T 0251/00 () of 4.2.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T025100.20030204
Datum der Entscheidung: 04 Februar 2003
Aktenzeichen: T 0251/00
Anmeldenummer: 94890110.3
IPC-Klasse: E01B 9/68
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Gleisoberbau mit Schienen
Name des Anmelders: ALLGEMEINE BAUGESELLSCHAFT - A. PORR AKTIENGESELLSCHAFT, et al
Name des Einsprechenden: BWG Butzbacher Weichenbau Gesellschaft mbH & Co. KG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - bejaht
Erfinderische Tätigkeit - bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung einer Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 26. November 1999, zur Post gegeben am 7. Dezember 1999, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 632 164 zurückgewiesen worden ist, hat die Einsprechende - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 12. Februar 2000 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt und diese am 6. April 2000 begründet.

II. Anspruch 1 in der erteilten Fassung des europäischen Patents lautet wie folgt:

"1. Gleisoberbau mit Schienen (2) für schienengebundene Fahrzeuge, wobei die Schienen (2) mit Befestigungsmittel lösbar, z. B. über Schrauben (10) und Spannklemmen (11), mit Tragplatten (1), z. B. Betontragplatten, Stahlschwellen, Spannbetonschwellen, verbunden sind, und zwischen Schienenfuß (4) und Tragplatte (1) zumindest eine gummielastisch verformbare, insbesondere planparallele, Zwischenplatte (5, 7) vorgesehen ist, die sich gegebenenfalls seitlich bis über die Befestigungsmittel (10) hinaus erstreckt, wobei die Zwischenplatte (5, 7) Bereiche unterschiedlicher Verformbarkeit mit einer Vielzahl von Ausnehmungen, welche die Zwischenplatte in ihrer Dicke unvollständig durchdringen, aufweist, und Sacklöcher, Nuten od. dgl. mit Boden bilden, dadurch gekennzeichnet, daß zumindest ein Teil der Ausnehmungen (12, 17) an ihrem Boden Freistehende Vorsprünge (13) mit einer geringeren Höhe als die der entsprechenden Ausnehmungen aufweisen, wobei die Querschnittsfläche der Vorsprünge geringer ist als die der Ausnehmungen, gemessen parallel zur Auflagefläche (14) der Zwischenplatte."

III. Am 4. Februar 2003 hat eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer stattgefunden, in der die Fragen in bezug auf die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ sowie der Artikel 54 und 56 EPÜ im Hinblick auf folgende Entgegenhaltungen ausführlich diskutiert worden sind:

E1: EP-A-0 546 363

E2: GB-A-946 936

E3: GB-A-2 235 003

E4: technische Zeichnung km-we-92-31 mit Datum 27.11.1992. und

E5: CA-A-2 031 649 parallel zu US-A-5 335 850 (E5').

IV. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Sie begründet diesen Antrag im wesentlichen wie folgt:

Das kennzeichnende Merkmal des "freistehenden" Vorsprungs sei expressis verbis den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht zu entnehmen. Vielmehr heiße es auf der ursprünglichen Beschreibungsseite 7, Zeilen 5 bis 9

"Wie aus Figur 2 besonders deutlich ersichtlich, ist die Querschnittsfläche der Vorsprünge 13 in ihrer Gesamtheit kleiner als die freie Querschnittsfläche der Nuten 12, so daß die Vorsprünge 13 im allseitigen Abstand zu den Nuten 12 vorgesehen sind."

Diese Offenbarung auf "freistehende Vorsprünge" zu verallgemeinern, verlasse die ursprüngliche Offenbarung, da ein Durchschnittsfachmann durch das Merkmal der "Nuten" nicht einen Hinweis auf Ausnehmungen an sich, sondern allein auf spezielle Ausnehmungen erhalte, nämlich solche, die durch Fräsen, Räumen, Hobeln, Sägen oder Stanzen hergestellt seien.

Hinsichtlich der Figuren 4 und 5 werde von Sacklöchern und Vorsprüngen in Gestalt eines Zylinders gesprochen, die einen gleichmäßigen Abstand zur Innenfläche der Sacklöcher aufwiesen (vgl. die ursprüngliche Beschreibungsseite 7, zweiter Absatz). Aus dieser konkreten Angabe eine Verallgemeinerung derart zu treffen, daß sich das Merkmal des "freistehenden Vorsprungs" des Hauptanspruchs ergebe, stelle eine unzulässige Verallgemeinerung und damit einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ dar.

