionen in Wasser wird in Tabelle I wiedergegeben. Die chemische Natur der Hydrolysate wird als nicht bekannt bezeichnet.

Unter anderem werden in Tabelle I auch die beiden in den Beispielen 1 und 2 der erteilten Fassung des Streitpatents eingesetzten Verbindungen genannt, die nur als Prähydrolysate in Wasser auf 5% verdünnt ein klares Produkt, nicht aber als Monomer bilden (letzteres wird durch die Vergleichsbeispiele 9 und 10 im Streitpatent bestätigt). Diese Unterschiede zwischen den Wasserlöslichkeiten der eingesetzten Verbindungen und ihrer Hydrolysate werden mit dem Verschwinden der hydrophoben (MeO)3Si(CH2)3-Gruppen bei der Hydrolyse und der Kettenlänge der R-Gruppe erklärt. Außerdem wird vermutet, daß in wäßrigem oder alkoholischem Medium intermediäre Silanole mit dem Lösungsmittel und den Amingruppen unter Bildung intramolekularer Ringe starke Wasserstoff-Bindungen ausbilden, die die Lösung gegen Gelieren stabilisieren.

Das "substituierte aminofunktionelle Silan (I)" mit R = Vinylbenzyl, das diesem Abschnitt als kommerziell verfügbares Produkt Dow Corning® Z-6032 bezeichnet wird, bildet in Wasser trübe Dispersionen; nach "Prähydrolyse" in 40%iger methanolischer Lösung wird das entsprechende Produkt der Struktur (I) hingegen als vollkommen wasserlöslich beschrieben. Dieses als seltsam und als für den kommerziellen Erfolg oft hinderlich bezeichnete Lösungsverhalten wird durch die bereits erwähnte Tabelle I bestätigt und ist wohl durch das im vorigen Absatz bereits angesprochene Verschwinden der hydrophoben (MeO)3Si(CH2)3-Gruppen bedingt.

5.2.3. Im direkt darauf folgenden experimentellen Teil (Kapitel II.A) wird dieses Handelsprodukt allerdings im direkten Widerspruch zur obigen Erklärung als neutrale nichtionische Verbindung mit der Strukturformel CH3O)3SiCH2CH2CH2NHCH2CH2NHCH2-C6H5-CH=CH2, d. h. als freies Amin und nicht als Hydrochlorid, definiert und als "Silan B" benannt (Seite 1, rechts unten). Daneben findet sich dort auch der Hinweis auf ein weiteres kommerzielles Produkt, nämlich die unbestritten nichtionische Verbindung (CH3O)3SiCH2CH2CH2NHCH2CH2NH2 ("Silan A").

5.2.4. Im weiteren werden in D1 vier Verfahrensvarianten zur Herstellung von Primer-Lösungen aus diesen beiden Silanen A und B beschrieben, darunter die Methode 3, auf die von den Parteien besonders Bezug genommen wurde. Nach der Hydrolyse des monomeren Silans als 40%ige Lösung in Methanol mit 1,5 mol Wasser ist in dieser Variante eine Präkondensation in Lösung mit Bildung cyclischer oligomerer Siloxane zugelassen worden. Das resultierende, nach einem Tag auf 10% Festgehalt in Methanol verdünnte und als cyclisches Methoxy-Siloxan bezeichnete Material hat unbeschränkte Lagerstabilität. Wenn das Hydrolyseprodukt von Silan A aber auch von der Beschwerdeführerin selbst als nichtionisches Zwischenprodukt gemäß Anspruch 1 des Streitpatents angesehen wird, so folgt aus der für die Silane A und B gleichlautenden und nicht zwischen diesen unterscheidenden Beschreibung der Methode 3 zwangsläufig, daß auch Silan B der nichtionischen Formel entspricht.

In Verfahrensvariante 2 hingegen wurden die Silane in Methanol in Gegenwart überschüssiger Essigsäure hydrolysiert und dann mit Methanol auf 10% verdünnt. Das Produkt wurde als Silantriol charakterisiert.

