T 0084/01 (Silberkorrosionsinhibitor/HENKEL) of 18.3.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T008401.20050318
Datum der Entscheidung: 18 März 2005
Aktenzeichen: T 0084/01
Anmeldenummer: 95905065.9
IPC-Klasse: C11D 3/386
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Silberkorrosionsschutzmittelhaltige Enzymzubereitung
Name des Anmelders: Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Name des Einsprechenden: Novozymes A/S
The Procter & Gamble Company
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123
Schlagwörter: Disclaimer: nicht zulässig (Hauptantrag)
Erfinderische Tätigkeit: nein (Hilfsanträge 1 bis 3)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/03
T 0438/02
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 0 736 084 betreffend eine silberkorrosionsschutzmittelhaltige Enzymzubereitung in geändertem Umfang auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrags.

II. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 8 dieses 12 Ansprüche enthaltenden Hilfsantrags lauten wie folgt:

"1. Für die Einarbeitung in teilchenförmige Reinigungsmittel geeignetes Enzymgranulat, enthaltend im Kern Enzym und anorganisches und/oder organisches Trägermaterial sowie gegebenenfalls Granulierhilfsmittel, auf den eine gleichmäßige Umhüllungsschicht aufgebracht ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Umhüllungsschicht einen Silberkorrosionsinhibitor enthält, wobei sie kein Eisen-, Kupfer-, Nickel- oder Cobaltsalz oder kein Sulfit, Natriumthiosulfit, Bisulfit, Thiosulfat oder Ascorbinsäure oder Ascorbat enthält."

"8. Verfahren zur Herstellung eines für die Einarbeitung in partikelförmige Reinigungsmittel geeigneten Enzymgranulats mit einer mittleren Korngröße von 0,8 mm bis 1,2 mm durch Extrudieren eines durch Vermischen einer gegebenenfalls zuvor durch Mikrofiltration von unlöslichen Bestandteilen befreiten, aufkonzentrierten Fermentationsbrühe mit anorganischem und/oder organischem Trägermaterial als Zuschlagstoff entstandenen Enzym-Vorgemischs, gegebenenfalls Sphäronisierung des Extrudats in einem Rondiergerät, Trocknung und Aufbringen einer äußeren Umhüllungsschicht, wobei man in einer Wirbelschicht aus Extrudat eine äußere Umhüllungsschicht eines Überzugssystems aus mindestens 50 Gew.-% Silberkorrosionsinhibitor, bis zu 25. Gew.-%, insbesondere 5 Gew.-% bis 20 Gew.-% feinteiligem anorganischem Pigment, 5 Gew.-% bis 20 Gew.-% bei Raumtemperatur festem Alkohol mit einem Schmelzpunkt im Bereich von 45 °C bis 65 °C, bis zu 5. Gew.-%, insbesondere 1 Gew.-% bis 3 Gew.-% Emulgator für den Alkohol, bis zu 5 Gew.-%, insbesondere 0,2 Gew.-% bis 3 Gew.-% Dispergiermittel für den Silberkorrosionsinhibitor beziehungsweise das anorganische Pigment und bis zu 7 Gew.-% Wasser aufbringt."

Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 7 und 9 bis 10 waren weitere Ausgestaltungen des Enzymgranulats respektive des Verfahrens. Der abhängige Anspruch 11 betraf eine Verwendung des Enzymgranulats, der unabhängige Anspruch 12 ein niederalkalisches Mittel zum maschinellen Reinigen von Geschirr enthaltend unter anderem ein Enzymgranulat, welches unter anderem eine gleichmäßige Umhüllungsschicht aufweist, die einen Silberkorrosionsinhibitor enthält.

