T 0300/00 () of 6.12.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T030000.20011206
Datum der Entscheidung: 06 Dezember 2001
Aktenzeichen: T 0300/00
Anmeldenummer: 94918792.6
IPC-Klasse: B07B 1/40
B07B 1/42
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung und Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren von Stoffen
Name des Anmelders: Telsonic AG
Name des Einsprechenden: Russell Finex Limited
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Änderungen - Anspruchserweiterung (verneint)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 1999 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch der Firma Russell Finex Limited gegen das europäische Patent Nr. 0 652 810 zurückgewiesen. Die schriftliche Entscheidung erging am 18. Januar 2000.

II. Gegen vorgenannte Entscheidung hat die Einsprechende - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 20. März 2000 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 29. Mai 2000 begründet. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, daß das Beanspruchte im Lichte der

(D1) EP-A2-0 369 572 und

(D35) FR-A-2 682 050

nicht neu und erfinderisch sei.

III. Die Patentinhaberin - nachfolgend Beschwerdegegnerin - widersprach diesem Vorbringen und legte im Anschluß an die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 17. Mai 2000 neugefaßte unabhängige Patentansprüche betreffend eine Vorrichtung (Anspruch 1) bzw. ein Verfahren (Anspruch 23) zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren vor.

IV. Diese unabhängigen Ansprüche haben folgende Wortlaute:

"1. Vorrichtung zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und dieser zugeordnetem Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zuleitbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass dem Ultraschallwandler (10) wenigstens ein an der Siebfläche (18) anliegender Resonator (14) zugeordnet ist, der auf die Resonanz des Ultraschallwandlers abgestimmt und von letzterem in Schwingungen, insbesondere in Biegeschwingungen, versetzbar ist, und dass der Resonator Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) oder wenigstens einen Kreisstab (68) aufweist."

"23. Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und diesem zugeordnetem Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zugeleitet werden, insbesondere mit einer Siebvorrichtung nach wenigstens einem der vorangehenden Patentansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass von einem ausserhalb einer Siebfläche festliegenden Ultraschallwandler Ultraschall über wenigstens einen mit der Siebfläche verbundenen Resonator der Siebfläche zugeführt und radial zum Resonator an dieser entlanggeleitet wird, welcher Resonator wenigstens einen Kreisstab (68) oder Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) aufweist."

V. Diese unabhängigen vorgenannten Ansprüche 1 bzw. 23 bildeten die Basis der am 6. Dezember 2001 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor der Kammer, in der die Parteien im wesentlichen folgende Argumente geltend machten:

a) Beschwerdeführerin

- Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 23 seien nicht ursprungsoffenbart; so werde aus dem ursprünglichen Anspruch 7 bzw. 5 nur das Merkmal von "wenigstens" einem Kreisstab "68" herausgegriffen, nicht aber die funktionell damit verbundenen Merkmale seiner konzentrischen Anordnung und Abstützung über dünne Entkopplungsbleche "50"; es sei weiterhin zu berücksichtigen, daß die Beschreibung von einem System von Resonatorstäben spreche (EP-B1-0 652 810, Spalte 2, Zeilen 21/22), Anspruch 1 hingegen lediglich von "Stabresonatoren" (Mehrzahl);

- aus diesen Gründen könne das Streitpatent nicht auf der Basis des geltenden Schutzbegehrens in geändertem Umfange aufrechterhalten werden;

- bei der Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit des Beanspruchten sei zu berücksichtigen, daß beim Sieben von Materialien das Sieb immer in Resonanz schwingen müsse, das sei auch beim Gegenstand von (D1) der Fall;

- stelle der Fachmann fest, daß sich die dem Sieb zugeführte Schallenergie mit zunehmendem Abstand vom Resonator verliere, sei es naheliegend sicherzustellen, daß sie dahin geleitet werde, wo sie gebraucht werde; somit sei die Aufgabenstellung klar und deren Lösung naheliegend;

