T 0657/00 () of 22.7.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T065700.20030722
Datum der Entscheidung: 22 Juli 2003
Aktenzeichen: T 0657/00
Anmeldenummer: 96109446.3
IPC-Klasse: C23C 8/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kupferband oder -blech mit brauner Deckschicht und Verfahren zu seiner Herstellung
Name des Anmelders: KM Europa Metal Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: OUTOKUMPU OYJ
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Zurückverweisung an die erste Instanz
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Europäischen Patents Nr. 0 751 233 Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch der Einsprechenden war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß das Patent mangels erfinderischer Tätigkeit des Verfahrens gemäß Anspruch 4 im Hinblick auf die Entgegenhaltung

D7 = US-A-5 282 890

nach Artikel 100 a) EPÜ zu widerrufen sei.

II. Am 22. Juli 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

i) Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang mit den Ansprüchen 1-3 wie erteilt, und den Ansprüchen 4-13, wie mit Brief vom 18. Juni 2003 eingereicht, hilfsweise die Zurückverweisung an die erste Instanz zur weiteren Prüfung.

ii) Der Beschwerdegegner (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Zurückverweisung an die erste Instanz zur weiteren Prüfung.

III. Der geänderte unabhängige Anspruch 6 lautet wie folgt:

"6. Verfahren zur Herstellung einer braunen Deckschicht auf aus Kupfer bestehendem bandförmigem Halbzeug, insbesondere gewalzten Bändern oder Blechen für die Dachabdeckung und Fassadenbekleidung, gekennzeichnet durch die Kombination folgender Verfahrensschritte:

c) Das bandförmige Kupferhalbzeug wird bei einer im Temperaturbereich von 450 bis 600°C liegenden Temperatur für eine Dauer von 0,1 bis 5 Minuten in einer Sauerstoff enthaltenden Mischgasatmosphäre wärmebehandelt, deren Sauerstoffgehalt 3 bis 10 Vol.% beträgt.

d) Im Anschluss an die Wärmbehandlung nach Verfahrensschritt c) wird das bandförmige Kupferhalbzeug mit einer wässrigen Lösung aus einem alkalisch reagierenden Salz in Verbindung mit mindestens einem Salz aus der anorganische Peroxide umfassenden Gruppe behandelt, wobei die wässrige Behandlungslösung einen pH-Wert größer als 8 und eine Temperatur von 30 bis 90°C aufweist und die Behandlung in einem Zeitraum zwischen 15 und 120 Sekunden erfolgt."

IV. Der Beschwerdeführer hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Entgegenhaltung D7 offenbare den nächstkommenden Stand der Technik. Die Praxis des Verfahrens gemäß D7, bei dem die thermische Oxidation des Kupferhalbzeugs bei niedrigen Temperaturen von bevorzugt 275°C erfolge, habe ein Abblättern der erzeugten Braunpatina-Schicht ergeben. Die objektive technische Aufgabenstellung des beanspruchten Verfahrens gemäß Anspruch 6 werde in der Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung einer sicher haftenden, günstig herstellbaren Braunpatina auf Kupferhalbzeug gesehen. Aufgrund der Überlegung, den Kupfer-Rekristallisationsschritt in die thermische Oxidation einzubeziehen und nachfolgend die braune Schicht mittels chemischer Oxidation aufzubringen, sei eine Vereinfachung erreicht worden. Außerdem werde durch den geringeren Sauerstoffgehalt während der thermischen Oxidation eine Verlängerung der Standzeit des Ofens erreicht. Das Verfahren gemäß Entgegenhaltung D7 arbeite bevorzugt mit 275°C und 25 Vol.% Sauerstoff und erhalte die Braunpatinaschicht schon nach dem ersten Schritt der thermischen Oxidation ohne die optional nachfolgende chemische Behandlung gemäß der zweistufigen Variante, wie die vom Beschwerdeführer durchgeführten Vergleichsversuche "B" und "C", erhalten durch thermische Oxidation bei 275°C mit 25 Vol.% Sauerstoff, belegten. Diese braune Schicht stelle ebenfalls ein Cu2O dar, das allerdings im Gegensatz zu dem gemäß Streitpatent erhaltenen Cu2O keine rote Farbe und damit auch andere Eigenschaften aufweist. Die eingereichten Vergleichsversuche "G" und H" belegten, daß die Kenntnis der theoretischen Redoxpotentialdifferenzen für die Oxidation von Cu2O zu CuO nicht ausreiche, da das Redoxpotential von Kaliumchlorat im alkalischen Bereich theoretisch zur Oxidation ausreichend wäre. Vielmehr mußte erst ein entsprechend geeignetes Oxidationsmittel mit den Persulfaten bzw. den anorganischen Peroxiden gefunden werden. Die Entgegenhaltung D2 (= Rönnquist A., Fischermeister H. "The Oxidation of Copper, a Review of published data", Journal of the Institute of Metals, 1960-61, Band 89, Seiten 65-76) offenbare nichts bezüglich der Farbe des hergestellten oder herstellbaren Cu2O. Der Fachmann bekomme von der Entgegenhaltung D2 und insbesondere dessen Figur 6 keine Anregung, das Verfahren gemäß Entgegenhaltung D7 derart abzuändern, bei einer höheren Temperatur und mit einer geringeren Sauerstoffkonzentration zu arbeiten.

