T 0912/00 () of 29.8.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T091200.20030829
Datum der Entscheidung: 29 August 2003
Aktenzeichen: T 0912/00
Anmeldenummer: 92113424.3
IPC-Klasse: H01L 29/92
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schaltungsstruktur mit mindestens einem Kondensator und Verfahren zu dessen Herstellung
Name des Anmelders: EPCOS AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Prüfungsabteilung hat die europäische Patentanmeldung Nr. 92 113 424.3 mit der Entscheidung vom 11. Februar 2000 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ). In der Begründung der Entscheidung sind folgende Dokumente benannt:

D2: EP-A-0 296 348, und

D4: IEEE Transactions on Electron Devices, Band 36, Nr. 5, Mai 1989, Seiten 913-919

II. Die Anmelderin legte am 11. April 2000 gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr wurde am 24. März 2000 entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 8. Juli 2000 eingereicht.

III. In ihrer Erwiderung auf einen Bescheid der Kammer reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10. April 2003 einen Satz geänderter Ansprüche 1 bis 21 ein.

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, welche am 29. August 2003 stattfand, stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der vorliegenden Ansprüche 1 bis 21 zu erteilen. Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche 1 und 10 dieses Antrags lautet:

"1. Schaltungsstruktur mit einem Kondensator,

- bei der ein Substrat (1) aus dotiertem, einkristallinem Silizium mit einer ersten Oberfläche (2) vorgesehen ist,

- bei der mindestens ein Teil der ersten Oberfläche (2) durch eine elektrochemische Ätzung in einem fluoridhaltigen sauren Elektrolyten, in dem das Substrat (1) als Anode verschaltet ist, mit Lochöffnungen (3) versehen ist, deren Tiefe größer als ihr Durchmesser ist,

- bei der das Verhältnis aus Tiefe der Lochöffnungen (3) zu Durchmesser der Lochöffnungen (3) mindestens 25 beträgt,

- bei der auf der ersten Oberfläche (2) eine dielektrische Schicht (4) angeordnet ist, die die erste Oberfläche (2) mindestens im Bereich mehrerer Lochöffnungen (3) konform bedeckt und deren Schichtdicke geringer als ein halber Durchmesser der Lochöffnungen (3) ist,

- bei der die dielektrische Schicht (4) eine Schichtenfolge Siliziumoxid, Siliziumnitrid, Siliziumoxid enthält und eine Defektdichte von 1/400 cm2 und weniger aufweist,

- bei der auf der dielektrischen Schicht (4) im Bereich mehrerer Lochöffnungen (3) eine leitfähige Schicht (5) angeordnet ist,

- bei der das Substrat (1) und die leitfähige Schicht (5) jeweils mit einem Kontakt (6, 7) für den Kondensator versehen sind,

- bei dem der Kondensator eine spezifische Kapazität von 10-100 µFV/mm3 aufweist

- bei der die wirksame Oberfläche des Kondensators von einer Vielzahl von Lochöffnungen gebildet wird."

"10. Verfahren zur Herstellung einer Schaltungsstruktur mit einem Kondensator,

- bei dem in ein Substrat (1) aus einkristallinem, n-dotiertem Silizium eine Vielzahl von Lochöffnungen (3) durch eine elektrochemische Ätzung in einem fluoridhaltigen, sauren Elektrolyten, bei der das Substrat (1) als Anode einer Elektrolysierzelle geschaltet ist, geätzt wird,

- bei dem das Verhältnis aus Tiefe der Lochöffnungen (3) zu Durchmesser der Lochöffnungen (3) mindestens 25 beträgt,

- bei der die Oberfläche der Lochöffnungen (3) mit einer dielektrischen Schicht (4) versehen wird, die konform in einer geringeren Dicke abgeschieden wird, als es der Hälfte eines Durchmessers der Lochöffnungen (3) entspricht,

- bei dem die dielektrische Schicht (4) durch kombiniertes Aufbringen von SiO2, Si3N4 und nochmals SiO2 mit einer Defektdichte von mehr (sic) als 1/400 cm2 hergestellt wird,

- bei dem mittels Gasphasenabscheidung auf der dielektrischen Schicht (4) im Bereich mehrerer Lochöffnungen (3) eine leitfähige Schicht (5) gebildet wird,

- bei dem die leitfähige Schicht (5) und das Substrat (1) mit je einem Kontakt (6, 7, 17) für den Kondensator versehen werden, wobei die wirksame Oberfläche des Kondensators von einer Vielzahl von Lochöffnungen gebildet wird."

