European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T026901.20030604 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 04 Juni 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0269/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96106254.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B41F 13/18 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Bedruckstofführende Oberflächenstruktur, vorzugsweise für Druckmaschinenzylinder oder deren Aufzüge | ||||||||
Name des Anmelders: | MAN Roland Druckmaschinen AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Koenig & Bauer Aktiengesellschaft | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Neuheit (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Streitpatent im erteilten Umfang aufrechtzuerhalten, Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, Artikel 54 EPÜ und erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) angegriffen worden.
II. Am 4. Juni 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Es wurden folgende Anträge gestellt:
a) Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 739 719.
b) Die Beschwerdegegnerin beantragte als Hauptantrag die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragte sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage der folgenden Unterlagen:
i) Patentanspruch 1 eingereicht am 4. April 2003 als erster Hilfsantrag, und Ansprüche 2 bis 10 wie erteilt; oder
ii) Patentanspruch 1 eingereicht am 4. April 2003 als zweiter Hilfsantrag, und Ansprüche 2 bis 10 wie erteilt.
Die Beschwerdeführerin überreichte ferner eine mikroskopische Photographie der Oberfläche einer Chromwalze.
III. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet:
"1. Bedruckstofführende Oberflächenstruktur, vorzugsweise für Druckmaschinenzylinder oder deren Aufzüge, mit annähernd gleichmäßig statistisch verteilten, erhabenen Strukturelementen und zugeordneten Strukturtälern, wobei der Bedruckstoff sich auf den Strukturelementen abstützt und die Oberflächenstruktur aus einer Chromschicht besteht oder Chrom in der Beschichtung enthalten ist,
dadurch gekennzeichnet,
daß die auf einem Substrat (3) angeordneten Strukturelemente (2) eine Tragfläche (4) mit einer Vielzahl von die Oberflächenrauheit erhöhenden Vertiefungen (5) aufweisen."
Anspruch 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, daß das Merkmal "vorzugsweise für Druckmaschinenzylinder oder deren Aufzüge" durch das Merkmal "für Druckmaschinenzylinder oder deren Aufzüge, vorzugsweise im Schön- und Widerdruck" und der Ausdruck "eine Tragfläche" durch den Ausdruck "Tragflächen" ersetzt worden sind. Außerdem ist das Merkmal "so daß jede Tragfläche (4) aus einer Vielzahl kleiner Flächen gebildet ist" hinzugefügt worden.
Anspruch 1 gemäß dem zweiten Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag dadurch, daß das Merkmal "um die Adhäsionskraft der Druckfarbe zu reduzieren" hinzugefügt worden ist.
IV. Im Beschwerdeverfahren wurden die folgenden Entgegenhaltungen als zum Stand der Technik gehörend erwähnt:
E1: DE-A-29 14 255
E2: DE-A-24 46 188
E3: DE-A-42 07 119
E4: DE-A-39 13 818
E5: DE-B-12 58 873
V. Im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung machte die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Frage der Neuheit der Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß dem Hauptantrag, sowie dem ersten und dem zweiten Hilfsantrag gegenüber der Entgegenhaltung E3 folgendes geltend :
In der Entgegenhaltung E3 in Spalte 2, Zeilen 44 bis 47 werde beschrieben, daß die Tragflächen der Erhebungen geschliffen werden. Durch diesen Vorgang entstehe eine Fläche mit einer Vielzahl von Vertiefungen in Form von Rillen und Schleifspuren, wie in der in der mündlichen Verhandlung überreichten Photographie ersichtlich sei. Anspruch 1 des Streitpatents enthalte keine Angabe über die Menge und Größe der Vertiefungen.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß dem Hauptantrag, sowie dem ersten und dem zweiten Hilfsantrag seien daher nicht neu gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung E3.
VI. Im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung machte die Beschwerdegegnerin im Zusammenhang mit der Frage der Neuheit der Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß dem Hauptantrag, sowie dem ersten und dem zweiten Hilfsantrag gegenüber der Entgegenhaltung E3 folgendes geltend:
Die Erhebungen der Oberflächenstruktur gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents enthielten mehrere chemisch erzeugte Furchen und Spalten, wobei Papierfasern in die Vertiefungen eindrängen, so daß die Reibungskräfte zwischen Bedruckstoff und Oberflächenstruktur erhöht und Doubliererscheinungen spürbar reduziert würden. Anspruch 1 des Streitpatents gemäß dem Hauptantrag sei so zu verstehen, daß die Strukturelemente jeweils eine Tragfläche mit einer Vielzahl von die Oberflächenrauheit erhöhenden Vertiefungen aufwiesen. Die parallelen Schleifspuren in Form von feinen Rillen der Entgegenhaltung E3 seien keine Vertiefungen im Sinne des Streitpatents. Die Entgegenhaltung E3 weise daher keine Tragflächen auf, die mit den Tragflächen des Streitpatents übereinstimmten.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei daher neu.
