European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T087100.20030307 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 März 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0871/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95111686.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01L 23/495 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Halbleiterbauelement mit isolierendem Gehäuse | ||||||||
Name des Anmelders: | Infineon Technologies AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja - nach Änderung der Ansprüche) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 95 111 686.2 (veröffentlicht als EP 0 696 818) mit der Bezeichnung "Halbleiterbauelement mit isoliertem Gehäuse" wurde mit der Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 16. März 2000 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen. Die Prüfungsabteilung stützte ihre Entscheidung auf das folgende Dokument:
D2 US-A-5,313,095.
II. Die Beschwerdeführerin legte am 16. Mai 2000 Beschwerde gegen die Zurückweisung der Anmeldung ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Eine Beschwerdebegründung wurde am 12. Juli 2002 eingereicht.
III. Eine mündliche Verhandlung fand am 7. März 2003 statt. Zu Beginn der mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag und einen neuen Hilfsantrag ein.
Die Beschwerdeführerin beantragt, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Hauptantrag:
Patentansprüche: 1 bis 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
Beschreibung: Seiten 1 und 2a, eingereicht mit Schreiben vom 14. Januar 2000,
Seite 2 eingereicht in der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag,
Seite 3 der ursprünglichen Fassung der Anmeldung;
Zeichnungen: Blatt 1/1 der ursprünglichen Fassung der Anmeldung.
Hilfsantrag:
Erteilung auf der Basis der in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag eingereichten Ansprüche 1 bis 4.
IV. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:
1. Halbleiterbauelement
(a) mit einem vollständig isolierenden Gehäuse (40),
(b) mit genau drei innerhalb des Gehäuse (40) angeordneten Montageplatten (30, 31, 32) aus Blech, die zueinander jeweils in einer Ebene angeordnet sind und die innerhalb des Gehäuses (40) jeweils voneinander elektrisch getrennt sind,
(c) mit genau vier Halbleiterschaltern (33, 34, 35, 36), wobei genau zwei der Halbleiterschalter (34, 35) elektrisch leitend auf einer der Montageplatten (31) befestigt und in einen Smart-IC integriert sind, in dem Steuerungsfunktionen für die Halbleiterschalter (34, 35) realisiert sind, und wobei die beiden anderen Halbleiterschalter (33, 36) auf jeweils einer der anderen beiden Montageplatten (30, 32) elektrisch leitend befestigt sind,
(d) mit einer Mehrzahl von Außenanschlüssen (1 - 24) aus Blech, wobei deren Anzahl mindestens der Anzahl der Anschlüsse der Halbleiterschalter (33, 34, 35, 36) entspricht, wobei jeder der Außenanschlüsse (1 - 24) maximal einer der Montageplatten (30, 31, 32) zugeordnet ist, wobei ein erster Teil der Außenanschlüsse (1, 3, 4, 9, 10, 12, 13, 15, 16, 21, 223, 24) Bestandteil der jeweils zugeordneten Montageplatten (30, 31, 32) ist, wobei ein weiterer Teil der Außenanschlüsse (2, 5 - 8, 11, 14, 17 - 20, 23) von der jeweils zugeordneten Montageplatte (30, 31, 32) beabstandet ist und mit maximal einer der darauf befindlichen Halbleiterschalter (33, 34, 35, 36) elektrisch verbunden ist,
(e) wobei die auf verschiedenen Montageplatten (30, 31, 32) angeordneten Halbleiterschalter (32, 34, 35, 36) intern nicht miteinander verbunden sind und derart angeordnet sind, daß sie außerhalb des Halbleiterbauelements (40) miteinander zu einer Vollbrückenschaltung und zu zwei Halbbrückenschaltungen verschaltbar sind.
V. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente können wie folgt zusammengefaßt werden.