V. Zur Begründung ihres Antrags trug die Beschwerdeführerin folgendes vor:

Es sei Aufgabe der Erfindung, einen Kondensator für Leistungsanwendungen anzugeben, dessen spezifische Kapazität derjenigen von Elektrolytkondensatoren entspreche, der jedoch die Nachteile derselben vermeide. Die erfindungsgemäße Schaltungsanordnung weise einen Kondensator auf, der zusammen nur zwei Kontakte habe. Die aktive wirksame Oberfläche des Kondensators werde dabei von einer Vielzahl von Lochöffnungen mit hohem Aspektverhältnis gebildet, welche durch eine hochwertige dielektrische Schicht und eine leitfähige Schicht vereint seien. Hiermit reduziere sich der Herstellung- sowie der nachträgliche Verschaltungsaufwand erheblich. Weder die gestellte Aufgabe noch deren Lösung seien aus dem Stand der Technik abzuleiten und deshalb als erfinderisch anzusehen. Dokument D2 offenbare ein Ätzverfahren, um Gräben oder Lochöffnungen herzustellen. Zwar beinhalte dieses Dokument den Vorschlag, dieses Verfahren unter anderem zur Herstellung von Kondensatoren zu verwenden, es gebe jedoch keinen Hinweis, wie dies zu erfolgen habe. Aus Dokument D4 erkenne der Fachmann lediglich, daß eine als Dielektrikum verwendete Dreifachschicht eine wesentlich höhere Spannungsfestigkeit als eine einfache Oxidschicht aufweise. Eine Verwendung solch einer Dreifachschicht in Lochöffnungen mit einem Aspektverhältnis von über 25 sei jedoch durch dieses Dokument nicht nahegelegt. Weiterhin beinhalte die in Dokument D4 dargestellte Schaltungsanordnung eine Parallelschaltung einer Vielzahl einzelner Trench-Kondensatoren und nicht einen einzelnen Kondensator, der sich über eine Vielzahl von Lochöffnungen erstrecke. Mit der vorliegenden Erfindung sei es in überraschender Weise gelungen, Lochöffnungen mit einem sehr hohen Aspektverhältnis herzustellen und diese anschließend mit einer hochwertigen, defektarmen dielektrischen Schicht konform bis zum Boden zu beschichten. Dies gehe weit über den in Dokument D2 gemachten Vorschlag hinaus.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Die Ansprüche wurden während des Beschwerdeverfahrens geändert. Die Kammer ist der Auffassung, daß diese Änderungen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen (Artikel 123 (2) EPÜ). Es ist jedoch nicht sachdienlich, diese Änderungen ausführlich zu behandeln, da der Antrag der Beschwerdeführerin aus den folgenden Gründen nicht gewährbar ist.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. In ihrer Entscheidung hat die Prüfungsabteilung Dokument D2 als den nächstliegenden Stand der Technik bewertet. Die Kammer stimmt dem zu und die Beschwerdeführerin hat dem nicht widersprochen.

Dieses Dokument offenbart ein Ätzverfahren zum Erzeugen von Lochöffnungen oder Gräben in n-dotiertem Silizium. Die Ätzung erfolgt in einem flußsäurehaltigen Elektrolyten, wobei das Substrat als positiv gepolte Elektrode einer Elektrolysierzelle geschaltet wird. Es kann so ein System feiner, eng benachbarter Löcher hergestellt werden. Ein gleichmäßiges Muster von Löchern führt durch gegenseitige Beeinflussung zu einer streng vertikalen Wachstumsrichtung der Löcher. Obwohl die in Dokument D2 offenbarten Gräben und Löcher ein Aspektverhältnis von ca. 10 besitzen, wird in diesem Dokument ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Tiefe der Gräben und Löcher vorwiegend über die Ätzzeit eingestellt wird. Ferner seien die in den Ausführungsbeispielen genannten Parameter nur grobe Richtwerte, die je nach Anwendung optimiert und zeitlich variiert werden müßten (vgl. D2, Spalte 1, Zeilen 36 bis 54; Spalte 2, Zeilen 47 bis 50; Spalte 3, Zeilen 5 bis 8 und 32 bis 33; Spalte 4, Zeilen 26 bis 28 und 54 bis 57).