5.2.5. Die in den vier Verfahrensvarianten aus Silan A und Silan B gebildeten Primer-Typen sind in Tabelle II, auf die sich die Beschwerdeführerin wiederholt bezogen hat, als "Monomer in Methanol", als "wäßrige Dispersion", als "Methoxy-Oligomer" bzw. als "Silantriol" charakterisiert (Kapitel II.B). Jedoch lassen sich nicht alle dieser vier Typen eindeutig einer der oben genannten Verfahrensvarianten (Abschnitt 5.2.4) zuordnen, denn deren Produkte werden als "Methoxy-Monomer" und "Silantriol", also als Monomere im Sinne der Zusammenfassung von D1 (Abschnitt 5.2.1, oben), bzw. als "cyclische Methoxy- Siloxane" und "cyclische Silanol-Siloxane", d. h. als Oligomere in besagtem Sinne, identifiziert.

5.2.6. In Kapitel II.D wurde dann die Eignung von Produkten auf der Basis von Silan B als Haftvermittler untersucht. Silan A bleibt für diese Verwendung völlig außer Betracht. Das wasserlösliche Produkt einer Prähydrolyse von Silan B in konzentrierter Methanol-Lösung wurde als im Verarbeitungsbad gut handhabbar, seine Leistung als Haftvermittler aber als schwach bezeichnet, d. h. schlechter als das Monomer selbst (Brückenabsatz der Seiten 2 und 3). Dem Hydrolysat wurde, wie dem Produkt der Methode 3, eine cyclische oligomere Siloxanstruktur zugeschrieben. Daraufhin wurde untersucht, ob sich aus diesen cyclischen Oligomeren von Silan B in verdünnter wäßriger Lösung monomeres Silantriol zurückbilden würde und ob sich das lösliche Silantriol unter sauren Bedingungen in Methanol direkt aus Silan B bilden lasse.

Die Ergebnisse dieser Versuche sind in Tabelle V anhand der Erscheinung von 1%igen wäßrigen Dispersionen der Produkte, entstanden aus prähydrolysierten Konzentraten nach Alterung, als "cloudy", "hazy" oder "clear" beurteilt worden. Dabei wurden Hydrolysate von Silan B in konzentrierter Form entweder durch Zugabe von Wasser unter neutralen Bedingungen oder von überschüssiger Essigsäure zur 40%igen methanolischen Lösung in ursprünglich klarer Form hergestellt. Im ersten Fall wurde das Produkt wieder als cyclisches Oligomer, im zweiten Fall als (also monomeres) Silantriol beschrieben, das relativ gute Stabilität in Methanol ausweist, aber im Laufe einiger Tage zu silanol- funktionellen Siloxanen kondensiert (Seite 3, links, Zeilen 10 bis 13 und 37 bis 39, sowie Tabelle V).

Der Vergleich der Löslichkeitsverhalten des Prähydrolysats der mit Vinylbenzyl-Gruppen substituierten Verbindung in Wasser in Tabelle I (5%ig: klar) mit dem der Produkte aus Silan B in Tabelle V (jeweils 1%ig: "cyclisches Siloxan" klar nach 6 h; "Silantriol" klar nach 30 min) läßt nur den Schluß zu, daß die Produkte in Tabelle V sich von dem in Tabelle I unterscheiden.

5.2.7. Die Beschwerdeführerin verwies noch auf die Haftvermittlungseigenschaften des emulgierten Monomers bzw. der Lösung der cyclischen Oligomeren nach Verdünnen mit Wasser auf 0,2% bei einem pH-Wert von 4 in Tabelle VII und bezeichnete sie als gleichwertig.