Aus Dokument D2, und speziell aus der mit Bezug auf Figur 7 beschriebenen Anordnung, ist es bekannt, Leistungschips 6 und Steuerchips 7 auf verschiedenen Montageplatten zu montieren, wobei aber die Montageplatten für die Leistungschips aus einem dickeren Material mit guter Wärmeleitfähigkeit, wie z. B. Kupfer, bestehen müssen und daher auch verhältnismässig teuer sind, während die Montageplatten für die Steuerchips aus dünnerem, weniger wärmeleitfähigerem, aber dafür billigerem Blech, wie z. B. Coval (Spalte 4, Zeile 3), bestehen.
Im Unterschied dazu bestehen in der beanspruchten Erfindung alle Montageplatten aus Blech, und dadurch sind die Kosten erheblich geringer, verglichen mit der in Dokument D2 beschriebenen Anordnung. Des weiteren sind in der beanspruchten Erfindung zwei der Halbleiterschalter sogenannte Smart-ICS, d. h., die Leistung- und Steuerfunktion sind in einem Halbleiterbauelement integriert. Die beiden Halbleiterschalter mit integrierten Leistungs- und Steuerbauelementen sind auf einer gemeinsame Montageplatte befestigt, während die beiden anderen Halbleiterschalter je auf einer der beiden anderen Montageplatten befestigt sind. Diese Anordnung, die überdies das externe Verschalten entweder als Vollbückenschaltung oder als zwei unabhängige Halbbrückenschaltungen erlaubt, lässt sich aus dem vorliegenden Stand der Technik nicht ableiten.
Am Prioritätstag der Anmeldung war die Hitzeentwicklung herkömmlicher Leistungshalbleiterbauteile sehr intensiv, so dass diese Halbleiterbauteile zwangsmässig auf Montageplatten aus Kupfer oder andere sehr gute Wärmeleiter montiert wurden, um die im Halbleiterbauteil erzeugte Hitze effizient ableiten zu können (siehe z. B. Dokument D2).
Durch verbesserte Produktionsverfahren, sinkende Siliziumpreise und das Verwenden von Steuerschaltungen zeichnen sich jedoch modernere Leistungshalbleiterbauteile in Smart-IC-Ausführung durch eine weniger intensive Hitzeentwicklung gegenüber ihren herkömmlichen Vorgängern aus. Die Erfinder haben erkannt, dass diese Entwicklung dazu geführt hat, dass Montageplatten aus einfachem Blech entgegen der vorherrschenden Meinung der Fachwelt genügen, um eine adäquate Wärmeableitung zu gewährleisten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist auch aus folgenden Gründen erfolgreich.
2. Änderungen - Hauptantrag
Der einzige unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags enthält die Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 3, ergänzt durch die Merkmale der Seite 2, Zeilen 16 bis 17 und Seite 3, Zeilen 1 bis 9 und 20 bis 24, der ursprünglich eingereichten Beschreibung. Die Änderungen in der Beschreibung dienen der Würdigung des einschlägigen Stands der Technik oder sind rein redaktioneller Natur. Die Anmeldungunterlagen gemäss Hauptantrag erfüllen daher die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
3. Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag
3.1. Dokument D2 stellt unstrittig den nächstliegenden Stand der Technik dar. Es offenbart ein Halbleiterbauelement, in dem ein Halbleiterschalter 6 auf einer ersten Montageplatte 23a und ein Steuerhalbleiterbauteil 7 auf einer zweiten Montageplatte 33a angeordnet sind (vgl. Zusammenfassung; Figuren 6 und 7). Um die vom Halbleiterschalter entwickelte Wärme wirkungsvoll abführen zu können, besteht die erste Montageplatte 23a aus einem Material mit hoher Wärmeleitfähigkeit, wie z. B. Kupfer (vgl. Spalte 3, Zeilen 51 bis 61). Die zweite Montageplatte 33a hingegen besteht aus leichter bearbeitbarem und dünner ausgeführtem Metall als die erste Leiterplatte (vgl. Spalte 3, Zeile 62 bis Spalte 4, Zeile 11).