Unter den in Dokument D2 vorgeschlagenen Anwendungsmöglichkeiten dieses Ätzverfahrens wird die Herstellung großflächiger Kondensatoren in kleinem Volumen erwähnt (vgl. D2, Spalte 5, Zweites Ausführungsbeispiel, Zeilen 24 bis 25).

3.2. Das in Anspruch 10 der vorliegenden Anmeldung dargestellte Herstellungsverfahren basiert auf dem in Dokument D2 beschriebenen Ätzverfahren zur Herstellung der Lochöffnungen. Es unterscheidet sich hiervon jedoch dadurch, daß die Oberfläche einer Vielzahl von Lochöffnungen mit einer dielektrischen und einer leitfähigen Schicht versehen ist, um einen großflächigen Kondensator zu verwirklichen.

Somit ergibt sich als objektive Aufgabe der Erfindung, einen Kondensator mit hoher spezifischer Kapazität anzugeben, der die Nachteile der Elektrolytkondensatoren vermeidet (vgl. Anmeldung, Spalte 2, Zeilen 1 bis 8).

Die spezifische Kapazität eines Kondensators wird definiert als das Produkt der Kapazität und der Nennspannung, dividiert durch sein Volumen. Eine hohe spezifische Kapazität zu erreichen, beinhaltet deshalb, einen Kondensator mit großer Kapazität und hoher Nennspannung auf kleinstem Volumen bereitzustellen.

3.3. Es stellt sich deshalb für den Fachmann die Frage, wie er den in Dokument D2 enthaltenen Vorschlag, das offenbarte Ätzverfahren zur Herstellung eines großflächigen Kondensators, in der Praxis umsetzen kann.

3.3.1. Dokument D4 offenbart eine Dreifachschicht, bestehend aus Siliziumoxid, Siliziumnitrid und Siliziumoxid (ONO), welche als Dielektrikum in Planar- und Trench-Kondensatoren Anwendung findet, wobei als Gegenelektrode eine Polysiliziumschicht eingesetzt wird. Die für die Trench-Kondensatoren verwendeten Löcher weisen einen Querschnitt von 1.0 x 1.2 µm2 und eine Tiefe von 4 µm auf, haben also ein Aspektverhältnis con ca. 4. Dokument D4 offenbart ferner, daß die ONO-Schicht eine weit höhere Lebensdauer als die einer einfachen Siliziumoxidschicht aufweist und aus diesem Grund sehr erfolgversprechend ist (vgl. D4, Seite 913, rechte Spalte, vorletzter Absatz; Seite 914, rechte Spalte, erster Absatz; Seite 918, 'Summary').

3.3.2. Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, daß die in Dokument D4 verwendete Testschaltung aus einer Reihe parallel geschalteter Kondensatoren bestehe, wobei jeder einzelne Kondensator individuell in Serie mit einem Widerstand geschaltet sei (vgl. D4. Seite 914, Figur 1). Diese Schaltungsstruktur gebe jedoch dem Fachmann keinen Anreiz, einen einzelnen Kondensator, der sich über eine Vielzahl von Lochöffnungen erstrecke, herzustellen.

3.3.3. Die Kammer kann diesen Ausführungen nicht zustimmen, da die in Dokument D4 verwendete Schaltungsstruktur ausschließlich dazu dient, die Fehlerrate der einzelnen Kondensatoren zu testen, um so die Lebensdauer des Dielektrikum festzustellen. Es ist aus diesem Dokument nicht zu entnehmen, daß die ONO-Schicht nur für die dargestellte Schaltungsstruktur anwendbar ist. Die gesamte Lehre dieses Dokuments bezieht sich auf die vorteilhafte Verwendung einer ONO-Schicht als Dielektrikum und nicht auf die Verwendung der in Figur 1 dargestellten Schaltungsstruktur.

3.3.4. Aus diesem Grund kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß es für den Fachmann naheliegend war, eine ONO-Schicht als Dielektrikum für die Umsetzung des im Dokument D2 enthaltenen Vorschlags zu verwenden.