Desweiteren sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu, weil nach Entgegenhaltung E5 die Vorsprünge größerer axialer Erstreckungen an und für sich die eigentliche Bodenfläche bildeten, zwischen denen Ausnehmungen verliefen, die die Platte in ihrer Dicke unvollständig durchdrängen. In den zwischen den Vorsprüngen sich befindenden größeren axialen Erstreckungen seien Vorsprünge geringerer axialer Erstreckungen vorgesehen, also in den zwischen den Vorsprüngen größerer axialer Erstreckungen vorhandenen Ausnehmungen seien freistehende Vorsprünge mit einer geringeren Höhe als der der entsprechenden Ausnehmungen vorhanden, wobei ebenfalls die Querschnittsfläche der Vorsprünge geringer sei als die der Ausnehmungen, gemessen parallel zur Auflagefläche der Zwischenplatte sei.

Außerdem beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der ihm am nächsten kommende Stand der Technik gehe aus E1 hervor. Diese Entgegenhaltung zeige eine Zwischenplatte, bei der die Vorsprünge in die Wandungen der Ausnehmungen übergingen. Zwischen dem gattungsbildenden Stand der Technik gemäß E1 und der Lehre des Anspruchs 1 verbleibe als einziger Unterschied, daß die Vorsprünge freistehend seien.

Dieses Merkmal würde sich jedoch beim Studium der E1 insbesondere durch den Hinweis aufdrängen, daß die eine geringere Höhe als die entsprechenden Ausnehmungen aufweisenden Vorsprünge auch andere Geometrien als die dargestellten aufweisen könnten, wie Spalte 8, Zeilen 18. ff der E1 belegten.

Somit böten sich für den Durchschnittsfachmann bei verständiger Würdigung der Ausführungsbeispiele nach Figur 8 bis 10 der E1 drei als Varianten 1 bis 3 in der mündlichen Verhandlung bezeichnete Alternativen auf. Nach Variante 1 durchdrängen die in die Wandungen der Zwischenplatte übergehenden Vorsprünge die Zwischenplatte unvollständig, und nach Variante 2 seien diese Vorsprünge von der Zwischenlagenunterseite bereichsweise zurückgezogen. Gemäß Variante 3 gingen die Vorsprünge nicht mehr in eine Wandung der Ausnehmungen der Zwischenplatte über, sondern seien freistehend gestaltet.

Stehe der Durchschnittsfachmann vor der Aufgabe, die der E1 zu entnehmende Zwischenplatte derart weiterzubilden, daß die Zweistufigkeit der lastabhängig wirksam werdenden Bereiche noch schärfer auszuprägen sei, so liege es unter Berücksichtigung der E2 oder E3 nahe, die zurückgezogenen Vorsprünge nach Variante 2 entsprechend der Variante 3 vollständig freistehend auszubilden, wie es durch E2 bzw. E3 offenbart sei.

Die Lehre des Anspruchs 1 ergebe sich für einen Durchschnittsfachmann entweder unter Zugrundelegung seines allgemeinen Fachwissens unmittelbar aus E1 oder sei durch diese in einem Umfang nahegelegt, so daß der Anspruch 1 die erforderliche erfinderische Tätigkeit vermissen lasse.

Auch die Zwischenplatte nach E5 weise Bereiche unterschiedlicher Verformbarkeit und Mehrstufigkeit gegenüber Lastabtragungen auf, die durch Vorsprünge unterschiedlicher Höhen erreicht würden. Infolgedessen bedürfe es keiner erfinderischen Tätigkeit, die in E1 nicht vollständig geschnittenen Vorsprünge vollständig freistehend auszubilden. Zum gleichen Ergebnis gelange man auch bei der Würdigung der offenkundigen Vorbenutzung nach E4 unter Berücksichtigung der E5.

V. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie widersprach den Ausführungen der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf folgende Überlegungen:

