T 1157/00 () of 5.2.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T115700.20040205
Datum der Entscheidung: 05 Februar 2004
Aktenzeichen: T 1157/00
Anmeldenummer: 94114659.9
IPC-Klasse: C23C 8/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Randauftsticken zur Erzeugung einer hochfesten austenitischen Randschicht in nichtrostenden Stählen
Name des Anmelders: Berns, Hans, Prof. Dr.-Ing.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Klarheit der Ansprüche (bejaht)
Änderungen - Erweiterung (verneint)
Neuheit (Hauptantrag - verneint, 1. Hilfsantrag - bejaht)
Zurückverweisung an die Erstinstanz
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Anmelder) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 94 114 659.9 Beschwerde eingelegt.

Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, daß die Anmeldung mangels Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 im Hinblick auf das Verfahren der Entgegenhaltung

D1 = DE-A-25 18 452

zurückzuweisen ist.

II. Mit Schreiben vom 16. Januar 2004 beantragte der Beschwerdeführer die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Patenterteilung auf der Basis der Ansprüche 1-4 des Hauptantrages, oder der Ansprüche 1-4 des 1. Hilfsantrags, beide wie mit dem Brief vom 16. Januar 2004 eingereicht, oder der Ansprüche 1-4 des 2. Hilfsantrags wie mit Brief vom 9. Dezember 2003 eingereicht, zu beschließen, oder die Anmeldung zwecks Prüfung der erfinderischen Tätigkeit an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.

Für den Fall, dass die Kammer keinem dieser Anträge stattgeben sollte, wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

III. Der geänderte unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 16. Januar 2004 lautet wie folgt:

"1. Wärmebehandlungsverfahren, bei dem ausschließlich die Randschicht eines aus einem ferritisch- austenitischen nichtrostenden Duplexstahl gebildeten endformnahen Werkstücks durch Aufstickung in einer stickstoffabgebenden Atmosphäre bei einer Temperatur zwischen 1000°C und 1200°C mit gelöstem Stickstoff so weit angereichert wird, daß eine hochfeste, aber zähe vollaustenitische Randschicht über einem duktilen oder harten ferritisch-austenitischen Duplexkerngefüge ausgebildet wird, wobei die hohe Streckgrenze des ferritisch-austenitischen Duplexgefüges im Kern erhalten bleibt und wobei durch die Eindiffusion von Stickstoff die austenitische Phase in der Randschicht durch Umwandlung ferritischer Gefügeanteile zu Austenit stabilisiert und gleichzeitig ohne das Auftreten einer Versprödung die Festigkeit der Randschicht durch die Mischkristallhärtung des Austenits mit Stickstoff erhöht wird, bei dem die Prozeßparameter Temperatur, Druck und Dauer der Behandlung so gewählt werden, daß sich eine Randschicht bestimmter Dicke bildet, deren Stickstoffgehalt in der Oberfläche zwischen einer unteren Grenze von 0.3 Gew.% und einer Obergrenze liegt, die durch die beginnende Nitridausscheidung während der Aufstickung gegeben ist und bei dem eine nachfolgende Abkühlung mit einer eine Nitridausscheidung vermeidenden Geschwindigkeit rasch durchgeführt wird."

Der geänderte unabhängige Anspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag vom 16. Januar 2004 lautet wie folgt:

"1. Wärmebehandlungsverfahren zur Erhöhung des Verschleißwiderstands eines Pumpenrads, bei dem ausschließlich die Randschicht eines aus einem ferritisch-austenitischen nichtrostenden Duplexstahl gebildeten Pumpenrads durch Aufstickung in einer stickstoffabgebenden Atmosphäre bei einer Temperatur zwischen 1000°C und 1200°C mit gelöstem Stickstoff so weit angereichert wird, daß eine hochfeste, aber zähe vollaustenitische Randschicht über einem duktilen oder harten ferritisch-austenitischen Duplexkerngefüge ausgebildet wird, wobei die hohe Streckgrenze des ferritisch-austenitischen Duplexgefüges im Kern erhalten bleibt und wobei durch die Eindiffusion von Stickstoff die austenitische Phase in der Randschicht durch Umwandlung ferritischer Gefügeanteile zu Austenit stabilisiert und gleichzeitig ohne das Auftreten einer Versprödung die Festigkeit der Randschicht durch die Mischkristallhärtung des Austenits mit Stickstoff erhöht wird, bei dem die Prozeßparameter Temperatur, Druck und Dauer der Behandlung so gewählt werden, daß sich eine Randschicht bestimmter Dicke bildet, deren Stickstoffgehalt in der Oberfläche zwischen einer unteren Grenze von 0.3 Gew.% und einer Obergrenze liegt, die durch die beginnende Nitridausscheidung während der Aufstickung gegeben ist und bei dem eine nachfolgende Abkühlung mit einer eine Nitridausscheidung vermeidenden Geschwindigkeit rasch durchgeführt wird."

