T 0414/01 (Parenterale Ernährung/FRESENIUS) of 28.9.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T041401.20040928
Datum der Entscheidung: 28 September 2004
Aktenzeichen: T 0414/01
Anmeldenummer: 94107191.2
IPC-Klasse: A23L 1/305
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Hochkalorische, niederosmolare Lösung zur totalen parenteralen Ernährung durch periphervenöse Applikation
Name des Anmelders: Fresenius AG
Name des Einsprechenden: B. Braun Melsungen Aktiengesellschaft
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein) - naheliegende Optimierung bekannter Nährlösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die Patentanmeldung Nr. 94 107 191.2 wurde das europäische Patent Nr. 0 625 313 mit 9 Ansprüchen erteilt.

II. Der Patentanspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

"Hochkalorische, niederosmolare Lösung zur totalen parenteralen Ernährung durch periphervenöse Applikation mit Osmolarität von mindestens 900 mosmol/l enthaltend Aminosäuren, Kohlenhydrate, Fett und Elektrolyte, dadurch gekennzeichnet, daß sie glycerinfrei ist und einen pH-Wert im Bereich von 6,5 bis 7,5 aufweist."

III. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) hat mit der Begründung Einspruch eingelegt, der Gegenstand des Streitpatents ergäbe sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Artikel 100 a) EPÜ).

IV. Die folgenden Entgegenhaltungen wurden unter anderen im Einspruchsverfahren und im anschließenden Beschwerdeverfahren genannt:

(1) Prospektunterlagen mit dem Deckblatt "1000 kcal pro Liter periphervenös; Vitrimix KV®" der Firma Kabi Pharmacia Nutrition

(5) A. Bodoky, "Parenteral nutrition by peripheral vein, portal vein or central venous catheter?", World J. Surg. 10, 1986, Seiten 47-52

(6) US-A-4 567 045

(8) U. Grundmann, J. Simon; "Punktions- und Infusionstechnik", Melsungen: Bibliomed, 1986, Seiten 27-30

V. Die Einspruchsabteilung hat mit der am 8. Februar 2001 zur Post gegebenen Entscheidung nach Artikel 102 (2) EPÜ den Einspruch zurückgewiesen.

Als Ausgangspunkt für die Überprüfung des Vorliegens erfinderischer Tätigkeit kam nach Meinung der Einspruchsabteilung u. a. das vorbenutzte Handelsprodukt Vitrimix KV® in Frage.

Die entsprechende, in den Prospektunterlagen (1) beschriebene parenterale Nährlösung unterscheide sich vom Gegenstand des Streitpatents durch den pH-Wert 5,2 und die Anwesenheit von Glycerin. Ein Hinweis auf andere Entgegenhaltungen, die das Weglassen von Glycerin und das Einstellen auf einen pH-Wert im Bereich von 6,5 bis 7,5 nahelegen könnten, sei in (1) nicht enthalten und die angeführten Entgegenhaltungen selbst würden die Aufmerksamkeit des Fachmanns eher auf die Osmolarität der Lösung richten. Unter Beachtung ihrer Lehre erwarte er "daher nicht von vorneherein, daß eine hochkalorische, niederosmolare Lösung mit einer Osmolarität von mindestens 900 mosmol/l wie beansprucht, zur totalen parenteralen Ernährung ohne die damit verbundenen Nachteile von Venenreizungen und Venenentzündungen, eingesetzt werden kann".

Der Gegenstand des angegriffenen Patents beruhe daher auf erfinderischer Tätigkeit.

VI. Die Einsprechende hat gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben. Am 28. September 2004 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.

VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verfahren kann folgendermaßen zusammengefaßt werden:

Ausgehend von (1) habe es nahe gelegen, den pH-Wert auf neutral einzustellen und den Bestandteil Glycerin wegzulassen. Ersteres werde für periphervenöse Ernährung zur Vermeidung von durch gattungsgemäße Nährlösungen verursachte Venenreizungen in (5) und (8) empfohlen, letzteres ergäbe sich aus der Beschreibung schädlicher Wirkungen von Glycerin bei der Verwendung von Fettemulsionen für die totale parenterale Ernährung in (6).

VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat den Argumenten der Beschwerdeführerin widersprochen. Sie führt aus, daß die Entgegenhaltungen (5) und (8) den Fachmann ausgehend von (1) eher zu Maßnahmen zur Annäherung der Osmolarität der Nährlösung an den physiologischen Wert von 280 mosmol/l geführt hätten, als zur Einstellung eines pH- Werts zwischen 6,5 und 7,5.

Außerdem beschreibe die Entgegenhaltung (6) ein komplett anderes System. Es handle sich dort um eine singuläre Emulsion von Fett als Energieträger und nicht um eine Nährlösung mit allen erforderlichen Bestandteilen für die totale parenterale Ernährung: Aminosäuren, Kohlenhydraten, Fett und Elektrolyten. Der Fachmann würde sie deshalb nicht zur Lösung der im Streitpatent dargestellten Aufgabe der Vermeidung von Venenreizungen und -entzündungen bei der totalen parenteralen Ernährung durch periphervenöse Applikation heranziehen.

IX. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß die vorliegende Anspruchsfassung die Anforderungen der Artikel 83, 123 (2) und 54. EPÜ erfüllt. Die Beschwerdeführerin hat dies in ihrem Vortrag auch nicht in Frage gestellt.

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.1. Nächstkommender Stand der Technik ist die Entgegenhaltung (1).

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen zu (1) tragen zwar kein Datum, zwischen den Parteien ist es aber unstreitig, daß die Nährlösung Vitrimix KV® in der darin beschriebenen Form vor dem Prioritätstag des Streitpatents im Handel war. Vitrimix KV® wird auch bereits in der ursprünglich eingereichten Beschreibungseinleitung erwähnt.

Wie der Gegenstand des Streitpatents ist der Gegenstand von (1) eine

- hochkalorische (vgl Seite 1),

- niederosmolare (vgl Tabelle unter dem Titel "Ernährungs- Regime mit Vitrimix KV®", mittlere Spalte, Zeile 7)

- Lösung zur totalen parenteralen Ernährung durch periphervenöse Applikation (vgl linke Spalte unter dem Titel "Ernährungs-Regime mit Vitrimix KV®" in Verbindung mit Seite 1)

- mit Osmolarität von mindestens 900 mosmol/l (vgl Tabelle unter dem Titel "Ernährungs-Regime mit Vitrimix KV®", mittlere Spalte, Zeile 7)

- enthaltend Aminosäuren, Kohlenhydrate, Fett und Elektrolyte (vgl Tabelle unter dem Titel "Ernährungs-Regime mit Vitrimix KV®").

Der Begriff niederosmolar ist nach übereinstimmender Meinung der Parteien so zu verstehen, daß Lösungen bis in den Bereich von etwa 1.500 mosmol/l davon umfaßt werden, auch wenn die physiologische Osmolarität bei einem vergleichsweise deutlich niedrigeren Wert von 280 mosmol/l liegt (isoosmolare Lösung).

Der pH-Wert von Vitrimix KV® liegt bei 5,2 (vgl Tabelle unter dem Titel "Ernährungs-Regime mit Vitrimix KV®", mittlere Spalte, Zeile 6); außerdem enthält die Nährlösung Glycerin (vgl diese Tabelle, linke Spalte, Zeile 8).

3.2. Die gegenüber diesem Stand der Technik dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe ist darin zu sehen, eine Lösung für die totale parenterale Ernährung bereitzustellen, die periphervenös appliziert werden kann, ohne daß Venenreizungen und Venenentzündungen auftreten.