V. Der Beschwerdegegner hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Der Fachmann würde aufgrund der Lehre der Entgegenhaltung D7 und seines Fachwissens zum Gegenstand von Anspruch 6 kommen. Anspruch 6 definiere im übrigen nicht, daß im ersten Schritt Cu2O und im zweiten Schritt CuO hergestellt werde. Schon aus der Entgegenhaltung D2 sei ersichtlich, daß die Cu2O-Schicht notwendig für die Haftung der CuO-Schicht sei und bei der Oxidation immer zuerst entstehe, wie es durch die Entgegenhaltung D2, Seite 73, linke Spalte, Zeilen 7-9 und Zeilen 28-32, und durch die Entgegenhaltung D3 (= Solar Energy Materials 9 (1984), Seiten 367-389, insbesondere Seite 368, vierter voller Absatz) belegt werde. Die Rekristallisation des Kupfers erfolge bei Temperaturen über 300°C, d. h. in einem Bereich der Entgegenhaltung D7. Im übrigen sei auch das Merkmal "Rekristallisation" nicht im Anspruch 6 enthalten. Die Temperatur von 450-600°C und Behandlungsdauer von 0.1-5 Minuten gemäß Anspruch 6 überlappe mit den Bereichen von 150-650°C und 0.1-30 Minuten gemäß der Entgegenhaltung D7. Der von Figur 6 der Entgegenhaltung D2 bekannte Temperaturbereich zur Ausbildung von Cu2O würde den Fachmann dazu bringen, den Sauerstoffdruck zu vermindern. Cu2O sei ein rotes Oxid, während CuO ein schwarzes Oxid sei. Es sei bekannt, daß die anorganischen Peroxide kräftige Oxidationsmittel sind. Ein pH-Wert von größer als 8 sei dem Fachmann aus dem Diagramm der Entgegenhaltung D5 (= Pourbaix M. "Atlas D'équilibres Electrochimique", Seite 387, Gauthiers-Villars, Paris 1963) nahegelegt, da das Diagramm zeige, daß CuO im pH-Bereich von 7-13 gebildet werden könne. Der Temperaturbereich von 30-90°C überlappe weitgehend mit dem Bereich von 20-90°C gemäß Entgegenhaltung D7. Auch die Behandlungsdauer von 15-120 Sekunden gemäß Anspruch 6 überlappe mit den 60-600 Sekunden gemäß Anspruch 4 der Entgegenhaltung D7. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Vergleichsversuche gäben keine Temperaturen, Sauerstoffgehalte, etc. an. Die Parameter könnten z. B. ungünstig gewählt sein und daher würden diese Versuche keine Aussage zulassen. Falls ein zu hoher Sauerstoffpartialdruck die Ursache einer Schädigung des Ofens der Oxidation wäre, würde der Fachmann selbstverständlich den Partialdruck entsprechend senken.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen (Artikel 123 EPÜ)