III. Beide Einsprechende beantragten den Widerruf des Patents in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a), b) und c) EPÜ, wegen mangelnder Offenbarung (Artikel 83 EPÜ), unzulässiger Erweiterung (Artikel 123 (2) EPÜ), mangelnder Neuheit (Artikel 54 (1), (2) EPÜ) und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

IV. Die Einsprechende 01 hat ihren Einspruch unter anderem auf folgende Dokumente gestützt:

(1) EP-A-0 415 652,

(2) EP-A-0 290 223,

(3) B. Burg, J. Härer, P. Jeschke et al. "Korrosionsphänomene an Silberoberflächen beim maschinellen Geschirrspülen", Vortrag gehalten anlässlich der 40. SEPAWA-Jahrestagung 1993 in Bad Dürkheim, SÖFW-Journal, 120. Jahrgang, 7/94,

(7) WO-A-2 707 292,

(8) WO-A-8 908 694 und

(9) WO-A-8 908 695.

V. In ihrer Entscheidung befand die Einspruchsabteilung unter anderem, daß die Ausführbarkeit der Erfindung gegeben sei und der im Anspruch 1 eingefügte Disclaimer eine Stütze in den Dokumenten (1) und (9) habe.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu, weil, entgegen den Ausführungen der Einsprechenden, nicht alle im Stand der Technik genannten Antioxidations- und Reduktionsmittel und Übergangsmetalle als Silberkorrosionsinhibitoren wirken. Von den Einsprechenden sei beispielsweise nicht belegt worden, daß das als Füllmaterial bekannte Titanoxid (Dokument (7), Zeile 13) oder Antioxydationsmittel wie Butylhydroxyanisol (BHA) oder Butylhydroxytoluol (BHT) (Dokument (1), Seite 6, Zeilen 36 und 44; Dokument (2) Seite 2, Zeile 54) Silberkorrosionsschutzwirkung aufweise und daher die in den Dokumenten (1) und (7) beschriebenen Enzymgranulate vom erteilten Anspruch 1 umfaßt seien.

Ausgehend von Dokument (3) als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, habe die Aufgabe darin bestanden, die Enzymstabilität in niederalkalischen Geschirrreinigungsmitteln zu verbessern. Zwar trügen gemäß den Dokumenten (2), (7) und (9) redoxaktive Substanzen im Umhüllungsmantel von Enzymgranulaten zur Verbesserung der Stabilität von Enzymen in Reinigungsmitteln bei, und aus Dokument (3) sei auch bekannt, daß Redoxmaterialien die Silberkorrosion verringerten. Jedoch gehe aus diesen Dokumenten nicht hervor, daß Enzymgranulate in niederalkalischen Reinigungsmittelzusammensetzungen stabil blieben. Deshalb beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit.

VI. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende 01 (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.

VII. Am 18. März 2005 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt während der die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) die Hilfsanträge 1, 2 und 3 einreichte.

VIII. Anspruch 7 des Hilfsantrags 1, Anspruch 6 des Hilfsantrags 2 und Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 sind identisch mit Anspruch 8 des während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrags.

IX. Die Beschwerdeführerin hat unter anderem folgendes vorgetragen:

a) Dokumente (1) und (9), die sich mit der Reinigung von Textilwäsche beschäftigten, seien nicht als zufällige Vorwegnahmen im Sinne der Entscheidung G 1/03 zu werten; gegenüber diesen Dokumenten könne Neuheit durch einen Disclaimer nicht wieder hergestellt werden, weil das Fachgebiet Wasch- und Reinigungsmittel ein einziges technisches Gebiet und nicht in zwei verschiedene Gebiete aufteilbar sei, nämlich Reinigungsmittel für Geschirr gemäß Streitpatent und Waschmittel für Textilwäsche gemäß den Dokumenten (1) und (9). Das Stabilitätsproblem sei allen enzymhaltigen Mitteln gemeinsam. Somit seien die Disclaimer nicht zulässig.

Die Lösung des spezifischen Problems der Inhibierung der Silberkorrosion sei schon aus Dokument (3) bekannt gewesen.

