T 0271/01 () of 22.4.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T027101.20020422
Datum der Entscheidung: 22 April 2002
Aktenzeichen: T 0271/01
Anmeldenummer: 95112491.6
IPC-Klasse: F01N 3/36
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer selbstzündenden Brennkraftmaschine
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin hat gegen die am 27. September 2000 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 95 112 491.6 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr und Vorlage der Beschwerdebegründung am 17. Oktober 2000 Beschwerde eingelegt.

II. Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, daß die Anmeldung unter Berücksichtigung der Entgegenhaltung

D1: EP-A-0 364 694

den Erfordernissen des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ nicht genügt.

III. Neben dieser Entgegenhaltung wurden im Beschwerdeverfahren noch folgende, im Recherchenbericht bzw. in der Anmeldung genannte Druckschriften berücksichtigt:

D2: DE-A-4 227 741

D3: US-A-3 724 220

D4: EP-A-0 441 401

D5: US-A-4 359 863

D6: EP-A-0 503 882

D7: F. Schäfer und R. Van Basshuysen, "Schadstoffreduzierung und Kraftstoffverbrauch von PKW-Verbrennungs-motoren", Springer Verlag, 1993, Seite 115.

IV. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche: Nr. 1, eingereicht mit Schreiben vom 13. Oktober 2000; Nr. 2 - 11 wie ursprünglich eingereicht;

Beschreibung: Seiten 1, 2 und 4 - 9 wie ursprünglich eingereicht; Seiten 3 und 3a, eingereicht mit Schreiben vom 13. Oktober 2000; mit den Änderungen auf den Seiten 2, 3, 6, 7 und 8 entsprechend der telefonischen Vereinbarung vom 17. April 2002;

Zeichnungen: Figuren 1 und 2 wie ursprünglich eingereicht.

V. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer selbstzündenden Brennkraftmaschine mit einem Abgassammelsystem (9), in dem ein Reduktionskatalysator (11) zur Reduktion von NOX-Bestandteilen des Abgases der Brennkraftmaschine angeordnet ist, mit einem elektrisch steuerbaren Ventil (23) als Dosiereinrichtung zum dosierten Einbringen eines Reduktionsmittels in den Strom des dem Katalysator (11) zugeführten Abgases in Abhängigkeit von in einem Kennfeld gespeicherten Werten des NOX-Gehalts im Abgas bei verschiedenen Betriebsparametern der Brennkraftmaschine und des Katalysators und mit einer Einrichtung (26) zur Aufbereitung des einzubringenden Reduktionsmittels, dadurch gekennzeichnet, daß die Einrichtung zur Aufbereitung des Reduktionsmittels eine Verdampfungseinrichtung ist, so dass das durch das elektrisch gesteuerte Ventil (23) zuvor dosierte Reduktionsmittel verdampft werden und in Dampfform in den Abgasstrom gelangen kann."

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgetragen:

D1 offenbare eine Einrichtung zur Abgasnachbehandlung, bei der ein Reduktionsmittel über eine zur Einstellung der Fördermenge steuerbare Pumpe zu einer Heizeinrichtung und von dort über einen einem Reduktionskatalysator vorgelagerte Zugabevorrichtung in den Abgasstrom eingebracht werde. In einer alternativen Ausführungsform werde das Reduktionsmittel über ein elektromagnetisches Einspritzventil in den Abgasstrom eingebracht.

Eine anmeldungsgemäße Einrichtung zur Abgasnachbehandlung, bei der ein einer Verdampfungseinrichtung vorgeschaltetes Ventil, das noch flüssige Reduktionsmittel dosiert, so daß es in dosierter Menge und in Dampfform in den Abgasstrom gebracht werden kann, gehe dagegen weder aus D1 noch aus dem übrigen Stand der Technik hervor.

