T 1168/00 () of 21.3.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T116800.20010321
Datum der Entscheidung: 21 März 2001
Aktenzeichen: T 1168/00
Anmeldenummer: 92919427.2
IPC-Klasse: G02B 1/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Optische Elemente und Verfahren zu deren Herstellung
Name des Anmelders: INSTITUT FÜR NEUE MATERIALIEN gemeinnützige GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - ja (nach Änderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1114/07

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 92 919 427.2 (internationale Veröffentlichungsnummer WO-A-93/06508) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Eine mündliche Verhandlung wurde hilfsweise beantragt.

II. Im Prüfungsverfahren wurde unter anderem auf die folgenden Druckschriften verwiesen:-

D1 EP-A-0 195 493

D2 PAJ zur JP-A-62 191 802

D3 PAJ zur JP-A-62 079 401

D5 EP-A-402 473

D7 US-A-4 975 328

D8 US-A-4 114 983

D9 US-A-4 758 296

Im Laufe des Prüfungsverfahrens nannte die Prüfungsabteilung die Druckschrift D9 als Nachweis dafür, daß Prägung und Härtung einer Prägeschicht zum Prioritätszeitpunkt üblich gewesen sei. Die Anmelderin sah diese Druckschrift als nächstliegenden Stand der Technik an (vgl Abschnitt 5 des Schreibens vom 04.02.1999) und bemerkte, daß in den Zeilen 39-47 der Spalte 5 dieser Druckschrift auch die Schrumpfung einer strahlungshärtbaren Oberflächenschicht erwähnt sei (vgl. den ersten Absatz auf Seite 3 des Schreibens vom 27.04.1998).

III. Die angefochtene Entscheidung ging dagegen von der Druckschrift D1 aus und kam zum Schluß, der Gegenstand des auf ein optisches Element gerichteten Patentanspruchs 9 beruhe nicht auf einer erfindischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Zur Begründung dieser Ansicht stellte die Prüfungsabteilung zunächst fest, daß die Druckschrift D1 ein optisches Element aus einem Substrat und einer darauf aufgebrachten Schicht aus einem transparenten Kompositmaterial offenbare. Anorganische oder organisch-modifizierte anorganische Komponenten in Form von nanoskaligen Partikeln in einem transparenten Polymer seien im Kompositmaterial enthalten, wie sich aus Beispiel 14 durch Bezugnahme über Beispiel 8 auf Beispiel 1 ergebe. Die Prüfungsabteilung verwies darauf, daß die Druckschrift D1 eine Teilchengröße 5 bis 100 nm nenne und zudem die Lehre gebe, daß mit steigender Teilchengröße die Transparenz der Schicht abnehme. Die Lehre der Druckschrift D1 stehe im Einklang mit der Theorie der Ausbreitung von Wellen, die besage, daß Störungen mit einer Größe signifikant unterhalb der Wellenlänge, üblicherweise einem Zehntel der Wellenlänge, eine einfallende Welle nur in geringem Maß beinflussen. Da deshalb ein gutes Ergebnis erwartet werden könne, sei die Auswahl einer Obergrenze von 20 nm für die in der Druckschrift D1 genannten optischen Elemente naheliegend. Die Untergrenze von 0,5 nm unterscheide sich nur marginal von 1 nm gemäß der Druckschrift D1, so daß auch darin keine erfinderische Tätigkeit gesehen werden könne. Dieser Sachverhalt sei auch aus anderen Dokumenten, wie beispielsweise aus der Druckschrift D5 bekannt. Was das Merkmal der Oberflächenprägung betreffe, lehre die Druckschrift D8, bei optischen Elementen aus Kunststoff die konventionelle aufgedampfte Antireflex-Schicht (AR-Schicht) durch eine Mikroprägung der Oberfläche zu ersetzen. Es sei deshalb als naheliegend anzusehen, die aus der Druckschrift D1 bekannte Kunststoffschicht gemäß der Lehre der Druckschrift D8 mit einer Mikroprägung zu versehen. Die Offenbarung der Druckschriften D2, D3 und D7 sei mehr oder weniger gleichwertig mit der Druckschrift D1, so daß sich das beanspruchte optische Element auch aus jeder Kombination dieser Druckschriften mit der Druckschrift D8 in naheliegender Weise ergebe.