Dokument (9) offenbare Enzymgranulate, die eine ein Antioxidationsmittel enthaltende Umhüllung aufweisen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 werde daher unter anderem von den Dokumenten (1) und (9) vorweggenommen; somit seien die Bedingungen des Artikels 54 (1), (2) EPÜ nicht erfüllt.

b) Ausgehend von Dokument (3) bestehe das gegenüber dem Streitpatent zu lösende Problem im Auffinden eines Geschirrspülmittels, das eine verbesserte Enzymstabilität besitzt. Daß die Granulate nur in stark alkalischen Geschirrspülmitteln stabil seien, werde in keinem der Dokumente (1), (2), (7) bis (9) offenbart; somit sei der Alkalinitätsgrad im Zusammenhang mit der Stabilität unerheblich. Der Fachmann werde die in den Dokumenten (1) und (2) offenbarten Reduktions- oder Antioxidationsmittel oder Übergangsmetalle verwenden, da er somit stabile Enzymgranulate erhalte. Gleichzeitig werde eben durch den Einsatz dieser Redoxmittel Silberkorrosion vermieden.

X. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) bestritt schriftlich und mündlich die Argumentation der Beschwerdeführerin:

a) Bezüglich der Neuheit offenbarten zwar Dokumente (1) und (2) Verbindungen, die aufgrund ihrer Redoxwirkung Enzyme stabilisieren; damit sei jedoch nicht gezeigt, daß sie der Silberkorrosion im Sinne des Streitpatents entgegenwirken.

Dokumente (1) und (2) seien deshalb nicht neuheitsschädlich.

c) In erfinderischer Weise werde eine Silberkorrosion inhibierende Wirkung auf dem Waschgut, hier Silbergeschirr, erzielt. Es sei nicht naheliegend gewesen, die zu diesem Zwecke notwendigen redoxaktiven Substanzen in ein Enzymcoating einzuarbeiten und in Form eines Enzymgranulats zu verwenden.

XI. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten, auf Grundlage eines der Hilfsanträge 1, 2 oder 3, die in der mündlichen Verhandlung eingereicht worden sind.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag der Beschwerdegegnerin und Pateninhaberin

1.1 Artikel 123 (2) EPÜ

1.1.1 Der Disclaimer, der Anspruch 1 gegenüber den Dokumenten (1), (2), (8) und (9) abgrenzen soll, lautet:

"wobei sie kein Eisen-, Kupfer-, Nickel- oder Cobaltsalz oder kein Sulfit, Natriumthiosulfit, Bisulfit, Thiosulfat oder Ascorbinsäure oder Ascorbat enthält".

"Sie" bedeutet die Umhüllungsschicht, die den Enzym enthaltenden Kern umfaßt.

Die Angabe der Inhibitoren "Eisen-, Kupfer-, Nickel- oder Cobaltsalz" findet ihren Grund in Dokument (1) (Anspruch 6) und in Dokument (2) (Ansprüche 1 und 11), die Angabe der Inhibitoren "Sulfit, Natriumthiosulfat, Bisulfit, Thiosulfat, oder Ascorbinsäure oder Ascorbat" findet ihren Grund in Dokument (8) (Seite 7, Zeilen 13 bis 15) und Dokument (9) (Seite 5, Zeilen 27 bis 30).

1.1.2 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, der Disclaimer sei im Einklang mit G 1/03 (ABl. EPA 2004, 413) und G 2/03 (ABl. EPA 2004, 448) abgefaßt. Dokumente (1), (8) und (9) seien zufällige Vorwegnahmen. In den Dokumenten (1), (8) und (9) handele es sich um Waschmittel für Textilien, während es im Streitpatent um Geschirrspülmittel gehe. Enzym und Silberkorrosionsinhibitoren würden deshalb in den Dokumenten (1), (8) und (9) in andern Rezepturen als im Streitpatent eingearbeitet. Für das Streitpatent sei infolgedessen ein anderer Fachmann zuständig als für die drei genannten Dokumente. Auch sei das Arbeitsgebiet des Streitpatents verschieden von dem der drei genannten Dokumente. Es handle sich um Vorwegnahmen, die so weitab vom technischen Gebiet des Streitpatents lägen, daß der für das Streitpatent zuständige Fachmann die Dokumente (1), (8) und (9) bei der Arbeit an der Erfindung nicht berücksichtigt hätte (vgl. G 1/03, Punkt 2.2.2, 3. letzter Satz).