D1 könne allenfalls dazu anregen ein Dosierventil nach einer Verdampfungseinrichtung vorzusehen. Es sei jedoch fraglich, ob die in D1 gezeigte Heizeinrichtung überhaupt dazu geeignet sei, ein in flüssiger Form vorliegendes Reduktionsmittel zu verdampfen. Die in D1 gezeigte Heizeinrichtung sei nämlich lediglich dazu vorgesehen, den als Reduktionsmittel verwendeten Harnstoff bis auf dessen Zersetzungstemperatur zu erhitzen. Zudem sei eine Verdampfung von Harnstoff garnicht möglich, weil sich dieser zersetze bevor er verdampft werden könnte.

Folglich sei der Gegenstand nach Anspruch 1 des vorliegenden Antrags nicht nur neu, sondern er beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Der vorliegende Anspruch 1 unterscheidet sich neben einer grammatikalischen Korrektur vom ursprünglich eingereichten Anspruch 1 dadurch,

a) daß das Ventil nicht mehr elektrisch gesteuert, sondern elektrisch steuerbar ist, und

b) daß klargestellt wurde, daß infolge des Vorsehens einer Verdampfungseinrichtung als Einrichtung zur Aufbereitung des Reduktionsmittels das durch das elektrisch gesteuerte Ventil zuvor dosierte Reduktionsmittel verdampft werden und in Dampfform in den Abgasstrom gelangen kann.

Da ein elektrisch gesteuertes Ventil zwangsläufig elektrisch steuerbar sein muß, ist die Änderung a) offensichtlich durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt. Die Änderung b) wird gestützt durch den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Figur 1 sowie der zugehörigen ursprünglichen Beschreibung auf Seite 8, Zeilen 13 - 23.

Die Beschreibung wurde lediglich dahingehend geändert, daß ein Hinweis auf D1 und D4 aufgenommen wurde, und daß ein offensichtlicher Fehler korrigiert wurde.

Folglich geht der Gegenstand der geänderten Anmeldung nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, und die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ sind erfüllt.

3. Neuheit

3.1. D1 offenbart eine Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer selbstzündenden Brennkraftmaschine (1) mit einem Abgassammelsystem (4), in dem ein Reduktionskatalysator (5) zur Reduktion von NOX-Bestandteilen des Abgases der Brennkraftmaschine angeordnet ist, mit einer Dosiereinrichtung (Pumpe 9 oder Ventil 7) zum dosierten Einbringen eines Reduktionsmittels in den Strom des dem Katalysator zugeführten Abgases in Abhängigkeit von in einem Kennfeld (11) gespeicherten Werten des NOX-Gehalts im Abgas bei verschiedenen Betriebsparametern der Brennkraftmaschine (siehe Spalte 2, Zeile 53 - Spalte 3, Zeile 21) und mit einer Einrichtung (10) zur Aufbereitung des einzubringenden Reduktionsmittels.

In einer ersten Ausgestaltung dieser Einrichtung ist die Dosiereinrichtung als Pumpe (9) ausgebildet und in einer zweiten Ausgestaltung als elektrisch steuerbares Ventil (7).

Die in D1 gezeigte Einrichtung zur Aufbereitung des einzubringenden Reduktionsmittels ist als Heizeinrichtung ausgebildet, z. B. als Glühkerze (siehe Spalte 2, Zeile 50), mit der das Harnstoff enthaltende oder vollständig aus Harnstoff bestehende Reduktionsmittel im Kaltstartfall zersetzt werden soll (siehe Spalte 2, Zeilen 40 - 52). Eine Glühkerze könnte zwar grundsätzlich zur Verdampfung des Reduktionsmittels genutzt werden, im Falle der D1 ist dies aber nicht beabsichtigt. Die angestrebte Zersetzung des Reduktionsmittels ist nämlich nicht mit einer Verdampfung gleichzusetzen. Auch der von der Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung genannte Hinweis in Spalte 1, Zeilen 47 und 48 der D1, wonach Harnstoff leicht zu CO2 und 2NH3 hydrolysiert, läßt keinen Rückschluß darauf zu, daß mit der in D1 gezeigten Heizeinrichtung eine Verdampfung erfolgen soll. Vielmehr läßt sich daraus entnehmen, daß gerade keine Verdampfung beabsichtigt ist, weil eine Hydrolyse keine physikalische Umwandlung eines Aggregatzustands von flüssig zu dampfförmig umschreibt, sondern eine chemische Spaltung eines Salzes durch Wasser.

