European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T116200.20020419 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 April 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1162/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96107155.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 85/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Klappschachtel für Zigaretten | ||||||||
Name des Anmelders: | Focke & Co. (GmbH & Co.) | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (bejaht, nach Änderung) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 96 107 155.2 wurde mit der am 16. Juni 2000 zur Post gegebenen Entscheidung durch die Prüfungsabteilung zurückgewiesen.
Die Zurückweisung erfolgte mit der Begründung, daß die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 3 im Hinblick auf den Stand der Technik nach den Dokumenten US-A-5 323 957 (D1) und DE-U-8 607 391 (D2) jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Artikel 56 EPÜ).
II. Gegen diese Entscheidung wurde am 22. August 2000 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet.
Die Beschwerdebegründung ist am 26. Oktober 2000 eingegangen.
III. In Erwiderung auf einen Bescheid der Kammer vom 24. September 2001 hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) mit Schreiben vom 8. Januar 2002 einen Satz neuer Patentansprüche 1 bis 3 sowie eine überarbeitete Beschreibungseinleitung eingereicht und die Erteilung eines Patents auf der Basis dieser Unterlagen beantragt.
Die neuen Ansprüche lauten wie folgt:
"1. Klappschachtel (Hinge-Lid-Packung) mit im Wesentlichen quaderförmiger Gestalt aus dünnem Karton oder ähnlichem Verpackungsmaterial zur Aufnahme einer Zigarettengruppe, bestehend aus einem Schachtelteil (10) und einem Deckel (11), wobei der Deckel (11) im Bereich einer Schachtel-Rückwand (15) und einer Deckel-Rückwand (17) entlang einer Gelenklinie (37) schwenkbar mit dem Schachtelteil (10) verbunden ist und weiterhin bestehend aus einem im Schachtelteil (10) an dessen Schachtel-Vorderwand (14) verankerten Kragen (12) mit Kragen-Vorderwand (48) und Kragen-Seitenlappen (49), gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
a) zwei aufrechte Längskanten des Schachtelteils und des Deckels (11), nämlich Vorderkanten (30, 31), sind abgeschrägt ausgebildet, die anderen beiden Längskanten, nämlich Rückkanten (32, 33), sind im Querschnitt rechtwinklig,
b) die Vorderkanten (30, 31) sind an die Abmessungen der Zigaretten angepasst, nämlich die Breite eines zwischen Schrägkanten (34, 35) jeder Vorderkante (30, 31) unter einem Winkel von 45 verlaufenden Materialstreifens (36),
c) schmale, langgestreckte Seitenwände (18, 19; 20, 21) bestehen aus einander überdeckenden Seitenlappen (24, 25) bzw. Deckel-Seitenlappen (26, 27), wobei die Seitenlappen bzw. Deckel-Seitenlappen einander lediglich im Bereich außerhalb der abgeschrägten Vorderkanten (30, 31) überdecken,
d) mit der Schachtel-Vorderwand (14) verbundene äußere Seitenlappen (25) sowie mit einer Deckel-Vorderwand (16) verbundene äußere Deckel-Seitenlappen (26) erstrecken sich bis zu den jeweiligen Rückkanten (32, 33), während innere Seitenlappen (24) bzw. Deckel-Seitenlappen (27) sich bis zu einer zugekehrten Faltlinie der Vorderkanten (30, 31) erstrecken,
e) mit den Seitenlappen (24, 25) im Bereich einer Bodenwand (22) des Schachtelteils (10) verbundene Boden-Ecklappen (29) und mit den Deckel-Seitenlappen (26, 27) im Bereich einer Stirnwand (23) des Deckels (11) verbundene Deckel-Ecklappen (28) sind in ihrer Breite bzw. Querabmessung der Breite der Bodenwand (22) bzw. der Breite der Stirnwand (23) entsprechend ausgebildet, derart, dass die Ecklappen (28, 29) mit einer Außenkante (64) an der Schachtel-Vorderwand (14) bzw. der Deckel-Vorderwand (16) und mit Stanzkanten (67) an der Schachtel-Rückwand (15) bzw. der Deckel-Rückwand (17) anliegen,
f) die Boden-Ecklappen (29) und die Deckel-Ecklappen (28) weisen im Bereich der den abgeschrägten Vorderkanten (30, 31) zugekehrten Ecken eine Schrägecke (42) auf, derart, dass die Ecklappen (28, 29) passend an den Schrägkanten (34, 35) sowie gegenüberliegend an den Rückkanten (32, 33) anliegen,
g) der Kragen (12) ist zwischen Kragen-Vorderwand (48) einerseits und Kragen-Seitenlappen (49, 50) andererseits mit abgeschrägten Kanten ausgebildet, entsprechend der Gestaltung der Vorderkanten (30, 31),
h) die Kragen-Seitenlappen (49, 50) erstrecken sich bis an die rechtwinkligen Rückkanten (32, 33)."