- aus diesem Blickwinkel heraus sollte (D35) zum Verfahren zugelassen werden, zumal sie wie das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 22 der Streitpatentschrift einen Kreisstab mit Resonator offenbare; da Streben "20" gemäß Figuren 4/5 der (D35) vom Wortlaut der vorliegenden Ansprüche 1 bzw. 23 nicht ausgeschlossen seien, lägen vergleichbare Sachverhalte vor;

- die Abstimmung des Schwingungssystems gemäß (D35) sei über die Veränderung des Ringes "10b" oder über die Veränderung des Schallwandlers möglich, dergestalt, daß der Ultraschall wirkungsvoll dem Sieb zugeleitet werde; konkret sei das dann der Fall, wenn der Schallwandler mit der Eigenfrequenz des Ringes "10b" betrieben werde;

- da die Schallenergie nicht in den Außenring "10a" gelange, würden auch etwaige Abstützpuffer aus einem Elastomer nicht übermäßig beansprucht;

- vorstehende Überlegungen zusammenfassend, beruhten die Gegenstände von Anspruch 1 bzw. 23 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

b) Beschwerdegegnerin:

- Bei der Frage der Ursprungsoffenbarung zählten nicht nur die Wortlaute von abhängigen Ansprüchen, sondern auch das, was für den Fachmann insgesamt aus den Ursprungsunterlagen entnehmbar sei, z. B. aus Spalte 2, Zeilen 18 bis 23. und 50 bis 54 in Verbindung z. B. mit Figuren 29/30, weil daraus unstrittig hervorgehe, daß Teilmerkmale von abhängigen Ansprüchen nicht funktionell zusammenwirkten - konkret der wenigstens eine Kreisstab und seine konzentrische Anordnung bzw. Abstützung über Radialbleche; zur Entkoppelung der beanspruchten Resonatoren enthalte das Streitpatent Varianten, nämlich die Beabstandung gemäß Figuren 1 bis 4 bzw. die Entkopplung mittels Radialblechen;

- überdies beinhalte ein "System von Resonatorstäben" in klarer Weise deren mehrfaches Vorhandensein und gemäß Figuren 29/30 sei es klar, daß auch eine Mehrzahl von Schallwandlern ursprungsoffenbart sei, die jeweils mit einer Mehrzahl von Stabresonatoren zusammenwirkten, so daß die unabhängigen Ansprüche diesbezüglich breit gefaßt sein könnten, ohne unklar zu sein bzw. den Rahmen des Ursprungsoffenbarten zu verlassen;

- mit Blick auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit sei vorauszuschicken, daß ein "Resonanzbetrieb" einer Siebeinrichtung kein Muß sei, wie z. B. ein handbetätigtes Sieb klar verdeutliche;

- selbst wenn berücksichtigt werde, daß das System der (D1) im Resonanzbetrieb arbeite, könne (D1) nicht auf das Beanspruchte hinlenken, weil deren Lösungsansatz zur Energieeinbringung u. a. mehrere Resonatoren, aber keine Stabresonatoren bzw. wenigstens einen Kreisstab vorsehe; der Fachmann hätte also keine Veranlassung gehabt, die Konstruktion der (D1) zu ändern;

- unabhängig davon, ob (D35) zum Verfahren zuzulassen sei, sei festzuhalten, daß auch sie dem Fachmann keine Stabresonatoren als probates Mittel zur Schallausbreitung offenbare bzw. nahelege; im einzelnen sei die Sonotrode "13" direkt am Rahmen "10b" angeordnet, wobei dieser die Ultraschallschwingungen in das Sieb einleite;

- die bauliche Ähnlichkeit von Figuren 4/5 der (D35) mit einem Ausführungsbeispiel der beanspruchten Erfindung lasse unberücksichtigt, daß die Streben "20" starr seien und im Gegensatz zum Beanspruchten nicht die Entkoppelung zwischen Innen- und Außenring übernehmen könnten; die in (D35) erwähnte Abstimmung führe gemäß Seite 2, Zeilen 23 bis 25 nur zu einem Betrieb in einer Eigenfrequenz; (D35) führe aus den genannten Gründen vom Beanspruchten weg, was besonders auch dadurch deutlich werde, daß die Siebform unterschiedlich sein könne, vgl. Seite 6, Absatz 3, ohne daß dies in (D35) auf die Abstimmung ausstrahle, vielmehr würde stets der gesamte Rahmen in Vibrationen versetzt, ohne jedoch im Resonanzbereich zu arbeiten;

