European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T018300.20021127 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 27 November 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0183/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92905421.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01D 15/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Trennung von Enantiomeren an chiralen Trennphasen mit Hilfe eines kontinuierlichen Gegenstrom-Chromatographieverfahrens | ||||||||
Name des Anmelders: | BAYER AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Toray Industries, Inc. | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Haupt- und 1. Hilfsantrag: Erfinderische Tätigkeit (nein): naheliegende Lösung der Aufgabe 2. Hilfsantrag: Erfinderische Tätigkeit (ja): nicht naheliegende Lösung der bestehenden technischen Aufgabe Rechtliches Gehör (ja): Entscheidung auch in Abwesenheit einer Partei bei der mündlichen Verhandlung möglich |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des europäischen Patents mit der Veröffentlichungsnummer 0 586 385. Das Patent wurde mit einem Satz von 7 Ansprüchen erteilt, wobei der einzige unabhängige Anspruch 1 lautete:
"Verfahren zur Herstellung eines chiralen Stoffgemisches mit Hilfe eines Gegenstrom-Chromatographieverfahrens, bei dem einer aus einer Vielzahl von hintereinandergeschalteten, mit einem Adsorbens gefüllten Chromatographiesäulen bestehehenden Säulenschaltung (2) das zu trennende Stoffgemisch EAB und das Eluens kontinuierlich zugeführt werden und an anderen Stellen der Säulenschaltung (2) ein die Komponente A enthaltender Extraktstrom AE, sowie ein die Komponente B enthaltender Raffinatstrom BE kontinuierlich entnommen werden und bei dem eine Relativbewegung zwischen einer aus dem Stoffgemisch ABE und dem Eluens EO bestehdenden flüssigen, mobilen Phase und dem Adsorbens in fester Phase durch sequentielles Öffnen von Flüssigkeitszugabe- und -entnahmestellen (9,10,11, 12) entlang der Säulen S1 bis S8 erzeugt wird, dadurch gekennzeichnet, daß der mit einem chiralen Polymer als Adsorber gefüllten Säulenschaltung (2) ein enantiomeres Stoffgemisch ABE zugeführt wird, wobei die Mengenströme von drei der vier zugeleiteten und abgeführten Flüssigkeitsströme EO, ABE, AE und BE konstant geregelt werden, während der vierte Teilstrom bei einem voreingestellten Systemdruck in der diesen Teilstrom führenden Zuleitung (14) oder in der den Kreislaufstrom Li führenden Rückleitung (28) so nachgeregelt wird, daß der Systemdruck konstant bleibt."
II. Gegen das Patent wurde mit der Begründung eingesprochen, daß der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Einspruch war unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen gestützt:
D1: US-A-3 268 605
D2: Neuziel et al, ChemTech, August 1980, Seiten 498 bis 503.
D5: EP-A-0 471 082
III. Im Einspruchsverfahren hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 1999 bzw. mit Schreiben vom 11. März 1998 neue Anspruchssätze als Basis für einen 1. bzw. 2. Hilfsantrag vorgelegt. Anspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag setzte sich aus den erteilten Ansprüchen 1 und 4 zusammen, wobei im Vergleich zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag das Merkmal hinzutrat:
"daß im stationären Betrieb die Konzentrationsverläufe der beiden Komponenten A,B längs der Säulenschaltung (2) gemessen werden und daß die Einspeisung (4) des zu trennenden Stoffgemisches ABE an der dem Schnittpunkt der beiden Konzentrationsprofile nächst benachbarten Aufgabestellen zwischen den Säulen S1 bis S8 erfolgt."
IV. Die Einspruchsabteilung hat unter anderem festgestellt, daß die von der europäischen Patentanmeldung in Anspruch genommene Priorität nicht gültig war. Demzufolge gehörte die Entgegenhaltung D5 zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ. Ferner war die Einspruchsabteilung der Auffassung, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents im Hinblick auf D5 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte. Darüber hinaus konnte in Hinblick auf D2 in den gemäß dem 1. Hilfsantrag hinzugefügten Merkmal kein Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit gesehen werden.
V. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtete sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
VI. In der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2002 hat die Beschwerdeführerin einen neuen Satz von Ansprüchen 1. bis 5 als Basis für einen neuen 2. Hilfsantrag eingereicht. Das Verfahren gemäß dem unabhängigen Anspruch 1 entsprach dem Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1, und war ferner dadurch kennzeichnet:
"dass der mit einem chiralen Polymer als Adsorber gefüllten Säulenschaltung (2) ein enantiomeres Stoffgemisch ABE zugeführt wird, wobei die Mengenströme ABE, AE und BE konstant geregelt werden, während EO bei einem voreingestellten Systemdruck in der diesen Teilstrom führenden Zuleitung (14) so nachgeregelt wird, daß der Systemdruck konstant bleibt und wobei der in Strömungsrichtung nach dem Stellglied (13) herrschende Systemdruck in der Zuleitung (14) als Regelgröße benutzt wird."
VII. Die von der Beschwerdeführerin mündlich und schriftlich vorgetragenen Argumente waren im wesentlichen wie folgt:
- In Hinblick auf D5 bestehe die technische Aufgabe darin, die empfindlichen Adsorbenzien vor Druckschwankungen zu schützen, und nicht in einer optimalen Trennung der Isomere.
- Die genannte Aufgabenstellung sei keinem der angeführten Dokumente zu entnehmen.
- Die bestehende Aufgabe sei durch eine spezielle Regelungstechnik gelöst.
- D5 gehe nicht auf Prozeßdaten ein.
- Die Regelung gemäß D1 sei eine andere als im Streitpatent vorgeschlagen und diene einem anderen Zweck.
- Erkentnnisse aus D2 in bezug auf ein echtes Fließbettverfahren könnten nicht auf ein simuliertes Fließbettverfahren übertragen werden.
- Die besonders vorteilhafte Regelung gemäß Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags sei aus keiner Entgegenhaltung herleitbar.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hat weder schriftlich Stellung genommen, noch war sie in der mündlichen Verhandlung zugegen.
IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung oder hilfsweise gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgelegten 1. Hilfsantrag oder gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgelegten 2. Hilfsantrag.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat die Zurückzuweisung der Beschwerde schriftlich beantragt.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1. Anspruch 1 betrifft im wesentlichen ein Verfahren zur Trennung eines enantiomeren Stoffgemisches in einem simulierten Fließbett (Simulated Moving Bed, "SMB" Verfahren).
1.2. Es ist unstrittig, daß D5 den nächstliegenden Stand der Technik dargestellt, welcher ein Verfahren zur Trennung optischer Isomere nach dem "SMB" Prinzip gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart.
1.3. Die Beschwerdekammer kann der Beschwerdeführerin insofern zustimmen, daß im Hinblick auf D5 die technische Aufgabe darin zu sehen ist, gegenüber Druckschwankungen empfindliche Absorbenzien mit konstant gutem Wirkungsgrad einzusetzen und damit eine möglichst lange Standzeit zu erreichen.
In Übereinstimmung mit der Einspruchsabteilung kann die Kammer jedoch dem Vortrag der Beschwerdeführerin in dem Punkt nicht folgen, daß eine erfinderische Leistung in der Aufgabenstellung an sich zu sehen sei (siehe auch Beschwerdebegründung Seite 2, Absatz 2 und 3). Wie aus der mündlichen Verhandlung hervorging, ist sowohl das Problem der Druckschwankungen bei "SMB" Verfahren als auch die Quellbarkeit bzw. Kompressibilität von polymeren Trennphasen dem Fachmann nicht unbekannt. Derselbe Fachmann wird daher im Zuge seiner Experimente erkennen, daß sich die einsetzten Adsorbensteilchen unter Druck verformen und daher auf Druckschwankungen besonders empfindlich reagieren. Um daraus zu schließen, daß diese Verformung zu ungünstigen Standzeiten der Adsorbenzien und damit auch zu instabilen Prozeßbedingungen führen würde, bedurfte es nach Ansicht der Kammer keiner erfinderischen Leistung. Die Schonung der Trennphase ist somit kein Selbstzweck, sondern wird sich auch in den Trennergebnissen widerspiegeln.