Der neue unabhängige Anspruch 6 stellt eine Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 4, 6 (Verfahrensschritt c)), 7 (Verfahrensschritt c)), 8 und 10 dar, wobei auf ein Salz aus der Gruppe der "anorganischen Peroxide" eingeschränkt wurde.

Das Verfahren des geänderten Anspruchs 6 geht somit nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und erweitert den Schutzbereich des angegriffenen Patents nicht. Der Anspruch 6 ist daher im Hinblick auf Artikel 123 (2) und (3) EPÜ nicht zu beanstanden.

2. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Die Neuheit wurde vom Beschwerdegegner nicht bestritten und es ist auch keine Entgegenhaltung ersichtlich, welche ein Verfahren mit allen Merkmalen des unabhängigen Anspruches 6 offenbart. Damit ist der Gegenstand des Anspruches 6 neu.

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.1. Nächstkommender Stand der Technik

Die Entgegenhaltung D7 wird unbestritten als nächstkommender Stand der Technik erachtet. Sie offenbart ein Verfahren zum Herstellen von Kupferhalbzeug, insbesondere gewalzten Bändern oder Blechen, mit einer Braunpatina (vgl. Zusammenfassung). Gemäß der Entgegenhaltung D7 ist die Aufgabenstellung, eine gleichmäßige und sehr gut haftende Braunpatinaschicht auf Oberflächen von Halbzeug aus Kupfer herzustellen, die weder beschädigt wird oder sich ablöst, wenn das Halbzeug anschließend weiterverarbeitet wird (vgl. Spalte 1, Zeilen 40-46). Gemäß einer Variante der Entgegenhaltung D7 wird das Kupferprodukt zunächst einer mechanischen Oberflächenaufrauhung unterzogen und dann bei einer Temperatur zwischen 150 und 650°C für 0.1 bis 30 Minuten in einer kontrollierten oxidierenden Atmosphäre wärmebehandelt, wobei schon eine braune Oxidschicht erhalten wird, die anschließend sofort mit einer wäßrigen Lösung eines Metallsalzes aus der Gruppe Kaliumchlorat, Kaliumpermanganat und Natriumhypochlorit, alleine oder in Mischung mit Kupfersulfat behandelt wird (vgl. Spalte 1, Zeilen 49-53; Spalte 2, Zeilen 15-23; Anspruch 1). Diese chemische Nachbehandlung ergibt eine einheitlichere Braunfärbung und erfolgt bevorzugt bei Temperaturen im Bereich von 20-90°C für eine Dauer von etwa 1-10 Minuten (vgl. Anspruch 3). Gemäß dem einzigen Ausführungsbeispiel wurde Kupferband im Temperaturbereich von 150-350°C (bevorzugt 275°C) in einer kontrollierten Atmosphäre mit einem Sauerstoffanteil von etwa 25 Vol.% im Ofen für eine Dauer von 0.1-30 Minuten behandelt und anschließend nach dem Abkühlen in einem Bad einer wäßrigen Lösung von 50 g/l Kaliumchlorat und 100 g/l Kupfersulfatpentahydrat für etwa 2-3 Minuten bei 80°C getaucht, gespült und getrocknet. Das Kupfer-Band wies eine gleichmäßige Braunpatina-Beschichtung auf (vgl. Spalte 2, Zeilen 36-67).

3.2. Aufgabe

Die gegenüber dem Stand der Technik nach der Entgegenhaltung D7 zu lösende Aufgabe wird darin gesehen, ein alternatives Verfahren zu schaffen, mit dem eine festhaftende Braunpatina auf Kupferhalbzeug erzeugt werden kann.

