T 0956/00 () of 5.12.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T095600.20031205
Datum der Entscheidung: 05 Dezember 2003
Aktenzeichen: T 0956/00
Anmeldenummer: 95101408.3
IPC-Klasse: F04D 29/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Lüfter mit einem Lüfterrad
Name des Anmelders: ebm - papst St. Georgen GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Pierburg AG
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - ja
Erfinderische Tätigkeit - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 18. Juli 2000 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Europäische Patent EP-B-0 666 424, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, die am 15. September 2000 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 17. November 2000 eingegangen.

II. Der Anspruch 1 wie erteilt hat folgenden Wortlaut:

"Lüfter mit einem Lüfterrad (11), welches als Teil des mit einem Rotormagneten (45) versehenen Rotors eines kollektorlosen Gleichstrommotors (10) ausgebildet ist, mit einer Statoranordnung, welche einen Träger (12) für eine Statorwicklung (13) aufweist, welche Statorwicklung mindestens eine Antriebswicklung und eine zur Steuerung der Kommutierung dienende Sensorwicklung aufweist, mit einem am Träger (12) angeordneten Lagertragrohr (14) zur Aufnahme einer Lageranordnung (34) für die Welle (5) des Lüfterrades (11), mit einer auf der Außenseite des Lagertragrohres (14) vorgesehenen magnetischen Anordnung (18) zur Erzeugung eines magnetischen Hilfsmoments im Zusammenwirken mit dem Rotormagneten (45), mit einem am Träger (12) vorgesehenen ferromagnetischen Element (17) als magnetischer Rückschluß für den Rotormagneten (45), mit am Träger (12) vorgesehenen Befestigungsmitteln (15) zur Befestigung des Trägers (12) auf einer Leiterplatte (20) oder dergleichen, und mit am Träger (12) vorgesehenen elektrischen Anschlüssen (16) für die mindestens eine Antriebswicklung und die Sensorwicklung zur elektrischen Verbindung dieser Wicklungen mit auf der Leiterplatte (20) oder dergleichen vorgesehenen Antriebselektronik des Motors."

III. Im Beschwerdeverfahren wurden folgende Druckschriften für die Entscheidung relevant:

D1: DE-U-8 702 271

D4: DE-A-2 718 428

D6: DE-A-3 331 754

D7: DE-A-3 640 552

D8: DE-A-3 820 857

IV. Am 5. Dezember 2003 wurde mündlich verhandelt.

Im Verfahren vor der Beschwerdekammer hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß der Lüfter gemäß Anspruch 1 gegenüber D1 nicht neu sei oder zumindest durch verschiedene Kombinationen der genannten Druckschriften nahegelegt sei.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin widersprochen und vorgetragen, daß der Lüfter neu sei und daß keine Kombination der genannten Druckschriften in naheliegender Weise zum beanspruchten Lüfter führen würde.

V. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Lüfter und die Leiterplatte

2.1. Während der mündlichen Verhandlung wurde u. a. diskutiert, ob der Lüfter gemäß Figur 4 und Spalte 5, Zeilen 4 bis 27 der Patentschrift ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist, d. h. ob dieser Lüfter der Definition des Anspruchs 1 entspricht.

2.2. Gemäß Spalte 3, Zeilen 35 bis 37 der Beschreibung der Patentschrift dienen die Befestigungsmittel 15 in den Figuren 1 und 2 "zur Befestigung des Lüfters 1 an einer Leiterplatte 20, die in Figur 2 strichpunktiert angedeutet ist." Es ist klar, daß der Lüfter 1 aus dem Träger 12 (mit der Wicklung 13 usw.) und dem Lüfterrad 1 (mit dem Rotormagneten 45 usw.) besteht, und daß dieser Lüfter 1 auf der strichpunktiert angedeuteten Leiterplatte 20 oder auf irgendeiner anderen Leiterplatte oder dergleichen montiert werden kann.

