European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T027500.20060118 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 Januar 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0275/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96937270.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | C09D 5/03 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verlaufmittel für Pulverlacke | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF Coatings Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (verneint - Hauptantrag) (bejaht - Hilfsantrag) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung mit der Anmeldenummer 96 937 270.5, eingereicht als internationale Anmeldung Nr. EP96/04684, wurde als WO97/16494 veröffentlicht.
II. Mit der am 26. Oktober 1999 zur Post gegebenen Entscheidung wies die Prüfungsabteilung die Anmeldung nach Artikel 54 EPÜ wegen mangelnder Neuheit zurück. Der Entscheidung lagen geänderte Ansprüche 1 bis 15 zu Grunde.
III. Die unabhängigen Ansprüche lauteten wie folgt:
"1. Pulverlack mit verbesserten Oberflächen-eigenschaften, dadurch gekennzeichnet, dass er 0,05 bis 5 Gew.-% aliphatische Polyvinylether, mit dem Grundbaustein
-CH2-CH-
¦
O-R
worin R für eine aliphatische Verbindung steht, enthält."
"5. Verfahren zur Herstellung von Pulverlacken, dadurch gekennzeichnet, dass einem Pulverlack 0,05 bis 5 Gew.-% aliphatische Polyvinylether, mit dem Grundbaustein
-CH2-CH-
¦
O-R
worin R für aliphatische Verbindungen steht, zugegeben werden."
"9. Additiv zur Verbesserung der Oberflächen-eigenschaften von Pulverlacken, dadurch gekennzeichnet, dass es aliphatische Polyvinylether, mit dem Grundbaustein
-CH2-CH-
¦
O-R
worin R für aliphatische Verbindungen steht, enthält."
"15. Additiv zur Verbesserung der Oberflächen-eigenschaften von Pulverlacken, dadurch gekennzeichnet, dass es Polyvinylethylether enthält."
IV. Die Entscheidung war auf US-A-5 187 201 (D1) gestützt.
Zur Begründung wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt: Aus D1 seien Beschichtungsmittel, insbesondere Farben in Pulverform, bekannt, die, zur Verbesserung der Oberflächeneigenschaften, bis zu 3.0 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge des Beschichtungsmittels, eines Polyvinylalkylethers enthielten. Letzterer enthalte Einheiten der Formel Ia (z.B. Polyvinylethylether) und Co-einheiten der Formel IIa. Da der Wortlaut der Ansprüche solche Copolymere mitumfasse, sei der beanspruchte Gegenstand nicht mehr neu.
V. Am 20. Dezember 1999 legte die Anmelderin (Beschwerdeführerin) unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung Beschwerde ein, die am 24. Februar 2000 begründet wurde. In Reaktion auf einen Bescheid vom 28. Februar 2005 reichte die Anmelderin mit Schreiben vom 11. Mai 2005 neue Ansprüche 1 bis 11 als einzigen Antrag ein.
Während der mündlichen Verhandlung am 18. Januar 2006 wurden ein neuer Hauptantrag (Ansprüche 1 und 10) und ein Hilfsantrag (Ansprüche 1 bis 7) eingereicht, sowie vier aus dem Internet stammenden Seiten von Römpp's Chemie Lexikon (http://www.roempp.com; Dokument kennungen RD-07-02012, RD-08-00433 und RD-04-02014 (zwei Seiten)).
Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags lauten:
"1. Pulverlack, dadurch gekennzeichnet, dass er 0,05 bis 5 Gew.-% aliphatische Polyvinylether, mit dem Grundbaustein
-CH2-CH-
¦
O-R
worin R für eine aliphatische Verbindung steht, enthält."
"10. Additiv zur Verbesserung der Oberflächen eigenschaften von Pulverlacken, dadurch gekennzeichnet, dass es aliphatische Polyvinylether, wie in einem der Ansprüche 1 bis 7 definiert, enthält."