5.2.8. Diese Ergebnisse können laut Beschwerdegegnerin jedoch zum einen die Nachteile des unzureichenden Lösungsverhaltens nicht beseitigen und stehen zum anderen im Widerspruch zu weiteren Ergebnissen in D1 selbst. Beispielsweise seien die Ergebnisse von emulgiertem Silan B bei direkter Verdünnung mit Wasser als die besten bezeichnet worden, wohingegen ein neutral prähydrolysiertes cyclisches Oligomer die schwächste Leistung erbringe, die sich erst nach für kommerzielle Anwendungen zu langsamer Umwandlung der Oligomeren in verdünnter Lösung in "monomeres Triol" verbessere (Seite 3, links, Zeile 22 ff., insbesondere Zeilen 26 bis 33).

Das in Tabelle V angegebene Lösungsverhalten beider dortiger Produkte in Wasser (Abschnitt 5.2.6, oben) wurden von der Beschwerdegegnerin als völlig unzureichend bezeichnet. So würde angesichts der starken Verzögerung der Bildung klarer wäßriger Lösungen aus diesen Produkten die Lehre von D1 unabhängig von möglichen späteren Bindungseigenschaften für den Fachmann als Basis weiterer Untersuchungen zur Herstellung von Produkten für wäßrige Haftvermittler- Lösungen von vorn herein ausscheiden. Der Vergleich der Ergebnisse in den Tabellen I und V zeige zudem, daß "Prähydrolyse" per se keine Kondensationsreaktion einschließe. So würde auch in der Beschreibung der Methode 3 zwischen diesen Reaktionen unterschieden.

5.2.9. Insgesamt ergibt sich hinsichtlich D1 das folgende Bild: Einerseits bilden gemäß Tabelle I von D1 die beiden (auch in den Beispielen 1 und 2 des Streitpatents eingesetzten) ionischen Verbindungen als Prähydrolysate klare wäßrige Lösungen unbekannter Natur. Andererseits lassen sich in D1 unterschiedslos durch Prähydrolyse und Kondensation der gemäß den angegebenen Formeln nichtionischen Silane A und B in 40%iger methanolischer Lösung durch Wasserzusatz (insbesondere in definierten Mengen) jeweils Methoxy-Oligomere herstellen, die in D1 als cyclische Methoxy-Siloxane interpretiert werden. Das cyclische Methoxy-Siloxan aus Silan B bildet jedoch in Wasser nur langsam klare Lösungen und zeigt unzureichende Leistung als Haftvermittler im Unterschied zum unter sauren Bedingungen (Essigsäure-Überschuß) frisch hergestellten monomeren Silantriol.

Dies bestätigen die Ergebnisse von Löslichkeitsversuchen von Produkten aus Silan B in Tabelle V (vgl. Abschnitt 5.2.4, oben). Die Produkte beider Varianten (mit oder ohne Essigsäure) liefern selbst bei größerer Verdünnung mit Wasser als in Tabelle I, nämlich auf 1% Festgehalt, erst nach längerer, zudem voneinander signifikant unterschiedlichen Zeiten und bei den Oligomeren erst nach Depolymerisation zum monomeren Triol (d. h. z. B. nach Verdünnung mit Wasser auf 0,2% nach mehr als 48 h, gegenüber 30 min beim Silantriol; Seite 3, links, Zeilen 49 bis 52) klare "verdünnte wäßrige Dispersionen". Daher wird in D1 empfohlen, sauer- hydrolysierte Konzentrate an dem Tag herzustellen, an dem sie kommerziell eingesetzt werden sollen (Seite 3, links, Zeilen 39 bis 41).

5.3. Gegenüber dieser Veröffentlichung D1 war in der angefochtenen Entscheidung die technische Aufgabe darin gesehen worden, ein alternatives Verfahren zur Herstellung alkoholischer Lösungen von Organosilanpolykondensaten, also keine Lösungen von monomerem Triol, zur Verfügung zu stellen. Die Beschwerdegegnerin hat dazu in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragen, daß ein Teil der technischen Aufgabe auch darin zu sehen sei, daß das Produkt (die alkoholische Lösung) sich mit Wasser unmittelbar und direkt zu einer klaren Lösung verdünnen läßt.