Die Anwendung des sogenannten "problem-solution approach" erfordere die Ermittlung der sich aus dem Stand der Technik ergebenden objektiven Aufgabe. Ausgehend von der Druckschrift D1 könne auf dem weiten Gebiet der optischen Elemente der Gedanke an Ersatz eines Typs von AR-Schicht durch einen anderen Typ von AR-Schicht nicht als künstliche und unrealistische Problemstellung angesehen werden. Die gleiche Bemerkung treffe auf die Partikelgröße zu. Auch ausgehend von der Druckschrift D8 gelange man in naheliegender Weise zum Anspruchsgegenstand. Die geprägte Schicht gemäß der Druckschrift D8 sei eine aussenliegende Schicht, die deshalb der Witterung und mechanischen Belastungen ausgesetzt sei. Die Druckschrift D1 lehre, zur Verbesserung der Witterungsbeständigkeit und zur Erhöhung der Kratzfestigkeit ein Kompositmaterial mit nanoskaligen Partikeln als Oberflächenschicht einzusetzen. Auch durch die Anwendung der Lehre der Druckschrift D1 auf das optische Element der Druckschrift D8 ergebe sich deshalb das beanspruchte optische Element in naheliegender Weise.

Die Bezugnahme auf eine thermische Schrumpfung gemäß dem Anspruch 9 des ersten Hilfsantrags versuche die Lösung des Problems durch das zu erzielende Resultat zu definieren, anstatt die strukturellen Merkmale des Kompositmaterials zu nennen, was die erforderliche Zusammensetzung des Materials unklar lasse. Da das ursprüngliche Volumen der Schicht unbekannt sei, könne am fertigen Produkt nicht erkannt werden, ob eine thermische Schrumpfung stattgefunden habe oder nicht. Im übrigen sei es naheliegend, den Wunsch nach Polymeren mit einer geringen thermischen Schrumpfung zu formulieren.

IV. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin die unabhängigen Ansprüche gemäß dem von der Prüfungsabteilung zurückgewiesenen Hauptantrag durch Aufnahme des Merkmals "zur Verringerung der thermischen Schrumpfung" geändert und die Beschreibung angepaßt. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und auf der Grundlage der geänderten Ansprüche ein Patent zu erteilen. Zur Stützung ihres Antrags trug die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgende Argumente vor:

V. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu, dies sei unstreitig. Keine einzige Druckschrift, auf die sich die angefochtene Entscheidung beziehe, erwähne thermische Schrumpfung beim Prägen und Härten von optischen Elementen, so daß konsequenterweise auch keine Anregung zur Lösung dieses Problems gegeben werde. Da sich die Druckschrift D1 nicht auf optische Elemente mit geprägter Oberfläche beziehe, sei die Wahl dieser Druckschrift als Ausgangspunkt fragwürdig. Wegen der zu hohen Teilchengröße falle der von der Prüfungsabteilung über eine spezielle Auswahl (Beispiel 14-> Beispiel 8 -> Beispiel 1) selektierte Gegenstand auch bei Vernachlässigung der fehlenden Prägung nicht unter die Patentansprüche. Eine Basis in der Druckschrift D1 für die Ausführungen der Prüfungsabteilung zur Teilchengröße sei nicht zu finden. In Beispiel 1 werde Antimoxid einer Größe von 60 nm verwendet.

Es sei Ziel der Druckschrift D8, einem "homogenen" optischen Element unmittelbar Antireflex-Eigenschaften zu verleihen, d. h. ohne die Notwendigkeit einer separaten Beschichtung des Elements. Beim Ersatz der in Beispiel 14 der Druckschrift D1 empfohlenen Antireflex-Schicht durch eine Mikroprägung eines beschichteten Substrats müßte man somit entgegen den Intentionen der Lehre der Druckschrift D8 arbeiten. Ein flüchtiger Blick auf die Druckschriften D2, D3 und D7 zeige, daß diese nach Aufgabe und Lösung nichts mit der Erfindung zu tun haben. Die Druckschrift D5 offenbare Substrate mit einer ungeprägten Antireflex-Schicht aus Magnesiumfluorid-Teilchen einer Größe bis zu 50 nm und biete deshalb keinen Anhaltspunkt zur Lösung des Problems der thermischen Schrumpfung beim Prägen und Härten von optischen Elementen.

