T 0885/00 (Abscheidung von Tropfen/FÖRSTER) of 9.1.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T088500.20030109
Datum der Entscheidung: 09 Januar 2003
Aktenzeichen: T 0885/00
Anmeldenummer: 96922843.6
IPC-Klasse: B01D 45/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Abscheidung von Flüssigkeitstropfen aus einer Gasströmung
Name des Anmelders: Förster, Malte, E., C.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Klarheit - ja (nach Änderung)
Ausführbarkeit - ja (nach Änderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 96 922 843.6 wurde wegen mangelnder Klarheit (Artikel 84 EPÜ) und mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ) von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer legte gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung Beschwerde ein und legte zusammen mit der Beschwerdebegründung geänderte Ansprüche 1 und 11 vor. Während der am 9. Januar 2003 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurden neue Ansprüche eingereicht, die gegenüber den Ansprüchen, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde lagen, erheblich eingeschränkt waren. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Verfahren zum Abscheiden von Fluessigkeitstropfen mit Durchmessern kleiner als 10 µm aus einer sehr heissen Gasstroemung, wobei das Gas in seinem Stroemungsweg durch mittels zueinander parallelen Platten gebildete Gassen gefuehrt wird, die derart eng gewaehlt sind, dass sich erhebliche Verwirbelungen im Durchstroemungsweg ergeben, wobei die Platten eine Oberfläche aus einer Keramik mit Oxyden aus der Reihe der Nebengruppenelemente aufweisen, die bei hoher Temperatur eine ladungserzeugende Oberfläche ausbildet."

III. Der Beschwerdeführer beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit den folgenden, während der mündlichen Verhandlung eingereichten, Ansprüchen zu erteilen:

Ansprüche 1 bis 6 (Hauptantrag), hilfsweise

Ansprüche 1 bis 6 (Hilfsantrag 1), oder

Ansprüche 1 bis 6 (Hilfsantrag 2), oder

Ansprüche 1 bis 6 (Hilfsantrag 3).

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der vorliegende Anspruch 1 unterscheidet sich von dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 durch folgende Merkmale:

a) Es müssen Flüssigkeitstropfen mit einem Durchmesser kleiner als 10 µm abgeschieden werden.

b) Die Gasströmung ist eine sehr heisse Gasströmung.

c) Die sehr enge Gassen bildenden Formelemente sind parallele Platten.

d) Die Gassen sind derart eng gewählt, dass sich erhebliche Verwirbelungen im Durchströmungsweg ergeben.

e) Die Oberfläche der Platten besteht aus einer Keramik mit Oxyden aus der Reihe der Nebengruppenelemente, die bei hoher Temperatur eine ladungserzeugende Oberfläche ausbildet.

Diese Merkmale sind in der ursprünglichen Beschreibung offenbart.

Merkmal a) siehe Seite 2, zweiter vollständiger Absatz.

Merkmal b) siehe Seite 2, erster vollständiger Absatz und Seite 5, letzter Absatz.

Merkmal c) siehe Seite 5, vorletzter Absatz.

Merkmal d) siehe Seite 2, letzter Absatz und Seite 4, erster Absatz.

Merkmal e) siehe Seite 4, letzter Absatz bis Seite 5, erster Absatz.

Aus der Angabe in der Beschreibung, daß das Einsatzgebiet des Verfahrens die Entfernung von Tröpfchen aus der Gasphase einer mit extrem hohen Antriebstemperaturen arbeitenden Gasturbine in der Kraftwerkstechnik ist (Seite 2, erster vollständiger Absatz), folgt auch der Zusammenhang der Merkmale. Es ist für einen Fachmann klar, daß gerade diese Kombination von Merkmalen die Anwendung im offenbarten Einsatzgebiet ermöglicht. Die Änderungen in Anspruch 1 entsprechen daher den Anforderungen des Artikels 123 (2) EPÜ.

Die Ansprüche 2 bis 6 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3, 4, 7 und 8. Sie sind daher unter Artikel 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden.