5.3.1. Dieser Aspekt ist auf Seite 1, Zeilen 34 bis 36 sowie Seite 2, Zeilen 14 bis 19 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen angesprochen (Streitpatent: Seite 2, Zeilen 18/19 und 26 bis 28) und kann daher im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ bei der Formulierung der technischen Aufgabe berücksichtigt werden.

5.3.2. Allerdings wurde in der Anlage zur seinerzeitigen Ladung vom 4. Oktober 2000 die Neuheit des damaligen Produktanspruchs 1 (Abschnitt I, oben) gegenüber D1 bzw. D4 angezweifelt. Somit bleibt erst zu klären, ob die geltend gemachten Eigenschaften des Produktes wegen Erfüllung dieses Aspektes der Aufgabe durch die bekannten Produkte außer acht gelassen werden müssen.

5.3.3. Gemäß dem Vortrag der Beschwerdeführerin enthält die Streitpatentschrift nur die chemische Formel des Produktes gemäß den Formeln (I) und (II), der zufolge dieses Produkt mit dem in D4 erwähnten Teilkondensat der dortigen Organosilicium- Verbindungen identisch sei. Dies gelte z. B. auch für das der dortigen Verbindung 14 (die laut Tabelle II der Druckschrift in Verbindung mit Spalte 4, Zeilen 40 bis 42 dem Hydrochlorid des oben bezeichneten Silans B entspreche). Besonderheiten des Produktes des erteilten Anspruchs 1, insbesondere hinsichtlich einer schnellen Löslichkeit in Wasser, seien im Streitpatent nicht offenbart und müßten daher außer Betracht bleiben. Zudem seien die Produkte in den Beispielen der Patentschrift stets mit gleichen Worten charakterisiert worden; das bedeute aber, daß die Produkte der beiden Verfahren gemäß den erteilten Ansprüchen 2 und 3 (Abschnitt I, oben) gleich seien. Insoweit müsse die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) auch den Wortlaut ihres eigenen Patents gegen sich gelten lassen.

5.3.4. Auf der anderen Seite führte die Beschwerdegegnerin aus, daß zwar die beiden ursprünglich beanspruchten Verfahren Produkte ergeben hätten, die summarisch unter die chemische Formel im erteilten Anspruch 1 gefallen seien. Dies habe aber nicht bedeutet, daß die Verfahrensprodukte des erteilten und mittlerweile gestrichenen Anspruchs 2 identisch zu denen des vorliegenden Anspruchs 1 des Streitpatents seien oder daß letztere Produkte gar identisch mit den Produkten im genannten Stand der Technik seien. Die alkoholische Lösung des im vorliegenden Anspruch 1 definierten komplexen "lebenden Systems" hänge stark von den Randbedingungen bei ihrer Herstellung ab; dies werde auch gerade durch die anderen untereinander verschiedenen Produkte und ihre unterschiedlichen Eigenschaften in D1 demonstriert. Daher seien auch die besonderen Eigenschaften der Produkte, nämlich ihre gute und schnelle Wasserlöslichkeit bei der Formulierung der technischen Aufgabe mit zu berücksichtigen. Die dem beanspruchten Verfahren zugrundeliegende technische Aufgabe habe daher in der Bereitstellung eines Verfahrens gelegen, das zu einem Produkt führe, welches die speziellen Anforderungen des Marktes an einen Haftvermittler erfülle, nämlich alkoholische Organosilanpolykondensat-Lösungen liefere, die mit Wasser unmittelbar zu klaren gebrauchsfertigen wäßrigen Lösungen verdünnt werden könnten (vgl. das Schreiben vom 18. Januar 2002, Seite 2, vorletzter Absatz).