"2. Klappschachtel (Hinge-Lid-Packung) mit im Wesentlichen quaderförmiger Gestalt aus dünnem Karton oder ähnlichem Verpackungsmaterial zur Aufnahme einer Zigarettengruppe, bestehend aus einem Schachtelteil (10) und einem Deckel (11), wobei der Deckel (11) im Bereich einer Schachtel-Rückwand (15) und einer Deckel-Rückwand (17) entlang einer Gelenklinie (37) schwenkbar mit dem Schachtelteil (10) verbunden ist und weiterhin bestehend aus einem im Schachtelteil (10) an dessen Schachtel-Vorderwand (14) verankerten Kragen (12) mit Kragen-Vorderwand (48) und Kragen-Seitenlappen (49), gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
a) zwei aufrechte Längskanten des Schachtelteils (10) und des Deckels (11), nämlich Vorderkanten (30, 31), sind mit der Querschnittsform eines Viertelkreises abgerundet ausgebildet, die anderen beiden Längskanten, nämlich Rückkanten (32, 33), sind im Querschnitt rechtwinklig,
b) die Vorderkanten (30, 31) sind an die Abmessungen der Zigaretten angepasst, nämlich hinsichtlich des Durchmessers des viertelkreisförmigen Querschnitts,
c) schmale, langgestreckte Seitenwände (18, 19; 20, 21) bestehen aus einander überdeckenden Seitenlappen (24, 25) bzw. Deckel-Seitenlappen (26, 27), wobei die Seitenlappen bzw. Deckel-Seitenlappen einander lediglich im Bereich außerhalb der abgerundeten Vorderkanten (30, 31) überdecken,
d) mit der Schachtel-Vorderwand (14) verbundene äußere Seitenlappen (25) sowie mit einer Deckel-Vorderwand (16) verbundene äußere Deckel-Seitenlappen (26) erstrecken sich bis zu den jeweiligen Rückkanten (32, 33), während innere Seitenlappen (24) bzw. Deckel-Seitenlappen (27) sich bis zu einem Prägestreifen (56) zur Bildung der gerundeten Vorderkanten (30, 31) erstrecken,
e) mit den Seitenlappen (24, 25) im Bereich einer Bodenwand (22) des Schachtelteils (10) verbundene Boden-Ecklappen (29) und mit den Deckel-Seitenlappen (26, 27) im Bereich einer Stirnwand (23) des Deckels (11) verbundene Deckel-Ecklappen (28) sind in ihrer Breite bzw. Querabmessung der Breite der Bodenwand (22) bzw. der Breite der Stirnwand (23) entsprechend ausgebildet, derart, dass die Ecklappen (28, 29) mit einer Außenkante (64) an der Schachtel-Vorderwand (14) bzw. der Deckel-Vorderwand (16) und mit Stanzkanten (67) an der Schachtel-Rückwand (15) bzw. der Deckel-Rückwand (17) anliegen,
f) die Boden-Ecklappen (29) und die Deckel-Ecklappen (28) weisen im Bereich der den gerundeten Vorderkanten (30, 31) zugekehrten Ecken eine Rundecke (57) auf, derart, dass die Ecklappen (28, 29) passend an den gerundeten Vorderkanten (30, 31) sowie gegenüberliegend an den Rückkanten (32, 33) anliegen,
g) der Kragen (12) ist zwischen Kragen-Vorderwand (48) einerseits und Kragen-Seitenlappen (49, 50) andererseits mit gerundeten Kanten ausgebildet, entsprechend der Gestaltung der Vorderkanten (30, 31),
h) die Kragen-Seitenlappen (49, 50) erstrecken sich bis an die rechtwinkligen Rückkanten (32, 33).