Die Art des transparenten Polymers sei kein Lösungsmerkmal, sondern Ausgangspunkt, indem die Schrumpfung des jeweils konkret vorliegenden Polymers verringert werden solle. Dies geschehe mit Nanopartikeln einer bestimmten Teilchengröße.

VI. Die der Beschwerde zugrundeliegenden unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:-

1. Verfahren zur Herstellung von optischen Elementen mit einer Schicht aus einem transparenten Kompositmaterial, die eine Oberfläche mit einer Prägestruktur aufweist,

dadurch gekennzeichnet, daß man

a) eine thermisch oder photochemisch zu einem transparenten Polymer polymerisierbare oder härtbare Verbindung zur Verringerung der thermischen Schrumpfung mit einem Sol von anorganischen oder organisch-modifizierten anorganischen Komponenten in Form von nanoskaligen Partikeln mit einer Teilchengröße von 0,5 bis 20 nm in einem organischen Lösungsmittel und einem Polymerisationsinitiator vermischt,

b) die Mischung gegebenfalls nach Einstellen einer geeigneten Viskosität auf ein Substrat aufträgt und gegebenfalls trocknet,

c) den erhaltenen Überzug unter gleichzeitiger thermischer oder photochemischer Polymerisation und Härtung mit einem Prägestempel prägt, und

d) gegebenfalls ein Nachhärtung durchführt.

9. Optische Elemente aus einem Substrat und einer darauf aufgebrachten Schicht mit geprägter Oberfläche aus einem transparenten Kompositmaterial, das zur Verringerung der thermischen Schrumpfung anorganische oder organisch-modifizierte anorganische Komponenten in Form von nanoskaligen Partikeln mit einer Teilchengröße von 0,5 bis 20 nm in einem transparenten Polymer enthält.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den in Regel 65 (1) EPÜ genannten Bestimmungen und ist somit zulässig.

2. Änderungen (Artikel 123 EPÜ)

Das in die Ansprüche 1 und 9 aufgenommene Merkmal "anorganische oder organisch-modifizierte anorganische Komponenten in Form von nanoskaligen Partikeln mit Teilchengröße von 0,5 bis 20 nm" ergibt sich aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen (vgl. zum Beispiel Seite 3, Zeile 18-21). Geringe Schrumpfung und ein Substrat werden in den Zeilen 24-25 auf Seite 2 bzw. im ursprünglichen Anspruch 5 erwähnt. Auf das im ursprünglichen Anspruch 1 enthaltene Merkmal "ein dreidimensionales Gerüst" kann nach Aufnahme des umformulierten präziseren Begriffs "zur Verringerung der thermischen Schrumpfung anorganische oder organisch-modifizierte anorganische Komponenten in Form von nanoskaligen Partikeln mit einer Teilchengröße von 0,5 bis 20 nm" verzichtet werden.

Die Beschreibung wurde lediglich den Ansprüchen angepaßt und der Stand der Technik darin gewürdigt. Gegen die Zulässigkeit im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ der in den Anmeldungsunterlagen erfolgten Änderungen bestehen seitens der Kammer somit keine Bedenken.

3. Neuheit

3.1. Die im Verfahren befindlichen Druckschriften lassen sich in zwei Gruppen gliedern, zum einen in die Druckschriften, die sich mit Prägungen beschäftigen, und zum anderen in die Druckschriften, die sich mit partikelenthaltenden optischen Schichten beschäftigen.

