European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T096300.20050315 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 März 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0963/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 93923469.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04Q 7/20 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Zuweisung von Frequenzen zu Basisstationen eines Mobilfunknetzes | ||||||||
Name des Anmelders: | T-Mobile Deutschland GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Alcatel | ||||||||
Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 17. August 2000 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 681 776 zu widerrufen.
II. Der Einspruch stützte sich auf Artikel 100 a) EPÜ. Die Einspruchsabteilung entschied, daß die im Hauptantrag beanspruchte Erfindung wegen mangelnder Neuheit (Artikel 54 EPÜ) und die in den drei Hilfsanträgen beanspruchte Erfindung wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) nicht patentfähig war.
III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) legte mit Schreiben vom 20. September 2000 Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein und begründete diese in einem Schreiben vom 14. Dezember 2000. Sie beantragte, ein Patent auf der Basis eines neu eingereichten Hauptantrags, der dem zweiten Hilfsantrag des Einspruchsverfahrens entsprach, oder hilfsweise auf der Basis eines Hilfsantrages zu erteilen. Ferner wurde hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte mit Schreiben vom 7. Mai 2001, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
Sie verwies auf folgende, für diese Entscheidung relevante Druckschriften:
D1: Frank Box: "A Heuristic Technique for Assigning Frequencies to Mobile Radio Nets", IEEE Transactions on Vehicular Technology, Vol. VT-27, No. 2, Mai 1978, Seiten 57-64
D2: Manuel Duque Antón, Dietmar Kunz, Bernhard Rüber: "Channel Assigning Using Simulated Annealing", Proceedings MRC, 13.-15.11.91, Nizza, Frankreich, Seiten 121-128
V. In einem Bescheid vom 20. Januar 2004 nahm die Kammer zum Sachverhalt vorläufig Stellung.
VI. Mit Schreiben vom 19. Juli 2004 reichte die Beschwerdeführerin Ansprüche eines neuen Hauptantrags und drei neue Hilfsanträge ein und beantragte, das Patent gemäß Hauptantrag oder hilfsweise gemäß einem der drei Hilfsanträge aufrechtzuerhalten.
VII. Mit Schreiben vom 20. Juli 2004 nahm die Beschwerdegegnerin zu dem Bescheid der Kammer vom 20. Januar 2004 Stellung und bestätigte ihren Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde.
VIII. Am 26. November 2004 erging eine Ladung zur mündlichen Verhandlung.
IX. Während der mündlichen Verhandlung, die am 15. März 2005 vor der Kammer stattfand, zog die Beschwerdeführerin ihren bisherigen Hauptantrag zurück und machte den bisherigen ersten Hilfsantrag nach Änderungen zu ihrem Hauptantrag. Außerdem reichte sie geänderte Seiten 2, 3, 5 und 8 der Beschreibung ein.
Die Beschwerdegegnerin beantragte weiterhin die Zurückweisung der Beschwerde.
X. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.
XI. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 entsprechend dem Hauptantrag ist wie folgt:
"Verfahren zur Zuweisung von Frequenzen zu Basisstationen eines Mobilfunknetzes, wobei von Eingangsinformationen ausgegangen wird, die mindestens die Anzahl der für jeweils eine Basisstation benötigten Frequenzen, die im Mobilfunknetz zulässigen Frequenzen und Informationen zu möglichen Störwirkungen zwischen den Basisstationen im Fall gleicher und/oder benachbarter Frequenzen enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß abwechselnd
a) aus der Menge der Basisstationen des Mobilfunknetzes mittels eines ersten Basisstations-Auswahlkriteriums, welches die maximale Zahl der dieser Basisstation noch gemeinsam zuweisbaren Frequenzen im Verhältnis zu der zahl (sic) der von der Basisstation noch benötigten Frequenzen angibt, eine Teilmenge ausgewählt wird,
aus dieser Teilmenge, falls diese aus mehr als einer Basisstation besteht, eine weitere Teilmenge mittels eines weiteren Basisstations-Auswahlkriteriums ausgewählt wird, und
der zuletzt genannte Auswahlschritt unter Anwendung jeweils eines weiteren Basisstations- Auswahlkriteriums solange wiederholt wird, bis die Teilmenge nur aus einer Basisstation besteht, wobei
b) aus der Menge der im Mobilfunknetz zulässigen Frequenzen mittels eines ersten Frequenz- Auswahlkriteriums eine Teilmenge von Frequenzen ausgewählt wird, aus dieser Teilmenge, falls diese mehr als eine Frequenz umfaßt, eine weitere Teilmenge mittels eines weiteren Frequenz-Auswahlkriteriums ausgewählt wird, und der zuletzt genannte Auswahlschritt solange unter Anwendung jeweils eines weiteren Frequenz-Auswahlkriteriums wiederholt wird, bis die Teilmenge nur aus einer Frequenz besteht, und
c) die unter (b) ausgewählte Frequenz der unter (a) ausgewählten Basisstation zugewiesen wird."
Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 2 entsprechend dem Hauptantrag ist wie folgt:
"Verfahren zur Zuweisung von Frequenzen zu Basisstationen eines Mobilfunknetzes, wobei von Eingangsinformationen ausgegangen wird, die mindestens die Anzahl der für jeweils eine Basisstation benötigten Frequenzen, die im Mobilfunknetz zulässigen Frequenzen und Informationen zu möglichen Störwirkungen zwischen den Basisstationen im Fall gleicher und/oder benachbarter Frequenzen enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß abwechselnd
a) aus der Menge der Basisstationen des Mobilfunknetzes mittels eines Basisstations-Auswahlkriteriums eine Teilmenge ausgewählt wird,
aus dieser Teilmenge, falls diese aus mehr als einer Basisstation besteht, eine weitere Teilmenge mittels eines weiteren Basisstations-Auswahlkriteriums ausgewählt wird, und
der zuletzt genannte Auswahlschritt unter Anwendung jeweils eines weiteren Basisstations- Auswahlkriteriums solange wiederholt wird, bis die Teilmenge nur aus einer Basisstation besteht, wobei
b) die Interferenzsituation der unter (a) ausgewählten Basisstation mit Hilfe einer Interferenzpreisfunktion bewertet wird, wobei diejenigen Frequenzen ausgewählt werden, bei denen die durch die Zuweisung bewirkte Erhöhung der Interferenzpreisfunktion minimal ist, wobei sich die Interferenzpreisfunktion berechnet zu: E = Summe [ ( PAB·LA·LB·VA)/ZA + (PBA·LB·LA·VB)/ZB ], wobei L und V die Auslastung und die Verkehrslast der Basisstationen, Z die Anzahl der benötigten Frequenzen und P die Interferenzwahrscheinlichkeiten zwischen der ausgewählten Basisstation und einer anderen Basisstation angeben, und
c) die unter (b) ausgewählte Frequenz der unter (a) ausgewählten Basisstation zugewiesen wird."
Ansprüche 3-16 sind von den Ansprüchen 1 und 2 abhängige Ansprüche.
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 unterscheiden sich von den erteilten Ansprüchen 1 und 2 im wesentlichen durch die explizite Angabe des ersten Basisstations- Auswahlkriteriums in Schritt a des Anspruchs 1 und die explizite Angabe der Interferenzpreisfunktion in Schritt b des Anspruchs 2. Ferner wurden der Schritt a in beiden Ansprüchen und Schritt b in Anspruch 1 dahingehend präzisiert, daß zunächst unter Verwendung eines ersten Auswahlkriteriums eine Teilmenge ausgewählt wird und aus dieser Teilmenge, falls diese aus mehr als einem Element besteht, eine weitere Teilmenge mittels eines weiteren Auswahlkriteriums ausgewählt wird, wobei der letzte Schritt solange wiederholt wird, bis die Teilmenge nur aus einem Element besteht.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Änderungen
1.1 Das in Anspruch 1 explizit angegebene erste Basisstations-Auswahlkriterium ergibt sich aus Anspruch 6 des erteilten Patents und ist im wortgleichen Anspruch 5 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart.
1.2 Die in Anspruch 2 explizit angegebene erste Interferenzpreisfunktion ergibt sich aus Seite 4, Zeile 53 - Seite 5, oberste Zeile des Patents und der wortgleichen, entsprechenden Passage in der ursprünglich eingereichten Anmeldung.
1.3 Das Merkmal in Schritt a in beiden Ansprüchen und Schritt b in Anspruch 1, demzufolge zunächst unter Verwendung eines ersten Auswahlkriteriums eine Teilmenge ausgewählt wird und aus dieser Teilmenge, falls diese aus mehr als einem Element besteht, eine weitere Teilmenge mittels eines weiteren Auswahlkriteriums ausgewählt wird, wobei der letzte Schritt solange wiederholt wird, bis die Teilmenge nur aus einem Element besteht, ist ursprünglich nicht explizit offenbart worden.