Die unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags lauten:
"1. Pulverlack, dadurch gekennzeichnet, dass er 0,05 bis 5 Gew.-% homopolymere Polyvinylethylether mit einer Molmassenverteilung von Mn = 800 bis 10.000 enthält."
"6. Verfahren zur Herstellung von Pulverlacken gemäss einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass einem Pulverlack homopolymere Polyvinylethylether wie in einem der Ansprüche 1 bis 4 definiert, zugegeben werden, so dass der Pulverlack 0,05 bis 5 Gew.-% Polyvinylethylether enthält."
"7. Verwendung der homopolymeren Polyvinylethylether wie in einem der Ansprüche 1 bis 4 definiert, zur Verbesserung der Oberflächeneigenschaften von Pulverlacken."
VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefaßt werden:
Zum Hauptantrag:
(a) Die Änderungen beruhten auf der ursprünglich eingereichten Anmeldung.
(b) Der Wortlaut des Anspruchs 1, insbesondere die Verwendung des Ausdrucks "Grundbaustein", gebe an, dass nur Monomere gemäß der im Anspruch 1 angegebenen Formel eingebaut seien. Die in D1 offenbarten Copolymere seien somit ausgeschlossen und der beanspruchte Gegenstand sei demgemäß neu.
Zum Hilfsantrag:
(a) Die Änderungen beruhten auf der ursprünglich eingereichten Anmeldung.
(b) Der beanspruchte Gegenstand beziehe sich jetzt auf ein Pulverlack, der ein spezifisches Homopolymer, und zwar ein Polyvinylethylether mit einer Molmassenverteilung von 800 bis 10.000, enthalte, so dass eine klare Abgrenzung von den Copolymeren nach D1 vorliege.
(c) Zur erfinderischen Tätigkeit wurden im Beschwerdeverfahren keine weiteren Argumente vorgebracht.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis des in der mündlichen Verhandlung überreichten Haupt- oder Hilfsantrages zu erteilen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
Änderungen
2. Anspruch 1 unterscheidet sich vom ursprünglich eingereichten Anspruch 1 dadurch, dass der Hinweis auf verbesserte Oberflächeneigenschaften gestrichen und der aliphatische Polyvinylether durch den Ausdruck "mit dem Grundbaustein ....aliphatische Verbindung besteht," präzisiert wurde.
Der Begriff "Grundbaustein" stützt sich auf die ursprüngliche Anmeldung, Seite 4, Zeilen 21 bis 27. Die Verbesserung der Oberflächeneigenschaften wird als zu lösende Aufgabe der Erfindung auf Seiten 2, Zeile 5 bis Seite 4, Zeile 6 beschrieben. Diese Verbesserung ist somit nicht als Definition oder Einschränkung der beanspruchten Pulverlacke, sondern vielmehr als erwünschtes Ergebnis zu sehen, und im Anspruch entbehrlich.
Anspruch 10 unterscheidet sich vom ursprünglich eingereichten Anspruch 9 dadurch, dass für die Definition der verwendeten aliphatischen Polyvinylether auf Ansprüche 1 bis 7 Bezug genommen wird. Anspruch 10 basiert auf der ursprünglichen Beschreibung, Seite 1, Zeile 28 bis Seite 2, Zeile 3 und Seite 13, Zeile 26 bis Seite 14, Zeile 15.
Die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ sind somit erfüllt.
Neuheit
3. D1 beschreibt Beschichtungs- oder Formmassen enthaltend ein Bindemittel und bis zu 3,0 Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht des Harzsystems an Alkylvinyletherpolymer, das wirksam den Verlauf verbessert oder Schaumbildung unterdrückt, in der das Alkylvinyletherpolymer ein Copolymer ist, das im wesentlichen besteht aus 100 gleichen oder verschiedenen wiederkehrenden Einheiten der Formel
R
¦
O H
¦ ¦
-C - C- (Ia)
¦ ¦
H H
worin R eine C1-18 Alkylgruppe darstellt, auf 1 bis 100 gleichen oder verschiedenen wiederkehrenden Einheiten der Formel
R'
¦
O H
¦ ¦
-C - C- (IIa)
¦ ¦
H H
worin R' aus einer Reihe von bestimmten Gruppen ausgewählt ist (Anspruch 1). Ferner kann die Gruppe R
auch eine CmF2m+1-(CH2)2-Gruppe darstellen, wobei m eine Zahl von 4 bis 18 ist (Anspruch 7).