5.3.5. Ausweislich der Beispiele 3 und 4 der Streitpatentschrift in ihrer erteilten Fassung ergibt die Ausführung der in Anspruch 1 definierten Verfahrensschritte Produkte, die gemäß den Beispielen 7 und 8 dieses Anforderungsprofil erfüllen. Einer erst mit der Zeit einsetzenden Trübung der dabei erhaltenen klaren wäßrigen Lösungen konnte mit Ansäuern begegnet werden.

Zwar hat die Beschwerdeführerin diese Ergebnisse mit dem Argument in Abrede gestellt, wegen fehlender Zeitangabe könne nicht auf die sofortige Bildung einer klaren wäßrigen Lösung geschlossen werden, jedoch kann die Kammer diesem Vortrag nicht folgen, denn die Gegenüberstellung der beiden Formulierung in Beispiel 7 ("In einem Rührgefäß werden 92 g Wasser vorgelegt und unter Rühren mit 8 g des Produktes aus Beispiel 3 versetzt. Es resultiert eine klare Lösung ... Durch Ansäuern ... kann eine mit der Zeit einsetzende Trübung vermieden werden") läßt nach Überzeugung der Kammer keinen anderen Schluß zu, als daß sich im Unterschied zu den verschiedenen Produkten des Silans B in D1 (laut dortiger Tabelle V) bei der Verdünnung mit Wasser sofort eine klare Lösung bildet. Gleiches gilt auch für Beispiel 8. Zudem hat die Beschwerdeführerin keine Beweise zur Stützung ihrer Zweifel vorgelegt.

5.3.6. Daher kann nach Überzeugung der Kammer aus D1 auch keinesfalls eine eindeutige und klare Offenbarung entnommen werden, die auf die Identität eines der auch untereinander verschiedenen Produkte von D1 mit dem nach unwidersprochener Aussage der Beschwerdegegnerin komplexen "lebenden System" gemäß vorliegenden Anspruch 1, d. h. der alkoholischen Lösung mit ihrem geforderten Eigenschaftsbild, schließen ließe.

5.3.7. Diese Feststellung gilt ebenso für die Druckschrift D4, der zufolge die Verbindung 14, auf die die Beschwerdeführerin besonders Bezug genommen hat, ausweislich der Spalte 9, Zeilen 1 bis 10, in Wasser keine Lösung, sondern eine Dispersion bildet. Über ein Kondensationsprodukt dieser Verbindung ist der Druckschrift nichts zu entnehmen, geschweige denn über die Herstellung einer klaren wäßrigen Lösung daraus.

5.4. Aus diesen Gründen akzeptiert die Kammer, daß die zu lösende Aufgabe sich nicht nur in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung alkoholischer Lösungen von Organosilanpolykondensaten erschöpft, sondern, wie von der Beschwerdegegnerin dargelegt, auch den Aspekt der Herstellung alkoholischer Lösung solcher Verbindungen mit den oben genannten besonderen Eigenschaften mitumfaßt (Abschnitte 5.3 und 5.3.4, oben).

Wie die Beispiele 3, 4, 7 und 8 der erteilten Fassung des Streitpatents belegen, wird diese Aufgabe durch die Maßnahmen von Anspruch 1 gelöst.

6. Erfinderische Tätigkeit

Es bleibt zu entscheiden, ob sich die gefundene Lösung aus dem im vorigen Einspruch herangezogenen Stand der Technik für den Fachmann in naheliegender Weise ergibt.