3.2. Das beanspruchte Halbleiterbauelement unterscheidet sich vom Bekannten u. a. dadurch, dass drei aus Blech gefertigte Montageplatten vorgesehen sind, wobei zwei Halbleiterschalter jeweils mit einem die Steuerung des Halbleiterschalters durchführenden Smart-IC integriert und elektrisch leitend auf einer gemeinsamen Montageplatte angeordnet sind, und zwei weitere, ebenfalls von diesen Smart-ICs gesteuerte Halbleiterschalter auf jeweils einer weiteren Montageplatte elektrisch leitend so angeordnet sind, dass sie ausserhalb des Halbleiterbauelements zu entweder einer Vollbrücke oder zwei Halbbrücken verschaltbar sind. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäss dem Hauptantrag ist daher neu.
3.3. In dem aus Dokument D2 bekannten Stand der Technik sind der Halbleiterschalter und das Steuerhalbleiterbauteil auf unterschiedlichen Leiterrahmen angeordnet, wobei der Leiterrahmen des Halbleiterschalters für bessere Wärmeableitung ausgelegt ist, während der Leiterrahmen des Steuerteils weniger aufwendig konstruiert ist.
3.4. Gegenüber diesem Stand der Technik ist die Aufgabe der Erfindung daher darin zu sehen, eine kostengünstigere Alternative zu finden.
3.5. Anstatt Steuer- und Leistungsbauteile in bekannter Weise auf verschiedenen Montageplatten zu befestigen, löst die Erfindung das gestellte Problem, indem sie eine Anordnung von vier auf Montageplatten aus Blech befestigten Halbleiterschaltern vorsieht, von denen zwei in sogenannte Smart-IC integriert und elektrisch leitend auf einer gemeinsamen Montageplatte befestig sind, während die zwei weiteren Halbleiterschalter davon elektrisch getrennt auf jeweils einer eigenen Montageplatte befestigt sind und von jeweils einem der Smart-ICs mitgesteuert werden.
3.6. Die von der Prüfungsabteilung vertretene Meinung, dass sich die Erfindung aus dem Stand der Technik ohne erfinderische Tätigkeit ergäbe, wenn man von - dem Fachmann bekannten - Brückenschaltungen ausgeht (Seite 5, Punkt 5, zweiter Absatz) in denen für jeden Transistor eine eigene Montageplatte vorgesehen ist (Seite 5, Punkt 7, erster Absatz) und zusätzlich die an sich bekannte Tatsache nützt, dass wenigstens zwei der Transistoren einen gemeinsamen Anschluss besitzen (Seite 5, Punkt 7, zweiter Absatz), kann von der Kammer nicht geteilt werden. Der Stand der Technik sieht nämlich ganz klar zwei verschiedene Arten von Montageplatten für Steuerbauteile und für Leistungsbauteile vor, von denen nur die für die Steuerbauteile vorgesehene Montageplatte aus billigem Blech gefertigt ist, während für die Leistungsbauteile höherwertige, besser wärmeleitende Montageplatten vorgesehen sind. Die Kammer ist daher von dem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argument überzeugt, dass am Prioritätstag der Anmeldung der Fachmann nicht ohne erfinderische Tätigkeit erkannt hätte, dass es durch Verwendung von in Smart-IC integrierten Leistungshalbleiterbauteilen möglich wird, alle Leistungshalbleiterbauteile auf Montageplatten aus relativ billigem Blech anzuordnen.
3.7. Aufgrund der vorangehenden Betrachtungen ist die Kammer zur Schlussfolgerung gelangt, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik ergibt, und damit das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit gemäss Artikel 56 EPÜ erfüllt ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen, mit der Anordnung, ein Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche 1 bis 3 des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrags;
Beschreibung: Seiten 1 und 2a, eingereicht mit Schreiben von 14. Januar 2000,
Seite 2 eingereicht in der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag,
Seite 3 der ursprünglichen Fassung der Anmeldung;
Zeichnungen: Blatt 1/1 der ursprünglichen Fassung der Anmeldung.