3.3. Lösung

Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß

a) in einem ersten thermischen Oxidationsschritt im Temperaturbereich von 450-600°C für eine Dauer von 0.1- 5. Minuten in einer Mischgasatmosphäre mit 3-10 Vol.% Sauerstoffgehalt gearbeitet wird, und daß

b) eine zweite chemische Behandlung mit einer wäßrigen Lösung aus einem alkalisch reagierenden Salz in Verbindung mit mindestens einem anorganischen Peroxid vorgesehen ist, wobei die Lösung einen pH-Wert von größer als 8 und eine Temperatur von 30-90°C aufweist und die Behandlung für eine Dauer zwischen 15 und 120 Sekunden erfolgt.

Die erfindungsgemäße Lösung dieser Aufgabe ist insofern unterschiedlich zum Verfahren gemäß der Entgegenhaltung D7, als im 1. Schritt mit höherer Temperatur und niedrigerem Sauerstoffgehalt eine rote Cu2O-Schicht erhalten wird, die als Haftvermittler wirkt, was als Resultat der Parameter Temperatur, Sauerstoffgehalt und Behandlungsdauer glaubhaft durch die vorgelegten Versuche bzw. Versuchshandmuster nachgewiesen wurde, und als im 2. Schritt des Verfahrens, eine chemische Oxidation der Oberfläche dieser roten Cu2O-Schicht, eine braune CuO-Schicht auf der ersten Schicht erzeugt wird, wobei eine spezielle basische wäßrige Lösung zum Einsatz kommt.

3.4. Die erfindungsgemäße Lösung wird durch den Stand der Technik aus folgenden Gründen nicht nahegelegt.

Die Entgegenhaltung D7 offenbart ganz allgemein eine Wärmebehandlung in einem Temperaturbereich von 150-650°C für eine Dauer von 0.1 bis 30 Minuten in einer kontrolliert oxidierenden Atmosphäre ohne einen Bereich eines Sauerstoffgehalts zu erwähnen. Gemäß der einzigen spezifischeren Offenbarung des Beispiels wird im Temperaturbereich zwischen 150-350°C, insbesondere bei 275°C mit einer Atmosphäre enthaltend ca. 25 Vol.% Sauerstoff oxidiert (vgl. Beispiel; Anspruch 6). Die Entgegenhaltung D7 offenbart weder, welches Kupferoxid gebildet wird, noch, daß es in der Praxis Probleme mit der Haftung der Braunpatina gibt, wie vom Beschwerdeführer argumentiert wird.

3.5. Der Beschwerdegegner argumentierte, daß der Fachmann durch die Entgegenhaltung D2 weiß (vgl. Seite 73, Zeilen 7-9), daß die Haftung der Gesamtschicht auf dem Kupfersubstrat von der unteren Cu2O-Schicht, die im übrigen immer zuerst bei der Oxidation entstehe, abhänge. Deshalb würde der Fachmann ausgehend von dem bekannten Temperaturbereich gemäß der Entgegenhaltung D7, entsprechend den Bereichen der Temperatur- Druckregionen für die Bildung von Cu2O, CuO und Cu der Figur 6 der Entgegenhaltung D2 den Sauerstoffdruck vermindern, um gezielt eine Cu2O-Schicht zu erhalten. Diese Schicht würde dann anschließend mit einer chemischen Lösung in Analogie zum Verfahren nach D7 bei einem pH von größer als 8 nachoxidiert, wobei der Fachmann ohne weiteres anorganische Peroxide auswählen würde.