3.3. Diese Aufgabe soll insbesondere durch das Weglassen von Glycerin in der Rezeptur der Nährlösung und durch das Einstellen auf einen pH-Wert zwischen 6,5 und 7,5 gelöst werden.

Die Kammer ist mit Bezug auf die Ausführungsbeispiele zum Streitpatent und die Ausführungen auf Seite 1, Zeilen 29 bis 33 sowie anhand von Plausibilitätsüberlegungen überzeugt, daß diese Aufgabe durch die Nährlösung mit den Merkmalen des streitpatentgemäßen Patentanspruchs 1 auch tatsächlich gelöst wird.

3.4. Die Entgegenhaltungen (5), ein Übersichtsartikel, und (8), ein Kapitel aus einem einschlägigen Handbuch, befassen sich mit den Überlegungen, die bei der parenteralen Ernährung hinsichtlich des venösen Zugangs anzustellen sind. Dabei spielt die Verträglichkeit der Nährlösung, insbesondere mit Bezug auf das Auslösen von Venenreizungen und -entzündungen, vor allem bei der wegen der einfachen und verhältnismäßig risikoarmen Handhabung zu bevorzugenden periphervenösen Anwendung eine entscheidende Rolle (vgl. (5), Seite 47, rechte Spalte, erster vollständiger Absatz und Seite 49, rechte Spalte, letzter vollständiger Absatz sowie (8), Seite 27, erster und letzter Absatz). Die wesentlichen Einflußfaktoren für das Entstehen der Venenreizungen werden dort diskutiert. Daher wird der Fachmann, der sich mit der Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe befaßt, diese Literaturstellen jedenfalls berücksichtigen.

In (5) werden als Einflußfaktoren

a) Infusionsdauer,

b) Osmolarität,

c) pH-Wert und

d) chemische Zusammensetzung der Nährlösung aufgezählt und jeweils mit eindeutigen Optimierungshinweisen versehen.

a) Bezüglich der Infusionsdauer gibt es die verhältnismäßig einfache Empfehlung, möglichst unter 12 Stunden zu bleiben und 72. Stunden nicht zu überschreiten (vgl Seite 47, dritter vollständiger Absatz).

b) Dabei wird das Einhalten dieser Empfehlung als noch wichtiger angesehen, als die Einstellung der Osmolarität, weil sich die Häufigkeit von Venenreizungen zwischen einer Infusion von 1.100 mosmol/l und einer isoosmolaren Kontrolle bei Beschränkung der Infusionsdauer auf unter 24 Stunden als nicht signifikant unterschiedlich herausstellte (vgl Seite 47, zweiter vollständiger Absatz, letzter Satz). Mit dem Ziel der Bereitstellung einer Lösung für die totale parenterale Ernährung ergeben sich wegen der zwingend notwendigen Inhaltsstoffe bezüglich der Osmolarität ohnehin nicht allzu breite Gestaltungsmöglichkeiten. Vergleichsweise wird auch in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents für hochkalorische Mischungen eine Osmolarität von über 900 mosmol/l angegeben (vgl Seite 1, Zeilen 6 bis 11).

Somit verbleiben im Sinne der bestehenden Aufgabe der pH-Wert und die chemische Zusammensetzung als Gestaltungsbereiche für mögliche Verbesserungen bezüglich des Stands der Technik.

c)In (5) wird dazu weiter beschrieben, daß die Annäherung an den Neutralpunkt in verschiedenen Studien zu Reduzierungen in der Häufigkeit des Auftretens von Venenreizungen und -entzündungen geführt hat (vgl Seite 47, rechte Spalte, vierter vollständiger Absatz). Auf Seite 48, wird in der rechten Spalte sogar die eindeutige Empfehlung gegeben, daß bei Nährlösungen der pH-Wert neutral sein sollte (vgl vorletzter Absatz vor der Überschrift "Central Venous Catheterization", Zeilen 3 bis 6).

