T 1181/00 () of 30.9.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T118100.20020930
Datum der Entscheidung: 30 September 2002
Aktenzeichen: T 1181/00
Anmeldenummer: 94108349.5
IPC-Klasse: A01B 73/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Frei schwenkbare Nachlaufräder für landwirtschaftliche Arbeitsmaschinen, insbesondere Kreiselheumaschinen
Name des Anmelders: CLAAS Saulgau GmbH
Name des Einsprechenden: Maasland N.V.
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 R 71(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen das europäische Patent Nr. 630 554 wurde ein Einspruch eingelegt mit dem Antrag, das Patent zu widerrufen. Mit der am 7. April 2000 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde der Einspruch zurückgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (nachstehend Beschwerdeführerin) am 1. Mai 2000 Beschwerde eingelegt. Die Bezahlung der Beschwerdegebühr erfolgte am 2. Mai 2000. Die Begründung der Beschwerde wurde am 4. August 2000 eingereicht.

III. Die angefochtene Entscheidung bezieht sich u. a. auf die folgende Druckschriften, auf welche die Beteiligten sich im Beschwerdeverfahren bezogen haben:

D1: EP-A-332 835;

D2: H. J. PEPPINK et al, Auto Encyclopedie, Uitgeversmaatschappij W. De Haan N.V., Utrecht 1956, Seiten 248 bis 250, in niederländischer Sprache, mit deutscher Übersetzung (D'2);

D5: US-A-5 054 560.

IV. In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgetragen, daß der Fachmann ausgehend vom aus der Druckschrift D1 bekannten Stand der Technik und im Hinblick entweder auf die Druckschrift D2 oder auf die Druckschrift D5 in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruch 1 des erteilten Patentes komme.

V. Am 30. September 2002 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin - obwohl ordnungsgemäß geladen - erschien nicht zu der mündlichen Verhandlung. Mit ihrem Schreiben vom 6. September 2002 hatte sie die Absicht angekündigt, nicht zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen. Gemäß Regel 71 (2) EPÜ wurde das Verfahren ohne sie fortgesetzt.

Während der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) einen geänderten Anspruch 1 vor, der wie folgt lautet:

"Anordnung von frei schwenkbaren Nachlaufrädern für landwirtschaftliche Arbeitsmaschinen, insbesondere Kreiselheumaschinen, mit einer zum Erdboden geneigten Schwenkachse (11) und einer etwa horizontalen Radachse (15), wobei die materielle Schwenkachse (10, 12, 13, 14, 10', 18) den Außendurchmesser der Laufräder (16) an keiner Stelle überragt, die gedachte Verlängerung der Schwenkachse (11) den Erdboden etwa in der Mittelebene der Laufräder (16) und, in Fahrtrichtung gesehen vor dem Aufstandspunkt der Laufräder durchsticht, und zwei Nachlaufräder (16) an einer zweiarmigen Pendelachse (8) in Fahrtrichtung mit Abstand zueinander angeordnet sind, wobei die Neigungen Gamma, Gamma' der Schwenkachsen (11) beider Nachlaufräder (16) in Fahrtrichtung gesehen, spiegelbildlich zueinander sind."

VI. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche: Anspruch 1, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung; Anspruch 2, wie erteilt;

Beschreibung: Spalte 1 und 2, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung;

Zeichnung: Figuren 1 bis 8, wie erteilt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der beanspruchte Gegenstand und die Änderungen

2.1. Der Anspruch 1 beansprucht eine Anordnung von frei schwenkbaren Nachlaufrädern für landwirtschaftliche Arbeitsmaschinen, insbesondere Kreiselheumaschinen, welche die folgenden Merkmale aufweist:

A) die Anordnung ist mit einer zum Erdboden geneigten Schwenkachse (11) versehen;

B) die Anordnung ist mit einer etwa horizontalen Radachse (15) versehen;

C) die materielle Schwenkachse (10, 12, 13, 14, 10', 18) überragt den Außendurchmesser der Laufräder (16) an keiner Stelle;

D) die gedachte Verlängerung der Schwenkachse (11) durchsticht den Erdboden etwa in der Mittelebene der Laufräder (16);

E) die gedachte Verlängerung der Schwenkachse (11) durchsticht den Erdboden, in der Fahrtrichtung gesehen, vor der Aufstandspunkt der Laufräder;

F) zwei Nachlaufräder (16) sind an einer zweiarmigen Pendelachse (8) in Fahrtrichtung mit Abstand zueinander angeordnet;

G) die Neigungen Gamma, Gamma' der Schwenkachsen (11) beider Nachlaufräder (16), in Fahrtrichtung gesehen, sind spiegelbildlich zueinander.