3.4. Die Beschwerdeführerin hat weiterhin geltend gemacht, es sei nicht zu erwarten gewesen, daß das in Dokument D2 offenbarte Ätzverfahren geeignet sei, Lochöffnungen mit einem Aspektverhältnis von über 25 herzustellen. Weiterhin sei es überraschend, daß es möglich sei, bei solch einem hohen Aspektverhältnis ein defektarmes Dielektrikum sowie eine konforme leitfähige Schicht auf der Oberfläche der Lochöffnungen zu erzeugen. Dies gehe weit über den in Dokument D2 gemachten Vorschlag hinaus.

Die Kammer kann jedoch die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht teilen, da es der konstanten Rechtsprechung der Beschwerdekammern entspricht, daß der Umfang des durch ein Patent verliehenen Ausschließungsrechts dem technischen Beitrag zum Stand der Technik entsprechen soll. Das in der vorliegenden Anmeldung verwendete Ätzverfahren stimmt mit dem des Dokuments D2 grundsätzlich überein, wobei, wie schon im Dokument D2 erwähnt, eine längere Ätzzeit ein Vertiefen der Löcher und dementsprechend ein höheres Aspektverhältnis zur Folge hat. Die Anmeldung beinhaltet ferner keine Angaben über das Aufbringen der dielektrischen ONO-Schicht, so daß eine Defektdichte von weniger als 1/400 cm2 erreicht wird (vgl. Anmeldung, Spalte 4, Zeilen 17 bis 22). Die Anmeldung beschränkt sich deshalb beim Herstellen der einzelnen Lochöffnungskondensatoren auf das Verwenden eines bekannten Ätzverfahrens und eines bekannten Dielektrikums. Dies kann jedoch die Gewährung eines Patents nicht rechtfertigen.

3.5. Das beanspruchte Herstellungsverfahren enthält ferner das zusätzliche Merkmal eines Zusammenschaltens einer Vielzahl von Lochöffnungen zu einem einzelnen großflächigen Kondensator mit nur zwei externen Kontakten. Zwar ist dies aus keiner der beiden genannten Druckschriften als solches bekannt. Jedoch offenbart Dokument D2, daß das Ätzverfahren ein System feiner, eng benachbarter Löcher bildet (vgl. D2, Spalte 2, Zeilen 47 bis 50). In der Umsetzung des Vorschlags, diese Lochöffnungen zu einem Kondensator weiterzubilden, steht der Fachmann vor der Wahl, jeweils ein Loch zur Herstellung eines Kondensators zu verwenden und diese anschließend parallel zu verschalten, um die benötigte Kapazität zu erreichen, oder mehrere Löcher während der Herstellung so zu verbinden, daß daraus ein einziger großflächiger Kondensator mit der gewünschten Kapazität entsteht.

Nach Auffassung der Kammer würde sich der Fachmann in naheliegender Weise für die zweite Möglichkeit entscheiden, da das in Dokument D2 offenbarte Ätzverfahren eine engmaschige Lochstruktur erzeugt, wobei die einzelnen Löcher unter größerem Aufwand getrennt beschichtet und verschaltet werden müßten. Aus diesem Grund kann dem Aufbringen einer durchgehenden dielektrischen Schicht und einer durchgehenden Kontaktierung derselben keine erfinderische Tätigkeit erkannt werden.

3.6. Die Merkmale der Schaltungsstruktur gemäß Anspruch 1 ergeben sich im wesentlichen aus dem in Anspruch 10 definierten Herstellungsverfahren, wobei jedoch das Merkmal, daß der Kondensator eine spezifische Kapazität besitzt, zusätzlich aufgeführt wird. Dieses Merkmal entspricht jedoch der gestellten Aufgabe des Ersatzes von Elektrolytkondensatoren und verleiht der Schaltungsstruktur keine erfinderische Tätigkeit, da der Fachmann die Dichte der Lochstruktur und die Tiefe der Löcher an die zu erreichende spezifische Kapazität anpassen würde.

3.7. Die Kammer kommt deshalb zu der Entscheidung, daß die Schaltungsstruktur und das Herstellungsverfahren gemäß Ansprüchen 1 und 10 den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ nicht genügen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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