Es handelt sich hierbei um eine Klarstellung des entsprechenden Merkmals des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1, demzufolge eine Auswahl eines Elements nach einem ersten Auswahlkriterium und erforderlichenfalls nach weiteren Auswahlkriterien erfolgt.
In diesem Merkmal des ursprünglichen Anspruchs 1 ist der der Begriff "erforderlichenfalls" nicht klar. Eine Interpretation im Lichte der Beschreibung, insbesondere anhand des in Verbindung mit den Abbildungen diskutierten Ausführungsbeispiels, läßt jedoch keinen anderen Schluß zu, als daß eine Auswahl nach einem weiteren Kriterium erfolgt, wenn die Auswahl nach dem ersten Kriterium nicht genau ein Element ergibt, das entsprechend Schritt c eine eindeutige Zuweisung von Basisstation und Frequenz ermöglicht. Diese Interpretation ist gleichbedeutend mit der von der Beschwerdeführerin beantragten Formulierung, daß zunächst unter Verwendung eines ersten Auswahlkriteriums eine Teilmenge ausgewählt wird und aus dieser Teilmenge, falls diese aus mehr als einem Element besteht, eine weitere Teilmenge mittels eines weiteren Auswahlkriteriums ausgewählt wird, wobei der letzte Schritt solange wiederholt wird, bis die Teilmenge nur aus einem Element besteht.
1.4 Somit sind alle Merkmale in den geänderten Ansprüchen 1 und 2 ursprünglich offenbart und die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt. Da diese Änderungen offensichtlich auch eine Einschränkung des Schutzumfangs des erteilten Patents bedeuten, sind auch die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ erfüllt.
2. Technischer Hintergrund
2.1 Bei Mobilfunksystemen ist es beim Systemaufbau notwendig, Frequenzen zu Basisstationen zuzuweisen, wobei eine gleichmäßige Nutzung des zur Verfügung stehenden Spektrums erreicht werden soll (siehe Seite 2, Zeilen 48-50 des Streitpatents). Verfahren zur Zuweisung von Frequenzen zu Basisstationen sind zum Beispiel aus D1 und D2 (siehe jeweils die Zusammenfassung) bekannt, wobei sowohl D1 (Seite 57, rechte Spalte, Zeilen 10 und 11) als auch D2 (Seite 121, rechte Spalte, Zeilen 27 bis 32) implizit eine gleichmäßige Nutzung des zur Verfügung stehenden Spektrums zur Aufgabe haben. Das Problem bei Zuweisungsverfahren von Frequenzen zu Basisstationen besteht grundsätzlich darin, daß eine optimale Zuweisung aller verfügbaren Frequenzen zu allen Basisstationen unter Berücksichtigung einer minimalen Interferenz zwischen den einzelnen Basisstationen praktisch nicht erreichbar ist, da die genaue Berechnung der optimalen Lösung exponentiell mit der Anzahl der Basisstationen anwächst und somit für reelle Systeme nicht durchführbar ist. Man ist somit auf Näherungsverfahren angewiesen, deren Ergebnis eine "gute" Lösung, aber normalerweise nicht die optimale Lösung ergibt. Solche Näherungsverfahren sind in großer Zahl bekannt. Es sei hier neben den Dokumenten D1 und D2 auch auf den dort zitierten Stand der Technik (Seite 57, rechte Spalte, Zeilen 18-26 von D1; Seite 121, rechte Spalte, Zeilen 9- 17 von D2) und auf den im Streitpatent zitierten Stand der Technik (Seite 2, Zeilen 21-39) verwiesen.
2.2 Die in den Ansprüchen 1 und 2 definierte Erfindung geht nicht erkennbar von einem dieser bekannten Näherungsverfahren aus, um dieses weiterzuentwickeln. Daher ist es sinnvoll, als nächsten Stand der Technik denjenigen zu betrachten, der die größte Zahl der übereinstimmenden Merkmale aufweist.
Übereinstimmend mit den Streitparteien betrachtet die Kammer D1 als nächstliegenden Stand der Technik.
