European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2000:T035100.20001212 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 Dezember 2000 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0351/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95110543.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60C 9/20 B60C 15/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Bandage und Verfahren zur Bandage von festigkeitsgebenden Schichten eines Reifens | ||||||||
Name des Anmelders: | Uniroyal Englebert Reifen GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (bejaht, nach Änderung) Erfinderische Tätigkeit (bejaht, nach Änderung) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 12. Oktober 1999 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 95 110 543.6 (EP-A-0 692 395).
II. Die Prüfungsabteilung hat in der Entscheidung folgende Patentschriften berücksichtigt:
D1 US-A-4 739 814
D2 US-A-3 028 903.
Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, daß die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 9 vom 10. September 1998 gegenüber D1 nicht neu seien und daß für den Fachmann der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 13 im Lichte der D1 und der D2 naheliegend sei.
Die folgenden zusätzlichen Patenschriften wurden im Recherchenbericht genannt:
D3 US-A-2 904 095
D4 US-A-3 040 797
D5 US-A-5 365 988 (veröffentlicht nach dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung).
Die folgende Druckschrift wurde in der Beschreibung der Anmeldung gewürdigt:
D6 DE-A-4 214 197.
III. Die Beschwerde wurde am 15. Dezember 1999 bei gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 18. Februar 2000 eingegangen.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte in einer mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2000, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüche 1. bis 7 sowie der ebenfalls vorgelegten Beschreibung und Zeichnungen zu erteilen, wobei die Ansprüche 2 bis 4, 6 und 7 bevorzugte Merkmale der unabhängigen Ansprüche 1, 5. betreffen.
V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 5 lauten wie folgt, wobei gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung des Anspruchs 1 bzw. 9 hinzugefügter Text fettgedruckt und gestrichener Text in Klammern gesetzt ist:
"1. Bandage eines Fahrzeugreifens, die aus Textilgewebe in Form eines umlaufenden Cordgewebes zur Erzielung des Zusammenhalts des Gürtels [von festigkeitsgebenden Schichten] eines Fahrzeugreifens ausgebildet ist, wobei das Textilgewebe aus einem Nylongewebe bzw. Polyestergewebe aus Einfachgarn (9) mit Titer dtex zwischen 800 und 2000 mit Baumwoll- und Rayonschuss (10) aufgebaut ist, wobei das Textilgewebe (4) ungummiert und zumindest auf der Seite, die den zu bandagierenden, festigkeitsgebenden Schichten (2, 3) des Gürtels im Fahrzeugreifen [Fahrzeugreifens] zugewandt ist, zumindest in Teilbereichen selbstklebend auf der äußeren festigkeitsgebenden Schicht ausgebildet ist."
"5. Verfahren zur Bandage des Gürtels [von festigkeitsgebenden Schichten] eines Reifens, bei dem eine Bandage nach einem der Ansprüche 1 bis 4 [Bandagematerial (4, 13) aus Textilgewebe] ungummiert auf die [zumindest eine] festigkeitsgebende Schicht des Gürtels des Reifens aufgeklebt wird."
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Änderungen
2. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist im wesentlichen eine Kombination der Merkmale der Ansprüche 1. und 5 in der ursprünglich eingereichten Fassung, wobei das Merkmal "Cordgewebe" aus der Darstellung der Gewebeausbildung mit den Kettfäden aus Nylongarn und mit den Schußfäden aus Baumwolle bzw. Rayon entnehmbar ist (Seite 6, Zeilen 1 bis 5; Figur 2). Daß das Cordgewebe "umlaufend" angeordnet ist, ist aus der Seite 5, Zeilen 17. bis 22 entnehmbar. Das Merkmal "ungummiert" ist aus der Seite 2, letzter Satz entnehmbar. Das Merkmal "Gürtel", das in den Ansprüchen 1 und 5 gegenüber dem Merkmal "festigkeitsgebenden Schichten" eine Einschränkung bedeutet, ist aus der Seite 5, Zeilen 11 bis 17 der Beschreibung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung i. V. m. den ursprünglichen Figuren 1, 4 entnehmbar.
3. Die Beschreibung wurde im wesentlichen zur Anpassung an den Ansprüchen geändert, wobei der Ausführungsbeispiel gemäß der ursprünglich eingereichten Figur 3 gestrichen und die D1 gewürdigt wurden.
4. Die Anmeldungsunterlagen gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin erfüllen somit die Erfordernisse der Artikeln 84 und 123 (2) EPÜ.
Patentfähigkeit
5. Neuheit
5.1. D1 betrifft eine Bandage ("cap-ply") eines Fahrzeugreifens, die aus Textilgewebe in Form eines umlaufenden Kreuzgewebes (Spalte 3, Zeilen 1 bis 16) zur Erzielung des Zusammenhalts von festigkeitsgebenden Gürtelschichten eines Fahrzeugreifens ausgebildet ist. Das Textilgewebe ist aus Nylon-, Polyester-, Rayon-, oder Aramidfäden aufgebaut. Bei einem spezifischen Ausführungsbeispiel weist das Gewebe Polyesterkettfäden mit Titer dtex 1100 und Nylonschußfäden mit 470 dtex auf (Spalte 3, Zeilen 27 bis 29). Gemäß Spalte 3, Zeilen 17 bis 19 weist das Gewebe eine klebrige Oberfläche zur Verbesserung der Adhäsion während des Reifenbaus auf. Es ist für den Fachmann dabei mit erfaßt, daß das Textilgewebe ungummiert und zumindest auf der Seite, die den zu bandagierenden, festigkeitsgebenden Schichten des Fahrzeugreifens zugewandt ist, zumindest in Teilbereichen selbstklebend ausgebildet ist.