6.1. Wie aus den Abschnitten 5.2 bis 5.2.9, oben, ersichtlich ist, ist in D1 von der Kenntnis ausgegangen worden, daß ionische aminofunktionelle Alkyltrimethoxysilan- Hydrohalogenide als Prähydrolysate allerdings unbekannter Natur zum Teil wäßrige Lösungen bilden können. Das Löslichkeitsverhalten eines dort als Beispiel genannten Handelsprodukts wurde allerdings als seltsam und für die Vermarktung als Haftvermittler hinderlich bezeichnet. Nähere Angaben zu seinen tatsächlichen Fähigkeiten als Haftvermittler fehlen gänzlich. Im direkten Gegensatz zu dieser Nennung als Beispiel solcher Hydrohalogenide (Abschnitt 5.2.2, oben) wird dieses Handelsprodukt, das im weiteren in D1 als Silan B bezeichnet wird, dann aber durch eine chemische Formel mit nichtionischer monomerer Struktur dargestellt, die durch sein genauer untersuchtes chemisches Verhalten bestätigt wird. Gemäß diesen weiteren Untersuchungen unter verschiedenen Reaktionsbedingungen, in denen versucht worden ist, Primer aus Silan A oder B bzw. Haftvermittler aus Silan B mit guten Hafteigenschaften zur Verfügung zu stellen, bildet Silan B mit Wasser eine Dispersion und läßt sich zu einem Produkt hydrolysieren, welches (im Unterschied zum Hydrohalogenid; Abschnitt 5.2.2, oben, Ende des 2. Absatzes) als cyclisches oligomeres Siloxan bezeichnet und als wasserlöslich beschrieben wird, aber als Haftvermittler mangelhaft ist. Die Wasserlöslichkeit tritt allerdings erst bei Vorliegen in verdünnter Form und gemäß Tabelle V nach unbefriedigend langer Zeit ein und wird auf Seite 3 als Rückbildung von Silantriol erklärt.

Sofern man die Veröffentlichung also als Basis einer Weiterentwicklung in Betracht zieht, so stellt sich die Ausgangslage als in sich widersprüchlich dar. So muß man sich zunächst zwischen einem nichtionischen Silan selbst, d. h. Silan B, und dem ionischen Hydrohalogenid (Hydrochlorid) des Silans als Ausgangspunkt entscheiden. Aus dem Hydrohalogenid kann gemäß D1 zwar durch Prähydrolyse eine klare wäßrige Lösung hergestellt werden, jedoch finden sich keine Anhaltspunkte, ob bzw. daß damit zufriedenstellende Eigenschaften als Haftvermittler erreicht werden können. Zum Einsatz von Silan B findet sich die Information, daß die Verbindungen nach einer von der Verfahrensvarianten 1 bis 3 (Seite 2, links unten), zur Herstellung von Primern verwendet werden können. Für den Einsatz als Haftvermittler wird aber letztlich nur die saure Hydrolyse von Silan B zum entsprechenden monomeren Silantriol am Tage des Einsatzes empfohlen, um gute Anwendbarkeit in wäßriger Lösung bei gleichzeitigen guter Wirkung zu erzielen und die in Kapitel II von D1 dargelegten Nachteile und Schwierigkeiten als Folge der Oligomerisierung zu vermeiden (Abschnitte 5.2.6 bis ý5.2.9, oben; D1: Seite 3, links, Zeilen 37 bis 41).

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß die Anwendung der Verfahrensvariante 3 von D1 auf Silan A zum selben Zwischenprodukt wie das beanspruchte Verfahren führen würde, ist nicht zielführend, denn aus D1 ist weder die eindeutige Lehre zu entnehmen, daß zur Lösung der relevanten technischen Aufgabe von Silan A ausgegangen werden könnte, noch daß diese technische Aufgabe zunächst durch die hydrolytische Kondensation eines nichtionischen Silans der Formel IV (also z. B. Silan A) unter bestimmten Bedingungen und die daran anschließende Umsetzung des erhaltenen Kondensats mit Verbindungen der Strukturen (V) zu lösen wäre (zu den Komponenten siehe Abschnitt I, oben, in Anspruch 3; bzw. Anspruch 1 des Hauptantrags).

Vielmehr kann der Fachmann der Entgegenhaltung D1 eher eine Lehre entnehmen, die von der gemäß dem Streitpatent gefundenen Lösung der technischen Aufgabe wegführt, nämlich die saure Hydrolyse des Silans direkt zum monomeren Silantriol empfiehlt.