Daher geht aus D1 nicht hervor, daß die Einrichtung zur Aufbereitung des Reduktionsmittels eine Verdampfungseinrichtung ist, so daß das durch das elektrisch gesteuerte Ventil zuvor dosierte Reduktionsmittel verdampft werden und in Dampfform in den Abgasstrom gelangen kann.

Außerdem sind bei der Einrichtung nach D1 im Kennfeld (11) nur Werte des NOX-Gehalts im Abgas bei verschiedenen Betriebsparametern der Brennkraftmaschine, nicht aber bei verschiedenen Betriebsparametern des Katalysators gespeichert (siehe hierzu Spalte 3, Zeilen 8 - 15).

3.2. D4 offenbart (insbesondere in seiner Figur 9) eine Einrichtung wie sie im Oberbegriff vom vorliegenden Anspruch 1 als bekant vorausgesetzt ist, nämlich eine Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer selbstzündenden Brennkraftmaschine (1) mit einem Abgassammelsystem (14, 16), in dem ein Reduktionskatalysator (3) zur Reduktion von NOX-Bestandteilen des Abgases der Brennkraftmaschine angeordnet ist, mit einem elektrisch steuerbaren Ventil (27) als Dosiereinrichtung zum dosierten Einbringen eines Reduktionsmittels in den Strom des dem Katalysator zugeführten Abgases in Abhängigkeit von in einem Kennfeld gespeicherten Werten des NOX-Gehalts im Abgas bei verschiedenen Betriebsparametern der Brennkraftmaschine und des Katalysators (siehe Spalte 7, Zeilen 44 - 49) und mit einer Einrichtung (32, 24) zur Aufbereitung des einzubringenden Reduktionsmittels.

Die Einrichtung zur Aufbereitung des Reduktionsmittels ist aber keine Verdampfungseinrichtung, sondern eine Destillationseinrichtung zum Cracken von Brennstoff.

3.3. D7 zeigt in der Abbildung 5.24 auf Seite 115 eine weitere gattungsgemäße Einrichtung mit allen Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1.

Auch die hier dargestellte Einrichtung zur Aufbereitung des Reduktionsmittels ist keine Verdampfungseinrichtung, sondern eine aus einem Kompressor und einem Ventil bestehende Drucklufteinrichtung, die dazu dient, das Reduktionsmittel unter Druck zu setzen und das bereits dosierte Reduktionsmittels mit Druckluft zu vermischen.

3.4. Die übrigen Druckschriften sind weniger relevant als D1, D4 und D7. Insbesondere ist auch daraus keine Einrichtung zur Aufbereitung des Reduktionsmittels bekannt, die als Verdampfungseinrichtung ausgebildet ist, und mit der ein vordosiertes Reduktionsmittel verdampft werden und in Dampfform in den Abgasstrom gelangen könnte.

3.4.1. D2 offenbart eine Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer Brennkraftmaschine (1) mit einem Abgassammelsystem (5), in dem ein Reduktionskatalysator (3) zur Reduktion von NOX-Bestandteilen des Abgases der Brennkraftmaschine angeordnet ist, mit einer Dosiereinrichtung (4) zum dosierten Einbringen eines Reduktionsmittels in den Strom des dem Katalysator zugeführten Abgases in Abhängigkeit vom NOX-Gehalt im Abgas.

3.4.2. D3 betrifft eine Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer Brennkraftmaschine (1) mit einem Abgassammelsystem (2), die aus einer, mit einer Brennkammer (5) verbundenen Reaktionskammer (3) besteht, wobei der Brennstoff der Brennkammer über ein poröses Bauteil in Dampfform zugeführt wird, um so eine beschleunigte Verbrennung zu erreichen (siehe Spalte 1, Zeilen 19 - 25).