3. Neuheit und erfinderische Tätigkeit: Anspruch 1 des Hauptantrags
3.1 D1 offenbart ein Verfahren zur Zuweisung von Frequenzen zu Basisstationen eines Mobilfunknetzes (siehe Zusammenfassung, Seite 57), wobei von Eingangsinformationen ausgegangen wird, die mindestens die Anzahl der für jeweils eine Basisstation benötigten Frequenzen (Seite 60, linke Spalte, Zeilen 13-15), die im Mobilfunknetz zulässigen Frequenzen (Seite 60, linke Spalte, Zeilen 22-29) und Informationen zu möglichen Störwirkungen zwischen den Basisstationen im Fall gleicher und/oder benachbarter Frequenzen enthalten (Seite 60, linke Spalte, Zeile 34 - rechte Spalte, Zeile 3).
Ein Teil der hier zitierten Textstellen von D1 bezieht sich auf Netze und nicht auf Basisstationen. Es besteht jedoch eine eindeutige Beziehung zwischen Netzen und Basisstationen (siehe z. B. das mit "Duplex Assignment Problem" überschriebene Beispiel, erster Abschnitt, beginnend auf Seite 59), so daß die die Eingangsinformationen betreffenden Aussagen über Netze in den hier zitierten Textstellen auch für Basisstationen zutreffen. Folglich sind diese Eingangsinformationen aus D1 auch für Basisstationen bekannt. Das wurde auch von den Parteien nicht bestritten.
Es sei an dieser Stelle angemerkt, daß die in D1 offenbarte Beziehung zwischen Netzen und Basisstationen zwar die obige Schlußfolgerung erlaubt, daß die aus D1 bekannten Eingangsinformationen auch für Basisstationen zutreffen. Das liegt daran, daß diese Eingangsinformationen in D1 explizit offenbart sind. Jedoch folgt aus dieser Beziehung nicht zwangsläufig, daß die Anwendung eines Auswahlkriteriums, das in D1 nicht offenbart ist, gleichermaßen für Netze und Basisstationen gilt. Das muß, wie im weiteren dargelegt, im Einzelfall untersucht werden.
3.2 D1 zeigt weiterhin folgende abwechselnde Verfahrensschritte:
- aus der Menge der Netze wird unter Verwendung eines ersten Auswahlkriteriums (hier: die alphabetische Ordnung der Netze, siehe Seite 58, rechte Spalte Zeilen 9-12) ein Netz ausgewählt (zum Beispiel das entsprechend dieser Anordnung zuerst aufgeführte Netz);
- aus der Menge der Kanäle wird mittels eines ersten Auswahlkriteriums (hier: die Kanalnummer, siehe Seite 58, rechte Spalte, Zeilen 13-19) ein Kanal ausgewählt (zum Beispiel der Kanal mit der kleinsten Nummer);
- es erfolgt eine Zuweisung des oben ausgewählten Kanals zu dem oben ausgewählten Netz (in dem Beispiel der Tabelle 1 auf Seite 59: Kanal 1 zu Netz A1).
D1 zeigt ferner die Anwendung eines weiteren Auswahlkriteriums (hier: ein Schwierigkeitsfaktor, siehe Seite 59, linke Spalte, Zeilen 1-12) auf eine Teilmenge von Netzen (z. B. die Basisstationen D2, E1, E2 in der Tabelle 1 auf Seite 59), wenn bestimmte Teilmengen von Netzen nicht genau aus einem Element bestehen. Das weitere Auswahlkriterium kommt solange zur Anwendung, bis eine eindeutige Zuweisung von Frequenz zu Netz möglich ist.
Folglich offenbart D1 ein Verfahren, bei dem abwechselnd ein Netz und eine Frequenz nach ersten Netz- bzw. Frequenz-Auswahlkriterien ausgewählt werden und einander zugeordnet werden. Ergibt sich unter Anwendung dieser ersten Auswahlkriterien keine eindeutige Auswahl, wird ein weiteres Auswahlkriterium zur Auswahl eines Netzes angewendet.
3.3 Somit ergeben sich zwischen dem nach Anspruch 1 beanspruchten Verfahren und dem aus D1 bekannten Verfahren folgende Unterschiede:
- es werden Basisstationen statt Netze ausgewählt, wobei eine Frequenzzuweisung zu den Basisstationen erfolgt,
- das erste Basisstations-Auswahlkriterium ist definiert als "maximale Zahl der dieser Basisstation noch gemeinsam zuweisbaren Frequenzen im Verhältnis zu der Zahl der von der Basisstation noch benötigten Frequenzen",
- zur Auswahl der Frequenzen wird gegebenenfalls ein weiteres Auswahlkriterium herangezogen.