Es ist daher unerheblich, ob gegenüber D5 die Aufgabe darin bestand, Verformungen der Adsorbensteilchen oder eine Verschlechterung der Trennergebnisse zu vermeiden. In beiden Fällen lag es nach Überzeugung der Kammer auf der Hand, daß die erste Überlegung zur Lösung der technischen Aufgabe letztendlich dieselbe bleibt, nämlich den Druck im System möglichst konstant zu halten. Der Fachmann mußte daher Möglichkeiten finden, um dies zu bewirken. Dieser Feststellung wurde von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen (siehe auch Beschwerdebegründung, Seite 2, Absatz 3).
1.4. Die bestehende technische Aufgabe wird durch die folgenden kennzeichnenden Merkmale im Anspruch 1 gelöst:
(i) die Mengenströme von drei der vier zugeleiteten und abgeführten Flüssigkeitsströme Eluens EO, Stoffgemisch ABE, Extraktstrom AE und Raffinatstrom BE werden konstant geregelt, während der vierte Teilstrom
(ii) bei einem voreingestellten Systemdruck in der diesen Teilstrom führenden Zuleitung oder
(iii) in der dem Kreislaufstrom führenden Rückleitung so nachgeregelt wird, daß der Systemdruck konstant bleibt.
(siehe auch Streitpatent, Seite 3, Zeilen 22 bis 25 und 44. bis 48).
1.5. Gemäß dem mündlichen Vortrag der Beschwerdeführerin stelle eine Druckmessung und Nachregelung in der den Kreislaufstrom führenden Rückleitung allein nicht sicher, daß Druckschwankungen im Eingangsbereich vor der Säulenschaltung vermieden werden. Bei der Prozeßführung nach Alternative (iii) des Anspruchs 1 sei daher nicht ausgeschlossen, daß bei stark kompressiblen Säulen der Systemdruck trotz Nachregelung nicht konstant gehalten werden könne (siehe dazu auch Punkt 3.3.2 unten). Die Kammer hat daher starke Zweifel, ob die bestehende Aufgabe über die gesamte Breite des Anspruchs 1 gelöst ist. Diese Frage muß jedoch nicht näher untersucht werden, weil die Kammer aus den im folgenden dargelegten Gründen zu der Auffassung gekommen ist, daß das Verfahren nach Anspruch 1 auch unter Zugrundelegung dieser Aufgabe durch den Stand der Technik nahegelegt wird.
1.6. Es ist unstrittig, daß die Entgegenhaltung D1 allgemein die Prozeßführung konventioneller SMB-Verfahren betrifft (siehe Beschwerdebegründung Seite 2, Absatz 4, erster Satz; D1, Titel und Spalte 1, Zeilen 10 bis 22). Die Kammer ist daher der Ansicht, daß der Fachmann, der das SMB-Verfahren zur Trennung optischer Isomere gemäß D5 anwendet, bei Problemen mit Druckschwankungen die Lehre gemäß D1 auf jeden Fall heranziehen würde, zumal D1 speziell auf die Problematik der Konstanthaltung des Systemdrucks eingeht (D1, Spalte 10, Zeilen 22 bis 26).
