European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T024201.20060329 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 29 März 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0242/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94902758.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | C09D 5/44 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von Elektrotauchlacken und Verfahren zur Beschichtung elektrisch leitfähiger Substrate | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF Coatings Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | DuPont Performance Coatings GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.3.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) - überraschende Verbesserung |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 675 926 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.
II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ, insbesondere wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit, angegriffen worden. Zur Stützung des Einspruchs wurden unter anderem die folgenden Druckschriften angezogen:
(1) WO-A-93/06263,
(2) LUBA-print Information, August 1980,
(3) Patents Abstracts of Japan, Section C, No. 689, Vol. 14, No. 8, Seite 147 (15. Februar 1990), sowie eine Englische Teilübersetzung der betreffenden Japanischen Patentanmeldung, und
(4) Karsten Lackrohstoff-Tabellen, 8. Auflage (1987), Seiten 627-633.
III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die in Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der am 20. November 2000 eingereichten Patentansprüche nicht entgegenstünden.
Anspruch 1 dieses Anspruchssatzes lautet wie folgt:
"Verfahren zur Herstellung von kathodisch abscheidbaren, wäßrigen Elektrotauchlacken die Teilchen aus Wachs, die einen Durchmesser von 1 bis 20 µm aufweisen, enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß das Wachs mit Hilfe von Pigmentpasten in die wäßrigen Elektrotauchlacke eingearbeitet wird."
Dieser Anspruch unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Streitpatentes lediglich darin, dass der streitpatentgemäße Produktanspruch in ein Verfahren zur Herstellung des Produktes umgewandelt und auf die Einarbeitung des Wachses mit Hilfe von Pigmentpasten eingeschränkt wurde.
IV. Am 29. März 2006 hat eine mündliche Verhandlung vor der Kammer in Abwesenheit der Beschwerdeführerin stattgefunden.
V. Die Beschwerdeführerin machte schriftlich geltend, das beanspruchte Verfahren sei nicht neu im Hinblick auf die Druckschrift (1), weil diese Druckschrift die Herstellung eines Elektrotauchlacks beschreibe, wobei eine Wachsdispersion mit einem wässrigen Elektrophoreselack vordispergiert und die dabei erhaltene Dispersion in den fertigen Elektrotauchlack zugegeben werde. Bei der betreffenden Vordispergierung wird entsprechend dem Fachmann geläufigen Definitionen eine Mahlpaste bzw. Pigmentpaste hergestellt. Um das allgemeine Fachwissen des Fachmanns darzulegen, hat sie auf die Druckschriften
(5) Römpp-Lexikon Lacke und Druckfarben (1998), Seite 452 und
(6) EP-A-0 183 025
Bezug genommen.
Die Beschwerdeführerin hat ebenfalls geltend gemacht, dass das beanspruchte Verfahren, im Hinblick auf die Druckschriften (3) und (4) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Aus der Druckschrift (3) sei es bekannt gewesen, Wachse in kathodisch abscheidbare wässrige Elektrotauchlacke einzuarbeiten und die Druckschrift (4) offenbare, dass durch das Einarbeiten von Wachsen eine Verbesserung der Oberflächeneigenschaften der Lackschichten erhältlich sei. Eine Verbesserung der Lackschichteigenschaften hinsichtlich der Ausbildung von Läufermarkierungen, Wassertropfenempfindlichkeit und Brückenbildung durch das streitpatentgemäße Wachseinarbeitungsverfahren statt mittels einer anderen bekannten Einarbeitungsmethode würde nicht nachgewiesen.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat bezüglich der Neuheit vorgebracht, dass die Druckschrift (1) nicht sämtliche Merkmale des streitpatentgemäßen Verfahren offenbare und dass die Entgegenhaltungen (5) und (6) die Argumente der Beschwerdeführerin nicht stützen könnten, weil sie nur Bezug auf Pigmente und Wechselwirkungen von Pigmenten mit Pastenmassen nähmen, während von der Verwendung von Wachsen darin nirgendwo die Rede sei.
Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit hat die Beschwerdegegnerin darauf hingewiesen, dass die streitpatentgemäße Aufgabe darin bestünde, ein Verfahren zur Herstellung kathodisch abscheidbarer Elektrotauchlacke bereitzustellen, das Elektrotauchlacke liefere, aus denen sich Lackschichten mit verbesserten Eigenschaften, insbesondere hinsichtlich der Ausbildung von Läufermarkierungen, Wassertropfenempfindlichkeit und Brückenbildung, herstellen ließen. Der Fachmann könne aus dem genannten Stand der Technik keinerlei Anregungen entnehmen, diese Aufgabe in der streitpatentgemäßen Weise zu lösen. In diesem Zusammenhang hat sie auch ausgeführt, dass die Druckschrift
(7) "System Additive für die Technische Industrie", Lucas Meyer GmbH & Co KG: FORBEST MF II - Mikronisiertes Hartwachs
die Anerkennung der erfinderischen Tätigkeit ebenfalls nicht im Wege stehe.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuheit
2.1 Die Beschwerdeführerin stützt ihre Rüge der mangelnden Neuheit des Anspruchsgegenstandes auf die Druckschrift (1), welche Stand der Technik im Sinne des Artikels 54(3) EPÜ darstellt.