- zusammenfassend ergebe sich, daß der Stand der Technik das Beanspruchte nicht nahelegen könne.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 652 810.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß dem Patent die in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 27 sowie eine ebenfalls überreichte angepaßte Beschreibung und die Figuren 1 bis 34 gemäß der Patentschrift zugrunde gelegt werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Anspruch 1 stützt sich auf alle Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1 sowie bezüglich des Merkmals "daß der Resonator Stabresonatoren ... aufweist" auf die ursprünglichen Ansprüche 2 und 3, in denen der Resonator einerseits als "fingerartige Elemente" (Anspruch 2) bzw. diese Elemente als "Stabresonatoren" (Anspruch 3) bezeichnet werden. Die im Anspruch 1 gewählte Formulierung "Stabresonatoren" ist damit nicht zu beanstanden, zumal sie auch im Einklang mit der Beschreibung steht, vgl. z. B. EP-B-0 652 810, Spalte 2, Zeilen 21/22, wo von einem "System" von Resonatorstäben die Rede ist, was im Deutschen nur ein Synonym einer Mehrzahl von (Stab)Resonatoren wiedergibt, ohne etwas in unzulässiger Weise hinzuzufügen oder wegzulassen.

2.2. Das zweite im Anspruch 1 beanspruchte kennzeichnende Merkmal des "wenigstens einen Kreisstab(s)" ist aus dem ursprünglichen Anspruch 7 in Verbindung mit Figur 22 und Seite 13, Absatz 4 herleitbar, wo u. a. ausgesagt ist: "wenigstens ein ... ringförmiger Stabresonator" (Anspruch 7) bzw. "der Resonatorkopf ... trägt ... einen Kreisstab 68". Unter diesen Umständen ist die gewählte Formulierung "wenigstens einen Kreisstab" nur die Zusammenfassung zweier einander nicht widersprechender Einzelaussagen.

2.3. Es trifft zu, daß dabei aus dem ursprünglichen Anspruch 7 die Aussagen "konzentrische Anordnung" bzw. die Abstützung über "Radialbleche" nicht in den geltenden Anspruch 1 übernommen wurden. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist diese Verallgemeinerung zulässig, weil ein funktionelles Zusammenwirken dieser Merkmale fehlt, zumal mehrere Kreisstäbe ebenso offenbart sind wie mehrere Schallwandler und erstere naturgemäß nicht alle zugleich konzentrisch angeordnet sein können und zumal die Entkopplung nicht nur durch Radialbleche, sondern auch über einen Abstand "b" gemäß Figuren 1/2 des Streitpatents realisierbar ist. Der Fachmann vermag damit zu erkennen, daß die Weglassung technisch sinnvoll ist und überdies aus der Mehrzahl von offenbarten Alternativen auch patentrechtlich gestützt ist.

2.4. Vorstehende Überlegungen zusammenfassend, vermag die Kammer keinen Verstoß gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ - und auch nicht des Artikels 84 EPÜ - zu erkennen. Dies gilt gleichermaßen für Anspruch 1 wie für den unabhängigen, eng damit verbundenen Verfahrensanspruch (Anspruch 23).

2.5. Die abhängigen Ansprüche sind aus der Sicht der Ursprungsoffenbarung ebenfalls mängelfrei, da sie im Beschwerdeverfahren lediglich in Übereinstimmung mit den unabhängigen Ansprüchen gebracht wurden.

3. Neuheit

Die Frage der Neuheit war im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht strittig, so daß sich ins Detail gehende Erörterungen erübrigen.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Bei gegebener Neuheit des Beanspruchten stand neben der Frage der Ursprungsoffenbarung die Frage des Vorliegens/Nichtvorliegens erfinderischer Tätigkeit im Verfahren vor der Kammer im Vordergrund. Nach Anhörung der Parteienvorträge gelangte die Kammer dabei zu nachfolgendem Ergebnis:

Die Entgegenhaltung (D35) wurde zum Verfahren zugelassen und den Beteiligten Gelegenheit gegeben, zu diesem nachgenannten Stand der Technik Stellung zu nehmen.