1.6.1. Zum kennzeichnenden Merkmal (i) des Anspruchs 1
Unter dem Kapitel Prozeßführung ("II. Operation of the control system") wird in D1 beschrieben, daß das SMB-Verfahren so betrieben wird, daß die Mengenströme von drei der vier zugeleiteten und abgeführten Flüssigkeitsströme Eluens EO, Stoffgemisch ABE, Extraktstrom AE und Raffinatstrom BE geregelt werden, während der vierte Teilstrom gedrosselt wird, um den Druckverlust auszugleichen. Es wird ferner bemerkt, daß theoretisch jeder beliebige Prozeßstrom mengenkontrolliert sein kann. Bevorzugt sollen jedoch die Stoffgemisch- und Extraktströme konstant gehalten werden, während einer oder beide Produktströme gedrosselt werden (Spalte 9, Zeilen 66 bis Spalte 10, Zeile 5, insbesondere Spalte 9, Zeile 75 bis Spalte 10, Zeile 1). Aus diesen Angaben schließt die Kammer, daß die allgemeine Lehre gemäß D1 zwar die Alternative der Konstanthaltung von Stoffgemisch- und Extraktströmen bevorzugt, die Konstanthaltung von insgesamt drei der vier Mengenströme jedoch eindeutig umfaßt.
Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, das beanspruchte Verfahren werde hauptsächlich zur Gewinnung von chiralen Verbindungen angewendet, welche als pharmazeutische Wirkstoffe eingesetzt werden. Dazu seien die Ausgangsstoffe schon vor der chromatographischen Trennung entsprechend aufbereitet, so daß eine Kontrolle der Produktreinheit bei der Trennung nicht mehr nötig sei. Infolgedessen seien im vorliegenden Verfahren drei der vier zu- und abgeführten Flüssigkeitströme immer konstant mengengeregelt. Im Gegensatz dazu betreffe D1 in erster Linie die Trennung von Isomerengemischen (vor allem aliphatischer Kohlenwasserstoffe) mit wechselnden relativen Konzentrationen der isomeren Verbindungen. Daher sei es dort auch notwendig, die Zusammensetzung der Produkte zu kontrollieren und die Produktströme darauf abzustellen (Spalte 1, Zeilen 22 bis 32 und Zeilen 63 bis 70). Entsprechend sei der Figur 1 klar zu entnehmen, daß die zwei zugeführten Flüssigkeitströme in den Leitungen (131) und (133) konstant mengengeregelt und die beiden abgeführten Produktströme in den Leitungen (132) und (134) über das Prozeßleitsystem (180) kontrolliert und geregelt werden. Als Regelgröße für den Extraktstrom (132) diene dabei die Produktzusammensetzung und der herrschende Systemdruck für den Raffinatstrom (134) (siehe Figur 1 mit Spalte 10, Zeilen 13 bis 26).
Die Kammer stellt zunächst fest, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 allgemein auf die Trennung von nicht näher definierten enantiomeren Stoffgemischen gerichtet ist. Ferner ist selbstverständlich Ziel solcher Chromatographieverfahren, eine möglichst gute Trennung zu erreichen. Dem wurde von der Beschwerdeführerin nicht widersprochen. Ein Verzicht auf die Kontrolle mindestens eines der Produktströme mit entsprechender Regelung ist demnach eine Alternative, die zu schlechteren Trennungergebnissen führen könnte, die aber keine erfinderische Tätigkeit begründen kann. Solange die Trennergebnisse jedoch konstant bleiben, würde gemäß D1 die Regelung des Extraktstroms auch konstant bleiben, so daß im Endergebnis dort wie auch im Anspruch 1 drei der vier Teilströme konstant geregelt sind.
1.6.2. Zum kennzeichnenden Merkmal (iii) des Anspruchs 1
Gemäß Figur 1 von D1 wird der Systemdruck durch Druckkontrolle (174) in der den Kreislaufstrom führenden Rückleitung (104) und Nachregelung des Raffinatsstroms konstant gehalten (siehe insbesondere Spalte 10, Zeilen 22. bis 26). Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, daß diese Druckkontrolle und Regelung dem unter Punkt 1.4. angeführten kennzeichnenden Merkmal (iii) des Anspruchs 1 entspricht.
1.6.3. Hieraus folgt, daß die im Anspruch 1 vorgeschlagene Lösung der bestehenden Aufgabe sich in naheliegender Weise aus D1 ergibt. Dem beanspruchten Verfahren fehlt daher die erforderliche erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf D5 in Kombination mit D1 (Artikel 56 EPÜ).