5.2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von dem der D1 dadurch, daß:
- das Textilgewebe ein Cordgewebe mit Baumwoll- und Rayonschuß aus Einfachgarn ist.
5.3. Keine der anderen genannten Patentschriften offenbart ein ungummiertes selbstklebendes Cordgewebe.
5.4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher gegenüber dem genannten Stand der Technik neu (Artikel 54 EPÜ).
6. Erfinderische Tätigkeit
6.1. Der Zweck der im Anspruch 1 definierten Bandage ist es, eine sichere Verbindung des Gürtels eines Reifens mit der darunter liegenden Karkasse herzustellen (geltende Beschreibung Spalte 1, Zeilen 8 bis 14). Eine sichere Verbindung wurde gemäß D6 schon dadurch erreicht, daß die Bandage aus gummiertem Cordgewebe hergestellt wurde, wegen der Gummierung war diese Lösung jedoch hinsichtlich der Herstellungs- und Materialkosten sowie der Laufeigenschaften nachteilig (Spalte 1, Zeilen 28 bis 39). Diese Nachteile sind auch in D1 erwähnt (Spalte 1, Zeilen 33 bis 52, 62 bis 68; Spalte 4, Zeilen 9. bis 12) und werden durch die Anwendung eines Gewebes besonderer Gestaltung beseitigt, bei dem wegen dessen in allen Richtungen gegebener Stabilität auf eine Gummierung verzichtet werden kann (Spalte 4, Zeilen 1 bis 8). Der Gegenstand der D1 liegt somit weiter entfernt als derjenige der D6 von einem Reifen mit einer Bandage aus Cordgewebe, wie sie im Anspruch 1 definiert wird. Nach Auffassung der Kammer ist der den Ausgangspunkt bildende Stand der Technik daher nicht aus D1, sondern aus D6 bekannt.
6.2. D6 offenbart eine Bandage eines Fahrzeugreifens, die aus Textilgewebe in Form eines umlaufenden gummierten Nyloncordgewebes zur Erzielung des Zusammenhalts von festigkeitsgebenden Schichten eines Fahrzeugreifens ausgebildet ist (Spalte 1, Zeile 61).
6.3. Es folgt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 sich von dem der D6 dadurch unterscheidet, daß:
a) - das Textilgewebe aus Einfachgarn mit Titer dtex zwischen 800 und 2000 mit Baumwoll- und Rayonschuß aufgebaut ist, wobei
b) - das Textilgewebe ungummiert und zumindest auf der Seite, die den zu bandagierenden, festigkeitsgebenden Schichten des Gürtels zugewandt ist, zumindest in Teilbereichen selbstklebend ausgebildet ist.
6.4. Die Lehre der D6 betrifft hauptsächlich die Herstellung des Gürtels und die Konstruktion der Bandage ist nicht ausführlich angegeben. Die Merkmale in der Gruppe a) dienen dazu, das verwendete Gewebe vollständig zu definieren. Die Merkmale in der Gruppe b) bewirken eine Reduktion des Herstellungs- und Materialaufwands sowie des Gewichts. Bei den Merkmalsgruppen a) und b) handelt es sich somit um die Lösungen von Teilaufgaben, die für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit jeweils für sich zu betrachten sind. Die entsprechenden zu lösenden Aufgaben sind:
a) - Angabe eines geeigneten Cordgewebes; und
b) - die Herstellungskosten und das Gewicht eines Reifens zu reduzieren, unter Beibehaltung der Leistungseigenschaften.
6.5. Die in der D1 gestellte Aufgabe entspricht der Aufgabe b) (Spalte 1, Zeile 62 bis Spalte 2, Zeile 10; Spalte 4, Zeilen 9 bis 15) und wurde dadurch gelöst, daß ein mit einer klebrigen Oberfläche versehenes, in sich stabiles Kreuzgewebe verwendet wird (Spalte 2, Zeilen 11 bis 16). Gemäß der D1 werden sowohl die Konstruktion des Gewebes als auch die klebrige Oberfläche als wesentlich für die Hauptfunktion der Bandage geschildert (Spalte 4, Zeilen 1. bis 5; Anspruch 1), weshalb der Fachmann diese Merkmale als eine Kombination betrachten wird. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß der Fachmann durch D1 nicht veranlaßt wird, allein die Klebrigkeit der Oberfläche gemäß D1 auf das Cordgewebe gemäß D6 zu übertragen.
6.6. Die D2, D3 und D4 betreffen Bandagen, die zumindest auf der Seite, die den zu bandagierenden, festigkeitsgebenden Schichten des Fahrzeugreifens zugewandt ist, gummiert sind und daher ebenfalls keine Lehre in Richtung des Gegenstands des Anspruchs 1 enthalten. Die Lehre der D5 entspricht im wesentlichen dem Inhalt der D1.
6.7. Die Kammer kommt somit zu dem Schluß, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 durch den genannten Stand der Technik nicht nahegelegt wird und daher auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).
7. Wegen des Rückbezugs im Anspruch 5 auf die Ansprüche 1 bis 4 ist das Vorhandensein der Bandage gemäß dem Anspruch 1 eine Bedingung zur Ausführung des Verfahrens gemäß dem Anspruch 5. Weil die Bandage gemäß dem Anspruch 1 - wie vorstehend dargelegt - gegenüber dem genannten Stand der Technik neu und erfinderisch ist, gilt das gleichermaßen für den Gegenstand des Anspruchs 5 sowie die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 4, 6 und 7.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche 1 bis 7, Beschreibung und Figuren 1 bis 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.