In (8) werden - abgesehen von der Aufzählung einiger Beispiele in der Tabelle (Abb. 14 auf Seite 29) - ohnehin nur wenige Angaben über die Möglichkeiten zur Einstellung der Osmolarität gemacht, aber es ist ebenfalls betont, daß der periphervenösen Applikation gegebenenfalls der Vorzug zu geben ist (vgl Seite 30, letzter Absatz). Dabei geht aus (8) ganz klar hervor, daß bei Annäherung der Nährlösung an 1.000 mosmol/l jedenfalls ein neutraler pH-Wert zu besseren Ergebnissen führt (vgl insbesondere den von Seite 28 auf Seite 30 übergreifenden Satz). Im dritten Absatz auf Seite 28 ist sogar deutlich erklärt, daß Lösungen hoher Osmolarität "nach Abpufferung auf physiologische pH-Werte besser tolerierbar" sind als bei Belassen des unphysiologisch niedrigen Ausgangswertes, obwohl eine leichte Azidität (vgl den pH-Wert von 5,2 bei Vitrimix® !) üblicherweise bei der Infusion durch die im Blut und im Gewebe vorhandenen Pufferkapazitäten ausgeglichen werden kann. Unter Lösungen hoher Osmolarität werden hier wohl solche über 600 mosmol/l verstanden, also, wie vorstehend dargestellt, übliche Nährlösungen für die totale parenterale Ernährung.

In den beiden Literaturstellen (5) und (8) wird also bei Annäherung an eine Osmolarität von 1.000. mosmol/l, die bei solchen Nährlösungen praktisch nicht vermeidbar ist, dringend die Einstellung eines neutralen pH-Werts empfohlen.

d) Geht der Fachmann im Hinblick auf die bestehende Aufgabe nun der letzten Anregung aus (5) folgend auf die Suche nach konkreten Möglichkeiten zur Veränderung der chemischen Zusammensetzung der bekannten Nährlösungen, insbesondere Vitrimix KV® nach (1), so findet er direkt im Zusammenhang mit einer Komponente von Vitrimix KV®, nämlich Intralipid® I.V. Fettemulsion, die Literaturstelle (6). Vitrimix KV® wird dort explizit genannt (vgl (6), Spalte 1, Zeilen 32 bis 35), und zwar im Zusammenhang mit seinem Gehalt an Glycerin, der ausgesprochen nachteilig sein soll (vgl (6), Spalte 1, Zeilen 36 bis 66).

Das Glycerin soll enthalten sein, um eine Fettemulsion im Rahmen der totalen parenteralen Ernährung direkt infundieren zu können, also ohne zum Beispiel vorher mit Lösungen von anderen erforderlichen Bestandteilen, wie Aminosäuren, Kohlenhydraten und Elektrolyten zu mischen (vgl (6), Spalte 1, Zeilen 11 bis 32). Dazu soll das Glycerin in der Fettemulsion, die für sich keinen osmotischen Druck entwickelt, möglichst eine pharmazeutisch akzeptable Osmolarität herstellen. Um nun die beschriebenen Nachteile eines solchen Zusatzes von Glycerin zu vermeiden und trotzdem eine ausreichende Osmolarität der Fettemulsion herzustellen, wird in (6) der Ersatz des Glycerins durch L-Alanin empfohlen (vgl (6), Spalte 2, Zeilen 7 bis 10). Vergleichsversuche werden dann gegenüber Intralipid® durchgeführt (vgl Spalte 3, Zeile 56) und die Vorteile der Abwesenheit von Glycerin festgestellt (vgl Spalte 4, Zeilen 56 bis 63 und Spalte 5, Zeilen 46 bis 52).