3.2. Die Druckschriften D8 und D9 gehören zur ersten Gruppe (Prägung). Die Druckschrift D8 offenbart ein optisches Element, das ohne aufgebrachte Schicht, d. h. homogen, ist (vgl. den die Spalten 2 und 3 überbrückenden Absatz). Die Oberfläche des Elements selbst wird geprägt. Es ist zwar richtig, daß in der Spalte 2 der Druckschrift D8 sowohl Schichten als auch Partikel erwähnt werden, diese Hinweise beziehen sich jedoch auf den Stand der Technik. Die eigentliche Lehre der Druckschrift D8 richtet sich dagegen darauf, solche Schichten und Partikel durch die Prägung des Elements selbst eben gerade zu vermeiden. Es finden sich in der Akte mehrere Hinweise darauf, daß die Prüfungsabteilung davon ausgegangen ist, daß die Druckschrift D8 eine geprägte Schicht aufweist (vgl. zum Beispiel den letzten Absatz der Ladung zur mündlichen Verhandlung oder die letzte Zeile der Seite 7 der Entscheidung). Da aber keine Schicht vorhanden ist, kann diese Einschätzung des Offenbarungsgehalts der Druckschrift D8 von der Kammer nicht geteilt werden. Richtig ist lediglich, daß die Oberfläche des Elements geprägt wird.

Somit unterscheidet sich das optische Element gemäß dem vorliegenden Anspruch 9 von den Lehren der Druckschrift D8 durch die aufgebrachte Schicht aus einem transparenten Kompositmaterial, das zur Verringerung der thermischen Schrumpfung anorganische oder organisch-modifizierte anorganische Komponenten in Form von nanoskaligen Partikeln mit einer Teilgröße von 0,5 bis 20 nm in einem transparenten Polymer enthält.

3.3. Die Druckschrift D9 offenbart in der Figur 2 (siehe auch die Zeilen 23-46 der Spalte 5) eine Heißprägefolie. Ein Träger 200 mit einer Abziehschicht 210 ist ein Substrat für ein durch Strahlung gehärtetes Harzhologramm 220, wobei durch Druck gegen einen heißen Stempel ein Hologramm (=optisches Element) in mit Aluminium beschichtetes Harz 220 geprägt wird. Im vorletzten Absatz wird erläutert, daß sich die in der Druckschrift offenbarten Verfahren besonders für sehr genaue Muster eignen, da eine sehr genaue Nachbildung ermöglicht wird. Das Harz kann so formuliert werden, daß es während der Härtung nicht schrumpft.

3.4. Somit unterscheidet sich das optische Element gemäß dem vorliegenden Anspruch 9 von der Lehre der Druckschrift D9 dadurch, daß zur Verringerung der thermischen Schrumpfung die aufgebrachte Schicht anorganische oder organisch-modifizierte anorganische Komponenten in Form von nanoskaligen Partikeln mit einer Teilgröße von 0,5 bis 20 nm in einem transparenten Polymer enthält.

3.5. Die Druckschriften D2, D3, D5 und D7 gehören zur zweiten Gruppe und offenbaren eine optische Schicht, die Partikel enthält. Zweck der Schicht ist es, zum Beispiel die Antireflexionseigenschaften zu verbessern. Verschiedene Partikelgrößenbereiche werden genannt und durch Beispiele belegt, so zum Beispiel in den Druckschriften D2 und D3 (mittlere Partikelgröße von 5-300mµm, in der Druckschrift D3 auch ein Hinweis auf 1-30 mµ im Absatz "Constitution", der aber im Widerspruch zum Absatz "Purpose" steht), in der Druckschrift D5 (Anti-Reflexschichten mit MgF2-Partikeln im Größenbereich bis 500 Angstrom, Beispiele 150 Angstrom, siehe Seite 2, Zeile 31 und Seite 8, Zeile 4), und der Druckschrift D7 (Partikelgröße 5-50 nm, siehe Spalte 9, Zeile 54).

Dabei ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin und der angefochtenen Entscheidung eine Schicht mit geprägter Oberfläche in diesen Druckschriften nicht zu finden.

3.6. Auch die Druckschrift D1 gehört zur zweiten Gruppe (partikelenthaltende Schicht). Wegen ihrer Gewichtung in der angefochtenen Entscheidung ist näher auf ihren Inhalt einzugehen. So offenbart die Druckschrift D1 einen transparenten Artikel sowie sein Herstellungsverfahren. Dem die Seiten 4 und 5 überbrückenden Absatz ist zu entnehmen, daß eine transparente partikelenthaltende Schicht vorgesehen ist. Die durchschnittliche Partikelgröße liegt im Bereich 1 bis 200 nm, ein bevorzugter Bereich ist 5 bis 100 nm (vgl. Seite 10, unten). Als Beispiel eines Materials für die Partikel wird Antimoxid erwähnt. Im Beispiel 1 wird eine Partikelgröße von 60 nm angegeben. Beispiel 14 sieht eine Beschichtung von ZrO2/TiO2 vor auf den Oberflächen der Schichten gemäß dem Beispiel 8, das sich auf das Beispiel 1 bezieht.