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, daß das Merkmal der freistehenden Vorsprünge lediglich im Zusammenhang mit einer Nut geoffenbart worden sei, seien unzutreffend, hierzu werde auf die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen verwiesen. Einerseits sei in den ursprünglichen Ansprüchen 3, 4, 5, 6, 8 und 11 jeweils von freien Enden geschrieben, wobei die entsprechenden Zitate der Ansprüche auf Seite 3 (Zeilen 19, 24 und 28), Seite 4 (Zeilen 5 und 15), Seite 5 (Zeile 2) zu finden seien. Aus Seite 7 (Zeilen 7 und 8 bzw. Zeilen 24 bis 27) gehe hervor, daß die Vorsprünge einen allseitigen Abstand bzw. gleichmäßigen Abstand zur Innenfläche der Sacklöcher aufwiesen. Auf Seite 8, Zeilen 4 bis 9 seien verschiedene Formen der Vorsprünge wie Zylinder, Kubus, Kegelstumpf, Rotationsparaboloid, Prisma aufgeführt. Diese Vorsprünge müßten, wenn sie diese Form aufwiesen, zwangsweise im Abstand zu der sie umgebenden Wandung ausgebildet, und damit freistehend sein. Analoge Ausführungen gälten für den ursprünglichen Anspruch 2. Eine Verallgemeinerung liege keinesfalls vor - es seien Synonyme wie "freies Ende" oder "im allseitigen Abstand" verwendet worden. Das erteilte Patent erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ. Für die Frage der Neuheit sei E5 nicht so relevant, wie es die Beschwerdeführerin dargestellt habe. Bei der Zwischenplatte nach E5 seien auf einer elastischen Mittelschicht Vorsprünge unterschiedlicher Höhe vorgesehen. Ausnehmungen in der Zwischenplatte seien der E5 nicht zu entnehmen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher durch E5 nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.

In der Entgegenhaltung E1 seien zwar Ausnehmungen vorhanden, jedoch seien in diesen Ausnehmungen keine freistehenden Vorsprünge angeordnet. Auch gingen die seitens der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung genannten Varianten 1 bis 3 der Ausführungsbeispiele nach Figuren 8 bis 10 aus der E1 nicht hervor. In E1 sei die kontinuierliche Zunahme des Deformationswiderstandes angesprochen (vgl. Spalte 8, Zeilen 20 bis 25), während beim Gegenstand des Streitpatents die wirksame Fläche beim Einfedern der Zwischenplatte zweistufig sei. Eine freistehende Ausbildung der Vorsprünge sei in E1 an keiner Stelle angeregt, auch nicht durch die Angabe in Spalte 8, Zeilen 16 bis 20, wonach die Vorsprünge zwar auch "andere Geometrien" als Verzahnung aufweisen könnten, jedoch sei keine Anregung zur Ausgestaltung der Vorsprünge im Sinne der von der Beschwerdeführerin angesprochenen Varianten 1 bis 3 vom zitierten Stand der Technik zu entnehmen. Bei den Entgegenhaltungen E2 und E3 handle es sich um ein einstufiges Federungssystem, bei dem die Vorsprünge sofort belastet würden. Bei der Zeichnung nach E4 sei das wesentliche Merkmal der vorliegenden Erfindung, nämlich freistehende Vorsprünge am Boden der Ausnehmungen, nicht vorhanden. Bei der E5 seien die Vorsprünge mit den deformierenden Teilen der Platte verbunden, wobei die Platte keine Ausnehmungen zeige. Der Fachmann werde die in E2 bis E5 gezeigten Vorsprünge nicht auf eine Zwischenplatte gemäß E1 übertragen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Die Beschwerdeführerin beanstandet, daß das kennzeichnende Merkmal des "freistehenden Vorsprungs" erst im Laufe des Prüfungsverfahrens in den Anspruch 1 aufgenommen worden sei. Dieses Merkmal sei eine Verallgemeinerung der konkreten auf der ursprünglichen Beschreibungsseite 7 sowie auf den ursprünglichen Figuren 2 bis 6 wiedergegebenen Ausführungen.

2.2. Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen.

Das Merkmal "freistehend" - im streng geometrischen Sinne - definiert eindeutig das Verhältnis zwischen den Vorsprüngen und den diese Vorsprünge umgebenden Wandungen der Zwischenplatte. Wenn es um die geometrischen Formen der Vorsprünge geht, sind weitere Angaben über ihre freien Enden in den Ansprüchen 3, 4, 5, 6, 8, 11 und auf den Seiten 3 bis 5 der ursprünglichen Patentanmeldung zu entnehmen. Aus Seite 7, Zeilen 7 und 8 sowie Figuren 2 und 3 bzw. Zeilen 24 bis 27 sowie Figuren 4 und 5 der ursprünglichen Unterlagen geht hervor, daß die Vorsprünge im allseitigen Abstand zu den Nuten bzw. in gleichmäßigem Abstand zur Innenfläche der Sacklöcher vorgesehen sind. Auf Seite 8 werden verschiedene Formen der Vorsprünge, wie Zylinder, Kubus, Kegelstumpf, Rotationsparaboloid, Prisma, angeführt.