Die unabhängigen Ansprüche 1 bzw. 23 sind so eng miteinander verbunden, daß sie im folgenden gemeinsam behandelt werden.

4.2. Der nächstkommende Stand der Technik ist mit (D1) gegeben, womit eine Vorrichtung und ein Verfahren bekannt ist dergestalt, daß eine Siebfläche in einem Siebrahmen eingespannt ist, wobei ein tellerförmiger Ultraschallwandler/Resonator der Siebfläche Schwingungen zuleitet. Gemäß Beschreibungseinleitung des Streitpatents ist bei (D1) die Schallverteilung über das ganze aktive Siebgewebe sehr schlecht, vgl. EP-B1-0 652 810, Spalte 1, Zeilen 37 bis 40.

4.3. Von daher liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, durch eine geeignete Konstruktion diesen Nachteil weitgehend zu beseitigen.

4.4. Gelöst ist diese Aufgabe durch die Merkmale der Ansprüche 1 bzw. 23, nämlich durch (einen) Resonator(en) in Stabform bzw. in Kreisform, die die Schallenergie in alle Siebbereiche leiten und damit sicherstellen, daß kein Bereich der aktiven Siebfläche mehr als 20 bis 30. cm von der nächsten Ultraschallquelle entfernt liegt, vgl. EP-B1-0 652 810, Spalte 2, Zeilen 18 bis 21 und 35 bis 41.

4.5. Zwischen den Parteien strittig war zunächst die Aussage von Spalte 4, Zeilen 7 bis 15 der (D1), nämlich daß es wünschenswert wäre, daß das Sieb "100" in Resonanz schwingt, weil nach Darlegung der Beschwerdegegnerin hierfür die physikalischen Voraussetzungen fehlen, vgl. auch Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 40 bis 45.

4.6. Nach Auffassung der Kammer kann es dahingestellt bleiben, ob die obige Zielvorstellung der (D1) - "it is desirable to maintain the grating 100 at resonance" - bei leerem und beladenem Sieb gleichermaßen in Resonanz schwingen kann, weil sich Anspruch 1 bzw. 23 nicht auf die Abstimmung von Resonator und Ultraschallwandler beschränkt, sondern eine klare technische Anweisung an den Fachmann enthält, wie der Resonator wirkungsvoll auszugestalten ist, damit die Schallausbreitung über das gesamte Sieb verbessert wird, nämlich durch Stabresonatoren oder wenigstens einen Kreisstab.

4.7. Die entscheidende Frage lautet somit, ob der Fachmann durch (D1) und (D35), ob einzeln oder in Kombination betrachtet, auf die beanspruchte Erfindung hingelenkt wird oder nicht.

4.8. Wie in Abschnitt 4.2 herausgestellt, baut (D1) auf einen tellerförmigen Resonator, zu dem die Beschwerdegegnerin glaubhaft ausgeführt hat, daß seine Wirksamkeit beschränkt ist. Ein Hinweis auf die Schallausbreitung fördernde stab- bzw. kreisförmige Resonatoren ist (D1) nicht entnehmbar. Vielmehr lehrt (D1), vgl. Spalte 4, Zeilen 20 bis 25 - offenbar vor dem Hintergrund, die gesamte Siebfläche zu aktivieren - dem Sieb gegebenenfalls einen oder mehrere Ultraschallwandler zuzuordnen. Erkennbar geht diese Lehre in eine andere Richtung als die beanspruchte Erfindung, so daß sie den vor der Lösung der vorstehend genannten Aufgabe stehenden Fachmann nicht auf das Beanspruchte hinzulenken vermag.