3. Anspruch 1 enthält mehrere relative Angaben wie "sehr heissen" in Bezug auf die Gasströmung, "erhebliche" in Bezug auf die Verwirbelungen, und "hoher" in Bezug auf die Temperatur wobei Ladungen an der Oberfläche der Keramik erzeugt werden. Die Klarheit dieser relativen Begriffe wird durch die Angabe, daß Flüssigkeitstropfen aus einer sehr heissen Gasströmung, die für die Verwendung in einer Gasturbine geeignet sein muß, abgeschieden werden sollen, gewährleistet. In einem derartigen Gasstrom bestehen die Tropfen aus geschmolzener Flugasche, was eine Temperatur oberhalb 1000°C voraussetzt. Es ist einem Fachmann klar, daß der Temperaturbereich durch das Vorhandensein einer Flüssigphase beschränkt wird und die tatsächliche Abscheidungstemperatur durch die Betriebstemperatur der Gasturbine vorgegeben wird. Die Entfernung der Tropfen bedingt auch, daß die Verwirbelungen so erheblich sind, daß das Gas, und damit auch die kleinen Tröpfchen, intensiv mit der Oberfläche der Gassen in Berührung kommt (siehe Seite 3, letzter Absatz und Seite 4, erster Absatz). Weil die Wirkung der Abscheidung mindestens teilweise auf die Erzeugung von Ladungen an der Keramikoberfläche beruht, ist unter einer Keramik mit Oxyden aus der Reihe der Nebengruppenelemente, die bei hoher Temperatur eine ladungserzeugende Oberfläche ausbildet sinngemäß eine solche Keramik zu verstehen, die bei der Temperatur der heissen Gasströmung durch Thermoemission elektrisch aufgeladen wird (vgl. Seite 4, letzter Absatz bis Seite 5, dritter Absatz). Durch die vorgenommenen Beschränkungen und Klarstellungen ist also der von der Prüfungsabteilung für eine sehr viele breitere Anspruchsfassung erhobene Klarheitseinwand behoben worden.

4. Die Prüfungsabteilung hat ihre Einwand mangelnder Ausführbarkeit damit begründet, daß ein Fachmann aus der Beschreibung keinen Hinweis erhalte, wie eng er die Gassenbreite zur Durchführung des Verfahrens wählen müsse und es unzumutbar sei, diese durch Variation der betreffenden Parameter selbst zu bestimmen (Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe). Durch die vorliegende Beschränkung auf Gassen, die durch parallele Platten gebildet werden, bleibt nur der Abstand zwischen den Platten als wesentlicher Parameter für die "Engheit" der Gassen übrig. Die Kammer sieht keinen unzumutbaren Versuchsaufwand darin, den Abstand der Platten so zu wählen, daß bei gegebener Gastemperatur und Geschwindigkeit eine derartige Verwirbelung auftritt, so daß Flüssigkeitstropfen mit Durchmessern kleiner als 10. µm abgeschieden werden.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, daß mit dem beanspruchten Verfahren aus einem Rauchgas aus der oxydativen Steinkohleverfeuerung, aus dem vorher die Teilchen größer als 10 µm auf übliche Weise entfernt worden waren, bei einer Temperatur von 1400 bis 1500°C, einer Gasgeschwindigkeit von 2 m/s, einem Plattenabstand von 2 bis 5 mm und einer Gassenlänge von 1,2 m, bis zu 80% der Tropfen unterhalb 10. µm entfernt werden können, wenn die Platten abwechselnd aus zirkonoxidhaltiger und chromoxidhaltiger Keramik bestehen. Bestehen die Platten nur aus zirkonoxidhaltiger Keramik, sei die Entfernungsrate wesentlich geringer, aber immer noch bedeutsam.

Nach Auffassung der Kammer liegen diese Bedingungen im Rahmen, innerhalb dessen ein Fachmann bei Versuchen, das Verfahren gemäß Anspruch 1 durchzuführen, arbeiten würde. Trotz Abwesenheit eines Ausführungsbeispiels für ein Verfahren gemäß vorliegendem Anspruch 1 in der ursprünglichen Beschreibung kann die Kammer in der Auswahl geeigneter Parameter für die praktische Durchführung des beanspruchten Verfahrens keinen unzumutbaren Aufwand erkennen. Bei dieser Sachlage muß die Kammer daher davon ausgehen, daß die Erfindung in der jetzt beanspruchten Form so deutlich und vollständig offenbart ist, daß ein Fachmann sie ausführen kann. Die Anforderungen des Artikels 83 EPÜ sind somit erfüllt.

5. Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstands gemäß vorliegendem Anspruch 1 konnte die Prüfungsabteilung noch nicht beurteilen. Aus diesem Grund hält es die Kammer für angebracht, von ihrer Befugnis unter Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch zu machen und die Angelegenheit zur Fortsetzung des Verfahrens an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Zurückweisungsentscheidung vom 25. April 2000 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hauptantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2003, an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

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