3.6. Die Kammer vermag dieser Argumentation aus folgenden Gründen nicht zu folgen.

Der Fachmann hat zunächst mehrere Möglichkeiten, das Verfahren nach der Entgegenhaltung D7 unter Berücksichtigung der Offenbarung der Entgegenhaltung D2 abzuändern. In der Figur 6 gemäß D2 ist eine strichlierte Linie für Luft (Luft enthält ca. 21 Vol.% Sauerstoff) mit einem Druck von 1 bar (=1 Atmosphäre) eingezeichnet, welche im Bereich der Temperatur- Druckregion für die Bildung von Cu2O beginnt und dann bei ca. 250-280°C den Bereich der Temperatur-Druckregion für CuO erreicht, ehe sie schließlich bei ca. 1000°C wieder in den Bereich für Cu2O wechselt (der Abszisse des Diagramms sind mangels Strichmarken die Temperaturwerte nur ungefähr zu entnehmen). Das bedeutet zunächst, daß der Temperaturbereich von 150-650°C und der Sauerstoffgehalt von ca. 21 Vol.% für Luft bei Normaldruck die Bereiche der Bildung von Cu2O und von CuO überstreicht. Das gleiche wird für denselben Temperaturbereich von 150-650°C bei Normaldruck und einen Sauerstoffgehalt von ca. 25 Vol.% gemäß dem Verfahren nach D7 gelten.

Aus der Entgegenhaltung D2 kann der Fachmann nicht entnehmen, daß rotes Cu2O andere Haftungseigenschaften für eine nachfolgende CuO-Schicht ergibt, als die mit dem Verfahren nach D7 erhaltene braune Schicht, welche aber laut Aussage des Beschwerdeführers ebenfalls aus Cu2O besteht. Da der Fachmann die Haftungsprobleme des nach D7 erhaltenen Produkts nicht kennt, hat er auch keinen Grund, die Eigenschaften dieser Schicht in bestimmter Weise zu verändern, z. B. in dem er zunächst rotes Cu2O herstellt.

Wie aus der vom Beschwerdegegner zitierten Passage der Entgegenhaltung D2 hervorgeht, entsteht bei Temperaturen bis unterhalb von ca. 250°C ausschließlich Cu2O (vgl. D2, Seite 73, linke Spalte, Zeilen 7-9). Der Fachmann würde daher zunächst mit größter Wahrscheinlichkeit anstatt der in D7 beschriebenen Atmosphäre mit ca. 25 Vol.% Sauerstoff normale Luft mit ca. 21 Vol.% Sauerstoff verwenden. Dann würde er aber viel wahrscheinlicher eher die Temperatur senken, um in den Bereich für die Bildung des Cu2O zu kommen, in dem ausschließlich Cu2O gebildet wird, als den Druck zu reduzieren und gleichzeitig die Temperatur zu erhöhen. Beide Maßnahmen (d. h. reduzierter Druck und Temperaturerhöhung) würden gegenüber der ersten Variante (nämlich der Temperatursenkung) den Energieverbrauch des Verfahrens deutlich erhöhen. Der Fachmann würde diese Variante daher nicht bevorzugen. Eine dritte Möglichkeit für den Fachmann wäre, die Temperatur entsprechend der strichlierten Linie auf über 1000°C anzuheben, wobei der Energieverbrauch gegenüber der ersten Variante ebenfalls deutlich ansteigen würde. Daher würde der Fachmann die erste Variante auswählen.

Die Kammer stimmt dem Beschwerdeführer zu, daß Figur 6 keine Mischgasatmosphäre mit anderen Vol.%-Bereichen von Sauerstoff wie z. B. 3-10 Vol.% offenbart, da lediglich Luft als Standard verwendet wurde, deren Druck von ca. 10-5 mmHg bis ca. 104 mmHg reicht (eingezeichnete linke Skala der Ordinate von 10-4 mmHg bis 103 mmHg; siehe D2, Figur 6). Da aber nur der Druck der Luft variiert wurde, liegt der Sauerstoffanteil auch bei reduziertem Druck konstant bei ca. 21 Vol.% der Gasmischung.

Somit ist schon der erste Schritt des Verfahrens gemäß Anspruch 6 als nicht naheliegend zu betrachten.