4.9. Dies gilt auch für (D35), die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Ausführungsbeispiel gemäß Figuren 21/22 der Streitpatentschrift hat, insgesamt aber dennoch nicht wirkungsgleich ist/sein kann. Unmittelbar ersichtlich ist, daß (D35) für die beanspruchte Alternative "Stabresonatoren" irrelevant ist. Zur Alternative "wenigstens einen Kreisstab" gemäß Anspruch 1 bzw. 23 ergibt sich, daß Figuren 4/5 von (D35) zwar einen Kreisstab "10b" offenbaren, der jedoch im Gegensatz zum Beanspruchten starr mit einem äußeren Ring "10a" verbunden ist und mit diesem schwingungsmäßig zwangsverbunden ist, so daß eine Entkoppelung fehlt. Beleg dafür ist Seite 2, Zeilen 23 bis 25 der (D35), wonach ein Betrieb in einer Eigenfrequenz - nicht aber in Abstimmung auf die Resonanz des Ultraschallwandlers - möglich ist. Auch Seite 5, Zeilen 24 bis 26 der (D35) verdeutlichen, daß das vorbekannte System aus Innenring - Streben - Außenring gemäß Figuren 4/5 der (D35) ein zwangsgekoppeltes, aber kein abgestimmtes System darstellt. Dafür spricht im übrigen auch Seite 6, Absatz 3, wonach in (D35) unterschiedliche Siebformen ins Auge gefaßt werden, ohne aber das Problem der Schwingungsabstimmung anzusprechen, so daß davon ausgegangen werden muß, daß stets der gesamte Rahmen in Vibrationen versetzt wird.

4.10. Vorstehende Überlegungen belegen, daß die Beschwerdeführerin bezüglich der Relevanz von (D1) bzw. (D35) für die Auffindung des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 bzw. 23 ex post argumentiert. So ist keiner der beiden Druckschriften die Erkenntnis entnehmbar, daß die Schallenergie mit zunehmenden Abstand vom Resonator abnimmt und daß stab- oder kreisförmige Resonatoren das Mittel sind, diesem Effekt entgegenzuwirken. Es entspricht gängiger Praxis, Merkmale aus dem Stand der Technik, z. B. die Streben "20, 20" in (D35), darauf zu untersuchen, ob sie funktionsgleich mit Beanspruchtem, z. B. den Maßnahmen des Streitpatents zur Entkoppelung, nämlich durch Beabstandung der Resonatorenden oder durch dünne Entkoppelungsbleche, sind. Vorstehend wurde aufgezeigt, daß von Funktionsgleichheit keine Rede sein kann. Damit verliert auch das Argument der Beschwerdeführerin, wonach (D35) durch Veränderung des Ringes "10b" oder über den Schallwandler so abstimmbar sei, daß der Ultraschall wirkungsvoll ausgebreitet werde, seine Stichhaltigkeit. Bei fehlender Entkoppelung bei (D35) muß demnach davon ausgegangen werden, daß im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdeführerin die Schallenergie in den Außenring gemäß Figuren 4/5 der (D35) gelangt und etwaige Elastomerpuffer übermäßig beansprucht würden, vgl. Seite 3, Zeilen 22 bis 24, ohne daß dieser Umstand für die Entscheidungsfindung von Bedeutung sein könnte, zumal die Ansprüche 1 und 23 die Verbindung von Innen- und Außenring offenlassen.

4.11. In der Zusammenfassung vorstehender Ausführungen ist nicht erkennbar, daß der Fachmann aus (D1) und (D35) - einzeln oder in Kombination - unmittelbar verwertbare Hinweise zur Schaffung des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 bzw. 23 erhalten konnte, so daß diese Gegenstände erfinderisch sind, Artikel 56 und 100 a) EPÜ.

4.12. Damit sind die Ansprüche 1 und 23 ebenso wie ihre abhängigen Ansprüche rechtsbeständig und die Grundlage für eine Aufrechterhaltung des Streitpatents in geänderter Fassung.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 27, wie in mündlicher Verhandlung überreicht,

angepaßte Beschreibung, wie ebenfalls in mündlicher Verhandlung überreicht und

Figuren 1 bis 34 gemäß der Patentschrift.

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