European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T088000.20030128 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 28 Januar 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0880/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96119784.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B41F 7/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Druckwerk für eine Rollenrotationsdruckmaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | Heidelberger Druckmaschinen Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit, Hauptantrag (nein) Gegenstand des Hilfsantrags nicht recherchiert, Zurückverweisung an Prüfungsabteilung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung 96 119 784.5 Beschwerde eingelegt.
II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber den Dokumenten
D1: DE-C-4 341 246 und
D2: US-A-5 127 322
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Am 28. Januar 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der folgenden Dokumente:
a) Hauptantrag: Ansprüche 1 bis 14, eingereicht am 27. April 1998; oder
b) Hilfsantrag: Anspruch 1, eingereicht am 20. Dezember 2002, und Ansprüche 2 bis 14, eingereicht am 27. April 1998.
IV. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
"1. Druckwerk für eine Rollenrotationsdruckmaschine, welche die folgenden Merkmale umfaßt:
ein Gehäuse (14) mit einem ersten und einem zweiten Gehäuseabschnitt (14a, 14b), einen von der zu bedruckenden Bahn zumindest teilweise umschlungenen zentralen Gegendruckzylinder (2), der mit seinem ersten Zylinderzapfen (22a) im ersten Gehäuseabschnitt (14a) und mit seinem zweiten Zylinderzapfen (22b) im zweiten Gehäuseabschnitt (14b) drehbar gelagert ist, mindestens zwei an den zentralen Gegendruckzylinder (2) angestellte Gummituchzylinder (4), die mit ihrem ersten Zylinderzapfen (26) im ersten Gehäuseabschnitt (14a) beim Stillstand des Druckwerks (1) fliegend gelagert sind, wobei die Gummitücher der Gummituchzylinder (4) als axial auf den Gummituchzylinder (4) aufzuschiebende Gummituchhülsen (40) ausgebildet sind, sowie mit mindestens zwei Druckformzylindern (6), von denen ein jeder einem Gummituchzylinder (4) zugeordnet ist."
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag um das Merkmal
"wobei sowohl der zentrale Gegendruckzylinder (2) als auch wenigstens die Gummituchzylinder (4) oder wenigstens die Druckformzylinder (6) direkt durch einen elektrischen Motor (16, 18, 20) angetrieben werden"
ergänzt.
V. Zur erfinderischen Tätigkeit beim Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes aus:
Das Druckwerk gemäß Anspruch 1 sei ein Satellitendruckwerk für eine Rollenrotationsdruckmaschine, wie es aus dem Dokument D2 bekannt sei, bei dem man aber für die Gummituchzylinder statt der konventionellen Druckplatten axial auf die Zylinder aufzuschiebende Gummituchhülsen verwende. Die Verwendung der an sich bekannten Hülsentechnik in Satellitendruckwerken für Rollenrotationsdruckmaschinen sei neu. Das Dokument D1 zeige ein normales Druckwerk mit einem Druckzylinder und einem gleich großen Gegendruckzylinder, zwischen denen die Papierbahn verlaufe. Das Gummituch des Druckzylinders sei hierbei als axial auf den Zylinder aufschiebbare Gummituchhülse ausgebildet. Bei Druckwerken, wie sie das Dokument D1 zeige, gebe es keine Probleme bei Verwendung von Papierbahnen unterschiedlicher Dicke, da beide Zylinder gleich groß seien. Bei einem Satellitendruckwerk müsse hingegen ein Papierdickenausgleich vorgenommen werden. Dies geschehe bei den konventionellen Druckplatten durch Unterlegen von Papier entsprechender Dicke unter das Gummituch. Die Vorteile der Hülsentechnik seien bekannt, und so liege der Gedanke, diese Hülsentechnik auch bei Satellitendruckwerken einzusetzen, zwar zunächst nahe. Der Fachmann verwerfe diesen Gedanken aber wieder, da er bei der Hülsentechnik nicht mehr die Anpassung an verschiedene Papierdicken durch Unterlegen eines Papierbogens unter das Gummituch anwenden könne. Eine andere Art der Anpassung ziehe der Fachmann nicht in Betracht, da er sich in langen Jahren an das sehr einfache Unterlegen von Papier gewöhnt habe. So ziehe er weder eine Veränderung des Hülsendurchmessers noch eine Veränderung der Zylinderdrehzahl zur Papierdickenanpassung bei Einsatz der Hülsentechnik in Betracht, da diese Möglichkeiten zuviele Nachteile und zuviel Entwicklungsarbeit mit sich brächten. Der Fachmann verzichte auch nicht auf die Papierdickenanpassung, da ein solcher Verzicht eine verminderte Druckqualität zur Folge hätte, die man beim Rollenrotationsdruck nicht akzeptiere. Die Überwindung dieses Hindernisses sei keine normale fachmännische Tätigkeit mehr, sondern eine erfinderische Tätigkeit. Somit beruhe auch das Druckwerk des Anspruchs 1, das diese Überwindung voraussetze, auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
Die Kammer sieht das Dokument D1 als nächstliegenden Stand der Technik an. Dieses Dokument zeigt ein Druckwerk für eine Rollenrotationsdruckmaschine, das ein Gehäuse mit einem ersten und einem zweiten Gehäuseabschnitt und zwei gegeneinander angestellte Gummituch-Druckzylinder aufweist, zwischen denen die zu bedruckende Bahn verläuft, wobei die Druckzylinder im ersten Gehäuseabschnitt beim Stillstand des Druckwerks fliegend gelagert sind und die Gummitücher der Druckzylinder als axial auf den Druckzylinder aufzuschiebende Gummituchhülsen ausgebildet sind.