2. 1. Hilfsantrag
2.1. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des vorliegenden Antrags unterscheidet sich vom Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags im wesenlichen durch die zusätzliche Bedingung, daß der Aufgabepunkt des enantiomeren Stoffgemisches sich nach dem Schnittpunkt der Konzentrationsprofile der Produktströme orientiert (siehe Punkt III oben).
2.2. Es wurde nicht vorgetragen und es ist der Kammer auch nicht ersichtlich, daß das zusätzliche Merkmal zur Lösung der bestehenden Aufgabe beiträgt. Es bestehen somit weiterhin Zweifel, ob die definierte Regelung für das System geeignet ist, um den Systemdruck konstant zu halten (siehe dazu Punkt 1.5 oben).
2.3. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, Figur 2 von D2 stelle das mathematische Modell der chromatographischen Trennung eines Stoffgemisches in einem Fließbett dar, bei dem das Einsatzstoffgemisch eine Konzentration von 50:50 der zu trennenden Stoffe enthält, wobei die Einspeisung des zu trennenden Stoffgemisches an der Aufgabestelle zwischen den Bereichen I und II erfolgt. Die Kammer stellt fest, daß der Fachmann im Fall einer Trennung von Razematen (also 50:50 Stoffgemischen), welcher vom Verfahren gemäß Anspruch 1 umfaßt wird, beim Befolgen der bekannten Lehre aus D2, Figur 2, die Aufgabestelle des zu trennenden Stoffgemisches beim Schnittpunkt der beiden Konzentrationsprofile wählen würde. Daher liegt es für den Fachmann nahe, das Razemat an der dem Schnittpunkt der beiden Konzentrationsprofile nächst benachbarten Aufgabestelle einzuspeisen.
2.4. Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, die Konzentrationsprofile in Figur 2 von D2 seien das Ergebnis einer Modellrechnung für Fließbettverfahren und nicht für SMB Verfahren. Im reinen Fließbettverfahren sei die Aufgabestelle fixiert und die Konzentrationsprofile ergäben sich aus der Konzentration des Einlaßstromes. Die Frage nach der Aufgabestelle stelle sich demnach in einem echten Fließbettverfahren nicht. Im Gegensatz dazu würden sich im SMB Verfahren Konzentrationsprofile erst ausbilden und die Aufgabestelle werde entsprechend bewegt, um eine optimale Trennung zu gewährleisten.
Die Kammer stellt fest, daß das Prinzip der Übertragung von einem echten zum simulierten Fließbett in D2 explizit erklärt wird. So wird dort bemerkt, daß bei einem echten Fließbettverfahren das Adsorbens im Kreis bewegt wird, während die Positionen der zugeleiteten und abgeführten Flüssigkeitsströme fixiert sind. Die gleichen Ergebnisse werden im SMB Verfahren erreicht, indem das Adsorbensbett fixiert und die Positionen der zugeleiteten und abgeführten Flüssigkeitsströme periodisch bewegt werden (Seite 499, linke Spalte, letzter Absatz). Die Kammer schließt daraus, daß der Fachmann, der ein SMB Verfahren betreibt, selbstverständlich die gleichen Bedingungen wie im Fließbett zu reproduzieren versucht. Um das zu erreichen, würde er gemäß Figur 2 von D2 die Aufgabestelle für eine Razematmischung auch nach dem Schnittpunkt der Konzentrationsprofile orientieren und somit direkt auf das zusätzliche Merkmal im Anspruch 1 kommen.