Folglich wird das beanspruchte Verfahren durch D1 als solches keinesfalls nahegelegt.

6.2. Es bleibt daher zu untersuchen, ob die anderen zitierten Druckschriften eine eindeutige Lehre zur Lösung der oben definierten technischen Aufgabe bereitstellen oder in Verbindung mit D1 zu ihr hinführen.

6.2.1. In der Druckschrift D4 werden Haftvermittler aus kationischen ungesättigten aminoalkyl-funktionellen Silanen hergestellt. Dabei werden gemäß der einen Variante Aminoalkyl- Silane mit ungesättigten organischen Halogen-Verbindungen, gemäß der anderen halogenalkyl-funktionelle Silane mit ungesättigten Aminen umgesetzt. In Spalte 9, Zeilen 1 bis 10, wird speziell auf eine Reihe derartiger Umsetzungen und ihre Reaktionsprodukte hingewiesen, die alle in Wasser kationische Dispersionen bilden. Dies gilt auch für die Verbindung 14, auf die die Beschwerdeführerin besonders verwiesen hat (Abschnitt 5.3.7, oben). In Spalte 4, Zeilen 40 bis 42 und Spalte 5, Zeilen 6 bis 11 der Druckschrift wird nur kursorisch auf Teilkondensate solcher Verbindungen verwiesen, die noch einen feststellbaren Gehalt an Hydroxylgruppen oder hydrolysierbaren Gruppen enthalten. Zur Herstellung solcher Kondensate und ihre Eigenschaften ist D4 keinerlei Informationen zu entnehmen.

Die Druckschrift befaßt sich also weder mit der Bereitstellung alkoholischer Lösungen, die in Wasser unmittelbar klare Lösungen ergeben, noch mit einem Verfahren zur Herstellung eines solchen Produkts.

Daraus ergibt sich, daß D4 allgemein gesehen keinen Beitrag zur Lösung der anstehenden technischen Aufgabe leisten kann und keine Anregung liefert, die Lehre von D1 so zu modifizieren, daß diese technische Aufgabe durch etwas gelöst werden könnte, das unter den Anspruch fällt. Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1 auch gegenüber D4 oder einer Kombination von D1 und D4 auf erfinderischer Tätigkeit.

6.2.2. Die Druckschrift D6 wurde zitiert, um zu zeigen, daß es bekannt gewesen sei, seitenständige Aminogruppen eines Siloxan- Kondensationsproduktes zu alkylieren. Es ist nie geltend gemacht worden, daß sich die Druckschrift mit der oben genannten technischen Aufgabe, die dem Streitpatent zugrunde lag, befassen würde. Daher kann sie für deren Lösung auch keine Anregung geben, ganz zu schweigen von einer Lösung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents.

Hieraus ergibt sich zwangsläufig, daß auch diese Druckschrift das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit weder für sich allein noch in Zusammenschau mit den anderen Entgegenhaltungen D1 und D4 in Frage stellen kann.

6.3. Insgesamt ist daher festzustellen, daß der Gegenstand von Anspruch 1 auch auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

7. Die restlichen, von Anspruch 1 abhängigen Ansprüchen 2 bis 4 werden durch die oben getroffenen Feststellungen zu Neuheit und erfinderischer Tätigkeit getragen.

8. Folglich kann das Vorbringen der Beschwerdeführerin die Aufrechterhaltung des Streitpatents in seiner geänderten Form gemäß Hauptantrag nicht in Frage stellen. Daher verbleibt nur noch die Zurückverweisung des Falles an die Einspruchsabteilung zur Durchführung der noch erforderlichen Anpassung der Beschreibung.

Hilfsanträge

9. Da der Hauptantrag erfolgreich ist, besteht keine Notwendigkeit, sich noch mit den Hilfsanträgen der Beschwerdegegnerin zu befassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, daß Patent auf Grundlage der Ansprüche 1 bis 4, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 28. Januar 2004 als Hauptantrag, und einer noch daran anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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