"3. Zuschnitt aus dünnem Karton oder ähnlichem Verpackungsmaterial für die Herstellung von Klappschachteln (Hinge-Lid-Packungen) nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
a) zwischen den äußeren Seitenlappen (25) bzw. Deckel-Seitenlappen (26) einerseits und der diesen zugeordneten Schachtel-Vorderwand (14) bzw. der Deckel-Vorderwand (16) ist ein durch Faltlinien (34, 35) begrenzter Materialstreifen (36) oder ein Prägestreifen (56) für die Bildung abgeschrägter oder runder Vorderkanten (30, 31) angeordnet,
b) Schachtel-Vorderwand (14) und Deckel-Vorderwand (16) sind zwischen den inneren Faltlinien (35) mit geringerer Breite ausgebildet als Schachtel-Rückwand (15) und Deckel-Rückwand (17),
c) die Seitenlappen (24, 25) und Deckel-Seitenlappen (26, 27) sind mit geringerer Breite ausgebildet als die Tiefe der Klappschachtel, derart, dass einander zugeordnete Seitenlappen (24, 25; 26, 27) einander nur in einem Bereich außerhalb der abgeschrägten oder runden Vorderkanten (30, 31) überdecken,
d) zwischen Deckel-Ecklappen (28) einerseits und äußeren Deckel-Seitenlappen (26) andererseits sowie zwischen Boden-Ecklappen (29) einerseits und äußeren Seitenlappen (25) andererseits ist jeweils ein Stanzausschnitt (44, 45) gebildet, derart, dass Abschrägungen (46, 47) oder Abrundungen (58, 59) der Stirnwand (23) oder der Bodenwand (22) freiliegen,
e) mit den Seitenlappen (24, 25) verbundene Boden-Ecklappen (29) und mit den Deckel-Seitenlappen (27) verbundene Deckel-Ecklappen (28) weisen eine Breite auf - in Querrichtung des Zuschnitts -, die (etwa) der Breite der Bodenwand (22) bzw. Stirnwand (23) entspricht,
f) mit den Seitenlappen (24) verbundene Boden-Ecklappen (29) und mit den Deckel-Seitenlappen (27) verbundene Deckel-Ecklappen (28) liegen abstandslos seitlich an der Bodenwand (22) bzw. an der Stirnwand (23) an und sind lediglich durch einen Stanzschnitt (41 bzw. 40) getrennt."
Im Merkmal d) des Anspruchs 1 ist "Faltlinie (38)" in "Faltlinie", im Merkmal f) der Ansprüche 1 und 2 "Boden-Ecklappen (19)" in "Boden-Ecklappen (29)" und im Merkmal c) des Anspruchs 3 "Seitenlappen (24, 27)" in "Seitenlappen (24, 25; 26, 27)" korrigiert worden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ. Sie ist daher zulässig.
2. Der geltende Anspruch 1 setzt sich im wesentlichen aus den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 3 zusammen, wobei der Anspruch auf die erste Ausführungsform mit abgeschrägten Vorderkanten eingeschränkt und die kennzeichnenden Merkmale b) und d) aus der ursprünglichen Beschreibung (Seite 6, Zeilen 23 bis 28 bzw. Seite 7, Zeilen 7 bis 11) noch hinzugenommen wurde.
Der Anspruch 2 betrifft die zweite im ursprünglichen Anspruch 1 angesprochene Ausführungsform mit abgerundeten Vorderkanten.
