European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2004:T030300.20040624 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 Juni 2004 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0303/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95117736.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01D 29/21 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Flüssigkeitsfilter | ||||||||
Name des Anmelders: | Mann + Hummel GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - Erweiterung (nein) Neuheit (ja) - nach Änderung Zurückverweisung |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung aufgrund mangelnder Neuheit zurückzuweisen.
Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, daß der Gegenstand des mit Schreiben vom 23. Februar 1999 eingereichten Anspruchs 1 gegenüber D1 (WO-A-92/17262) nicht neu war.
II. Die Kammer hat der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 29. November 2002 mitgeteilt, warum sie der vorläufigen Auffassung war, daß der erhobene Einwand mangelnder Neuheit gegenüber der Offenbarung von D1 nicht ausgeräumt war.
III. Mit Schreiben vom 13. Januar 2003 hat die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruchssatz eingereicht.
IV. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß die Kammer Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit des neu eingereichten Anspruchs 1 mit den Erfordernissen der Artikel 123 (2) und 54 EPÜ habe.
V. Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2004 reichte die Beschwerdeführerin drei neue Anspruchssätze als Grundlage für einen Hauptantrag und zwei Hilfsanträge ein.
VI. In der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2004 hat die Beschwerdeführerin ihre früheren Anträge zurückgezogen und einen neuen Satz von 8 Ansprüchen als Grundlage für ihren einzigen Antrag eingereicht. Der geltende Anspruch 1 lautete wie folgt:
"Flüssigkeitsfilter, insbesondere für die Reinigung von Schmieröl für Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen, bestehend aus einem Filtergehäuse (10) mit einem Schraubdeckel (11), mit einer in dieses Filtergehäuse (10) eingesetzten ringförmigen Patrone (12), ferner mit einem Öleinlass für das zu reinigende Öl, mit einem mit dem zentralen Innenbereich des Filtergehäuses (10) verbundenen Ölauslass für gereinigtes Öl, wobei die Filterpatrone (12) auf einem Stützrohr (15) aufgeschoben ist und das Stützrohr (15) am Deckel (11) oder Boden des Filtergehäuses (10) verrastet ist, wobei an Deckel (11) oder Boden (10) Rastzungen (18) angeordnet sind, welche mit Rastzungen (20) des Stützrohres (15) in Eingriff gebracht sind, wobei die Rastzungen (18,20) jeweils Rastnasen aufweisen, die jeweils in Längsrichtung der Rastzungen (18,20) unter einem stumpfen Winkel derart gegensinnig abgeschrägt sind, dass die Rastnasen mit ihren schrägen Flächen zueinander gewandt sind und wobei für die Rastzungen (18,20) wenigstens eines Elementes Stützrohr (15) und Deckel (11) oder Boden (10) Führungsflächen (21,22) vorgesehen sind, wobei die Führungsflächen (21,22) in einen Haltebereich (23,24) münden, welcher verhindert, dass nach dem Einrasten des Stützrohres (15) an dem Deckel (11) dieses vom Deckel (11) gelöst werden kann."
VII. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:
- Das Merkmal, wonach die Führungsflächen in einen Haltebereich münden, sei der ursprünglichen Beschreibung entnommen.
- Das Merkmal, wonach die Rastnasen stumpf abgewinkelte Schrägflächen aufweisen, sei in den ursprünglich eingereichten Zeichnungen deutlich sichtbar.
- Die Kombination dieser beiden Merkmale sei durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt und in D1 nicht offenbart.
VIII. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchssatzes zu erteilen.
Entscheidungsgründe
1. Änderungen, Artikel 123 (2) EPÜ
1.1. Der geltende Anspruch 1 enthält im wesentlichen alle Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1 zuzüglich der Anforderungen,
a) daß die Rastzungen (18,20) jeweils Rastnasen aufweisen, die jeweils in Längsrichtung der Rastzungen (18,20) unter einem stumpfen Winkel derart gegensinnig abgeschrägt sind, daß die Rastnasen mit ihren schrägen Flächen zueinander gewandt sind, und
b) daß die Führungsflächen (21,22) in einen Haltebereich (23,24) münden, welcher verhindert, daß nach dem Einrasten des Stützrohres (15) an dem Deckel (11) dieses vom Deckel gelöst werden kann.
1.2. Es ist unbestritten, dass Merkmal a) in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht expressis verbis enthalten ist. Aus den ursprünglich eingereichten Figuren 1 und 2 ist jedoch zu entnehmen, daß sowohl die an dem Deckel angeordneten Rastzungen (18) als auch die an dem Stützrohr angeordneten Rastzungen (20) Rastnasen aufweisen, die zueinander gewandt sind und für ein Einrasten der Rastzungen in Eingriff miteinander zu bringen sind. Es ist weiterhin ersichtlich, daß dieser Eingriff auf stumpf abgewinkelten Flächen erfolgt. Die Kammer hält es für glaubhaft, daß durch solche stumpf abgewinkelten Flächen eine Aufschiebung des Stützrohres auf den Deckel relativ problemlos erreicht werden kann. Das Merkmal steht somit in Einklang mit der ursprünglichen Offenbarung, wonach gewährleistet werden soll, daß der Stützkörper in einfacher Weise am Deckel einrastet (Seite 2, 4. Absatz und Seite 4, Zeilen 16 bis 17).