2.3. Aus der Beschreibung der Figuren 1 und 2 in Spalte 3, Zeile 1 bis Spalte 4, Zeile 52 der Patentschrift geht hervor, daß sich die elektrischen Bauelemente (Transistoren, Widerstände usw.) für den Motor 1 des Lüfters auf der Leiterplatte 20 befinden. Vor seiner Anbringung auf einer Leiterplatte oder dergleichen, ist der Lüfter daher unvollständig und kann nicht laufen. Der Lüfter ist mechanisch über die am Träger vorgesehenen Befestigungsmitteln auf einer Leiterplatte oder dergleichen zu befestigen und seine Wicklungen über elektrische Anschlüsse mit den extern auf der Leiterplatte oder dergleichen gelagerten Bauteilen der Antriebselektronik zu verbinden. Erst dann kann der Lüfter laufen und wärmeerzeugende Bauteilen auf derselben Leiterplatte kühlen.

2.4. Gemäß Spalte 5, Zeilen 4 bis 27 der Patentschrift zeigt Figur 4 "ein drittes Ausführungsbeispiel eines Lüfters, der im wesentlichen den oben beschriebenen entspricht, allerdings eine eigene Leiterplatte 30 für die Antriebselektronik des Lüftermotors aufweist. Dieser Lüfter wird dort eingesetzt, wo eine Antriebselektronik auf einer Geräte-Leiterplatte nicht vorgesehen ist."

2.5. Die Ähnlichkeiten der Figuren 2 und 4 der Patentschrift sind unübersehbar. Mit Ausnahme der Anschlagfläche 55 in Figur 4, sind die Figuren oberhalb von der Leiterplatte 20 (Figur 2) bzw. 30 (Figur 4) identisch. Es wurde nie bezweifelt, daß Figur 4 einen Lüfter gemäß dem ersten Teil des Anspruchs 1, nämlich Spalte 7, Zeilen 12 bis 33, zeigt.

Beide der Figuren 2 und 4 zeigen am Träger 12 vorgesehene Befestigungsmittel 15, die geeignet sind, den Träger 12 auf einer Leiterplatte oder dergleichen zu befestigen (wobei Figur 4 spezifisch die Befestigung auf der eigenen Leiterplatte 30 zeigt). Darüber hinaus zeigen beide Figuren 2 und 4 am Träger 12 vorgesehene elektrische Anschlüssen 16, wobei an einem Ende (nummeriert mit 161, aber nur in Figur 2) der Stift 16 leitend mit einem Ende der Wicklungsdrähte 9 verbunden ist, siehe Spalte 3, Zeilen 9 bis 11. Wie in beiden Figuren 2 und 4 zu sehen ist, ragt das andere Ende 162 aus dem Träger 12 heraus. Die Enden 162 werden in Öffnungen der Leiterplatte (nummeriert mit 20 in Figur 2 und 30 in Figur 4) gesteckt und werden mit der Antriebselektronik für den Motor in Verbindung gebracht, siehe Spalte 3, Zeilen 11 bis 16. Die Antriebselektronik ist auf der Geräte-Leiterplatte 20 (siehe Spalte 4, Zeilen 50 bis 52) bzw. auf der eigenen Leiterplatte 30 angeordnet (siehe Spalte 5, Zeilen 4 bis 9).

2.6. Die eigentlichen Lüfter gemäß Figuren 2 und 4 sind demnach nahezu identisch. Der Unterschied besteht eigentlich nur darin, daß Figur 2 den Lüfter auf der Leiterplatte eines Geräts zeigt (d. h. die Antriebselektronik und die zu kühlende Bauteile des Geräts sind auf derselben Leiterplatte) während Figur 4 den Lüfter auf der eigenen Leiterplatte zeigt, wobei der Lüfter und die Leiterplatte zusammen auf der Leiterplatte eines Geräts oder dergleichen montiert werden können. In beiden Fällen kann der Lüfter mitsamt der Leiterplatte automatisch bestückt und angelötet werden.

2.7. Folglich ist der Lüfter gemäß Figur 4 und Spalte 5, Zeilen 4 bis 27 tatsächlich ein Ausführungsbeispiel der Erfindung und entspricht der Definition des Anspruchs 1.

3. Neuheit

3.1. In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, daß die vermeintliche Erfindung gegenüber D1 nicht neu sei.

Zu diskutieren sind die Merkmale f) und h) der Merkmalsbezeichnung auf Seiten 2 und 3 der Beschwerdebegründung.

3.2. Das Merkmal f) (siehe Spalte 7, Zeilen 31 bis 33 der Patentschrift) lautet "mit einem am Träger (12) vorgesehenen ferromagnetischen Element (17) als magnetischer Rückschluß für den Rotormagneten (45)".