1.1.3 Die Beschwerdeführerin bestritt, daß es sich bei den Dokumenten (1), (8) und (9) und auch bei Dokument (2) um zufällige Vorwegnahmen handele. Das Problem der Lagerstabilität von enzymhaltigen Granulaten trete unabhängig davon auf, ob die Granulate in Reinigungsmitteln oder Waschmitteln Verwendung fänden. Im Streitpatent handle es sich infolgedessen um ein und denselben Fachmann, der die Rezepturen aufgrund seines Fachwissens den Anforderungen der jeweiligen Verwendung anzupassen wisse.

1.1.4 Die Kammer hat zu klären, ob die Dokumente (1), (2), (8) und (9) zufällige Vorwegnahmen im Sinne der Entscheidungen G 1/03 und G 2/03 sind.

1.1.5 Gemäß G 1/03 (Entscheidungsformel, Punkt 2.1, zweiter Gedankenstrich) ist eine Vorwegnahme zufällig, wenn sie so unerheblich für die beanspruchte Erfindung ist und so weitab von ihr liegt, daß der Fachmann sie bei der Erfindung nicht berücksichtigt hätte.

1.1.6 Die Erfindung laut Streitpatent betrifft ein Enzymgranulat, welches einen Silberkorrosionsinhibitor enthält, ein Verfahren zu seiner Herstellung und die Verwendung des Granulats in Reinigungsmitteln, insbesondere zur maschinellen Geschirreinigung (Spalte 1, Zeilen 3 bis 7).

Gemäß Streitpatent bestand die Aufgabe darin, "ein Verfahren zu entwickeln, welches in der Lage ist, ... ein enzymhaltiges Granulat, das zusätzlich Silberkorrosionsschutzmittel ... enthält, herzustellen, in dem die ... Komponenten, insbesondere das Enzym, lagerstabil sind."(Spalte 3, Zeilen 52 bis 58).

1.1.7 Dokument (1) betrifft Bleichmittel für Haushaltstextilien, die oxydierende Wirkung haben und Enzyme enthalten. Ziel ist es, eine lange Lagerstabilität zu erreichen. Die Umhüllungsschicht der Enzyme enthält Eisen-, Kupfer-, Nickel- oder Cobaltsulfat (Seite 12, Zeilen 20 bis 24).

Dokument (2) beschäftigt sich mit der Stabilisierung von Enzymen während der Lagerung; das Enzymgranulat wird mit einer Redoxmittel enthaltenden Schutzschicht umgeben (Anspruch 1). Gemäß Beispiel 6 enthält die Schutzschicht Kupfer-, Eisen-, Kobalt- und Nickelsulfat.

Ziel von Dokument (8) ist es, die enzymatische Stabilität von Reinigungsmitteln zu verbessern (Seite 2, Zeile 28). Die Waschgranulate eignen sich insbesondere für die Beimischung zu Bleichmitteln (Seite 7, Zeilen 5 bis 7).

Dokument (9) betrifft ebenfalls Bleichmittel und eine verbesserte Lagerstabilität von Zusammensetzungen, die unter anderem Enzyme und Bleichungsmittel enthalten. (Seite 2, Zeilen 11 bis 13). Die Umhüllungsschichten enthalten Antioxidationsmittel wie Thiosulfat, Sulfit, Bisulfit, Ascorbinsäure und Ascorbat (Seite 5, Zeilen 25 bis 30).