Nun ist im Streitpatent aber wie bei Vitrimix KV® ebenfalls die Infusion einer Nährlösung mit allen erforderlichen Bestandteilen, also u. a. Aminosäuren, und nicht von reiner Fettemulsion vorgesehen. Die in der reinen Fettemulsion erst durch Glycerin bzw. besser durch L-Alanin herzustellende Osmolarität war bereits durch diese Bestandteile gegeben. Daher war es naheliegend, das Glycerin gar nicht erst zuzusetzen, weil ja an Stelle des in (6) vorgeschlagenen L-Alanins u. a. die ohnehin erforderlichen Aminosäuren der totalen parenteralen Nährlösung vorhanden waren.

Dementsprechend beruht die Lösung der bestehenden Aufgabe nach dem Patentanspruch 1 des Streitpatents sowohl hinsichtlich des pH-Werts als auch hinsichtlich der Abwesenheit von Glycerin nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

4. Die Beschwerdegegnerin hat demgegenüber weitere Argumente vorgebracht, denen die Kammer aber nicht zu folgen vermag:

4.1. So kann der Einwand nicht greifen, die Entgegenhaltung (6) beschreibe ein komplett anderes System und der Fachmann würde sie deshalb nicht zur Lösung der im Streitpatent dargestellten Aufgabe heranziehen.

Der Fachmann stößt nämlich bei seinen Versuchen, die Lösungen für die totale parenterale Ernährung gemäß Stand der Technik, also insbesondere Vitrimix KV®, im Hinblick auf die bestehende Aufgabe zu verbessern, wie vorstehend dargestellt, zwangsläufig auf (6), weil sich diese Entgegenhaltung auf die Verbesserung eines wesentlichen Bestandteils von Vitrimix KV®, nämlich das explizit genannte Intralipid® bezieht. Er wird dann versuchen, jeden daraus erkennbaren Vorteil zu realisieren, den er durch die Veränderung der Rezeptur erreichen kann, und das Glycerin jedenfalls weglassen.

4.2. Zwar hat die Beschwerdegegnerin behauptet, die Lösung der gestellten und in der Patentschrift beschriebenen Aufgabe sei nur durch das Zusammenwirken der beiden Maßnahmen, Einstellen des pH-Werts auf neutral und Weglassen des Glycerins zu bewerkstelligen gewesen und mit dem Ziel der Vermeidung von Venenreizungen und -entzündungen, sei es nicht nahegelegt gewesen, den Bestandteil Glycerin wegzulassen.

Aber wie vorstehend unter 3.4d) und 4.1 dargestellt, hatte der Fachmann auch im Hinblick auf die bestehende Aufgabe jedenfalls Veranlassung, die Entgegenhaltung (6) zu konsultieren und alle dort beschriebenen Anregungen zur Verbesserung bekannter Rezepturen aufzugreifen.

4.3. Schließlich führte die Beschwerdegegnerin an, der Einsatz von Glycerin im Stand der Technik sei im Zusammenhang mit Hypotonieproblemen erfolgt und sein Ersatz durch L-Alanin sei nur deshalb vorgesehen worden, weil durch das Verschwinden des Glycerins durch die Zellwand unmittelbar nach seinem Eintritt in die Venen erneut Hypotonieprobleme aufgetreten seien. Im streitpatentgemäßen Zusammenhang habe man aber offensichtlich wegen der für eine totale parenterale Ernährung erforderlichen Gesamtbestandteile eher ein Problem der Hypertonie gehabt. Deshalb habe es für den Fachmann fern gelegen, in diesem Zusammenhang überhaupt an eine Veränderung des Glyceringehalts zu denken.

Dieses Argument kann jedoch gerade deshalb nicht greifen, weil der Zusatz von Glycerin im Hinblick auf befürchtete Hypotonieprobleme erfolgte. Nachdem der Fachmann nämlich weiß, daß er solche Hypotonieprobleme bei seiner Problemlösung nicht hat, kann er auf den Bestandteil verzichten, der solche nicht vorhandenen Probleme lösen soll. Dies gilt um so mehr, wenn dann auch noch erhebliche, unerwünschte Wirkungen von diesem Bestandteil ausgehen, wie in (6) beschrieben ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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