Somit unterscheidet sich das optische Element des vorliegenden Anspruchs 1 von dem aus der Druckschrift D1 bekannten Gegenstand durch die geprägte Oberfläche der Schicht sowie, zur Verringerung der thermischen Schrumpfung, die Wahl des Partikelgrößenbereichs von 0,5 bis 20 nm.

3.7. Die übrigen Druckschriften, die sich im Verfahren befinden, liegen vom Anspruchsgegenstand weiter entfernt.

3.8. Aus diesen Gründen ist der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 9 gegenüber jeder der verfügbaren Druckschriften neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Gleiches gilt für den auf ein Verfahren gerichteten Anspruch 1, der die Schritte zur Herstellung eines optischen Elements mit den unterscheidenden Merkmalen beinhaltet.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

4.1. In Übereinstimmung mit der im Prüfungsverfahren dargelegten Auffassung der Anmelderin sieht die Kammer die Druckschrift D9 als nächstliegenden Stand der Technik an, da ihr allein zu entnehmen ist, daß bei Härtung einer Schicht eine Schrumpfung durch Materialwahl vermieden werden kann. Die gegenüber der Druckschrift D9 neuen Merkmale betreffen die Wahl einer Schichtzusammensetzung, die eine schrumpffeste Härtung der Prägeschicht ermöglicht.

Die durch den Anspruchsgegenstand gelöste objektive technische Aufgabe kann somit darin gesehen werden, ein optisches Element zu realisieren, bei dem eine Verringerung der Schrumpfung der Prägeschicht in die Tat umgesetzt wird.

Von den verbleibenden Druckschriften weist allein die Druckschrift D8 eine Prägung auf, die sich jedoch im homogenen Element selbst und nicht in einer aufgebrachten Schicht befindet. In dieser Druckschrift, wie auch in den anderen verfügbaren Druckschriften, ist aber kein Hinweis auf eine Schrumpfproblematik zu finden. Die durch die Erfindung gelöste Aufgabe wird somit nicht einmal angesprochen, woraus gefolgert werden kann, daß ausgehend von der Druckschrift D9 unter Anwendung des "problem-solution approach" der Gegenstand der vorliegenden unabhängigen Ansprüche nicht nahegelegt wird.

4.2. Wird andererseits von der Druckschrift D1 ausgegangen, so sah die Prüfungsabteilung in den gegenüber der Druckschrift D1 neuen Merkmalen des Anspruchs 1 die Lösung zweier anderer Probleme, nämlich zum einen eine Verminderung der Störung des Wellengangs (Auswahl des 1. nm-20 nm Bereichs) und zum anderen die Vermeidung der Problematik der mineralischen Oberflächenvergütung bei Plastiklinsen (die Prägung). Die Partikelgröße im konkret beschriebenen Ausführungsbeispiel liegt bei 60. nm gemäß der von der Prüfungsabteilung zitierten Stelle. Der Fachmann würde somit diesen Wert zumindest als erste Möglichkeit sehen. Er könnte aber auch die aus der Druckschrift D5 bekannten Partikelgrößen ausprobieren. Sollte der Fachmann auf diesem Hintergrund die Lehre der Druckschrift D8 heranziehen, dann würde er aber auf einen Schichtaufbau verzichten, da ihm dies beispielsweise in der Zeile 19 oder 67 von Spalte 2 der Druckschrift D8 nahegelegt wird. In diesem Punkt ist die Argumentationskette der Prüfungsabteilung nicht schlüssig, da sie die Oberfläche einer auf einem Substrat aufgebrachten Schicht mit der Oberfläche eines homogenen Elements gleichgesetzt hat. Nach der Meinung der Kammer würde eine Kombination der Lehren der Druckschriften D1 und D8 deshalb zu einem Element führen, das der Lehre der Druckschrift D8 folgend nicht mit einer Schicht versehen wäre, d. h. nicht dem Anmeldegegenstand entspricht. Eine analoge Argumentation in Bezug auf eine Kombination mit der Lehre der Druckschrift D8 gilt auch für die anderen, partikelenthaltende Schichten offenbarenden Druckschriften D2, D3, D5 und D7.