Der geänderte unabhängige Anspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag vom 9. Dezember 2003 lautet wie folgt:

"1. Wärmebehandlungsverfahren, bei dem ausschließlich die Randschicht eines aus einem ferritisch- martensitischen nichtrostenden Stahl gebildeten endformnahen Werkstücks durch Aufstickung in einer stickstoffabgebenden Atmosphäre bei einer Temperatur zwischen 1000°C und 1200°C mit gelöstem Stickstoff so weit angereichert wird, daß eine hochfeste, aber zähe vollaustenitische Randschicht über einem duktilen oder harten Duplexkerngefüge aus Ferrit, Martensit oder einem Gemisch aus diesen Gefügebestandteilen ausgebildet wird, wobei die hohe Streckgrenze des ferritisch- martensitischen Duplexgefüges im Kern erhalten bleibt und wobei durch die Eindiffusion von Stickstoff die austenitische Phase in der Randschicht durch Umwandlung ferritischer Gefügeanteile zu Austenit stabilisiert und gleichzeitig ohne das Auftreten einer Versprödung die Festigkeit der Randschicht durch die Mischkristallhärtung des Austenits mit Stickstoff erhöht wird, bei dem die Prozeßparameter Temperatur, Druck und Dauer der Behandlung so gewählt werden, daß sich eine Randschicht bestimmter Dicke bildet, deren Stickstoffgehalt in der Oberfläche zwischen einer unteren Grenze von 0.3 Gew.% und einer Obergrenze liegt, die durch die beginnende Nitridausscheidung während der Aufstickung gegeben ist und bei dem eine nachfolgende Abkühlung mit einer eine Nitridausscheidung vermeidenden Geschwindigkeit rasch durchgeführt wird."

IV. Der Beschwerdeführer hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die in den unabhängigen Anspruch 1 gemäß Hauptantrag aufgenommenen Merkmale seien aus der ursprünglichen Offenbarung wortidentisch entnehmbar (vgl. Offenlegungsschrift, Spalte 1, Zeilen 19-38 und Zeile 56 bis Spalte 2, Zeile 6, Zeilen 14-18, Zeilen 24-26, und Zeilen 48-52), so daß die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllt seien. Anspruch 1 betreffe Werkstücke aus ferritisch-austenitischem nichtrostenden Duplexstahl, während die Entgegenhaltung D1 nichtrostende Stähle im allgemeinen offenbare, wobei austenitische Stähle gemeint seien, die im wesentlichen aus einer einzigen Austenitphase bestehen (vgl. D1, Seite 2, Absatz 1, Zeilen 1-2). Deshalb sei das beanspruchte Verfahren schon aus diesem Grund neu gegenüber Dokument D1. Aus D1 sei auch weder explizit noch implizit bekannt, daß die hohe Streckgrenze des Duplexgefüges im Kern des wärmebehandelten Körpers erhalten bleibe. Des weiteren erwähne Dokument D1 nirgends, daß die Austenitisierung ohne das Auftreten einer Versprödung erfolge. Daher sei das Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrages neu.

Das zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages "zur Erhöhung des Verschleißwiderstandes eines Pumpenrades" sowie "gebildeten Pumpenrades" sei durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt (vgl. Auslegeschrift, Spalte 2, Zeilen 15-17 und Zeile 48), so daß die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllt seien. Da die Entgegenhaltung D1 keinerlei Wärmebehandlungsverfahren von Pumpenrädern offenbare, sei schon die Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags gegeben.

