T 0718/00 (Übergangsmetallkomplexe/CROMPTON) of 9.10.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T071800.20031009
Datum der Entscheidung: 09 October 2003
Aktenzeichen: T 0718/00
Anmeldenummer: 94120380.4
IPC-Klasse: C07F 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Übergangsmetallkomplexen mit disubstituierten Cyclopentadienyl-Liganden
Name des Anmelders: Crompton GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Lösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 94 120 380.4 (EP-A-0 718 303) wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber der Lehre der Druckschrift

(1) EP-A-0 620 229

zurückzuweisen.

II. Während der am 9. Oktober 2003 stattgefundenen mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin einen Satz von fünf Ansprüchen eingereicht.

Die unabhängigen Ansprüche lauteten:

"1. Verfahren zur Herstellung von Übergangsmetallkomplexen mit disubstituierten Cyclopentadienyl-Liganden der allgemeinen Formel

FORMEL

worin bedeuten:

R, R1:gleich oder verschieden eine C1-C30-Alkylgruppe, C2-C30-Alkenylgruppe, C7-C30-Alkylarylgruppe, C8- C30-Alkenylarylgruppe, C3-C12-Alkoxyalkylgruppe, C1-C30-Fluoralkylgruppe oder eine C1-C6-Alkyl- tri(C1-C10-alkyl)silyl-gruppe

M'': Übergangsmetall

X': Cl, Br, I

n: Oxidationszahl des Übergangsmetalls

a: =< n = Anzahl der zu substituierenden Gruppen X' am Übergangsmetall,

dadurch gekennzeichnet, dass man monomeres monosubstituiertes Cyclopentadien unter Einsatz einer Mischung aus einem Alkalioxid und/oder Alkalihydroxid und einem Erdalkalioxid und/oder Erdalkalihydroxid als Metallierungsmittel in Polyoxyalkylenpolyethern als Reaktionsmedium mit Organohalogeniden zum intermediär entstehenden disubstituierten Cyclopentadien umsetzt, dieses gegebenenfalls isoliert und in einer weiteren Stufe metalliert oder direkt in situ metalliert und mit einem Übergangsmetallhalogenid zum Endprodukt umsetzt."

"4. 1,2-RR1- und 1,3-RR1-Dialkylcyclopentadiene mit R,R1 gleichen oder verschiedenen linearen Alkylgruppen, mit einem charakteristischen Isomerenverhältnis von 3:1-4:1, hergestellt gemäß Anspruch 1."

Die Ansprüche 2, 3 und 5 waren vom Anspruch 1 abhängig.

III. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen geltend gemacht, ausgehend vom in der Druckschrift

(2) US-A-5 200 537

beschriebenen Verfahren sei die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabenstellung darin zu sehen, ein Verfahren zur Herstellung von Übergangsmetallkomplexen aus disubstituierten Cyclopentadienen in technischem Maßstab zur Verfügung zu stellen. Da das beanspruchte Verfahren durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wurde, sei das beanspruchte Verfahren erfinderisch.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentansprüche 1 bis 5 zu erteilen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 123 (2) EPÜ

Das im vorliegenden Anspruch 1 beanspruchte Verfahren unterscheidet sich vom in Anspruch 1 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung beschriebenen Verfahren dadurch, dass R und/oder R1 nicht mehr ein Organoelementrest im allgemeinen sondern lediglich eine C1-C6-Alkyl-tri(C1-C10-alkyl)silyl-gruppe darstellen können und dass das Verfahren auch die Möglichkeit umfasst, das intermediär entstandene disubstituierte Cyclopentadien zu isolieren und in einer weiteren Stufe zu metallieren.

Da in der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung die C1-C6-Alkyl-tri(C1-C10-alkyl)silyl-gruppe als Beispiel eines Organoelementrests (Siehe Seite 4, Zeilen 1 und 2) und die Isolierung des in der ersten Stufe hergestellten disubstituierten Cyclopentadiens und dessen Metallierung in einer weiteren Stufe mit nachfolgender Umsetzung mit einem Übergangsmetallhalogenid zum Endprodukt (siehe Seite 4, Zeile 13) beschrieben ist, wird Anspruch 1 nicht so geändert, dass dessen Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

Die vorliegenden Ansprüche 2, 3 und 5 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2, 3 und 5.