4.3. Die Prüfungsabteilung hat auch die Möglichkeit gesehen, von der Druckschrift D8 auszugehen. Sie hat allerdings auch hier mit der unzutreffenden Annahme einer Offenbarung einer aussenliegenden Schicht argumentiert. Da in der Druckschrift D8 Schichtkonstruktionen als Stand der Technik abgehandelt werden, führt auch in diesem Fall die Lehre der Druckschrift D8 weg von partikelenthaltenden Schichten gemäß den Druckschriften D1, D2, D3, D5 und D7. Dieser Verzicht auf einen Schichtaufbau entzieht der Argumentation der Prüfungsabteilung die Grundlage, da Erwägungen über Witterungsbeständigkeit und ähnliches keine Rolle mehr spielen.

4.4. Zusammenfassend kann nach der Überzeugung der Kammer festgestellt werden, daß sich die genannten Kombinationen der Druckschriften nicht aus dem Stand der Technik ergeben. Sie ergeben sich im Gegenteil vielmehr nur in Kenntnis der Merkmale der Ansprüche, und einem Versuch, diese ohne überzeugenden technischen Zusammenhang zu verbinden, was einer rückschauenden und somit zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unzulässigen Vorgehensweise entspricht.

5. Da sich der Gegenstand des Anspruchs 9 für den Fachmann aus dem Stand der Technik nicht in naheliegender Weise ergibt, gilt die Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend und genügt somit dem Artikel 56 EPÜ. Gleiches gilt für den auf ein Verfahren gerichteten Anspruch 1, der die Schritte zur Herstellung eines optischen Elements mit den unterscheidenden Merkmalen beinhaltet sowie, aufgrund ihres Rückbezugs auf Anspruch 1. bzw. 9, für die abhängigen Ansprüche 2-7 bzw. 10-11.

6.1. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß die Unterlagen gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin den Erfordernissen des EPÜ genügen. Insofern als sich der Klarheitseinwand der Prüfungsabteilung auf das jetzt vorliegende, die "thermische Schrumpfung" betreffende Merkmal bezog, schließt sich die Kammer den Ausführungen der Beschwerdeführerin an, daß die Art des transparenten Polymers kein Lösungsmerkmal ist, sondern Ausgangspunkt, indem die Schrumpfung des jeweils konkret vorliegenden Polymers verringert werden soll. Da gemäß der vorliegenden Anspruchsformulierung dieses Teilmerkmal in Verbindung mit den Partikeln steht und die Klarheit somit gegeben ist, besteht in diesem Zusammenhang kein Grund für eine Beanstandung unter Artikel 84 EPÜ. Die Fragestellung, ob im Endprodukt eine Schrumpfung feststellbar sei oder nicht, impliziert, daß bei irgendeinem solchen Polymer trotz der Partikelzugabe keine Verringerung der Schrumpfung stattfindet. Weder in den Ausführungen der Beschwerdeführerin noch in der Druckschrift D9 liegt hierzu ein Anhaltspunkt vor. Da in der Praxis die Wirkung der Partikel auf die Schrumpfeigenschaften des jeweiligen Polymers meßbar ist, erfüllt das funktionelle Teilmerkmal "zur Verringerung der thermischen Schrumpfung" in diesem spekulativen Fall eine Disclaimerfunktion und ist somit auch dann klar.

6.2. Die Kammer erachtet es als angebracht, im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilung gemäß dem Artikel 111 (1) EPÜ tätig zu werden und die Erteilung des Patents anzuordnen. Somit erübrigt sich eine mündliche Verhandlung.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung: Seiten: 2,5-16 wie veröffentlicht

Seiten: 1,3 eingereicht mit Schreiben vom 07.11.2000.

Seiten: 1a,4 eingereicht mit Schreiben vom 13.03.2001.

Ansprüche: 1-11 eingereicht mit Schreiben vom 13.03.2001.

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