Diese Harzsysteme können Pulverlacke sein, die keine flüssige Phase enthalten und in Pulverform auf die zu beschichtenden Oberflächen aufgebracht werden (Spalte 8, Zeilen 23 bis 27).
3.1 D1 offenbart demgemäß Pulverlacke auf Basis von aliphatischen Polyvinylethern, die das gleiche Monomer (Formel Ia) enthalten wie die beanspruchten Pulverlacke, und dazu noch ein weiteres Monomer (Formel IIa), das der Formel nach dem jetzigen Anspruch 1 nicht entspricht.
Als unterscheidendes Merkmal gegenüber D1 hat die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass der beanspruchte Pulverlack nur Monomere der Formel nach Anspruch 1 enthalten dürfe und hat sich dabei auf das Wort "Grundbaustein" gestützt, das, laut Beschwerdeführerin, die Anwesenheit anderer Bausteine ausschließe. Für diese Interpretation hat sie die Beschreibung, Seite 4, ab Zeile 21, und Seiten aus Römpp's Chemie Lexikon angeführt.
3.2 Seite 4, ab Zeile 21 der ursprünglichen Beschreibung lautet wie folgt:
"Einsetzbare aliphatische Polyvinylether sind Polymere mit dem Grundbaustein
-CH2 - CH -
¦
O-R
worin R für eine aliphatische Verbindung steht, d.h. eine organische Verbindung, deren Kohlenstoffatome in geraden oder verzweigten Ketten angeordnet sind."
In dieser Passage gibt es keinen Hinweis, dass das verwendete Polyvinylether ausschließlich aus Monomeren der angegebenen Formel bestehen darf, sei es als Homopolymer oder als Copolymer. Durch die Wortwahl "mit dem Grundbaustein" (Hinzufügung durch die Kammer) ist vielmehr deutlich gemacht, dass der Polyvinylether diesen Grundbaustein lediglich zu enthalten braucht.
Diese Passage ist daher so auszulegen, dass der Polyvinylether hauptsächlich Monomere der angegebenen Formel enthält, aber nicht ausschließlich daraus besteht.
3.3 Diese Interpretation wird auch dadurch unterstützt, dass nach den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 3 der Polyvinylethylether vorzugsweise als Homopolymer vorliegen soll. Eine solche Vorzugsangabe wäre aber entbehrlich, wenn sich der Ausdruck Polyvinylethyl-ether nur auf ein Homopolymer bezöge.
3.4 Auch die Seiten aus Römpp's Chemie-Lexikon geben keinen Hinweis auf die von der Beschwerdeführerin vertretene Interpretation.
Die erste Seite (RD-07-02012), mit dem Titel "Grundbaustein", verweist lediglich auf "Makromoleküle".
Die zweite Seite (RD-08-00433), mit dem Titel "Harnstoff-Polymere", gibt an, dass der Begriff "Harnstoff-Polymere" ein Sammelbegriff für Polymere mit dem Grundbaustein -NH-CO-NH-R~(Polyharnstoffe), sowie für aus Harnstoff und seinen Derivaten abgeleitete Harze (Aminoplaste, Harnstoffharze) sei. Nichts auf dieser Seite lässt jedoch schließen, dass Harnstoff-Polymere lediglich aus der als Grundbaustein angegebene Formel bestehen dürfen.
Die dritte und vierte Seite (RD-04-02014) beziehen sich auf "Disaccharide", von denen Cellobiose als "Grundbaustein der Cellulose" angegeben wird. Auch hier kann die Kammer keinen Hinweis auf eine eingeschränkte Bedeutung von "Grundbaustein" entnehmen, nach der der Grundbaustein (hier Cellobiose) das einzig erlaubte Monomer eines Polymeren (hier Cellulose) ist.