1.3. Die Grundlage für Merkmal b) befindet sich in der ursprünglichen Beschreibung, Seite 4, Zeilen 8 bis 11. Obwohl dieser Teil der Beschreibung in Zusammenhang mit Figur 1 steht, wird der Zweck dieses Merkmals auch im allgemeinen Teil der Beschreibung erwähnt (vgl. Seite 2, 4. Absatz: "Der Vorteil der erfinderischen Idee liegt darin, daß durch die Rastzungen zwar ein Einrasten des Stützrohres an dem Deckel oder dem Boden des Filtergehäuses einfach durchzuführen ist. Die besondere Gestaltung mit Führungsflächen sorgt jedoch dafür, dass ein Auseinandernehmen bzw. ein Abtrennen des Stützrohres von Deckel oder Boden nahezu unmöglich ist."). Nach Ansicht der Kammer ist dieses Merkmal daher nicht auf eine bevorzugte Ausgestaltung der Vorrichtung, etwa gemäß Figur 1, beschränkt.
1.4. Der Beschwerdeführerin ist dahingehend zu folgen, daß die neu hinzugefügten Merkmale a) und b) derart zusammenwirken, daß ein Auslösen der Verschnappung einfach durchzuführen ist, aber ein Abtrennen des Stützrohres von Deckel oder Boden erschwert oder verhindert wird. Diese beiden Merkmale sind ursprünglich nicht in zwingender Kombination mit anderen Vorrichtungsmerkmalen beschrieben. Auch ist für die Kammer keine funktionale oder strukturelle Verbindung zwischen diesen neuen Merkmalen und weiteren in Anspruch 1 nicht spezifizierten Merkmalen erkennbar. Somit befindet die Kammer, dass der geänderte Anspruch 1 den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ genügt.
2. Neuheit, Artikel 54 EPÜ
2.1. Es ist unbestritten, daß D1 ein Flüssigkeitsfilter mit unlösbarer Schnappverbindung zwischen Gehäusedeckel und Trägerteil offenbart (siehe Figur 4 in Zusammenhang mit der Beschreibung, Seite 9, 3. Absatz bis Seite 10, 3. Absatz). In der Beschreibung wird jedoch nicht darauf eingegangen, wie diese unlösbare Schnappverbindung ausgestaltet ist. Es ist lediglich der Figur 4 zu entnehmen, daß die Schnappverbindung (82) über hakenförmige, zueinander gewandte Laschen (Rastzungen) an Trägerteil (81) (Stützrohr) und Gehäusedeckel (5) erfolgt.
2.2. Für die Auslegung der Offenbarung in bezug auf Figur 4 hat sich die Beschwerdeführerin auf die Beschreibung der Figur 5 gestützt. Demnach umfaßt die lösbare Schnappverbindung vier am inneren Deckelboden umfangsmäßig gleich verteilte, ins Gehäuseinnere ragende, hakenförmige Laschen (95), die in entsprechende geschlossene Aussparungen (96) des Trägerteils (81) eingreifen. Nach Einschnappen der Laschen liegt jeweils ein Nocken (97) jeder Lasche mit seiner scharfen Kante (98) an einer in Sicherungsrichtung scharfkantig ausgebildeten Verkrallseite (99) der Aussparung (96) an, so daß auch bei extremen Druckverhältnissen im Filterinneren ein ungewolltes Lösen des Trägerteils (81) vom Gehäusedeckel (5) unmöglich ist. Angeschrägte Flächen sind je nach der gewünschten Löserichtung an den übrigen drei Seiten der Aussparungen (96) möglich, nicht aber an den zueinander gewandten Laschenkanten und Verkrallflächen (Seite 10, letzter Absatz bis Seite 11, erster Absatz).
Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, daß D1 für die lösbare Schnappverbindung gemäß Figur 5 eindeutig eine Schnappvorrichtung mit scharfkantig ausgebildeten Laschen und Verkrallflächen offenbare, welche einer Schnappvorrichtung entspreche, die auf scharfwinkligen Rastnasen beruhe. Um so mehr dürften für die unlösbare Schnappverbindung gemäß Figur 4 auch Laschen mit ähnlich scharfkantig ausgebildeten Gegenstücken vorgesehen sein, da es keinen Grund gebe, diese Schnappverbindung weniger stabil zu gestalten. Diese Vermutung stehe nicht im Widerspruch zu der Zeichnung, welche eine Verrastung der jeweiligen Gegenstücke über um ca. 90° abgewinkelte Rastnasen darstelle. Somit sei aus D1 kein Hinweis zu entnehmen, daß für die unlösbare Schnappverbindung gemäß Figur 4 eine stumpfe Schräge in den Rastnasen vorhanden sein solle.
2.3. Die Kammer kann dem obigen Vortrag der Beschwerdeführerin folgen und kommt zu der Schlußfolgerung, daß D1 keine klare und eindeutige Lehre darüber enthält, ein Flüssigkeitsfilter mit einer unlösbaren Schnappverbindung zu versehen, welche Rastzungen umfaßt, die jeweils in Längsrichtung unter einem stumpfen Winkel gegensinnig abgeschrägte und zueinander gewandte Rastnasen aufweisen. Auch ist die Kombination aller Merkmale des geltenden Anspruchs 1 in keinem anderen Dokument des vorliegenden Stands der Technik offenbart. Daher ist auf Neuheit zu erkennen.
3. Zurückverweisung, Artikel 111 (1) EPÜ
Die Frage der erfinderischen Tätigkeit ist von der Prüfungsabteilung nicht abschließend entschieden worden. Die Kammer hält es für sinnvoll, in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 111 (1) EPÜ die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an die erste Instanz zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zur Fortsetzung des Verfahrens zurückverwiesen.