3.4 Die objektiv durch diese Unterschiede zu lösende Aufgabe kann lediglich in dem Auffinden eines weiteren Verfahrens zur Frequenzzuteilung zu Basisstationen gesehen werden, da schon im nächstliegenden Stand der Technik D1 die von der Beschwerdeführerin angeführten Aufgaben einer Zuweisung von Frequenzen zu Basisstationen und die effiziente Nutzung des zur Verfügung stehenden Spektrums (Seite 57, rechte Spalte, Zeilen 10 und 11) gelöst werden. Weitere durch diese Unterschiede gelöste Aufgaben wurden nicht belegt.
3.5 Die Kammer geht bei der Beurteilung, ob dem Verfahren nach Anspruch 1 eine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt, davon aus, daß es für den Fachmann naheliegend war, analog zur in D1 beschriebenen Netzauswahl auch bei der Frequenzauswahl weitere Auswahlkriterien zu verwenden, falls das erste Auswahlkriterium keine eindeutige Zuordnung der Frequenzen zu ausgewählten Netzen erlaubt, auch wenn das in D1 als "end-packing procedure" beschriebene Frequenz-Auswahlkriterium (siehe Seite 58, rechte Spalte, Zeilen 13-19) zufällig ein Kriterium ist, das immer schon im ersten Schritt zu einer eindeutigen Frequenzauswahl führt.
Somit kann die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auf die Frage reduziert werden, ob es für den Fachmann naheliegend war, das aus D1 bekannte erste Auswahlkriterium einer alphabetischen Anordnung durch das Auswahlkriterium "maximale Zahl der dieser Basisstation noch gemeinsam zuweisbaren Frequenzen im Verhältnis zu der Zahl der von der Basisstation noch benötigten Frequenzen" zu ersetzen und dieses auf Basisstationen statt auf die mit ihnen verbundenen Netze anzuwenden.
3.6 Allein ausgehend von D1 bestand für den Fachmann durchaus Anlaß, andere erste Auswahlkriterien für Netze zu untersuchen. So ergibt sich zum Beispiel aus dem Absatz "Alternative Initialization Procedure" auf Seite 62, daß ein dort beschriebenes anderes erstes Auswahlkriterium zumindest in der Anfangsphase der Frequenzzuweisung bessere Ergebnisse ergibt als die alphabetische Anordnung. Hieraus ergibt sich für den Fachmann die Anregung, weitere, möglicherweise vorteilhaftere Auswahlkriterien zu untersuchen.
Jedoch gibt weder der bekannte Stand der Technik einen direkten Hinweis, der den Fachmann hätte veranlassen können, das beanspruchte erste Auswahlkriterium "maximale Zahl der dieser Basisstation noch gemeinsam zuweisbaren Frequenzen im Verhältnis zu der Zahl der von der Basisstation noch benötigten Frequenzen" zu verwenden, noch gelangte die Kammer zu der Überzeugung, daß dieses Merkmal dem Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens nahegelegen wäre.
3.7 Die Beschwerdegegnerin führte in diesem Zusammenhang aus, daß es sich bei dem beanspruchten ersten Auswahlkriterium um ein triviales Kriterium handele, das ein Maß für die Schwierigkeit einer Frequenzzuweisung darstelle. Schwierigkeitsmaße für eine Frequenzzuweisung seien gängige Auswahlkriterien und es sei für den Fachmann naheliegend gewesen, ein solch triviales Kriterium wie das beanspruchte zu untersuchen.
Es ist sicherlich zutreffend, daß es zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents üblich war, Schwierigkeitsmaße als Auswahlkriterium für eine Frequenzzuweisung zu verwenden. Jedoch konnte die Beschwerdegegnerin weder einen Stand der Technik aufzeigen, in dem das beanspruchte Auswahlkriterium verwendet wurde, noch sonstwie überzeugend darlegen, warum der Fachmann gerade dieses durchaus konkret formulierte Kriterium verwenden würde. Wenn die Behauptung, es handele sich um ein triviales Kriterium zutreffend wäre, hätte es in anbetracht der vorhandenen, umfangreichen Literatur (siehe Punkt 2.1, oben, letzter Satz) erwartet werden können, daß die Beschwerdegegnerin diese Behauptung durch eine Druckschrift belegt.
Selbst wenn das beanspruchte Auswahlkriterium als bekannt nachgewiesen worden wäre, hätte ausgehend von D1 immer noch die Frage beantwortet werden müssen, warum der Fachmann dieses Kriterium auf Basisstationen und nicht wie in D1 auf Netze anwenden würde. Auch in dieser Hinsicht konnte die Beschwerdegegnerin keine überzeugenden Argumente vorlegen.