D1 führt in Zeilen 22 bis 24 auf Seite 8b aus: "Die lappenartigen rechteckförmigen Ansätze können auch abgewinkelte Teile eines Weicheisenblechs sein, das unter der Spule 19 für den magnetischen Rückschluß vorgesehen ist ... ".

Wie dieses Weicheisenblech im Lüfter gemäß Figur 3 eingebaut werden soll, wird in der D1 aber nicht genau beschrieben. Darin geht lediglich hervor, daß das Blech "unter der Spule 19 ... vorgesehen" ist, d. h. auf der Leiterplatte 38 und nicht auf dem Träger 33, vgl. Merkmal f) "am Träger".

So ist das Merkmal f) nicht aus der D1 bekannt.

3.3. Merkmal h) (siehe Spalte 7, Zeilen 38 bis 43 der Patentschrift) lautet "mit am Träger (12) vorgesehenen elektrischen Anschlüssen (16) für die mindestens eine Antriebswicklung und die Sensorwicklung zur elektrischen Verbindung dieser Wicklungen mit auf der Leiterplatte (20) oder dergleichen vorgesehenen Antriebselektronik des Motors."

Die Beschreibung in den Zeilen 7 bis 10 auf Seite 8 der D1 beschreibt Figur 3 auf diese Weise: "Stecker 34 ragen durch das Gehäuseunterteil 33 zum Einstecken in entsprechende nicht gezeigte Buchsen. Am anderen Ende sind die Stecker 34 an die Leiterplatte 38 kontaktierend angebracht."

Da die Statorwicklung 19 und die Antriebselektronik beide auf der internen Leiterplatte 38 sind, sind die Stecker 34 nicht für die elektrische Verbindung der Statorwicklung 19 mit der Antriebselektronik des Motors vorgesehen. Die oberen Enden der Stecker 34 sind mit der internen Leiterplatte 38 verbunden aber auch diese elektrischen Anschlüsse sind nicht zur elektrischen Verbindung der Antriebswicklung mit der Antriebselektronik vorgesehen. Die Stecker 34 dienen vielmehr der externen Spannungsversorgung des Ventilators.

So ist auch das Merkmal h) nicht aus der D1 bekannt.

3.4. Folglich offenbart die D1 nicht alle Merkmale des Anspruches 1. Auch keine der anderen zum Stand der Technik genannten Druckschriften offenbart einen Lüfter mit sämtlichen Merkmalen des Anspruches 1.

Der Lüfter nach Anspruch 1 ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Die Beschwerdeführerin sieht den nächstkommenden Stand der Technik im Lüfter gemäß D1 und die daraus ableitbare Aufgabe des angefochtenen Patentes darin, den Lüfter kompakter sowie schneller und einfacher montierbar zu machen. Die Merkmale des Anspruches 1, die für die Lösung dieser Aufgabe verantwortlich seien, nämlich das Merkmal

g) mit am Träger (12) vorgesehenen Befestigungsmitteln (15) zur Befestigung des Trägers(12) auf einer Leiterplatte (20) oder dergleichen,

und das Merkmal h) (siehe Absatz 3.3 oben), seien aus der D4 (insbesondere deren Figuren 3 und 8) bekannt. Wenn ein Fachmann nun die Merkmale aus D1 und D4 kombiniere, komme er zur im Anspruch 1 aufgezeigten Lösung ohne dabei erfinderisch tätig zu sein.

4.2. Figur 1 der D4 zeigt Löcher 17 an Ecken der Basisplatte 11 zur Befestigung des Lüfters, siehe Seite 9 (handschriftliche Nummerierung), Zeilen 5 und 6. Zwar könnte der Lüfter überall montiert werden aber D4 schlägt nicht vor, der Lüfter auf einer Leiterplatte oder dergleichen anzubringen.

Darüber hinaus weist der in D4 offenbarte Lüfter bereits eine interne Antriebselektronik auf, siehe Seite 9 (handschriftliche Nummerierung), Zeilen 19 und 20: "In den Hohlräumen 23, 24 zwischen den Vertiefungen 20 und 21. sind die elektronischen Schaltelemente des Motors angeordnet."