Aus der Beschreibung und den Zeichnungen des Patents geht unmißverständlich hervor, daß die Erfindung nicht nur die Ausführungsart gemäß Figuren 2 und 3 umfaßt, bei der das Merkmal der freistehenden Vorsprünge im Zusammenhang mit einer Nut geoffenbart wird, sondern auch die Ausführungsart gemäß Figuren 4 und 5, bei der die Vorsprünge zentrisch in den Sacklöchern der Zwischenplatte angeordnet sind.

Außerdem geht aus dem Verfahren bis zur Erteilung des Patents eindeutig hervor, daß eine Beschränkung der Erfindung auf die Ausführungsart gemäß Figuren 2 und 3 niemals verlangt oder beabsichtigt war. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin im Prüfungsverfahren läßt vielmehr erkennen, daß die im Anspruch 1 gewählte Formulierung "freistehende Vorsprünge" keinesfalls eine Verallgemeinerung, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, sondern eindeutig als Oberbegriff für die durch die ursprünglichen Unterlagen gestützten Lösungen von dem Durchschnittsfachmann verstanden wird.

Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß der geltende Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt.

3. Neuheit

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach bei der Zwischenplatte nach E5 in den zwischen den Vorsprüngen größerer axialer Erstreckung vorhandenen Ausnehmungen freistehende Vorsprünge mit einer geringeren Höhe als der der entsprechenden Ausnehmungen vorhanden sind, sind nicht überzeugend.

Ausnehmungen in einer Zwischenplatte, die freistehende Vorsprünge mit einer geringeren Höhe als der der entsprechenden Ausnehmungen aufweisen, sind der E5 weder explizit noch implizit zu entnehmen. Auch aus Figuren 6 und 7 der E5 kann nicht abgeleitet werden, daß es sich bei der dort dargestellten Zwischenplatte um Ausnehmungen handelt, zumal eine solche Interpretation im Gegensatz zur Beschreibung der E5 stände, nach der das elastische Verhalten dieser Platte durch die elastische Deformation der mit Vorsprüngen unterschiedlicher Höhe versehenen Mittelschichten erreicht werden soll.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher durch E5 nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Die Erfindung bezieht sich auf einen Gleisoberbau mit Schienen für schienengebundene Fahrzeuge, wobei die Schienen mit Befestigungsmitteln lösbar mit Tragplatten verbunden sind und zumindest zwischen Schienenfuß und Tragplatte eine gummielastische Zwischenplatte vorgesehen ist.

4.2. Laut der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift (Spalte 1, Zeilen 25 ff.) sind Zwischenplatten aus elastomerem Material bekannt, die über die gesamte Oberfläche verteilt, Durchbrechungen bzw. Sacklöcher aufweisen, welche ein bestimmtes Mindestvolumen besitzen. Durch diese Ausbildung soll eine besonders hohe Schalldämmung erreicht werden.

Es ist auch bekannt, den Mittelbereich einer derartigen Unterplatte mit Bereichen unterschiedlicher elastischer Verformbarkeit, bezogen auf die Richtung quer zu den Schienen, auszubilden.

Bei der Ausführungsform nach Figur 8 bis 10 der Entgegenhaltung E1, von welchem Stand der Technik die vorliegende Erfindung ausgeht, weist der mittlere Bereich, also jener Bereich, der unterhalb des Schienenkopfes liegt, einen geringeren Widerstand gegenüber der Verformung auf, so daß die Schiene mit ihrem Fuß in einer Art Mulde der Zwischenlage zu liegen kommt, wenn sie einer Belastung unterliegt.

4.3. Vom Stand der Technik gemäß E1 ausgehend ist die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe in der in Spalte 1, letzter Absatz angegebenen Problemstellung zu sehen, nämlich einen Gleisoberbau zu schaffen, der ein begrenztes elastisches Einfedern der Schienen bei Belastung ermöglicht, bei welchem die Weiterleitung des Schalles von den Schienen auf die Unterlageplatten begrenzt ist, und der bei höherer Belastung einen größeren Widerstand gegen Deformation bedingt, womit höhere Standzeiten der gummielastischen Zwischenplatte erreicht werden können.

4.4. Die Lösung dieser Aufgabe besteht entsprechend den konstruktiven Unterschieden zur Zwischenplatte der E1 beim Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents darin, daß die Vorsprünge in den Ausnehmungen der Zwischenplatte vom Boden der Ausnehmungen ausgehend freistehend sind.