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des 2. Hilfsantrages unterscheide sich von demjenigen des Anspruchs 1 des Hauptantrages durch die Beschränkung auf ferritisch- martensitische nichtrostende Stähle (vgl. ursprünglich eingereichter Anspruch 1; und Auslegeschrift, Spalte 1, Zeilen 24-26). Die Neuheit gegenüber der Entgegenhaltung D1 sei schon dadurch gegeben, daß die Wärmebehandlung eines derartigen Stahls weder durch D1 noch D2 (DE-C-4 033 706) bekannt sei.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Der Gegenstand des neuen unabhängigen Anspruchs 1 des Hauptantrages wurde auf endformnahe Werkstücke aus einem ferritisch-austenitisch nichtrostenden Duplexstahl beschränkt. Die Kammer stimmt mit dem Beschwerdeführer überein, daß Anspruch 1 auf dem ursprünglich eingereichten Verfahrensanspruch 1 in Kombination mit Merkmalen der ursprünglich eingereichten Beschreibung basiert (vgl. Seite 1, Zeilen 14-26; Seite 2, Zeilen 11-15, Zeilen 22-25 und Zeilen 28-29; Seite 3, Zeilen 10-12).

Das Verfahren des geänderten Anspruchs 1 des Hauptantrags geht somit nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Anspruch 1 des Hauptantrags ist daher im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden.

2. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)

Die Kammer ist der Ansicht, daß Anspruch 1 des Hauptantrages im Sinne des Artikels 84 EPÜ ausreichend klar ist. Dies gilt insbesondere für die folgenden Angaben im Anspruch 1:

2.1. Die Angabe im Anspruch 1 "wobei die hohe Streckgrenze des ferritisch-austenitischen Duplexgefüges im Kern erhalten bleibt" erlaubt keine Zahlenmäßige Festlegung der Streckgrenze. Da diese "hohe Streckgrenze" aber durch das zweiphasige Gefüge des ferritisch-austenitischen Duplexgefüges festgelegt wird (vgl. ursprüngliche Anmeldung, Seite 2, Zeilen 22-24), ist für den Fachmann der Zahlenmäßige Bereich dieser Streckgrenze bekannt bzw. weist nach Ansicht der Kammer jeder ferritisch-austenitische Duplexstahl eine "hohe Streckgrenze" auf. Folglich kann diese Angabe keinerlei Unterschied zum Stand der Technik aber auch keine Unklarheit bewirken.

2.2. Das Merkmal der Obergrenze des Stickstoffgehalts in Anspruch 1 ("und einer Obergrenze liegt, die durch die beginnende Nitridausscheidung während der Aufstickung gegebenen ist") wird von der Kammer als funktionelles Merkmal betrachtet, deren Wert durch den Fachmann über Versuche bestimmbar ist.

2.3. Das Merkmal von Anspruch 1, daß "eine nachfolgende Abkühlung mit einer eine Nitridausscheidung vermeidenden Geschwindigkeit rasch durchgeführt wird", wird analog zum oberen Punkt 2.2 als ein funktionales Merkmal betrachtet, das nach Ansicht der Kammer von jeder Abkühlungsgeschwindigkeit erfüllt wird, bei der es nicht zur Ausscheidung von Nitriden kommt.

3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Die Kammer kann die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Argumente zur Neuheit (vgl. Punkt IV) aus den folgenden Gründen nicht akzeptieren:

3.1. Es ist unbestritten, daß die Entgegenhaltung D1 ein Aufstickungsverfahren zur Austenitisierung nichtrostender Stähle offenbart.

3.2. Dieser Mangan und Chrom enthaltende Stahl bzw. diese Eisenlegierung (vgl. Anspruch 1), kann eine heterogene Eisenlegierung bzw. ein Stahl mit einer gesonderten Ferritphase sein (vgl. Seite 3, Zeilen 20-27 in Verbindung mit Seite 5, Zeile 4 bis Seite 6, Zeile 12). Das Aufstickungsverfahren gemäß den Beispielen mit der Legierung 1 gemäß Tafel 1 der Entgegenhaltung D1 wurde in einer Atmosphäre aus handelsüblichem reinen Stickstoff ausgeführt (vgl. Seite 8, Zeilen 6-14; und Tafeln 1-2). Es führt bei einer Behandlungsdauer von 5-15 Minuten bei den Temperaturen von 1038°C, 1093°C und 1149°C zur Austenitisierung der Randschicht des genannten nichtrostenden Stahles "Legierung 1" und zu Stickstoffgehalten von zwischen 1.01 Gew.% (Legierung 1, 1038°C und 5 Minuten) und 1.23 Gew.% (Legierung 1, 1149°C und 10. Minuten)(vgl. D1, Tafel 2).