Auch in der Ausführung gemäß den Figuren 8 und 9 der D4 weist die Platte 220 bereits "eine gedruckte Schaltung auf die die gesamte Elektronik mit den Leiterverbindungen incl. den Anschlüssen an die Statorspulen beinhaltet", siehe Seite 16 (handschriftliche Nummerierung), Zeilen 19 bis 22.

4.3. Demzufolge sind die Anschlüsse A, A', E und E' in Figur 6 zwar zur elektrischen Verbindung der Motorwicklungen 76 und 77 dieser Wicklungen mit der Antriebselektronik des Motors vorgesehen, aber diese Antriebselektronik befindet sich nicht auf einer Leiterplatte oder dergleichen im Sinne der Erfindung.

4.4. Ausgehend von dem Lüfter gemäß D1 würde der Fachmann, selbst wenn er die D4 berücksichtigen würde, daher nicht zu einem erfindungsgemäßen Lüfter kommen.

4.5. D6 offenbart einen Gleichstrommotor der "kompakt aufgebaut werden kann und der einfach zu montieren und zu warten ist", siehe Seite 5, Zeilen 4 bis 8. Die Statorwicklungsanschlüsse sind dazu zu einer Leiterplatte geführt und dort festgelegt, um jederzeit zugänglich zu sein, siehe Seite 5, Zeile 27 bis Seite 6, Zeile 2. Die Elektronik ist aber auch hier innerhalb des Gerätes vorgesehen, siehe Seite 9, Zeilen 2 bis 6.

Die Kammer ist deshalb der Auffassung, daß es nicht naheliegend ist, die Lehre dieser Druckschrift mit der Lehre der D1 zu kombinieren. Doch selbst dann, wenn der Fachmann dies tun würde, würde er nicht zu einem Lüfter gemäß Anspruch 1 gelangen.

4.6. D7 offenbart einen Axialventilator, der "in einen Durchbruch einer Wand" oder "in ein Fenster, Dach oder dergl." eingesetzt wird, siehe Spalte 3, Zeilen 50 bis 57. Da die Lüfter gemäß D1 und D7 für sehr unterschiedliche Zwecke (Wand oder Fenster versus Leiterplatte) vorgesehen sind, sieht die Kammer es als unwahrscheinlich an, daß der Fachmann erwägen würde, Konstruktionsmerkmale aus der D7 im Lüfter gemäß D1 zu nutzen.

Gemäß D7 trägt ein Gehäusehauptteil 17 eine Leiterplatte 20, an der Motoranschlussklemmen 21 zum Anschluss eines elektrischen Kabels 22 befestigt sind, siehe Figuren 3 und 4. Bei dem Zusammenbau des Ventilators erfolgt die elektrische Verbindung zwischen dem Motor 12 und den Anschlussklemmen automatisch, mittels federnder Kontaktbleche 33 am Motor und Kontaktstifte 34 am Gehäusehauptteil 17.

Die Leiterplatte 20 ist eine interne Leiterplatte, sie wird zwar am Gehäusehauptteil 17 befestigt aber das Gehäusehauptteil ist kein Träger im Sinne der Erfindung, da die Statorwicklung nicht am Gehäusehauptteil 17 sondern offensichtlich im Elektromotor 12 vorgesehen ist.

Somit könnte der Fachmann, selbst dann wenn er wider Erwarten die D1 und D7 kombinieren würde, nicht zur vorliegenden Erfindung gelangen.

4.7. D8 offenbart in Spalte 4, Zeilen 46 bis 48: "Ein Teilstrom der vom Lüfterrad 41 geförderten Luft erfasst somit auch die Leiterplatte 44 und bewirkt deren ausreichende Kühlung." Die Leiterplatte (19 auf Figur 1 und 44 auf Figur 6) ist jedoch integriert im Lüftergehäuse (5 in Figur 1 und 43 in Figur 6), so daß die D8 keine Anregung gibt, die den Fachmann dazu bringen könnte, den in D1 offenbarten Lüfter derart zu modifizieren, daß er zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.

4.8. Die im Beschwerdeverfahren genannten Druckschriften können den Fachmann daher nicht in naheliegender Weise zum Lüfter nach Anspruch 1 führen.

5. Der Lüfter nach dem erteilten Anspruch 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Angesichts der obengenannten Gründe hat das Patent in der erteilten Fassung Bestand.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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