T 0258/00 () of 3.7.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T025800.20010703
Datum der Entscheidung: 03 Juli 2001
Aktenzeichen: T 0258/00
Anmeldenummer: 90117517.4
IPC-Klasse: E06B 9/15
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rolladenpanzer für Kastenmöbel
Name des Anmelders: REHAU AG + Co
Name des Einsprechenden: PLASTIL
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die am 29. Dezember 1999 zur Post gegebene Entscheidung einer Einspruchsabteilung des EPA, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent EP-B1-0 428 844 zurückgewiesen worden ist, hat die Einsprechende - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 3. März 2000 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt und diese am 4. Mai 2000 begründet.

II. Anspruch 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents lautet wie folgt:

"Rolladenpanzer für Kastenmöbel, bestehend aus über Filmscharniere gelenkig miteinander verbundenen Einzelprofilen (2, 3, 4, 5, 6), wobei die Einzelprofile (2, 3, 4, 5, 6, 8) trapezartige Hohlstäbe sind, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere Einzelprofile (2, 3, 4, 5, 6) über an deren schmaleren, von der Sichtseite abgewandten Basis (21, 31, 41, 51, 61, 81) als profilverbindende Polymerbrücken angeordnete Filmscharniere (22, 32, 42, 52, 62, 82) zu einem Rolladenelement (1) verbunden sind und daß an den freien Enden jedes Rolladenelementes (1) einerseits ein Profil (8) mit einer Nutenöffnung (85) und andererseits ein Profil (7) mit einer Feder (73, 76, 77) zum Festlegen zweier Rolladenelemente (1) aneinander angeformt sind."

III. Am 3. Juli 2001 hat eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer stattgefunden, in der die Frage der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die im Einspruchsvefahren erwähnten, folgenden Entgegenhaltungen diskutiert worden ist:

D3: DE-U-87 06 209

D4: US-A-2 690 216.

IV. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Ein Nachteil des aus D3 bekannten und dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents am nächsten kommenden Rolladenelements bestehe darin, daß die Filmscharniere zwischen den Einzelprofilen sichtbar seien. Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe sei es, diesen Nachteil zu beseitigen. Zur Lösung dieser Aufgabe würden in jedem Rolladenelement des Rolladenpanzers gemäß Anspruch 1 eine trapezartige Gestaltung der Einzelprofile und eine Positionierung der Filmscharniere an der Innenseite der Einzelprofile vorgesehen.

Auf der Suche nach Anregungen zur Lösung der gestellten Aufgabe biete sich dem Fachmann die Entgegenhaltung D4 an, die dasselbe technische Gebiet des angegriffenen Anspruchs betreffe, nämlich eine Abdeckung in Form von Rolläden für Kastenmöbel, und auch dieselbe Aufgabe löse. Die dort vorgeschlagene Lösung bestehe darin, trapezartige metallische Profilleisten in ebenfalls trapezförmige Profilstäbe einschnappen zu lassen bzw. auf diese aufzuschieben, die an ihren Schmalseiten nacheinander mit einem flexiblen Band verbunden seien. Durch einen einzigen Blick auf die Figuren 2 und 4 von D4 sehe der Fachmann, daß die Leisten durch die breiteren Basen ihrer trapezartigen Gestaltung eine flache Sichtseite des Rolladenelements bildeten, so daß sich eine bessere Erscheinung des Rolladens ergebe. Gleichzeitig erkenne er, daß die gesamte Konstruktion des Rolladens nach D4 - wie das Alter dieser Entgegenhaltung zeige - nicht mehr den modernen Konstruktionen entspreche, so daß man nicht alle strukturellen Einzelheiten des dort beschriebenen Rolladens berücksichtigen müsse, z. B. die aus gummiartigem Vollmaterial bestehenden Profilstäbe. Der Fachmann brauche sich nur auf das Wesentliche bei der Lehre von D4 zu konzentrieren, nämlich auf die trapezartige Gestaltung der Profile. Bezüglich der metallischen Leisten erkenne er, daß die Verwendung solcher Zierblenden für die Herstellung von Rolläden in der heutigen Zeit viel zu teuer sei, so daß die einzige verbleibende Möglichkeit sei, diese Art der Gestaltung unmittelbar für die Profilstäbe zu übernehmen. Die Übertragung dieser Überlegungen auf die Rolladenmatte nach D3 führe zum Gegenstand des angefochtenen Anspruchs 1.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat darauf im wesentlichen erwidert:

Schon die Kombination der D3 mit D4 sei nicht nahegelegt, da diese Entgegenhaltungen zwei unterschiedliche Arten der Herstellung beträfen, nämlich einerseits die Extrusion von Kunststoffen, andererseits die Vulkanisierung von Gummiwerkstoffen. Dies ergebe sich auch aus einem Vergleich der Figuren dieser Dokumente. Weiterhin führe D4 in eine andere Richtung als die beanspruchte Lösung, da dort die Verwendung von Leisten vorgeschlagen werde, um die Erscheinung des Rolladens zu verbessern.