1.1.8 Die Frage stellt sich, ob der Fachmann diese Dokumente berücksichtigt hätte.

1.1.9 Das Argument der Beschwerdegegnerin, daß das Fachgebiet Reinigungsmittel im Sinne von Geschirrspülmitteln getrennt zu betrachten sei vom Fachgebiet der Waschmittel, ist auf dem Gebiet der Waschmittel realitätsfremd. Denn das dazu notwendige chemische Grundwissen ist gleich, so daß der für Wasch- und Reinigungsmittel zuständige Fachmann ein und derselbe ist. Er hat lediglich die Rezepturen an die Erfordernisse der Einsatzgebiete, also Geschirr oder Textilwäsche, anzupassen (siehe T 438/02, Punkt 4.1.3)

Da die Lagerstabilität von enzymhaltigen Zusammensetzungen in der Waschmittelindustrie sowohl im Streitpatent (Spalte 3, Zeile 58) als auch in den Dokumenten (1) (Seite 3, Zeile 7 und Beispiel 6), Dokument (2) (Seite 2, Zeilen 43 und 44) und Dokument (9) (Seite 5, Zeile 15, Anspruch 16) erwähnt wird, steht es für die Kammer außer Frage, daß die entgegengehaltenen Offenbarungen aus technischer Sicht bedeutsam, also nicht zufällig, sind und der Fachmann sie berücksichtigt hätte.

Im Sinne der G 1/03 (Punkt 2.2.2, 3. letzter Satz) liegen die genannten Dokumente nicht soweit ab, daß der Fachmann, der die Lagerstabilität von Enzyme enthaltenden Reinigungsmitteln zu verbessern sucht, sie bei der Erfindung nicht berücksichtigt hätte.

1.1.10 Deshalb sind die Disclaimer nicht zulässig und ihre Einführung in Anspruch 1 ist daher nach Artikel 123 (2) EPÜ unzulässig.

1.1.11 Dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin kann daher nicht stattgegeben werden.

2. Hilfsanträge 1 bis 3 der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin

2.1 Das beanspruchte Verfahren

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird der Verfahrensanspruch in Betracht gezogen, da alle Hilfsanträge ihn beinhalten.

Anspruch 7 des Hilfsantrags 1, Anspruch 6 des Hilfsantrags 2 und Anspruch 1 der Hilfsantrags 3 sind identisch mit Anspruch 8 des während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrags (siehe Punkte II und VIII).

2.2 Neuheit

Die Kammer hat sich vergewissert, daß der Gegenstand dieser Ansprüche nicht vorveröffentlicht ist. In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin ihren Einwand bezüglich der Neuheit nicht aufrechterhalten. Die Bedingungen des Artikels 54 (1), (2) EPÜ sind erfüllt. Eine nähere Begründung ist nicht erforderlich, weil das Patent aus andern Gründen widerrufen wird.

2.3 Erfinderische Tätigkeit

2.3.1 Das Streitpatent betrifft eine Silberkorrosionsschutzmittel enthaltende Enzymzubereitung und gibt an, daß die zu lösende technische Aufgabe darin bestanden habe, ein Verfahren zu entwickeln, das in der Lage ist, auf möglichst einfachem Wege ein enzymhaltiges Granulat, das zusätzlich Silberkorrosionsschutzmittel, beispielsweise in Form bestimmter anorganischer Salze enthält, herzustellen, in dem die enthaltenen Komponenten, insbesondere das Enzym, lagerstabil sind (Spalte 3, Zeilen 52 bis 58).