Die Stickstoffgehalte der Tafel 2 beziehen sich auf die Gesamtprobe, wobei in Dokument D1 darauf hingewiesen wird, daß sich in den erfindungsgemäß behandelten Legierungen die Stickstoffkonzentration von der Oberfläche zum Inneren verringert (vgl. Seite 8, Zeilen 18-23). Aus dieser Tatsache muß geschlossen werden, daß die Stickstoffkonzentration in der Oberfläche höher ist als die in Tafel 2 angegebene Stickstoffkonzentration, welche einen Durchschnittswert darstellt. Diese Sicht wird auch explizit gestützt (vgl. Seite 4, 2. Absatz, Zeilen 1-8). Somit liegt die Stickstoffkonzentration in den Oberflächenbereichen gemäß den Beispielen der Entgegenhaltung D1 über der "Untergrenze von 0.3 Gew.%" gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags. Wie aus der Entgegenhaltung D1 an vielen Stellen entnehmbar ist, soll bei dem beschriebenen Austenitisierungsverfahren die Nitridausscheidung vermieden und eine austenitische Phase hervorgerufen werden (vgl. z. B. Seite 3, 3. Absatz; Seite 6, 2. Absatz; Seite 11, Zeilen 2-8; Seite 12, 3. Absatz, Zeilen 1-6; Seite 13, 2. Absatz), wobei für die spezifischen Legierungen eine austenitische Phase für Stickstoffgehalte von wenigstens 0.85 Gew.% aber unterhalb von 3.0 Gew.% beschrieben wird (vgl. Seite 3, 3. Absatz, Zeilen 9-14; Seite 6, 2. Absatz, Zeilen 1-8; Seite 11, Zeilen 2-8; Seite 13, 1. Absatz, Zeilen 2-5 und 2. Absatz, Zeilen 4-8).

Daß mit dem Verfahren gemäß den Beispielen der Entgegenhaltung D1 nur die Randschicht austenitisiert wurde, ist schon von der Figur 1 (einer Schliffaufnahme der Legierung 1 nach 15-minütigem Glühen an Luft bei 1288°C) offensichtlich, da unter einer Oxidschicht und der sich gebildeten Austenitschicht eine Mittelzone mit einem Zweiphasengebiet von Austenit und Ferrit erhalten blieb. Diese Sicht wird nach Ansicht der Kammer von der vorliegenden Anmeldung zusätzlich gestützt, da gemäß dem Beispiel nach der Figur 1 der vorliegenden Anmeldung eine Behandlungsdauer von 22 Stunden bei 1150°C und 1.3 bar Druck nur zu einer Aufstickung in einem Bereich von 0. bis ca. 2.5 mm der Randschicht führte.

Daher geht die Kammer davon aus, daß die behandelten Werkstücke, insbesondere für den bevorzugten Stickstoffgehaltsbereich von 1.05-1.5 Gew.% (vgl. Seite 6, 2. Absatz, Zeilen 8-11) in den gemäß Tafel 2 die Beispiele der Legierung 1 hineinfällt (vgl. Tafel 2), keinerlei Nitridausscheidung aufwiesen, so daß die Randschicht einphasig austenitisch, d. h. vollaustenitisch, war.

Da Anspruch 1 nicht auf bestimmte Zusammensetzungen nichtrostender Duplexstähle beschränkt ist und auch die Anmeldung keine derartige Beschränkung offenbart (vgl. Seite 1, zweiter Absatz, Zeilen 1-6; Seite 2, Zeilen 7-10), geht die Kammer davon aus, daß die beanspruchte Wärmebehandlung aller ferritisch- austenitischer Duplexstähle zu einer Randschicht führt, die inhärent hochfest und zäh ist. Somit können die Merkmale von Anspruch 1 "ausschließlich die Randschicht ... angereichert wird ... mit gelöstem Stickstoff so weit angereichert wird, daß eine hochfeste, aber zähe vollaustenitische Randschicht ... ausgebildet wird" gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung D1 keine Neuheit begründen.

3.3. Die Legierung 1 gemäß der Entgegenhaltung D1 weist in der verbleibenden Mittelzone (d. h. im Kern) ein Zweiphasengebiet aus Austenit und Ferrit auf (vgl. Seite 10, letzter Absatz; und Figur 1) und ist daher als ein austenitisch-ferritischer Duplexstahl zu betrachten, der auch eine entsprechende hohe Streckgrenze aufweist (vgl. oberen Punkt 2.1). Somit können auch die Merkmale "aus einem ferritisch-austenitischen nichtrostenden Duplexstahl gebildeten endformnahen Werkstücks" und "über einem duktilen oder harten ferritisch-austenitischen Duplexkerngefüge ausgebildet ist" gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung D1 keine Neuheit begründen.

