T 0840/00 () of 2.7.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T084000.20020702
Datum der Entscheidung: 02 Juli 2002
Aktenzeichen: T 0840/00
Anmeldenummer: 94112906.6
IPC-Klasse: B62D 21/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rahmen für Nutzfahrzeuge
Name des Anmelders: DaimlerChrysler AG
Name des Einsprechenden: MAN Nutzfahrzeuge Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 31. Juli 2000 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Europäische Patent No. 0 646 515 zurückzuweisen.

II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) i.V.m. Artikeln 52 (1), 54, 56 EPÜ angegriffen worden. Er stützte sich u. a. auf die folgenden Entgegenhaltungen:

E1 US-A-2 603 506 (im Einspruchsverfahren als E2 genannt)

E2 GB-A-1 512 712 (im Einspruchsverfahren als E6 genannt).

III. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde am 22. August 2000 bei gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 1. Dezember 2000 eingegangen.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2002, die Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des angegriffenen Patents. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

V. Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Rahmen für Nutzfahrzeuge mit einem triebkopfseitigen Rahmenteil, einem damit zu verbindenden aufbauseitigen Rahmenteil sowie seitlichen Längsträgern (1, 2) der Rahmenteile, die als Profilträger jeweils einen aufrechten Mittelsteg sowie obere und untere Querstege aufweisen und von denen einer Rahmenlängsseite zugehörige über ihre Mittelstege aneinanderliegend verbunden sind, wobei die Längsträger (2) der aufbauseitigen Rahmenteile bei U-förmigen Querschnitt mit ihren Querstegen aufeinander zugerichtet sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Längsträger (1) der triebkopfseitigen Rahmenteile bei von einander abgewandten oberen Querstegen (5b) und einander zugewandten unteren Querstegen (5a) Z-förmigen Querschnitt aufweisen und daß die unteren Querstege (5a) der triebkopfseitigen Längsträger (1) im Überlappungsbereich (3) zu den rahmenseitigen Längsträgern (2) diese untergreifen."

Das Patent enthält neben dem Anspruch 1 abhängige Ansprüche 2 bis 6, die weitere Ausführungsformen des Gegenstands des Anspruchs 1 betreffen.

VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Es sei aus E1 bekannt, die U-förmigen Längsträger eines Nutzfahrzeugrahmens an einer Stelle im Bereich der Hinterachse zu trennen und auf jeder Seite des Fahrzeugrahmens die zwei Teile durch ein einen Z-förmigen Querschnitt aufweisendes Zwischenstück miteinander zu verbinden. Das Zwischenstück sei gegenüber den Längsträgerteilen wie im geltenden Anspruch 1 angeordnet. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem gemäß E1 lediglich dadurch, daß die Verbindungsstelle von einem hinteren Rahmenbereich in einen vorderen Rahmenbereich verlagert wurde, was keiner erfinderischen Tätigkeit bedürfe.

Auch ausgehend von E2 sei der Gegenstand des Anspruchs 1 naheliegend. Gemäß E2 sei die Verbindung der jeweiligen Abschnitte der triebkopfseitigen und aufbauseitigen Rahmenteile relativ schwach. Demgegenüber werde durch den Gegenstand gemäß dem geltenden Anspruch 1 die Aufgabe gelöst, die Stabilität der Verbindung zu erhöhen. Aus E1 sei es bekannt, daß die Verbindungsstelle zwischen einem U-förmigen Rahmenteil und einem diesen mit einem unteren Quersteg untergreifenden Z-förmigen Rahmenteil eine hohe Stabilität aufweise. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit lediglich das Ergebnis einer Auswahl aus bekannten Möglichkeiten.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im wesentlichen folgendes erwidert:

Die Trennung des Fahrzeugrahmens in einen triebkopfseitigen Teil und einen aufbauseitigen Teil sei ein wesentliches Merkmal des Gegenstands des geltenden Anspruchs 1. Dadurch werde ein modularer Aufbau ermöglicht. Eine derartige Trennung sei durch E1 schon deshalb nicht nahegelegt, weil die dortige Offenbarung den vorderen Bereich des Fahrzeugrahmens gar nicht betreffe. E2 bilde den nächstliegenden Stand der Technik und offenbare nicht nur die Merkmale des Oberbegriffs des geltenden Anspruchs 1, sondern auch, daß die oberen Querstege des triebkopfseitigen Rahmenteils von einander abgewandt seien. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 löse hauptsächlich die Aufgabe, den Einbau von Aggregaten im triebkopfseitigen Bereich zu erleichtern. E1 betreffe dagegen lediglich den Aufbaubereich für eine Niederflurkonstruktion, wobei die vorgeschlagene Lösung aus wirtschaftlichen Gründen nicht günstig sei. Auch sei die im Aufbaubereich erforderliche feste Verbindung bei gleichzeitiger Unterstützung eines aufbauseitigen Basisteils in dem weniger belasteten Bereich zwischen dem triebkopfseitigen Rahmenteil und dem aufbauseitigen Rahmenteil von geringerer Bedeutung, so daß auch in dieser Hinsicht keine Anregung zu einer Kombination ersichtlich sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die im Einspruchsverfahren angegriffene Neuheit ist ersichtlich gegeben und wurde im Laufe des Beschwerdeverfahrens nicht bestritten, weshalb es keines näheren Eingehens auf diese Frage bedarf.

2.1. Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit ist zunächst festzustellen, daß der nächstliegende Stand der Technik aus E2 bekannt ist. Diese Druckschrift betrifft die Konstruktion eines Rahmens für Nutzfahrzeuge, mit einem vorderen, triebkopfseitigen Rahmenteil und einem hinteren, aufbauseitigen Rahmenteil. Der triebkopfseitige Rahmenteil weist gemäß allen Ausführungsbeispielen zwei Längsträger 4, 5 mit je einem U-förmigen Querschnitt auf, deren Querstege nach außen weisen. Jeder dieser triebkopfseitigen Längsträger wird im Bereich hinter dem Fahrerhaus mit je einem hinteren, aufbauseitigen, einen U-förmigen Querschnitt aufweisenden Längsträger 6, 7 über die jeweiligen Mittelstege verbunden. Die Querstege der aufbauseitigen Längsträger weisen nach innen. Es ist ein allgemeiner Ziel gemäß E2, die triebkopfseitigen Längsträger derart anzuordnen, daß der Montageraum für den Motor möglichst breit ist (vgl. Seite 1, Zeilen 12 bis 24 und Zeilen 57 bis 61 i.V.m. Figur 1).

2.2. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem gemäß E2 somit dadurch, daß:

- die Längsträger der triebkopfseitigen Rahmenteile bei einander zugewandten unteren Querstegen einen Z-förmigen Querschnitt aufweisen; und daß

- die unteren Querstege der triebkopfseitigen Längsträger im Überlappungsbereich zu den rahmenseitigen Längsträgern diese untergreifen.

Die Kammer stellt in dieser Hinsicht fest, daß der sich im zweiten Unterscheidungsmerkmal befindende Begriff "rahmenseitigen Längsträgern" unklar ist, weil sämtliche Längsträger zum Rahmen gehören. Offensichtlich ist hierbei "aufbauseitigen Rahmenlängsträgern" gemeint (siehe die Patentschrift Spalte 3, Zeilen 42 bis 44 i.V.m. Figur 1).

2.3. Die Unterscheidungsmerkmale bewirken, daß im triebkopfseitigen Bereich die unteren Querstege als eine Auflage für dort einzubauende Aggregate dienen können, während im Überlappungsbereich eine verstärkte Verbindung der jeweiligen Längsträger möglich ist. Die entsprechende zu lösende Aufgabe kann somit darin gesehen werden, die Rahmenkonstruktion gemäß E2 derart weiterzubilden, daß sowohl die Einbaubarkeit im Triebkopfbereich in einer wirtschaftlich günstigen Weise verbessert wird als auch die Stabilität der Verbindungstelle erhöht wird.