4.5. Laut den Angaben in Spalte 2, Zeilen 21 ff. der Streitpatentschrift wird durch eine derartige Ausbildung der Vorsprünge beim Einfedern der Zwischenplatte, beginnend mit einer bestimmten Belastung, ein zusätzlicher Widerstand ermöglicht, welcher sodann ein tieferes Einfedern begrenzt, wobei gleichzeitig durch die Ausbildung der Vorsprünge eine vorzeitige Zerstörung der Zwischenplatte durch übermäßige Deformation, beispielsweise Überdehnung der Ränder und darauffolgende Einrisse vermieden werden.

4.6. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin ist die erfindungsgemäße freistehende Ausbildung der Vorsprünge durch den zitierten Stand der Technik nicht nahegelegt.

Bei der Zwischenplatte gemäß den Figuren 8 bis 10 der E1 gehen die Vorsprünge mit ihrer unteren abgeschrägten Auflagefläche in die Auflagefläche der Zwischenplatte über, so daß die Vorsprünge mit dem Zwischenlagekörper selbst verbunden sind. Durch diesen steten Übergang der Vorsprünge wird, wie in der angegriffenen Entscheidung zutreffend festgestellt wurde, die Einfederung mit steigender Belastung kontinuierlich zunehmend ausgebildet, während beim Gegenstand des Streitpatents durch die freistehenden Vorsprünge im elastischen Verhalten des Gleises ein Diskontinuum vorliegt, wobei ein wesentlich leichteres Einfedern erreicht werden kann, bis die Vorsprünge in Kontakt mit der Unterlage kommen, worauf eine abrupte Änderung der Federungseigenschaften eintritt. Somit ist beim Gegenstand des Streitpatents die wirksame Fläche beim Einfedern der Zwischenplatte zweistufig, wodurch sie geeignet ist, unterschiedliche Belastungen aus dem Schienenverkehr wirksamer aufzunehmen und ein verschleißfestes Federungssystem zu schaffen.

E1 beschreibt in Spalte 8, Zeilen 20 bis 22 eine Ausführungsform, bei der die Vorsprünge "zumindest abschnittsweise" von der Unterlage zurückgezogen sein können, jedoch sind sie stets mit dem Zwischenlagekörper selbst verbunden. Eine freistehende Ausbildung der Vorsprünge wird in E1 an keiner Stelle angeregt, auch nicht durch die Angabe in Spalte 8, Zeilen 16 bis 20, wonach die Vorsprünge auch "andere Geometrien" als eine Verzahnung aufweisen können. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß durch diese Passage dem Fachmann ein Hinweis auf die aus den während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Varianten 1 bis 3 der Zwischenplatte sich entwickelnde freistehende Ausbildung der Vorsprünge gegeben wird, ergibt sich aus einer bei Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unerlaubten rückschauenden Betrachtung der Erfindung.

4. Die Kammer stellt fest, daß eine derartige Anregung auch nicht durch die Entgegenhaltungen E2 bis E5 gegeben wird.

In E2 und E3 sind an einer elastischen Zwischenplatte Vorsprünge vorgeschlagen, die von einer Ebene ausgehen und somit nicht in Ausnehmungen angeordnet sind. Bei E5 sind die Vorsprünge mit den deformierenden Teilen der Platte verbunden, wobei auch diese Platte keine Ausnehmungen aufweist. Da es sich bei E2, E3 und E5 um ein konstruktiv anderes Federungssystem handelt, wird der Fachmann die in dieser Entgegenhaltung gezeigten Vorsprünge nicht auf eine Zwischenplatte gemäß der E1 übertragen, bei der die Vorsprünge in Ausnehmungen zurückgezogen angeordnet sind.

Die offenkundige Vorbenutzung nach E4 wurde von der Erstinstanz wegen mangelnder Relevanz außer Acht gelassen. Die Kammer hat sich überzeugt, daß das beim Streitpatent als technisch wesentlich anzusehende Merkmal der freistehenden Vorsprünge am Boden der Ausnehmungen beim Gegenstand der E4 nicht vorhanden ist und sieht deshalb keinen Anlaß, von der Beurteilung der Vorinstanz abzuweichen.

4.8. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Die Patentansprüche 2 bis 11 beziehen sich auf Weiterbildungen des Gegenstandes des Hauptanspruchs und sind als abhängige Ansprüche ebenfalls rechtsbeständig.

5. Damit stehen die Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt nicht entgegen. Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung kann daher keinen Erfolg haben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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