Die im Anspruch 4 beanspruchten Dialkylcyclopentadiene finden ihre Stütze im ersten vollen Absatz auf der Seite 8 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung.

Somit erfüllen die Ansprüche das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ.

3. Neuheit

In keiner der als Stand der Technik zitierten Druckschriften sind das beanspruchte Verfahren oder die beanspruchten disubstituierten Cyclopentadiene offenbart. Dies hat die Prüfungsabteilung auch nie in Frage gestellt.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Verfahrensansprüche

4.1.1. Die Prüfungsabteilung war der Meinung, dass die Druckschrift (1) als nächstkommender Stand der Technik zu betrachten sei, da in Druckschrift (1) ein Verfahren offenbart ist, in dem, wie im beanspruchten Verfahren, Cyclopentadiene unter Einsatz einer Mischung aus einem Alkalioxid und/oder Alkalihydroxid und einem Erdalkalioxid und/oder Erdalkalihydroxid als Metallierungsmittel in Polyoxyalkylenpolyethern als Reaktionsmedium mit Organohalogeniden alkyliert werden.

Gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern kommt jedoch als nächstkommender Stand der Technik nur eine Druckschrift in Betracht, in der Gegenstände oder Verfahren offenbart sind, die dem gleichen Zweck wie die beanspruchten Gegenstände oder Verfahren dienen. Somit kann die Druckschrift (1), in der ein Verfahren zur Herstellung von monosubstituierten Cyclopentadienen ohne Bildung von disubstituierten Cyclopentadienen beschrieben ist, nicht den nächstkommenden Stand der Technik darstellen.

Vielmehr bildet die Druckschrift (2) den nächstkommenden Stand der Technik, da nur diese Druckschrift im europäischen Recherchenbericht als Stand der Technik zitiert wird, bei dem ein Verfahren zur Bildung von Übergangsmetallkomplexen mit disubstituierten Cyclopentadienyl-Liganden offenbart wird.

4.1.2. Die Druckschrift (2) offenbart ein Verfahren zur Herstellung von Übergangsmetallkomplexen mit Cyclopentadienyl- Liganden durch die Alkylierung von Na(C5H4), Deprotonierung und Reaktion mit einem Übergangsmetallhalogenid. Insbesondere beschreibt deren Beispiel 1 die Reaktion von Butylbromid mit Na(C5H4) in Tetrahydrofuran mit nachfolgender Deprotonierung des aus 58 Mol % BuCp und 21 Mol % Bu2Cp (Cp = Cyclopentadien) bestehenden Reaktionsgemisches mit Natrium und Reaktion mit Zirkoniumtetrachlorid. Dabei wird (BuCp)2ZrCl2 hergestellt, in dem 6% (Bu2Cp)2ZrCl2 enthalten sind.

4.1.3. Ausgehend von der Druckschrift (2) bestand die Aufgabe darin, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, das in technischem Maßstab Übergangsmetallkomplexe mit disubstituierten Cyclopentadienyl-Liganden in hoher Ausbeute liefert.

4.1.4. Zur Lösung dieser Aufgabe wird das im Anspruch 1 definierte Verfahren vorgeschlagen (siehe Punkt II oben).

Aus den erfindungsgemäßen Beispielen 1 bis 8 geht hervor, dass mit dem beanspruchten Verfahren tatsächlich disubstituierte Cyclopentadiene (CpRR1) und die entsprechenden Metallocene in hoher Ausbeute gewonnen werden.

4.1.5. Es bleibt somit zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, das im Anspruch 1 definierte Verfahren verfügbar zu machen.