2.1.1. Das Merkmal C bezieht sich auf die "materielle Schwenkachse" des Nachlaufrades. Unter diesem Begriff ist ein strukturelles Element zu verstehen, das aus den folgenden Teilen besteht: ein erstes Teil, das die horizontale Radachse bildet, um die das Laufrad dreht; ein zweites Teil, das die Schwenkachse bildet, um die das Laufrad bei Kurvenfahrt verschwenkt; und ein Zwischenteil, das diese zwei Teile miteinander verbindet. Das Merkmal C besagt, daß die gesamte materielle Schwenkachse den Aussendurchmesser des Nachlaufrades - gesehen in einer Seitenansicht des Laufrades - an keiner Stelle überragt.

2.1.2. Das Merkmal F bezieht sich auf "eine zweiarmige Pendelachse". Darunter ist ein strukturelles Element zu verstehen, das die materiellen Schwenkachsen der zwei miteinander zu verbindenden Nachlaufräder trägt und selber um eine horizontale Drehachse schwenkbar gelagert werden kann, die mit dem Rahmen der Arbeitsmaschine verbunden ist.

2.1.3. Das Merkmal G bezieht sich auf die Neigung der Schwenkachse des Nachlaufrades und besagt, daß jede Schwenkachse geneigt ist, d. h. daß die gedachte Verlängerung einer jeden Schwenkachse einen Spreizungswinkel mit der Mittelebene des Laufrades bildet. Dieses Merkmal ist im Zusammenhang mit dem Merkmal F zu sehen. Mit anderen Worten: Das Merkmal G bezieht sich auf die Neigungen der Schwenkachsen beider Nachlaufräder, die an derselben Pendelachse angeordnet sind.

2.2. Der Anspruch 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des erteilten Patentes im wesentlichen dadurch, daß der Ausdruck im Merkmal A "mit einer zum Erdboden geneigten Schwenkachse" den Ausdruck "mit einer zum Erdboden senkrechten oder geneigten Schwenkachse" (Anspruch 1 des erteilten Patentes, Spalte 2, Zeilen 49 und 50; Hervorhebung hinzugefügt) ersetzt hat.

Diese Änderung stellt es klar, daß die Spreizungswinkel (Neigungen Gamma, Gamma') der Schwenkachsen (11) , auf die sich das Merkmal G bezieht, größer als Null (> 0) sind. Dadurch wird der Schutzbereich des Anspruchs insofern verringert, als eine mögliche Alternative ausgeschlossen wird. Die Änderung hat eine Basis im Anspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung.

Die Änderungen der Beschreibung betreffen ihre Anpassung an den geänderten Anspruch 1.

Die vorgenommenen Änderungen verletzen den Artikel 123 EPÜ nicht.

3. Zur Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist gegenüber den von den Beteiligten erwähnten Druckschriften neu (Artikel 54 EPÜ).

4. Zur erfinderischen Tätigkeit

4.1. Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß sich der nächstkommende Stand der Technik aus der Druckschrift D1 ergibt.

In dieser Druckschrift werden zwei Ausführungsformen für das Fahrwerk einer Kreiselheumaschine beschrieben.

Die erste Ausführungsform (Figuren 1 und 2) bezieht sich auf ein Fahrwerk mit vier Laufrädern, die nicht nachlaufen können.

Die zweite Ausführungsform (Figuren 3 und 4) betrifft ein Fahrwerk mit vier Laufrädern, einer Tragachse 6, zwei Radschwingen 12 und zwei Doppelschwingen 20. Jede Doppelschwinge 20 ist um eine horizontale Drehachse 14 schwenkbar und weist zwei Laufräder 19 auf, die in Fahrtrichtung mit Abstand zueinander angeordnet sind. Das vordere Laufrad jeder Doppelschwinge 20 ist als Nachlaufrad ausgebildet. Dieses Nachlaufrad kann um eine senkrechte Schwenkachse schwenken, deren gedachte Verlängerung den Erdboden etwa in der Mittelebene des Rades und, in der Fahrtrichtung gesehen, vor dem Aufstandspunkt des Rades durchsticht.

Die materielle Nachlaufachse 22 jedes vorderen Nachlaufrades besteht aus einem ersten Endteil, welches das Laufrad trägt und die horizontale Radachse bildet, einem zweiten Endteil, das zur Bildung der senkrechten Schwenkachse ein Kopflager 21 in der Doppelschwinge 20 durchsetzt, und einem gekrümmten Zwischenteil, das die beiden Endteile verbindet.