2.3.2 Mit redoxaktiven Silberschutzmitteln beschäftigt sich bereits Dokument (3), von dem die Kammer zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit als nächstliegenden Stand der Technik ausgeht. Dort werden Korrosionsphänomene an Silberoberflächen beim maschinellen Geschirrspülen untersucht (Dokument (3), Seite 404, linke Spalte, Abschnitt 4). Dabei wird auf die Notwendigkeit einer optimalen Konzentrationseinstellung des redoxaktiven Silberschutzmittels in Abhängigkeit zu den zugesetzten Bleichkomponenten hingewiesen, damit die Reinigungsleistung, auch von niederalkalischen Reinigern nicht beeinträchtigt wird (Dokument (3), Seite 404, linke Spalte, Abschnitt 4; Mittelspalte, letzter Abschnitt).

2.3.3 Ausgehend von Dokument (3) kann das gegenüber dem Streitpatent zu lösende Problem im Auffinden eines alternativen Verfahrens zur Herstellung eines Geschirrspülmittels, das eine gute Enzymstabilität besitzt, gesehen werden.

2.3.4 Dieses Problem wird mit Hilfe eines Verfahrens gelöst, das mindestens 50 Gew.-% Silberkorrosionsschutzmittel in das Überzugsystem der Enzyme einarbeitet.

Die Beispiele 1 und 2 des Streitpatentes veranschaulichen die Lösung dieses technischen Problems.

2.3.5 Es bleibt zu prüfen, ob solch ein Verfahren auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

2.3.6 Die in Anspruch 8 des während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrags aufgezählten Verfahrensmaßnahmen waren aus Dokument (6) bekannt. Im einzelnen beschreibt dieses Verfahren die Herstellung eines für die Einarbeitung in partikelförmige Reinigungsmittel geeigneten Enzymgranulats mit einer mittleren Korngröße von 0,1 mm bis 2 mm.

Anspruch 12 des Dokuments (6) beschreibt die einzelnen Verfahrensschritte wie folgt:

- Extrudieren einer von unlöslichen Bestandteilen befreiten, aufkonzentrierten Fermentationsbrühe mit Zuschlagstoffen entstandenen Enzym-Vorgemischs,

- Sphäronisierung des Extrudats in einem Rondiergerät,

- Trocknung und Aufbringen eines ein Pigment, zum Beispiel Titanoxid (Dokument (6), Seite 7, Zeile 26), enthaltenden Überzugs,

- Entfernung der unlöslichen Bestandteile aus der Fermentationsbrühe durch Mikrofiltration und

- Vermischung der Fermentationsbrühe mit einem Zuschlagsstoff

Die Verwendung einer Wirbelschichtrockenanlage wird ebenfalls erwähnt (Dokument (6), Seite 7, Zeilen 14 bis 17).

Für den Fachmann lag es auf der Hand sich dieses auf dem Gebiet der Enzymgranulatherstellung bekannten Verfahrens zur Lösung der bestehenden Aufgabe zu bedienen, zumal dieses Herstellungsverfahren die Aktivitätsverluste bei der Enzymverarbeitung verminderte und die Lagerbeständigkeit der Enzyme erhöhte (Dokument (6), Seite 2, 3. Abschnitt).

2.3.7 Was die Mengenangaben von mindestens 50 Gew.-% Silberkorrosionsinhibitoren angeht, so war aus dem sich mit Enzymgranulaten befassenden Dokument (1) bekannt, daß die zur Enzymstabilisierung verwendeten Reduktionsmittel in Mengen von 0,1 bis 60 Gew.-% im Umhüllungsmantel der Granulaten eingesetzt werden (Seite 7, Zeilen 38 bis 39).

Somit kann auch dieses Merkmal keine erfinderische Tätigkeit für die beanspruchte Lösung der bestehenden Aufgabe begründen.

2.3.8 Aus diesen Gründen ergibt sich, daß der beanspruchte Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht und die Bedingungen der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ nicht erfüllt sind.

2.3.9 Daraus folgt, daß auch den Hilfsanträgen der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin nicht stattgegeben werden kann und die Beschwerde der Einsprechenden I (Beschwerdeführerin) Erfolg haben muß.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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