Bis auf diese abgerundete Querschnittsform der Vorderkanten sowie damit zusammenhängende Anpassungen der Ecklappen und des Kragens entspricht die Klappschachtel nach dem Anspruch 2 derjenigen nach dem Anspruch 1. Die kennzeichnenden Merkmale b) und d) des Anspruchs 2 finden diesmal ihre Stütze auf Seite 9, Zeilen 10 bis 12 bzw. Zeilen 25 bis 29, der ursprünglichen Beschreibung.
Der auf einen Zuschnitt für die Herstellung von Klappschachteln nach Anspruch 1 oder 2 gerichtete Anspruch 3 setzt sich aus den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 4 bis 7 zusammen.
Es bestehen somit keine Bedenken gegen die vorliegenden Ansprüche 1 bis 3 im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ.
3. Als am nächsten kommender Stand der Technik ist die Klappschachtel nach dem auf die Beschwerdeführerin zurückgehenden Dokument D2 anzusehen. Dieser insbesondere zur Aufnahme einer Zigaretten-Gruppe konzipierten Klappschachtel liegt die Grundidee zugrunde, eine Materialersparnis dadurch zu erreichen, daß die Längskanten des Schachtelteils und des Deckels (Vorder- und Rückkanten) abgerundet sind, wobei der Radius der Rundung etwa dem einer Zigarette entspricht.
Erfindungsgemäß sind nun lediglich die Vorderkanten abgeschrägt (Anspruch 1) bzw. abgerundet (Anspruch 2) ausgebildet. Die Rückkanten weisen hingegen eine herkömmliche rechtwinklige Querschnittsform auf. Durch die rechtswinklige Ausbildung der Rückkanten geht zwar ein Teil der mit dem Vorschlag des Dokuments D2 erzielbaren Materialersparnis verloren, die rechtwinkligen Rückkanten erleichtern aber die genaue Positionierung der Klappschachtel in herkömmlichen Verpackungsmaschinen sowie die geometrisch einwandfreie Bildung von Gebindepackungen (z. B. "Zigarettenstangen"). Andererseits behält die für den Verbraucher dominierende Frontseite der erfindungsgemäßen Klappschachtel ihre ansprechende äußere Form. Zudem erlauben die rechtwinkligen Rückkanten eine genaue Plazierung des Kragens gemäß dem kennzeichnenden Merkmals h) und die stabilitätsfördernde Ausbildung der Seiten- und Ecklappen gemäß den kennzeichnenden Merkmalen d) bis f).
Das Dokument D1 beschreibt eine Klappschachtel für Zigaretten, die abgeschrägte Vorderkanten und rechtwinklige Rückkanten aufweist, wobei die Breite der Vorderkanten in etwa der Breite der Seitenwände entspricht. Als Folge weist die Klappschachtel einen sechseckigen Querschnitt auf. Der Zweck dieser Gestaltung ist eine Klappschachtel zu schaffen, die weniger auffällt, wenn sie in einer Hemdentasche getragen wird.
Selbst unter der im wesentlichen zur Zurückweisung der Anmeldung führenden Annahme, es sei im Hinblick auf das Dokument D2 naheliegend, eine Klappschachtel nach dem Dokument D1 mit einem Kragen auszustatten, geht eine Klappschachtel gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 bzw. Anspruch 2 aus einer Kombination der Lehren der Dokumente D1 und D2 nicht hervor. Insbesondere kann die in den kennzeichnenden Merkmalen e) und f) angegebene spezielle Ausbildung der Boden- und Deckelecklappen keinem der beiden Dokumente entnommen werden.
Die in den Ansprüchen 1 und 2 beanspruchten Klappschachteln beruhen somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Die obigen Ausführungen gelten auch sinngemäß für den Zuschnitt nach dem Anspruch 3.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche 1 bis 3 und Beschreibungsseiten 1 bis 4, eingereicht mit Schreiben vom 8. Januar 2002;
Beschreibungsseiten 3 (ab Zeile 39) bis 10 wie ursprünglich eingereicht;
Zeichnungen wie ursprünglich eingereicht.