Außerdem wird in der Druckschrift D1 (Spalte 1, Zeilen 45 bis 48, Anspruch 7) allgemein darauf hingewiesen, daß alle vier Laufräder als Nachlaufräder ausgebildet werden können.

4.1.1. Es geht aus der Figur 3 eindeutig hervor, daß die Doppelschwinge 20, in Längsrichtung gesehen, schräg von hinten/unten nach vorne/oben ausgebildet ist, damit das vordere Nachlaufrad unter der Doppelschwinge angeordnet werden kann. Daher wird der Bauraum zum Unterbringen des Nachlaufrades nicht nur durch das Arbeitswerkzeug, sondern auch (zusätzlich) aufgrund der Ausbildung der Doppelschwinge und der materiellen Schwenkachse des Nachlaufrades begrenzt.

Ein Nachteil der Anordnung von Nachlaufrädern nach der Druckschrift D1 liegt somit darin, daß nur Laufräder mit relativ kleinem Durchmesser untergebracht werden können.

4.1.2. Die Druckschrift D1 befaßt sich mit einer technischen Aufgabe, die darin besteht, die Höhenänderung der Arbeitswerkzeuge relativ zum Boden beim Fahren der Arbeitsmaschine über unebenem Boden zu verringern (siehe Spalte 1, Zeilen 1 bis 22). Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß das Fahrwerk der Arbeitsmaschine vier Laufräder besitzt, von denen je zwei an einer zweiarmigen Pendelachse angeordnet sind (siehe Spalte 2, Zeilen 23 bis 34 und Anspruch 1).

4.1.3. Bezüglich der Druckschrift D1 hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß aus dieser Druckschrift eine Anordnung bekannt sei, die nicht nur alle Merkmale des Obergriffes des Anspruchs 1 aufweist, sondern auch das Merkmal, nach welchem "zwei Nachlaufräder an einer zweiarmigen Pendelachse in Fahrtrichtung mit Abstand zueinander angeordnet sind".

Aufgrund der Angaben in der Beschreibung der Druckschrift D1 und im Anspruch 7 kann diesem Argument gefolgt werden (siehe hierzu den vorstehenden Abschnitt 4.1, letzer Absatz). Es ist aber zu bemerken, daß die Druckschrift D1 keine spezifische Angaben darüber enthält, wie die hinteren Nachlaufräder ausgebildet und angeordnet sind.

4.2. Im Hinblick auf die Ausführungen im Abschnitt 4.1 unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des erteilten Patentes von der Anordnung nach der Druckschrift D1 durch die Merkmale C und G.

4.3. Durch das Merkmal C wird die Möglichkeit erreicht, daß Laufräder mit größerem Durchmesser untergebracht werden können. Daher ergibt sich eine erste Teilaufgabe, die darin besteht, einen Nachteil der Anordnung nach dem Stand der Technik (siehe hierzu den vorstehenden Abschnitt 4.1.1) zu vermeiden (siehe die Beschreibung des Patentes, Spalte 1, Zeilen 10 bis 16 und 20 bis 22).

Die spiegelbildliche Spreizung der Schwenkachsen gemäß dem Merkmal G hat zur Folge, daß beim Verschwenken der Laufräder die Schwenkachse des einen Rades angehoben (bzw. abgesenkt) und die Schwenkachse des anderen Rades abgesenkt (bzw. angehoben) wird. Dadurch wird bei einer Kurvenfahrt das Anheben (bzw. Absenken) des einen Rades durch das Absenken (bzw. Anheben) des anderen Rades ausgeglichen, so daß die horizontale Drehachse der zweiarmigen Pendelachse in der Höhe etwa unverändert bleibt. Daher ergibt sich eine zweite Teilaufgabe, die darin besteht, den Abstand der Arbeitswerkzeuge zum Boden bei einer Kurvenfahrt der Arbeitsmaschine etwa unverändert zu halten (siehe Beschreibung des Patentes, Spalte 1, Zeilen 24 bis 26; Spalte 2, Zeilen 35 bis 43).

4.4. Die Druckschrift D2 betrifft die Lenkräder eines Fahrzeuges, die nicht nur eine etwa horizontale Radachse aufweisen, um die das Rad drehen kann, sondern auch eine Lenkachse, um die das Rad bei der Kurvenfahrt des Fahrzeuges verschwenkt wird.