Keine dieser Seiten gibt also eine einschränkende Definition des Begriffes "Grundbaustein"; er wird nur verwendet zur Beschreibung des Polymertyps. Aus diesen Seiten ist somit nicht ableitbar, dass der Begriff "Grundbaustein" bedeutet, dass er als einziges Monomer in den beschriebenen Polymeren anwesend sein darf.
3.5 Im Hinblick auf das Vorstehende kommt die Kammer zur Schussfolgerung, dass der Begriff "mit dem Grundbaustein" so auszulegen ist, dass das Polymer hauptsächlich den Grundbaustein enthält, aber nicht ausschließlich aus diesem Grundbaustein besteht. Infolgedessen umfasst das im Anspruch 1 definierte Polymer auch Copolymere mit Monomeren, die nicht notwendigerweise unter die Formel fallen.
3.6 Im Copolymer von D1 werden, um im Sprachgebrauch von Anspruch 1 zu bleiben, ein Grundbaustein mit der Formel Ia, wie vom jetzigen Anspruch 1 gefordert, und ein weiterer Baustein mit der Formel IIa genannt, der durch die Formulierung von Anspruch 1 nicht ausgeschlossen ist. Folglich sind die in D1 offenbarten Copolymere von der im jetzigen Anspruch 1 definierten Formel mitumfasst. Daher ist Anspruch 1 gegenüber D1 nicht mehr neu (Artikel 54 EPÜ).
3.7 Dem Hauptantrag kann somit nicht stattgegeben werden.
Hilfsantrag
Änderungen
4. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom ursprünglich eingereichten Anspruch 1 dadurch, dass das Polyvinylether jetzt ein homopolymeres Polyvinylethylether mit einer Molmassenverteilung Mn von 800 bis 10.000 ist. Der Basis für diese Änderung findet sich auf Seite 5, Zeilen 3 bis 5 der ursprünglichen Anmeldung. Die weiteren Änderungen der Ansprüche 2 bis 7 ergeben sich durch eine geeignete Anpassung an die Wortwahl des Anspruchs 1. Die vorgenommenen Änderungen sind somit nach Artikel 123 (2) EPÜ zulässig.
Neuheit
5. D1 beschreibt Beschichtungs- und Formmassen enthaltend ein Alkylvinylether-copolymer. Der beanspruchte Gegenstand unterscheidet sich davon durch das verwendete spezifische Homopolymer. In D1, Vergleichsversuch 3 von Beispiel 11, wird zwar ein homopolymeres Polyethylvinylether mit einer Molmasse von 3650 beschrieben, jedoch wird es in Lösemittel enthaltenden Farbsystemen und nicht als Bestandteil eines Pulverlacks eingesetzt. Da nach D1 nur Harzsysteme, die Copolymere enthalten, für den Einsatz in Pulverlacken vorgeschlagen werden, sich jedoch in D1 kein Beispiel oder Hinweis findet für einen solchen Einsatz homopolymerer Polvinylethylether, gibt dieses Dokument keine klare und eindeutige Offenbarung für den Einsatz von Homopolymeren in Pulverlack, wie es Anspruch 1 verlangt.
Anspruch 1 des Hilfsantrages ist somit neu.
Erfinderische Tätigkeit
6. Die Frage der erfinderischen Tätigkeit ist durch die Prüfungsabteilung bisher nicht behandelt worden. Da die Ansprüche gegenüber der der Entscheidung zu Grunde liegenden Fassung erheblich eingeschränkt wurden, macht die Kammer von ihrem Ermessen nach Artikel 111(1) EPÜ Gebrauch und verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurück.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung auf Basis des in der mündlichen Verhandlung (18. Januar 2006) überreichten Hilfsantrages an die erste Instanz zurückverwiesen.