Das Druckwerk des Anspruchs 1 weist demgegenüber einen von der zu bedruckenden Bahn zumindest teilweise umschlungenen zentralen Gegendruckzylinder, der im ersten und zweiten Gehäuseabschnitt jeweils drehbar gelagert ist, mindestens zwei an den zentralen Gegendruckzylinder angestellte Gummituchzylinder, die beim Stillstand des Druckwerks im ersten Gehäuseabschnitt fliegend gelagert sind, und mindestens zwei Druckformzylinder, die jeweils einem Gummituchzylinder zugeordnet sind, auf. Das Druckwerk des Anspruchs 1 stellt also ein sogenanntes Satellitendruckwerk dar. Wie beim Druckwerk gemäß Dokument D1 sind die Gummitücher der Gummituchzylinder beim Druckwerk gemäß Anspruch 1 als axial auf den Gummituchzylinder aufzuschiebende Gummituchhülsen ausgebildet.
Der Unterschied zwischen dem Dokument D1 und dem Gegenstand des Anspruchs 1 liegt also in der Art des Druckwerks. Beim Dokument D1 handelt es sich um ein symmetrisches Druckwerk, beim Anspruch 1 um ein Satellitendruckwerk.
Satellitendruckwerke in Rollenrotationsdruckmaschinen sind bekannt, z. B. aus dem Dokument D2. Das Dokument D1 zeigt die Hülsentechnik in Verbindung mit fliegend gelagerten Druckzylindern. Aus dieser Verbindung ergeben sich die beiden wichtigen Vorteile der Hülsentechnik, nämlich ein schneller Druckplattenwechsel und eine stoßfreie Zylinderoberfläche.
Die Beschwerdeführerin räumt ein, daß der Gedanke, die Hülsentechnik auch bei Satellitendruckwerken einzusetzen, wegen dieser Vorteile naheliegend sei. Allerdings sieht die Beschwerdeführerin für den Fachmann dabei ein unüberwindliches Hindernis und somit die Verwirklichung dieses Gedankens als nicht naheliegend an. Dieses Hindernis sei die dabei nicht mehr mögliche Anpassung des Druckzylinderdurchmessers an die Dicke des zu bedruckenden Papiers durch das übliche Unterlegen eines Papierbogens entsprechender Dicke unter die Druckplatte.
Die Kammer kann dieser Ansicht nicht folgen. Es ist unbestritten, daß der Gedanke, die Hülsentechnik auch bei Satellitendruckwerken für Rollenrotationsdruckmaschinen einzusetzen, naheliegt. Wenn der Fachmann bei der Verwirklichung dieses Gedankens feststellt, daß er das bei normalen Druckplatten übliche Unterlegen von Papier unter die Druckplatte zur Anpassung des Zylinderdurchmessers an die Dicke des zu bedruckenden Papiers nicht mehr anwenden kann, ergeben sich für ihn zwei mögliche Auswege. Er wird entweder auf den Papierdickenausgleich verzichten und eine geringere Druckqualität in Kauf nehmen bzw. sich auf die Verwendung einer einzigen Papierdicke beschränken oder er wird nach einer Lösung suchen, wie er denn in Verbindung mit der Hülsentechnik eine Anpassung an die Papierdicke vornehmen kann.
Die erste Möglichkeit, nämlich auf den Papierdickenausgleich zu verzichten, führt direkt zum Gegenstand des Anspruchs 1. Anspruch 1 verlangt weder, daß das Druckwerk für verschiedene Papierdicken geeignet sein muß, noch definiert er Mittel zum Anpassen des Druckwerks an verschiedene Papierdicken. Anspruch 1 enthält nicht mehr als die Hülsentechnik in Kombination mit einem Satellitendruckwerk einer Rollenrotationsdruckmaschine, so daß sich darin nicht mehr als der bloße und naheliegende Gedanke zu dieser Kombination widerspiegelt.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin würde der Fachmann weder auf die Papierdickenanpassung verzichten noch nach einer Lösung suchen, weil die Anpassung notwendig, die Lösung dafür aber nicht ohne erfinderische Tätigkeit zu finden sei. Dem widerspricht jedoch der Inhalt der vorliegenden Anmeldung. Es wird darin mit keinem Wort auf die Anpassung an die Papierdicke eingegangen. Daraus kann nur geschlossen werden, daß es entweder darauf nicht ankommt, man also auf den Papierdickenausgleich verzichten kann, oder aber, daß die Ausführung der Anpassung so offensichtlich ist, daß sie keiner Erwähnung bedarf. Dann aber erfordert sie keine erfinderische Tätigkeit.
Der Hauptantrag ist demnach zurückzuweisen.
2. Hilfsantrag
Das in den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag zusätzlich aufgenommene Merkmal findet sich nur in der Beschreibung der Anmeldung. Es ist deshalb davon auszugehen, daß dieses Merkmal im Prüfungsverfahren nicht recherchiert wurde. Die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit in Zusammenhang mit diesem Merkmal setzt daher nach Auffassung der Kammer eine entsprechende zusätzliche Recherche voraus.
Die Anmeldung ist daher, gestützt auf Artikel 111 (1) EPÜ, zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.