2.2 Druckschrift (1) betrifft ein Verfahren zur elektrophoretischen Innenbeschichtung von Metallbehältern, das dadurch gekennzeichnet ist, dass die wässrige abscheidbare Beschichtungszusammensetzung 0,01 bis 10 Gew.-%, bezogen auf den Festkörper der Beschichtungszusammensetzung, im Bereich von 60 bis 100ºC in den schmelzflüssigen Zustand übergehendes Wachs enthält (siehe Seite 4, Zeilen 5 bis 30). Zur Einarbeitung des Wachses in die Beschichtungszusammensetzung kann eine Wachsdispersion in den fertigen, in Wasser dispergierten ET-Lack zugegeben werden, wobei jedoch darauf zu achten ist, dass die Wachsdispersion mit dem wässrigen Elektrophoreselack vordispergiert wird, da die Wachsdispersion andernfalls nicht fein genug verteilt werden kann und wieder aufschwimmen könnte (siehe Seite 5, Zeile 32 bis Seite 6, Zeile 5). Nach Beispiel 2 wird eine Carnaubawachssuspension mit einem Teil einer gemäß Absatz b) dieses Beispiels hergestellten Lackdispersion vordispergiert und anschließend die vordispergierte Wachssuspension in der Rest der gemäß dem genannten Absatz hergestellten Dispersion eingerührt.
2.3 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin nähmen die in dieser Druckschrift offenbarten Vordispergierungen die Neuheit des beanspruchten Verfahrens vorweg, weil nach der Druckschrift (1) die offenbarten Beschichtungsmittel Pigmente enthalten könnten (siehe Seite 11, Zeilen 14 bis 25) und bei der betreffenden Vordispergierungen, entsprechend dem Fachmann geläufigen Definitionen, wie angegeben in den Druckschriften (5) und (6), Mahlpasten bzw. Pigmentpasten hergestellt würden.
2.4 Dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin überzeugt die Kammer jedoch nicht. Nach dem vorliegenden Anspruch 1 des Streitpatents wird das Wachs mit Hilfe von Pigmentpasten in die wässrigen Elektrotauchlacke eingearbeitet, d.h. dass eine Wachs enthaltende Pigmentpaste zur Herstellung des Elektrotauchlackes eingesetzt wird. Die in der Druckschrift (1) beschriebenen Vordispergierungen des Wachses mit dem wässrigen, eventuell Pigment enthaltenden Elektrophoreselack entsprechen jedoch schon deshalb nicht der Herstellung einer Mahlpaste, weil in einer Mahlpaste, nach ihrer Definition (siehe insbesondere die Druckschrift (5)), die Pigmente in höherer Konzentration vorliegen müssten als es der späterer Anwendung entspricht. Die in dem Beispiel 2 der Druckschrift beschriebene Vordispergierung eines Wachses mit der gemäß Absatz b) dieses Beispiels hergestellten Lackdispersion, welche eine spezifischen Darstellungsform darstellt, nimmt die Neuheit des streitpatentgemäßen Verfahrens ebenfalls nicht vorweg, weil die betreffende Lackdispersion kein Pigment enthält.
2.5 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass das beanspruchte Verfahren des Streitpatents neu ist.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1 Die Kammer geht, im Hinblick auf die Rechtsprechung der Beschwerdekammern bezüglich des "Aufgabe-Lösungs-Ansatzes", bei der Prüfung der erfinderischer Tätigkeit von der im Streitpatent formulierten Aufgabe aus (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 4. Auflage 2001, Seiten 123 und 124, insbesondere unter 4.3).
3.2 Diese Aufgabe betrifft die Bereitstellung von kathodisch abscheidbaren, wässrigen Elektrotauchlacken, die Lackschichten mit verbesserten Eigenschaften hinsichtlich der Ausbildung von Läufermarkierungen, Wassertropfenempfindlichkeit und Brückenbildung liefern (siehe Seite 2, Zeilen 24 bis 39).
3.3 Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Verfahren nach dem vorliegenden Anspruch 1 vorgeschlagen, das dadurch gekennzeichnet ist, dass Wachs mit einem Teilchendurchmesser von 1 bis 20 µm mit Hilfe von Pigmentpasten in die wässrigen Elektrotauchlacke eingearbeitet wird.