Aus Anspruch 1 des Streitpatents gemäß dem ersten Hilfsantrag gehe eindeutig hervor, daß die Strukturelemente jeweils eine Tragfläche mit einer Vielzahl von die Oberflächenrauheit erhöhenden Vertiefungen aufwiesen.
Anspruch 1 des Streitpatents gemäß dem zweiten Hilfsantrag gebe an, daß die Vielzahl kleiner Flächen die Adhäsionskraft der Druckfarbe reduziere. Die kleineren Flächen bildeten dünnere Fäden bei der Farbspaltung, so daß die Farbspaltung verbessert werde.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß dem ersten und dem zweiten Hilfsantrag seien daher ebenfalls neu.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
Neuheit
Die Entgegenhaltung E3 offenbart eine bedruckstofführende Oberflächenstruktur für Druckmaschinenzylinder, mit gleichmäßig statistisch verteilten, erhabenen Strukturelementen in Form von zylindrischen Erhebungen (5) und zugeordneten Strukturtälern (siehe Anspruch 1), wobei der Bedruckstoff sich auf den Strukturelementen abstützt. Die Oberflächenstruktur besteht aus einer Chromschicht (Spalte 2, Zeile 40).
Die Tragflächen der Strukturelemente sind parallel zur Druckzylinderachse geschliffen (Spalte 2, Zeilen 44 bis 47). Das Ergebnis eines solchen Schleifverfahrens ist in der in der mündlichen Verhandlung überreichten Photographie zu sehen. Während des Herstellungsverfahrens der Chromschicht werden unregelmäßige Rillen geformt. Beim Schleifen wird die Tiefe dieser Rillen zwar reduziert, aber gleichzeitig werden Schleifspuren in Form von einer Vielzahl paralleler Furchen erzeugt. Die Anwesenheit dieser Vertiefungen in Form von Furchen hat zur Folge, daß die Oberflächenrauheit erhöht wird.
Der Argumentation der Beschwerdegegnerin, wonach diese Furchen nicht als Vertiefungen im Sinne von Anspruch 1 zu sehen sind, kann nicht gefolgt werden. Es gibt im Anspruch 1 keine Angaben bezüglich der Tiefe oder Größe der Vertiefungen. Es ist im Anspruch 1 nur angegeben, daß die Oberflächenrauheit erhöht wird. Dies ist jedoch für die aus dem Schleifverfahren entstandenen Schleifspuren der Fall.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist daher nicht neu.
2. Erster Hilfsantrag
Neuheit
Die Änderung des Anspruchs 1 im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags macht es klar, daß jedes Strukturelement eine Vielzahl von die Oberflächenrauheit erhöhenden Vertiefungen aufweist. Dies ist jedoch auch in der in der Entgegenhaltung E3 offenbarten Oberflächenstruktur der Fall. Auf der Tragfläche jeder Erhebung 4 gibt es als Ergebnis des Schleifverfahrens eine Vielzahl paralleler Rillen, die eine Vielzahl von die Oberflächenrauheit erhöhenden Vertiefungen bilden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags ist daher auch nicht neu.
3. Zweiter Hilfsantrag
Neuheit
Das hinzugefügte Merkmal "um die Adhäsionskraft der Druckfarbe zu reduzieren" bezieht sich auf die verbesserte Farbspaltung, die in Spalte 2, Zeilen 22 bis 26. des Streitpatents erwähnt ist. Durch die Teilung der Tragfläche eines Strukturelements in eine Vielzahl kleinerer Flächen ist die Neigung, bei der Farbspaltung Fäden zu bilden, reduziert, und dadurch wird die Farbspaltung verbessert. Die verbesserte Farbspaltung führt dazu, daß die Adhäsionskraft der Druckfarbe reduziert wird.
Wie oben erwähnt, weist die aus der Entgegenhaltung E3 bekannte Oberflächenstruktur eine Vielzahl paralleler Rillen auf der Tragfläche jeder Erhebung auf. Zwischen diesen Rillen ist eine Vielzahl kleinerer Flächen. Daher wird im Vergleich mit einer glatten Oberfläche die Adhäsionskraft der Druckfarbe reduziert und die Farbspaltung verbessert.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags ist daher ebenfalls nicht neu.
4. Da sämtliche Anträge der Beschwerdegegnerin wegen mangelnder Neuheit des Gegenstands des jeweiligen Anspruchs 1 nicht gewährbar sind, ist das Streitpatent zu widerrufen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.