3.4. Die Merkmale von Anspruch 1 "wobei durch die Eindiffusion von Stickstoff ... durch Umwandlung ferritischer Gefügeanteile zu Austenit stabilisiert und gleichzeitig ohne das Auftreten einer Versprödung die Festigkeit der Randschicht durch die Mischkristallhärtung des Austenits mit Stickstoff erhöht wird" sind bei dem Verfahren nach der Entgegenhaltung D1 und der Legierung 1 ebenso vorhanden, da damit lediglich die Wirkung des eindiffundierten Stickstoffs in der Randschicht beschrieben wird bzw. tritt eine Versprödung nur dann ein, wenn es zur Ausscheidung von Nitriden kommt.

3.5. Die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend die Wahl von Temperatur, Druck und Dauer der Behandlung gemäß dem beanspruchten Verfahren können ebenfalls nicht akzeptiert werden.

Da das Speziellere neuheitsschädlich für das Allgemeinere ist, genügt es daher, wenn die Temperatur bei der Aufstickung des spezielleren ferritisch- austenitischen nichtrostenden Duplexstahles gemäß Entgegenhaltung D1 im beanspruchten Bereich von zwischen 1000°C und 1200°C liegt und irgendein Druck, z. B. Normaldruck (z. B. Reinstickstoff von 1 bar) oder irgendein Stickstoff-Partialdruck (z. B. Luft mit einem Stickstoffpartialdruck von ca. 0.78 bar) verwendet wird, der dann als "Wahl" zu betrachten ist, solange alle anderen restlichen Merkmale des Anspruches 1 des Hauptantrages - d. h. der resultierende Stickstoffgehalt der Randschicht innerhalb des spezifizierten Bereiches und die notwendige Abkühlungsgeschwindigkeit - ebenfalls von Dokument D1 bekannt sind.

3.6. Da es bei den von Dokument D1 bekannten Beispielen mit der Legierung 1 zu keiner Nitridausscheidung kommt, geht die Kammer davon aus, daß die Abkühlgeschwindigkeit gemäß Entgegenhaltung D1 im beanspruchten Bereich gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags vorliegender Anmeldung lag (vgl. oberen Punkt 2.3).

3.7. Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß das Dokument D1 nur ein Verfahren zum Aufsticken der gesamten Bauteile offenbart, kann nicht akzeptiert werden, weil als Alternative auch die Herstellung von Stickstoffgradienten offenbart wird bzw. von z. B. Figur 1 offensichtlich ist, daß auch nur Randschichten austenitisiert werden können.

3.8. Die Beispiele mit der Legierung 1 der Entgegenhaltung D1 erfüllen somit alle Erfordernisse von Anspruch 1 des Hauptantrages. Die Kammer befindet daher, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 nicht neu gegenüber demjenigen gemäß der Entgegenhaltung D1 ist. Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

1. Hilfsantrag

4. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Das im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages "zur Erhöhung des Verschleißwiderstandes eines Pumpenrades" sowie "gebildeten Pumpenrades" ist durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt (vgl. ursprüngliche Anmeldung, Seite 2, Zeilen 15-17 und Zeile 48), so daß auch für Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllt sind.

5. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)

Die Ausführungen der oberen Punkte 2.1 bis 2.3 gelten mutatis mutandis für die gleichlautenden Formulierungen von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages. Somit erfüllt Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.

6. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

6.1. Da die Entgegenhaltung D1 allgemein keinerlei Wärmebehandlungsverfahren von Pumpenrädern offenbart, insbesondere keines von Pumpenrädern aus ferritisch- austenitischen Duplexstählen, ist die Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung D1 gegeben.

6.2. Dokument D2 (DE-C-4 033 706) ist für die Neuheit ebenfalls nicht relevant, da weder der Temperaturbereich von "zwischen 1000-1200°C" noch ein expliziter Temperaturwert darin offenbart wird.

6.3. Die Kammer befindet daher, daß das Verfahren von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ ist.

7. Zurückverweisung an die erste Instanz

Da die Prüfungsabteilung das Verfahren gemäß Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages auf das Erfordernis "erfinderische Tätigkeit" hin nicht geprüft hat, und da der Beschwerdeführer hilfsweise beantragt hat, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen, hält die Kammer eine Zurückverweisung in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 111 (1) EPÜ für geboten, um die Prüfung der Sache durch zwei Instanzen zu ermöglichen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Erstinstanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

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