Ausweislich der Angaben im Streitpatent, insbesondere in den Beispielen auf Seite 5, Zeile 16 bis Seite 7, Zeile 20, wird diese Aufgabe auch glaubhaft gelöst. Die Lösung dieser Aufgabe durch das Verfahren nach dem vorliegenden Anspruch 1 wurde übrigens von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
3.4 In diesem Zusammenhang weist die Kammer darauf hin, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung, ausgehend von der Druckschrift (3) als nächstkommenden Stand der Technik, die im Streitpatent angegebenen technische Aufgabe abgewandelt hat und zwar in die Bereitstellung einer weiteren Einarbeitungsmöglichkeit der Wachsdispersionen in kathodisch abscheidbare wässrige Elektrotauchlacke.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammern darf eine in der Beschreibung eines Patents genannte Aufgabe jedoch nur dann abgewandelt werden, wenn zur objektiven Beurteilung der Frage der erfinderischer Tätigkeit ein neu eingeführter Stand der Technik herangezogen wird, der der Erfindung näher kommt als der in dem Patent herangezogene. Es kommt dabei zunächst darauf an, dass der betreffende Stand der Technik einen Gegenstand offenbart, der zum gleichen Zweck oder mit dem gleichen Ziel entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 4. Auflage 2001, Seiten 117 bis 119, unter Punkt 3, und Seiten 124 bis 126, unter Punkt 4.5).
Im vorliegenden Fall beschreibt die von der Beschwerdeführerin als nächstkommenden Stand der Technik gewählte Druckschrift (3) die Herstellung von kathodisch abscheidbaren, wässrigen Elektrotauchlacken, die als wesentliches Merkmal den Einsatz von Wachs mit dem Zweck die Korrosionsschutzwirkung von den mit den hergestellten Elektrotauchlacken erhältlichen, fertigen Lackfilmen zu verbessern. Dieser Zweck hat jedoch nichts gemein mit der im Streitpatent angegebenen Aufgabe, welche die Bereitstellung von kathodisch abscheidbaren, wässrigen Elektrotauchlacken betrifft, die Lackschichten mit verbesserten Eigenschaften hinsichtlich der Ausbildung von Läufermarkierungen, Wassertropfenempfindlichkeit und Brückenbildung liefern. Diese Eigenschaften betreffen nicht die der fertigen Lackfilme, sondern hängen vielmehr mit den Eigenschaften des Tauchlacks während der Entstehung der Lackfilme zusammen.
Unter diesen Umständen sieht die Kammer keinerlei Anlass für eine Neuformulierung der im Streitpatent angegebenen und tatsächlich gelösten Aufgabe.
3.5 Es ist nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem vor der oben definierten Aufgabe stehenden Fachmann Anregungen bot, diese gemäß Anspruch 1 des Streitpatents zu lösen.
3.6 Die Druckschrift (1) stellt Stand der Technik im Sinne des Artikels 54(3) EPÜ dar und ist deshalb für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht relevant.
3.7 Die Druckschrift (3) offenbart - wie oben unter Punkt 3.4 angegeben - die Herstellung von kathodisch abscheidbaren, wässrigen Elektrotauchlacken, die als wesentliches Merkmal den Einsatz von Wachs mit dem Zweck die Korrosionsschutzwirkung von den mit den hergestellten Elektrotauchlacken erhältlichen, fertigen Lackfilmen zu verbessern. Abgesehen davon, dass diese Druckschrift keinerlei Anregung gibt, Wachs mit einem Teilchendiameter von 1 bis 20 µm mit Hilfe von Pigmentpasten in die wässrigen Elektrotauchlacke einzuarbeiten, beschäftigt sie sich überhaupt nicht mit der im Streitpatent angegebenen Aufgabe (siehe Punkt 3.2 oben), so dass sie auch keine Anregung zu deren Lösung geben kann.
3.8 Druckschrift (4) offenbart eine Liste von Mattierungsmitteln für Lacke. Bezüglich dieser Liste, hat die Beschwerdeführerin lediglich auf den Rohstoff mit der Bezeichnung Syloid-W-PE hingewiesen, wobei es sich um ein mikronisiertes PE-Wachs zur Mattierung und Verbesserung der Oberflächeneigenschaften von Lackfilmen handelt (siehe Seite 631). Auch diese Druckschrift beschäftigt sich daher nicht mit der vorliegenden streitpatentgemäßen spezifischen Aufgabe und kann daher dem Fachmann keinen Hinweis auf deren beanspruchten Lösung geben.
3.9 Übrigens schweigt sich die Druckschrift (4) über die Art und Weise aus, wie das genannte Wachs in die Lacke eingearbeitet werden soll, so dass selbst eine Kombination der in den Druckschriften (3) und (4) zu entnehmenden technischen Lehren nicht zu dem beanspruchen Verfahren führen würde.
3.10 Die ferner angezogenen Druckschriften (2) und (7) betreffen Merkblätter bezüglich mikronisierter Wachse mit den Bezeichnungen LUBA-print Wachsdispersion KL 30 bzw. Forbest MF II. Die für diese Wachse in den Druckschriften angegebenen Anwendungsgebiete geben jedoch keinerlei Hinweis auf ihre Anwendbarkeit in kathodisch abscheidbaren wässrigen Elektrotauchlacken, geschweige denn auf ihre Fähigkeit, Lackschichten mit verbesserten Eigenschaften hinsichtlich der Ausbildung von Läufermarkierungen, Wassertropfenempfindlichkeit und Brückenbildung zu liefern.
3.11 Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des vorliegenden Anspruch 1 auf einer erfinderischer Tätigkeit im Sinne der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruht.
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betreffen weitere Ausgestaltungen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.