VI. Die Beschwerdeführerin hat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents EP-B1-0 428 844 beantragt.

Die Beschwerdegegnerin hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Ausgang der Erfindung gemäß Anspruch 1 wird in der Entgegenhaltung D3 gesehen. Das Dokument beschreibt eine Rolladenmatte bzw. einen Rolladenpanzer, bestehend aus mehreren Rolladenelementen, die jeweils aus mehreren über profilverbindende Polymerbrücken als Filmscharniere gelenkig miteinander verbundenen Einzelprofilen gebildet sind, die Hohlstäbe sind. Da an den freien Enden jedes Rolladenelements einerseits ein Einzelprofil mit einer Nutenöffnung und andererseits ein Einzelprofil mit einer Feder angeformt sind, können zwei oder mehrere Rolladenelemente aneinander festgelegt werden, so daß die Baulänge des Rolladens beliebig variert werden kann. Bei dieser Rolladenmatte besteht jedoch der Nachteil, daß die die Einzelprofile verbindenden Filmscharniere an der Sichtseite jedes Rolladenelementes sichtbar sind und daß sich unansehnliche Übergänge zwischen den Einzelprofilen und dem Filmscharnier ergeben können.

3. Ausgehend von D3 zielt die beanspruchte Erfindung objektiv auf eine Verbesserung dieser bekannten Rolladenmatte dahingehend, daß jedes Rolladenelement optisch ansehnlicher ist.

Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß die als Hohlstäbe ausgebildeten Einzelprofile trapezartig sind und daß die Filmscharniere an den schmaleren, von der Sichtseite abgewandten Basen der trapezartigen Einzelprofile angeordnet sind. An der Sichtseite des Rolladenelements wird deshalb jedes Filmscharnier durch die breiteren Basen der beiden durch diese verbundenen, trapezartigen Einzelteile abgedeckt.

4. Die Entgegenhaltung D4 wurde im Jahr 1950 veröffentlicht. Damals war das Extrudieren von aus Kunststoff bestehenden Hohlkammerprofilen noch nicht üblich, insbesondere für die Herstellung von Rolläden. Der gelenkige Deckel bzw. die Rolladenmatte für Aschenbecher, Schreibtische und dgl., die in D4 beschrieben ist, besteht aus mehreren Profilstäben aus gummiartigem Vollmaterial, die nacheinander, jedoch mit einem gewissen Abstand, auf einer ebenfalls aus Gummi bestehenden, flexiblen Platte aufvulkanisiert sind. Vorzugweise sind die Profilstäbe trapezförmig, um jeweils eine Zierblende in Form einer aus Metall bestehenden, trapezartigen Leiste formschlüssig festzuhalten. Die Profilstäbe sind je auf der Schmalseite ihres Trapezes mit der flexiblen Platte verbunden und die Zierblenden je an der breiten Basis, die an der Sichtseite der Rolladenmatte angeordnet ist. Diese Anordnung hat den Zweck, die äußere Erscheinung des Rolladens durch diese Zierblenden zu verbessern, insbesondere, weil diese im flachen Zustand des Rolladens zusammenstoßen und somit eine ebene Fläche bilden, wie dies aus Figur 4 von D4 hervorgeht.

5. Aus diesem Stand der Technik entnimmt somit der Fachmann, daß das Aussehen eines Rolladens durch die Verwendung von Zierblenden verbessert wird und daß die Profilstäbe diese Zierblenden formschlüssig festhalten müssen, z. B. durch eine trapezoide Form, die jedoch in D4 nur als Möglichkeit angegeben ist und deshalb für das Problem des Aussehens unwesentlich ist. Ein rechteckiges Profil der Stäbe und Leisten wäre auch denkbar, siehe z. B. die auch erwähnte Entgegenhaltung D12 (US-A-3 717 247).

Hätte der Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents die Lösung gemäß D4 als zu teuer gefunden, wie die Beschwerdeführerin dies angegeben hat, dann hätte er die gesamte Lösung und daher das Dokument D4 weggelassen und nach einer anderen Lösung geforscht. Die Kammer kann deshalb der gesamten Argumentation der Beschwerdeführerin, die sich auf die Kombination der Entgegenhaltungen D3 und D4 stützt, nicht folgen. Diese Kombination führt nicht unmittelbar zu der Lösung nach Anspruch 1 des Streitpatents. Um diese Lösung zu erreichen, muß der Fachmann bei der Lösung gemäß D4 verbleiben und zusätzlich erkennen, daß ein ähnliches Ergebnis erzielt werden kann, wenn keine Zierblende verwendet wird und die trapezoide Form der Profilstäbe und deren Abstand so gewählt werden, daß sich die Profilstäbe an der Sichtseite des Rolladens berühren. Solche Überlegungen gehören nicht zur Routinetätigkeit des Fachmanns; sie wurden von der Beschwerdeführerin in Kenntnis der vorliegenden Erfindung vorgebracht, d. h. bei rückschauender Betrachtungsweise, was unzulässig ist.

6. Somit gelangt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand gemäß Anspruch 1 des Streitpatents, wenn er die Lehren aus D3 und D4 kombiniert.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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