Dieser Druckschrift (siehe die Übersetzung D'2, Seite 1, 4. Absatz bis Seite 2, 2. Absatz) kann folgendes entnommen werden:

i) Die materielle Lenkachse eines Lenkrades (d. h. das strukturelle Element, das die Radachse und die Lenkachse bildet) überragt den Außendurchmesser der Räder an keiner Stelle. Außerdem ist die Lenkachse eines Lenkrades in einer zur Fahrtrichtung parallelen Ebene derart schräg angeordnet, daß die gedankliche Verlängerung der Lenkachse einigermaßen vor dem Aufstandspunkt des Radreifens durchsticht. Diese Neigung (in englischer Sprache: "caster") dient dazu dem Fahrzeug selbstrichtende Fahreigenschaften zu geben.

ii) Aufgrund der Ausbildung der materiellen Lenkachse ist es sehr schwierig, das Rad so auszubilden, daß die geometrische Lenkachse sich in der Mittelebene des Rades befindet. Daher ist die Lenkachse - gesehen in einer zur Fahrtrichtung senkrechten Ebene - geneigt. Diese Neigung kann auch so stark sein, daß die gedankliche Verlängerung der Lenkachse den Erdboden etwa in der Mittelebene des Rades durchsticht ("centerpoint steering"). Dies führt dazu, daß bei der Verdrehung des Rades das Fahrzeug aufgehoben werden muß (siehe insbesondere D'2, Seite 2, 2. Absatz).

4.4.1. Es ist zuerst zu bemerken, daß die Druckschrift D2 sich mit dem Fahrwerk eines Automobils befaßt, das dem Automobil fahrdynamischen Eigenschaften (z. B. Fahrsicherheit bei hoher Geschwindigkeit, Fahrkomfort, gutes Lenkverhalten) sicherstellen muß und daß diese Problematik beim Fahrwerk einer landwirtschaftlichen Maschine nicht auftritt. Bereits aus diesem Grund würde der Fachmann, der sich mit der Lösung der oben genannten ersten Teilaufgabe befaßt, die Druckschrift D2 nicht heranziehen.

Es geht außerdem eindeutig aus der Druckschrift D2 hervor (siehe den vorstehenden Abschnitt 4.4.ii)), daß sich bei der Verdrehung des Rades die Höhe des Fahrzeuges relativ zum Rad und daher zum Boden ändert. Dies steht in Gegensatz mit der Aufgabe, die in der Druckschrift D1 angesprochen ist und darin besteht, Höhenänderungen der Arbeitswerkzeuge relativ zum Boden beim Fahren der Arbeitsmaschine über unebenen Boden zu verringern. Daher würde der Fachmann die Druckschriften D1 und D2 nicht in Verbindung bringen.

Außerdem, selbst wenn der Fachmann bei dem Fahrwerk nach der Druckschrift D1 jedes der an einer Pendelachse angeordneten Laufräder als Nachlaufrad mit einer Schwenkachse gemäß der Druckschrift D2 ausbilden würde, käme er nicht zum beanspruchten Gegenstand, weil die Druckschrift D2 in keiner Weise auf das Merkmal G hinweist. Diesbezüglich ist zu bemerken, daß die im obigen Abschnitt 4.3 erwähnten Teilaufgaben nicht unabhängig voneinander sind, insofern als die zweite Teilaufgabe sich nicht unmittelbar aus dem nächstkommenden Stand der Technik ergeben kann, weil dieser Stand der Technik sich auf ein Nachlaufrad mit einer senkrechten Schwenkachse bezieht, die beim Verschwenken des Laufrades weder angehoben noch abgesenkt wird. Die zweite Teilaufgabe könnte sich erst dann ergeben, wenn der Fachmann zur Lösung der ersten Teilaufgabe bei der Anordnung nach dem nächstkommenden Stand der Technik das Merkmal C anwenden würde und zu einem Nachlaufrad mit einer geneigter Schwenkachse käme, das beim Verschwenken des Laufrades angehoben bzw. abgesenkt wird.

4.5. Die Druckschrift D5 (siehe insbesondere Figuren 2, 4 und 5) beschreibt ein Nachlaufrad 74 mit einer Radachse ("wheel spindle" 68) und einer Schwenkachse ("pivot pin" 60), bei dem die materielle Schwenkachse ("wheel spindle support" 62) den Aussendurchmesser der Laufräder an keiner Stelle überragt. Die Schwenkachse 60 ist vertikal angeordnet, wobei die gedachte Verlängerung dieser Schwenkachse den Erdboden, in der Fahrtrichtung gesehen, vor dem Aufstandspunkt der Laufräder durchsticht.