2.5. Nachdem das zusätzliche Merkmal sich in naheliegender Weise aus D2 herleitet und die Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht, geschweige denn die Kammer davon überzeugt, hat, daß dieses Merkmal in irgendeiner Weise in Wechselwirkung mit den restlichen Merkmalen im Anspruch 1 steht, folgert die Kammer, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
3. 2. Hilfsantrag
3.1. Änderungen
Der vorliegende Anspruch 1 resultiert im wesentlichen aus einer Zusammenlegung der Merkmale der ursprünglich eingereichten bzw. erteilten Ansprüche 1 und 2. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 entsprechen inhaltlich den ursprünglich eingereichten bzw. erteilten Ansprüchen 4 bis 7. Die Änderungen sind daher mit den Erfordernissen der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ vereinbar.
3.2. Erfinderische Tätigkeit
3.2.1. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des vorliegenden Antrags ist auf die Ausführungsform eingeschränkt, bei der der Eluensstrom EO bei einem voreingestellten Systemdruck in der Zuleitung so nachgeregelt wird, daß der Systemdruck konstant bleibt, wobei der Systemdruck als Regelgröße benutzt wird. Somit wird die Alternative mit Druckkontrolle und Regelung gemäß dem unter Punkt 1.4 angeführten Merkmal (iii) nicht mehr beansprucht.
3.2.2. Die Kammer kann dem Vortrag der Beschwerdeführerin folgen, daß durch Druckkontrolle des Eluensstroms bereits im Eingangsbereich vor der Trennsäule das vorliegende Verfahren Vorteile gegenüber dem Verfahren gemäß D1 hat, bei dem der Systemdruck in der den Kreislaufstrom führenden Rückleitung geregelt wird. Es ist glaubhaft, daß dieses Merkmal besonders bei stark kompressiblen Trennphasen eine wichtige Rolle spielt, um diese vor Druckschwankungen und damit vor Verformungen rechtzeitig zu schützen.
3.2.3. Das Verfahren gemäß D1 ist hauptsächlich auf die Trennung von Isomeren an Zeolithen gerichtet (Spalte 5, Zeilen 56 bis 72). Es ist glaubhaft, daß bei Verwendung solcher Trennphase sich das Problem der Druckschwankungen bzw. Verformung der Adsorbensteilchen nicht in dem Maße stellt wie bei der Verwendung von chiralen Polymeren. Dementsprechend ist weder das Problem der Kompressibilität der Trennphase noch die im Anspruch 1 vorgeschlagene Lösung aus D1 herleitbar. Die Regelung gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 ist auch in keiner der restlichen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen beschrieben. Demzufolge beruht das beanspruchte Verfahren auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Ansprüche 2 bis 5 betreffen bevorzugte Ausführungsarten des Verfahrens gemäß Anspruch 1. Deren Gegenstand ist somit ebenfalls neu und erfinderisch. Dem 2. Hilfsantrag der Beschwerdeführerin kann daher stattgegeben werden.
4. Rechtliches Gehör
Die Kammer hat nicht verkannt, daß die geänderten Ansprüche in dieser Form erstmals in der mündlichen Verhandlung eingereicht wurden. Die Einschränkung des Anspruchs 1 gemäß dem 2. Hilfsantrag ist jedoch die Folge des Einwands mangelnder erfinderischer Tätigkeit, den die Beschwerdegegnerin erhoben hat. Darüber hinaus entspricht der neue Anspruch 1 inhaltlich dem erteilten Anspruch 2, den die Beschwerdegegnerin gekannt haben muß und zu dessen Patentierbarkeit sie sich ausreichend äußern konnte (Artikel 113 (1) EPÜ).
Wie oben bereits erwähnt (Punkt VIII), hat die Beschwerdegegnerin weder schriftlich Stellung genommen, noch hat sie an der mündlichen Verhandlung teilgenommen. Nicht einmal ihr Fernbleiben wurde angekündigt, was die Kammer als fehlendes Interesse an dem Fall auffassen muß. Bei dieser Sachlage war die Kammer berechtigt, auch in ihrer Abwesenheit die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der neuen Ansprüche zu beschließen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent gemäß dem 2. Hilfsantrag nach entsprechender Anpassung der Beschreibung und der Zeichnungen aufrechtzuerhalten.