Die Beschwerdegegnerin verwies ferner auf das mit "Alternative Initialization Procedure" auf Seite 62 von D1 beschriebene Auswahlkriterium, das einen Hinweis auf das beanspruchte Auswahlkriterium geben solle. Entsprechend diesem Auswahlkriterium würden hohe Schwierigkeitswerte für Netze mit hohen Separations- Matrix-Zeilensummen und wenig Kanalressourcen berechnet. Insbesondere entsprächen die Kanalressourcen der maximalen Zahl der gemeinsam zuweisbaren Frequenzen.
Auch wenn letzteres möglicherweise zutrifft, ist die Kammer nicht in der Lage, eine Entsprechung zwischen Separations-Matrix-Zeilensummen und der Zahl der noch benötigten Frequenzen zu sehen. Eine Separations-Matrix- Zeilensumme ist die Summe der erforderlichen Kanalabstände eines gegebenen Netzes zu allen anderen Netzen, und somit ein gewisses Maß für die Schwierigkeit, dem gegebenen Netz Kanäle zuzuweisen. Ein Zusammenhang dieser Größe mit der Zahl der noch benötigten Frequenzen ist nicht erkennbar.
3.8 Folglich erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag die Erfordernisse der Artikel 54 (1) und 56 EPÜ.
4. Neuheit und erfinderische Tätigkeit: Anspruch 2 des Hauptantrags
4.1 Der unabhängige Patentanspruch 2 unterscheidet sich von dem unabhängigen Patentanspruch 1 dadurch, daß das erste Basisstations-Auswahlkriterium nicht mehr bestimmt ist. Dadurch fallen die oben unter 3.3 bestimmten Unterschiede zu D1 weg. Statt dessen wird gemäß Anspruch 2 eine Frequenz zur Zuweisung zu einer Basisstation ausgewählt, bei der die durch die Zuweisung bewirkte Erhöhung der in dem Anspruch definierten Interferenzpreisfunktion minimal ist.
4.2 Die Kammer sieht wie schon im Falle des Anspruchs 1 die durch die im Anspruch 2 definierte Erfindung zu lösende Aufgabe in dem Auffinden eines weiteren Verfahrens zur Frequenzzuweisung zu Basisstationen, und, ebenso wie im Falle des Anspruchs 1, ist zur Beurteilung, ob dem Verfahren nach Anspruch 2 eine erfinderischen Tätigkeit zugrunde liegt, die Frage zu beantworten, ob es für den Fachmann naheliegend war, Frequenzen zur Zuweisung zu einer Basisstation auszuwählen, bei denen die durch die Zuweisung bewirkte Erhöhung der in dem Anspruch definierten Interferenzpreisfunktion minimal ist.
4.3 Die Kammer sieht nicht, wie der Fachmann die in Anspruch 2 definierte Interferenzpreisfunktion in naheliegender Weise aus dem zitierten Stand der Technik oder aus seinem allgemeinen Fachwissen hätte herleiten können. Auch die Beschwerdegegnerin konnte dies nicht darlegen. Ihre Behauptung, daß es sich bei der in Anspruch 2 definierten Interferenzpreisfunktion möglicherweise um einen kompliziert ausgedrückten trivialen Sachverhalt handele, wurde nicht weiter substantiiert. Auch aus der in diesem Zusammenhang erwähnten Kostenfunktion in D2 (siehe D2, Seite 123, Abschnitt 4.2) lassen sich nach Ansicht der Kammer keine Rückschlüsse auf die Interferenzpreisfunktion in Anspruch 2 ziehen. Das konnte auch von der Beschwerdegegnerin nicht näher dargelegt werden.
4.4 Folglich erfüllt auch Anspruch 2 die Erfordernisse der Artikel 54 (1) und 56.
5. Da die Gegenstände der beiden unabhängigen Ansprüche 1 und 2 des Hauptantrags neu sind und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen, erfüllen auch die von ihnen abhängigen Ansprüche diese Erfordernisse. Da keine weiteren Einspruchsgründe geltend gemacht wurden und auch gegen die geänderte Beschreibung keine Einwände vorgebracht wurden oder ersichtlich sind, ist der Hauptantrag gewährbar.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche: 1 bis 16 gemäß Hauptantrag, wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht;
- Beschreibung: Seiten 2, 3, 5 und 8, wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht; Seiten 4, 6 und 7, wie erteilt;
- Figuren: wie erteilt.