3.7. Der Beschwerdegegner hatte weiter argumentiert, daß es für den Fachmann aufgrund der Entgegenhaltung D5 naheliegend wäre, einen pH-Wert von größer als 8 für die chemische Oxidationslösung auszuwählen.

Hierzu bemerkt die Kammer folgendes: Wie aus dem Pourbaix-Diagramm (vgl. D5, Figur 1) ersichtlich ist, sollte mit allen drei in D7 für die Nachbehandlung genannten Metallsalzen gemäß deren Standard- Redoxpotentialen: Chlorat +1.45 Volt, Hypochlorit + 1.495. Volt und Permanganat + 1.51 Volt auch im leicht sauren Bereich CuO erhalten werden, was auch für den alkalischen Bereich und den dann gültigen Standard- Redoxpotentialen von Chlorat + 0.62 Volt, Hypochlorit +0.85 Volt und Permanganat/Braunstein +0.588 Volt zutrifft. Die in D7 genannten Metallsalze Kaliumchlorat und Kaliumpermanganat reagieren bei der Hydrolyse (d. h. auflösen) in Wasser neutral, während Natriumhypochlorit stark alkalisch reagiert (pH von 10.27 für eine 0.1 molare Lösung). Das Kupfersulfatpentahydrat hingegen wird leicht sauer bei der Hydrolyse reagieren, es ist aber nur fakultativ in der Nachbehandlungslösung nach D7 vorhanden. Die Entgegenhaltung D7 offenbart somit eine Nachoxidation mit Metallsalzbädern, die sowohl im neutralen (oder schwach saurem) als auch im alkalischen pH-Bereich durchgeführt werden kann. Außerdem wurde das einzige Beispiel gemäß Dokument D7 mit einer Lösung von Kaliumchlorat und Kupfersulfatpentahydrat ausgeführt, das somit einen leicht sauren pH-Wert (d. h. kleiner als 7) aufwies, und damit den Fachmann in eine andere Richtung als einen pH-Wert von größer als 8 führt.

Auch das Argument, daß es für den Fachmann ohne weiteres auf der Hand läge, anorganische Peroxide als Oxidationsmittel auszuwählen, kann nicht akzeptiert werden.

Durch die vom Beschwerdeführer eingereichten Versuche (vgl. Anlagen G und H des Schreibens vom 18.06.2003) zur Oxidation von rotem Cu2O zu CuO mit den in Dokument D7 genannten Oxidationsmitteln wurde ausgeführt und auch glaubhaft gemacht, daß in der Praxis die Oxidationskraft der in D7 offenbarten Oxidationslösungen nicht ausreicht, obwohl theoretisch eine Oxidation entsprechend dem Standard-Redoxpotential dieser Salze erfolgen müßte. Dieses Problem war aus der Entgegenhaltung D7 im übrigen nicht offensichtlich, da dort schon Braunpatina vorhanden war, die mit der Lösung der genannten Oxidationsmittel nachbehandelt wurde.

Die Kammer stimmt mit dem Beschwerdeführer überein, daß es eine Vielzahl von anorganischen, aber auch organischen, Oxidationsmitteln gibt, aus denen der Fachmann auswählen konnte. Die Auswahl von anorganischen Peroxiden stellt zwar eine Möglichkeit unter vielen dar, jedoch hatte der Fachmann keine Veranlassung, gerade anorganische Peroxide als Alternative zu den gemäß D7 eingesetzten Salzen zu verwenden.

Somit ist auch der zweite Schritt des Verfahrens gemäß Anspruch 6 als nicht naheliegend zu betrachten.

3.8. Das Verfahren gemäß Anspruch 6 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

4. Zurückverweisung an die erste Instanz

Da beide Parteien hilfsweise beantragt haben, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen, und da die Einspruchsabteilung die Patentfähigkeit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 3 des Streitpatents offensichtlich nicht geprüft hat, hält die Kammer eine Zurückverweisung in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 111 (1) EPÜ für geboten, um den Parteien die Prüfung der Sache durch zwei Instanzen zu ermöglichen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

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