3.4.3. D5 offenbart eine Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer selbstzündenden Brennkraftmaschine mit einem Abgassammelsystem (16, 18), die aus einem Rauchfilter besteht, der durch eine periodische Verbrennung regenerierbar ist.

3.4.4. D6 betrifft eine Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer selbstzündenden Brennkraftmaschine (2) mit einem Abgassammelsystem (4), in dem ein Reduktionskatalysator (6) zur Reduktion von NOX-Bestandteilen des Abgases der Brennkraftmaschine angeordnet ist, mit einem elektrisch steuerbaren Ventil (32) als Dosiereinrichtung zum dosierten Einbringen eines Reduktionsmittels in den Strom des dem Katalysator zugeführten Abgases.

3.4.5. Neben den vorangehend dargestellten Merkmalen sind aus D2, D3, D5 und D6 keine weiteren Merkmale vom vorliegenden Anspruch 1 bekannt.

3.5. Nachdem der vorliegende Stand der Technik keine Vorrichtung mit allen Merkmalen von Anspruch 1 umfaßt, ist dessen Gegenstand neu.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Der dem Anmeldungsgegenstand am nächsten kommende Stand der Technik geht aus D4 bzw. D7 hervor, da dies die einzigen vorliegenden Druckschriften sind, die eine Einrichtung mit sämtlichen Merkmalen vom Oberbegriff des vorliegenden Anspruchs 1 offenbaren. Die in den übrigen Entgegenhaltungen gezeigten Einrichtungen enthalten dagegen nicht alle gattungsbildenden Merkmale.

4.2. Da nach dem vorliegenden Stand der Technik das Reduktionsmittel immer in flüssiger Form in den Abgasstrom eingebracht wird, kann die dem Anmeldungsgegenstand zugrundeliegende Aufgabe ausgehend von D4 darin gesehen werden, eine intensive Vermischung des Reduktionsmittels mit dem Abgas und eine gute Verteilung zu gewährleisten (siehe Seite 3a der Anmeldung).

4.3. Zur Lösung dieser Aufgabe ist es gemäß Anspruch 1 vorgesehen, daß die Einrichtung zur Aufbereitung des Reduktionsmittels eine Verdampfungseinrichtung ist, so daß das durch das elektrisch gesteuerte Ventil zuvor dosierte Reduktionsmittel verdampft werden und in Dampfform in den Abgasstrom gelangen kann.

4.4. Wie im vorangehenden Abschnitt 3 dargelegt wurde, ist aus dem nachgewiesenen Stand der Technik nicht einmal die Verwendung einer Verdampfungseinrichtung zur Aufbereitung eines Reduktionsmittels bekannt, geschweige denn zur Aufbereitung eines zuvor durch ein elektrisch gesteuertes Ventil dosiertes Reduktionsmittel, das in Dampfform in den Abgasstrom gelangen soll.

Folglich gibt es keine Anregung, die den Fachmann dazu bringen könnte, zur Lösung der vorangehend genannten Aufgabe die in D4 offenbarte Einrichtung zum Nachbehandeln von Abgasen einer selbstzündenden Brennkraftmaschine so zu modifizieren, daß er dabei in naheliegender Weise zum Anmeldungsgegenstand gelangt, wie er im vorliegenden Anspruch 1 definiert ist.

4.5. Der Gegenstand nach Anspruch 1 beruht daher auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche: Nr. 1, eingereicht mit Schreiben vom 13. Oktober 2000; Nr. 2 - 11 wie ursprünglich eingereicht;

Beschreibung: Seiten 1, 2 und 4 - 9 wie ursprünglich eingereicht; Seiten 3 und 3a, eingereicht mit Schreiben vom 13. Oktober 2000; mit den Änderungen auf den Seiten 2, 3, 6, 7 und 8 entsprechend der telefonischen Vereinbarung vom 17. April 2002;

Zeichnungen: Figuren 1 und 2 wie ursprünglich eingereicht.

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