2.4. E1 betrifft eine Niederflurkonstruktion für Nutzfahrzeuge und befaßt sich mit der Gestaltung des Fahrzeugrahmens im Bereich der Hinterachse. Der vordere bzw. ein triebkopfseitiger Teil des Fahrzeugrahmens wird nicht erwähnt. Die Rahmenlängsträger 20 weisen einen U-förmigen Querschnitt auf, wobei die Querstege 32, 34 nach innen weisen. Der Aufbau wird mittels Längsträger 86. auf die oberen Querstege gestützt. Die Rahmenlängsträger verlaufen in ungefähr gleicher Höhe wie die starre Hinterachse, um die gewünschte niedrige Ladefläche zu ermöglichen. Um trotzdem eine Federung der Hinterachse zu ermöglichen, sind die Rahmenlängsträger jeweils im Bereich der Hinterachse unterbrochen und die beiden Teile durch ein gebogenes Zwischenstück Z-förmigen Profils mit nach außen weisendem oberen Quersteg verbunden. Der untere Quersteg des Zwischenstückes untergreift den jeweiligen unteren Quersteg des vorderen und hinteren Teils des entsprechenden Rahmenlängsträgers in einem Überlappungsbereich. Die unteren Querstege der Zwischenstücke kommen am Scheitelpunkt des Bogens auf die gleiche Höhe wie die oberen Querstege der vorderen und hinteren Teile der Rahmenlängsträger und stützen somit die Aufbaulängsträger. Die durch die Konstruktion gemäß E1 gelöste Aufgabe, eine Niederflurkonstruktion für ein Nutzfahrzeug mit einer starren Hinterachse bei praktisch durchgehender Stützung des Aufbaus zu gestalten, ist spezifisch für den Ladebereich eines Niederflurfahrzeugs. Der Fachmann würde daher durch E1 nicht veranlaßt, die Konstruktion des triebkopfseitigen Rahmenteils gemäß E2 zu ändern. Dies gilt insbesondere, weil ein Unterschied in der Höhe der triebkopf- und aufbauseitigen Rahmenteile zur Schaffung eines Federungsweges für die Vorderachse wirtschaftlich und technisch in günstigerer Weise mittels der getrennten Konstruktion des Rahmens gemäß E2 vorzunehmen ist. Hinzu kommt, daß die jeweiligen Querstege der Rahmenlängsträger gemäß E1 und der Längsträger des triebkopfseitigen Rahmenteils gemäß E2 in umgekehrte Richtungen weisen. Es ist aber eine wesentliche Aufgabe der E2, einen möglichst breiten Motorraum zu schaffen. Hierzu weisen die Querstege der Längsträger des triebkopfseitigen Rahmenteils nach außen (Seite 2, Zeile 129 bis Seite 3, Zeile 6).

2.5. Ein Vorteil der Konstruktion gemäß E2 besteht darin, daß verschiedene aufbauseitige Rahmenteile mit einem einzigen triebkopfseitigen Rahmenteil kombinierbar sind. Hierbei ist es für den Fachmann ersichtlich, daß eine genaue Anpassung der jeweiligen Höhen der Längsträger der triebkopfseitigen und aufbauseitigen Rahmenteile unerwünscht ist, weil die Möglichkeiten zur Kombination sonst eingeschränkt würden. Einige Beispiele für aufbauseitige Konstruktionen werden in E2, Figuren 10a bis 10e gezeigt, wo die Höhe der Rahmenlängsträger über dem Boden je nach der Konstruktion unterschiedlich ist. Bedingt durch das Untergreifen des unteren Querstegs ist jedoch bei einer Übertragung der Verbindung gemäß E1 eine genaue Anpassung der Höhen der triebkopf- und aufbauseitigen Rahmenteile notwendig. Es war daher für den Fachmann auch aus diesem Grund nicht naheliegend, unter Verzicht auf den geschilderten Vorteil der aus E2 bekannten Verbindung der triebkopf- und aufbauseitigen Rahmenlängsträger diese durch die Verbindung gemäß E1 zu ersetzen.

2.6. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 wird schließlich auch durch die Offenbarung gemäß E1 allein nicht nahegelegt, weil die Ausbildung des Fahrzeugrahmens mit triebkopfseitigen und aufbauseitigen Rahmenteilen in dieser Druckschrift nicht erwähnt wird. Ferner dient das Z-förmige Zwischenstück gemäß E1 dazu, vordere und hintere U-förmige Teile des Längsträgers zu verbinden. Im Falle eine Verlagerung dieser Verbindungsstelle nach vorne wäre der sich am weitesten vorne befindende Teil des Längsträgers daher immer noch U-förmig ausgebildet. Selbst wenn der Fachmann die Verbindungstelle der Fahrzeugrahmenteile mittels eines Zwischenstückes nach vorne verlagern würde, käme er daher nicht zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1.

2.7. Die Kammer kommt daher zu dem Schluß, daß der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 durch den genannten Stand der Technik nicht nahegelegt wird. Er beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Weil die Ansprüche 2 bis 6 alle Merkmale des Anspruchs 1 enthalten, gilt das ebenfalls für diese Ansprüche.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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