4.1.6. Mit Ausnahme der Druckschrift (2) wird in keiner der im europäischen Recherchenbericht zitierten Druckschriften ein Verfahren zur Herstellung von disubstituierten Cyclopentadienen beschrieben. Insbesondere, betrifft die Druckschrift (1) ein Verfahren zur Herstellung von monosubstituierten Cyclopentadienen und deren Umsetzung zu den entsprechenden Metallocenen. Der Druckschrift (1) ist nirgendwo zu entnehmen, dass mit dem dort beschriebenen Verfahren disubstituierte Cyclopentadiene hergestellt werden könnten, geschweige denn, dass disubstituierte Cyclopentadiene aus monosubstituierten Cyclopentadienen hergestellt werden könnten. Vielmehr wird auf der Seite 4, Zeilen 16 bis 18, der Druckschrift (1) vorgetragen, dass bei der Alkylierung von Cyclopentadien ausschließlich das monosubstituierte Cyclopentadien-Derivat gebildet wird und dass keine Mehrfachsubstitution beobachtet wird, wie es z. B. beim Einsatz von elementarem Natrium oder Li-Alkylen als Metallierungsmittel der Fall ist. Dies wurde übrigens auch durch die mit Schreiben vom 31. März 1999 im Prüfungsverfahren eingereichten Versuche bestätigt. Aus diesen Versuchen geht nämlich hervor, dass mit dem im Beispiel 1 der Druckschrift (1) beschriebenen Verfahren keine disubstituierte Cyclopentadiene gebildet werden, selbst wenn ein Überschuss an Alkylhalid (n-Butylbromid) eingesetzt wird.

Dem im europäischen Recherchenbericht zitierten Stand der Technik, und insbesondere, der Druckschrift (1) kann somit keine Anregung zum beanspruchten Verfahren entnommen werden.

4.1.7. In der auf der Seite 2, Zeilen 42 und 43, der veröffentlichten Anmeldung zitierten Druckschrift (Houben-Weyl- Band 5/1c - Methoden der Organischen Chemie, Eugen Müller Verlag (Herausgeber) - Vierte Auflage (1970) - S.662 ff; Georg Thieme Verlag, Stuttgart) ist zwar ein Verfahren zur Herstellung von disubstituierten Cyclopentadienen aus monosubstituierten Cyclopentadienen beschrieben. Da jedoch im dort beschriebenen Verfahren die Alkylierung in flüssigem Ammoniak und in Anwesenheit von Natrium stattfindet, kann dieser Druckschrift kein Hinweis auf den Einsatz einer Mischung aus einem Alkalioxid und/oder Alkalihydroxid und einem Erdalkalioxid und/oder Erdalkalihydroxid als Metallierungsmittel in Polyoxyalkylenpolyethern als Reaktionsmedium entnommen werden. Darüber hinaus betrifft diese Druckschrift die Herstellung von alkylierten Cyclopentadienen, nicht jedoch die Herstellung von Übergangsmetallkomplexen von Cyclopentadienen.

Das im Anspruch 1 beanspruchte Verfahren wird durch den zur Verfügung stehenden Stand der Technik somit nicht nahegelegt.

Da die Verfahren der abhängigen Ansprüche 2, 3 und 5 besondere Ausführungsformen der im Anspruch 1 beanspruchten Verfahren betreffen, haben sie zusammen mit Anspruch 1 ebenfalls Bestand.

4.2. Anspruch 4

Anspruch 4 betrifft disubstituierte Cyclopentadiene mit einem charakteristischen Isomerenverhältnis von 3:1 - 4:1, die im beanspruchten Verfahren als Zwischenprodukt gewonnen werden. Da diese lineare Alkylgruppen enthaltende Zwischenprodukte in einer nicht naheliegenden Weise zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe führen, d. h. Übergangsmetallkomplexe mit disubstituierten Cyclopentadienyl-Liganden in technischem Maßstab bereitzustellen, hat die Kammer keinen Grund zu bezweifeln, dass der Gegenstand des Anspruchs 4 das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit erfüllt.

5. Da die Beschreibung noch an die vorliegenden Ansprüche anzupassen ist und die Druckschrift (2) noch in der Beschreibung als Stand der Technik zu würdigen ist, macht die Beschwerdekammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch, die Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückgewiesen, das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentansprüche 1 bis 5. und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen.

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