Außerdem kann man - im Hinblick auf die Figuren 4 und 5 - nicht davon ausgehen, daß die gedachte Verlängerung der vertikalen Schwenkachse den Erdboden etwa in der Mittelebene der Laufräder durchsticht.

4.5.1. Die Druckschrift D5 ist weniger relevant als die Druckschrift D2, weil die Schwenkachsen der Nachlaufräder nicht geneigt sind.

4.6. Die Argumentation der Beschwerdeführerin in bezug auf die erfinderische Tätigkeit kann in der folgender Weise zusammengefaßt werden:

i) In der Beschreibung des Patents wird angegeben, daß der Nachteil der aus der Druckschrift D1 bekannten Nachlaufräder darin bestehe, daß "die Schwenkachse für die Nachlaufräder den Raddurchmesser in der Höhe erheblich überragt, ...". Die in der Beschreibung angegebene Aufgabe bestehe darin, diesen Nachteil zu vermeiden. Der Fachmann, der sich mit dieser Aufgabe befasse, denke unmittelbar und zwangsläufig daran, Nachlaufräder zu verwenden, deren materielle Schwenkachse den Aussendurchmesser der Laufräder an keiner Stelle überragt (Merkmal C). Solche Nachlaufräder seien z. B. aus der Druckschrift D2 bekannt.

ii) Die Figur 2 der Druckschrift D1 offenbare ein Fahrwerk für eine Arbeitsmaschine, bei dem zwei Laufräder an einer zweiarmigen Pendelachse, in Fahrtrichtung gesehen, mit Abstand zueinander angeordnet sind, wobei das vordere Laufrad einen nach innen gerichteten Achszapfen 17 und das hintere Laufrad einen nach aussen gerichteten Achszapfen hat. Daher seien die beiden Laufräder einer Pendelachse spiegelbildlich - im Sinne des Merkmals G des Anspruchs 1 - angeordnet.

Der Fachmann, der die aus der Druckschrift D2 bekannten Laufräder bei dem Fahrwerk gemäß der Figur 2 der Druckschrift D1 anwendet, würde daher automatisch zu einer Anordnung von Nachlaufräder gelangen, deren Schwenkachsen nicht nur dem Merkmal C entspricht, sondern auch spiegelbildlich gemäß dem Merkmal G angeordnet sind.

4.6.1. Die Kammer kann den Argumenten der Beschwerdeführerin aus den folgenden Gründen nicht folgen:

i) Die Passage in der Beschreibung des Patentes (Spalte 1, Zeilen 6 bis 16), die sich mit den Nachlaufrädern nach der Druckschrift D1 befaßt, schildert den Nachteil dieser Nachlaufräder mit den folgenden Worten:

"Ihr Nachteil liegt jedoch darin, daß die Schwenkachse für die Nachlaufräder den Raddurchmesser in der Höhe erheblich überragt, so daß in dem unter dem umlaufenden Arbeitswerkzeug verfügbaren Bauraum nur Räder verhältnismäßig kleinen Durchmessers untergebracht werden können (Hervorhebung hinzugefügt). Um diesen Nachteil auszugleichen, ist schon vorgeschlagen worden, als Nachlaufräder Doppelräder anzuwenden, wie z. B. in der DE-PS-40 13 789 gezeigt".

Es geht somit aus dieser Passage hervor, daß eine andere Lösung zum Vermeiden des beschriebenen Nachteils möglich ist. Mit anderen Worten: Der Fachmann befindet sich nicht in einer Einbahnstrasse, die ihn zwangsläufig zur beanspruchten Lösung führt.

ii) Die Druckschrift D2 beschreibt zwei verschiedene Ausführungsbeispiele. Das Ausführungsbeispiel nach der Figur 4 entspricht der Gattung des Anspruchs 1 des erteilten Patents und bildet den nächstkommenden Stand der Technik. Dagegen entspricht das Ausführungsbeispiel nach der Figur 2 dieser Gattung nicht, weil es sich auf ein Fahrwerk bezieht, bei dem die Laufräder nicht als Nachlaufräder ausgebildet sind.

Daher würde der Fachmann, der sich mit einer Aufgabe befaßt, die sich auf Nachlaufräder bezieht, das Ausführungsbeispiel nach der Figur 2 nicht heranziehen.

4.7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich somit für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Artikel 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche: Anspruch 1, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung; Anspruch 2, wie erteilt;

Beschreibung: Spalten 1 und 2, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung;

Zeichnung: Figuren 1 bis 8, wie erteilt.

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